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Illustrierte Unterhaltungs-Heuage Nr. LS Jayrg. 19,7 III «II Man war in der besten Stimmung. Glüser- klirren und nicht endenwollende Hochs erfüllten den Saal. Man scherzte, aß, trank. Man war hierhergckommen, um fröhlich zu sein bei dem heutigen frohen Feste. Heute feierte s' in gerichtet! — Es war die Ruhe vor dem Sturme! Und der Sturm erbob sich! Zorn funkelnd maß Janos den Sprecher, die Augen waren aus ihren Höhlen getreten, das Blut war ihm ins Gesicht gestiegen. Wie ein Blitz zog vor Janos Augen sein bekannte, wußte er Rat. Mit wenigen Worten, die Janos von der Sprache seiner angebeteten Hedwig verstand, noch mehr aber mit der melodischen Sprache seiner Geige gestand er ihr seine Liebe; sie willigte ein und so sehr sich die Krämerseele des alten Mühlingk dagegen sträubte — Janos und die Liebe blieben Sieger und heute feierten sie ihren Triumph. Eben war eine der langweiligen Glück- wunschadrcssen, mit denen die Leute ge ärgert werden, glücklich vorgelesen worden, als sich ein neuer Redner erhob, an sein Glas klopfte und so die allgemeine Auf merksamkeit auf seine Person lenkte. Wer den hämischen Zug gesehen hätte, der um seinen Mundwinkel lagerte und den geheimen Händedruck, den er kurz zuvor mit dem alten Mühlingk gewechselt hatte, der hätte ahnen können, daß hier ab gekartetes Spiel getrieben wurde. Der Redner, dessen sorgfältig gepflegtes Äußeres mit dem nichtssagenden Gesicht und den wässerigen Augen den klassierten Lebemann verriet, war ein herabgekom mener Aristokrat. Zu dumm, um bos haft zu sein, war er hämisch aus Größen wahn, denn er glaubte mit spitzen, dürren Worten diplomatisch zu sprechen: „Ich trinke auf unser liebes Heimat land! Mitleid für den, der keine Heimat besitzt!" Allgemeines Schweigen war die Ant wort — aller Augen waren auf Janos die Tochter des Gastgebers, des millionen reichen Kommerzienrats Mühlingk, ihre Verlobung. Kein Wunder daher, wenn der Saal zum Erdrücken voll war. Hier saßen sie, die Spitzen der Handelswclt mit klingendem Namen und noch klingen derem Beutel! Was nur immer an Prunk geleistet werden konnte, das war heute geschehen. Der Saal, der einem Palmenhaine glich, das opulente Mahl, der alte Wein, die illustre Gesellschaft, die umhereilenden, goldbortierten Diener, gaben Zeugnis von der Macht dieser Kreise. An dem einen Ende der Tafel, auf erhöhtem Sitze, hatte der alte Mühlingk Platz genommen. Mit der Miene eines Feld herrn musterte er alle und alles, hatte für alle ein liebes Wort und befleißigte sich ein möglichst freudiges Gepräge zur Schau zu tragen. Und doch hätte ein ausmerksamerBeobachterentdccken können, daß das Lächeln des Hausherrn gekünstelt war, daß seine kleinen grauen Augen unstet nm herschweiften, ja, daß sie wie Blitze zuckten, drohend, verheerend, wenn sie auf den Verlobten ruhten. Aber die Stimmung war zu gut, als daß man dies merken konnte. Die Ver lobten, selig in ihrem Glücke, saßen in der Mitte der Tafel, von allen Seiten angestaunt, bewundert, beneidet. Die Tochter des Kommerzienrates, eine hübsche Blondine, von kleiner, ein nehmender Gestalt, stach stark ab von Vie stmeriraner find berrit» im W-stcn mit in dir Kampfhandlungen eingetreien, tollen jedoch infolge der ifaltengchen Niederlagen zum größten Teile an der dortigen Front mit eingeietzt werden. Sie haben in den letzten groben nümpseu zur Genüge Belegenheit gehabt, den »ampsesmut und die erprobte Tüchtigkeit der deutjchen Truppen kennen zu lernen und weiden sicher jetzt Iwon überzeugt wo,den sein von bem heroischen Widerstand, der ihnen von dielen entgegengesetzt wird. Unser Bild veranschaulicht einige Typen der ansangt vorigen Monat» an der Westfront ihrem Verlobten. Dieser war ein hagerer, blasser Mensch mit tiefliegenden, unheimlich funkelnden Augen, pechschwarzen, bis in den Nacken fallenden Haaren, ein Mensch, dessen Äußeres sofort den Künstler verriet. Und Janos war ein Künstler; wenn sie ihn König der Geiger nannten, so war es ei m k i ist e i I!I ei m e i giwachtev ersten gefangene» Amerikaner. erklärte Liebling der Damen war. Doch was das Letztere anbelangle, so war Janos bisher kalt geblieben. Erst als bei einem Konzerte sich seine Blicke mit denen der Tockuer Mühlingk's begegnet hotten — da war mit Janos eine große Umwandlung vor sich gegangen. (8?) Die ausgelassenen Weisen, die seiner Fidel entsprungen, immerfort entsprungen waren, hatten schwermütigen, klagenden Tönen Platz gemacht und Janos selbst, der die überspru delnde Lustigkeit zur Schau getragen, war plötzlich einsilbig, schweigsam geworden. Doch als Zigeuner, als den er sich stolz Keimcrtbos. keine Lüge und wenn ihn die Akademie in ihre Reihen ausgenommen hatte, so Halle sie damit auch sich geehrt. Kein Wunder, daß ihn die ganze Welt an staunte — kein Wunder auch, wenn er der