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Allgemeiner Anzeiger : 12.12.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191712124
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-12
- Tag 1917-12-12
-
Monat
1917-12
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 12.12.1917
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Leärrngnis in Versailles. Neben der russischen und rumänischen Frage beschäftigt sich die Entente-Konferenz in Paris vor allem mit der japanischen Hilfeleistung in Europa, auf die man jetzt mit aller Energie zu drängen scheint. Ja, die Londoner ,Times' weiß zu verkünden, daß auf der Pariser Vier verbandskonferenz die endgültige Entscheidung darüber fallen werde, ob Japan an seiner bis herigen Weigerung, mit eigenen Truppen auf dem europäischen Kriegsschauplatz zu erscheinen, festhalten werde. Die Meldung klingt nicht so, als ob Japan mit Freuden sich dazu verstehen wolle, seinen Verbündeten auf irgendeine Weise seine aktive Hilse anzubieten. Es klingt vielmehr etwas wie eine Weigerung gegen das von der Entente vorgebrachte Ansinnen an Japan, sich militärisch auf dem europäischen Kriegsschauplatz zu be teiligen, aus dieser Meldung heraus. Tatsäch lich würde die aktive Teilnahme am europäischen Kriege auch so gar nicht der bisher an Japan «ährend dieses Krieges beobachteten Übung entsprechen. Da, wo eS um geringe Opfer «inen Vorteil erreichen konnte, war Japan rasch zur Stelle. Auch hat es sich keinen Augenblick besonnen, seine Perbündeten wirt schaftlich nach feder Richtung hin zu unterstützen, solange eS dabei seinen eigenen Vorteil wahr nehmen konnte: es lieferte Kriegsmaterial gegen hohe Preise und gewährte Darlehen und An leihen zu hohem Zinsfuß. Aber weiter ging Japan in der Hilfeleistung nicht. Schon di« Frage des Schiffbaus für Rechnung Amerikas und der Entente stieß in Japan auf Schwierigkeiten, und gerade in den letzten Tagen konnten wir melden, daß die Ver handlungen zwischen Japan und den Ver. Staaten gescheitert seien, da in Japan die Preise, die Amerika an den japanischen Schiffbau bezahlen wollte, nicht befriedigt und offenbar die von Amerika im Austausch an Japan zu liefernden Stahlmengen, die Japan notwendig zur Erstarkung seiner nationalen Werstindustrie benötigt, nicht genügt hatten. Wie sehr sich seit der Abreise des japanischen Unterhändlers aus Washington die Spannung zwischen Amerika und Japan, die durch den Abschluß des japanisch-amerikanischen Vertrags schon beigelegt schien, wieder vertieft hat, geht aus der Meldung hervor, daß die Der. Staaten nicht gezögert haben, die javanischen Schiffsneubauten auf amerikanischen Wersten zu beschlagnahmen. Wenn Japan schon in solchen relativ minder wichtigen Fragen die Unterstützung seiner Bundes genossen lediglich vom Standpunkt deS Kriegs- gewinners aus betrachtet, um wieviel mehr wird eS sich weigern, seine beste Kraft, nämlich seine Männer, in ein Unternehmen hineinzustecken, das — was Japan sicherlich nicht verborgen ge blieben ist — dem letzten Einsatz eine- ver zweifelten Spielers auf die letzte Karte gleicht. Oder aber Japan müßte, wenn eS an den militärischen Operationen in Europa leilnimmt, mit all seinen Grundsätzen gebrochen haben. Der Vierverband wankt und schwankt ein wenig. Rußland ist am Ende der Kraft und dadurch entfallen die Hoffnungen, die die Entente in diesH schier unerschöpfliche Menschen- reervoir gesetzt hatte, und Italien, bis her feinen Freunden eine militärische Stütze, bittet nun selbst um militärische Unterstützung. England erklärt zynisch, eS könne nicht allein die Lasten des Krieges sür sich und seine Bundesgenossen tragen, sei auch dazu nicht gewillt. Die europäischen Hilfsquellen des Diel- verbände? beginnen, man gibt es drüben mehr und mehr zu, zu versiegen. ES bleiben als Reiter in der Not nur noch die Ver. Staaten und Japan. Amerika ließ sich bisher nur vom Standpunkt deS Geschäfts zur wirtschaft lichen Teilnahme am Kriege bestimmen. Die Truppen, die e? nach Europa geschickt hat, sind gering an Zahl, und von Amerika aus wird immer wieder versichert, daß die Union kaum vor dem Frühjahr 1919 mit ausschlaggebenden Masten auf den Schlachtfeldern erscheinen könne. Painleve rühmte einen Tag vor seinem Sturz, daß die Entente vier Fünftel der Welt zu Bundesgenossen habe. Scheinbar genügen aber selbst diese vier Fünfiel noch nicht, um die Hilfe zu gewährleisten, deren da? in Frage gestellte Kompagniegeschäst unserer Feinde fo^dringeud benötigt. Unser Gegenstoß bei Cambrai. Der »größte englische Sieg des Krieges", wie der kleine feindliche Anfangserfolg bei Cambrai von den Engländern täglich in ihren Funksprüchen bezeichnet wurde, hatte nur eine sehr kurze Lebensdauer. Schon am 30. No- vember setzte der deutsche Gegenstoß ein, der mit dem größten Erfolge durchgeführt wurde und den Engländern die wichtigsten Stellungen auf den Höhen bei Bourlon und Fontaine entriß. Durch einen gleichzeitig von Süden her beider seits von Banteux angesetzten Angriff gewannen unsere Truppen fernerhin noch die Höheu- .stellungen auf dem Westuser der Schelde bei Gonnelieu und Villers Guislain, die über das versumpfte Gebiet beherrschend hinauSragen und die Herstellung guter Verteidigungsstellungen und Unterstände ermöglichen. Dem Feinde wurde somit der beste Teil seiner Erfolges wiederum in kurzer Zeit ent rissen. Alle Gegenstöße, die er gegen unsere neuen Stellungen mit frischen Kräften unter nahm, scheiterten an dem heldenhaften Wider stand unserer Infanterie, die von der Artillerie aufs erfolgreichste unterstützt wurde. Wenn der Feind den Gewinn der Höhen im Raume von Cambrai als größten Sieg des ganzen Krieges an der Westfront feierte, so wird er schließlich wohl oder übel genötigt sein, den Verlust dieser Stellungen als schwerste Niederlage zu empfinden, zumal er mehr als 6000 Gefangene, 100 Geschütze und über 1000 Maschinengewehre verlor, von der großen Zahl der zerschossenen Tanks ganz abgesehen. Das ganze Ergebnis des großen Angriffes bei Cambrai, der eine Art von Gegenstück zu unserer Offensive in Italien werden sollte, war also nur ein ungewöhnlich starker Aderlaß sür das englische Heer, dem jetzt fast gar keine Vor teile mehr gegenüberstehen. Der „Sieg von Cambrai" sollte die Stimmung der feindlichen Völker heben, die durch die schwere Katastrophe des italienischen Heeres stark gesunken war. Die Wirkung unseres siegreichen Gegenstoßes wird darum nicht gerade nach dem Wunsch der feind lichen Machthaber sein, zumal gerade in diese Zeit daS Fnedensangebot Rußlands fällt. In dieser entscheidungsschweren Zeit haben Hinden burg und Ludendorff, unsere beiden geister- gewaltigen Führer, Gelegenheit genommen, über Krieg, Sieg und Frieden einige Worte zu sprechen. Wenn sie früher ihrer unerschütterlichen Zu versicht auf unseren Sieg Ausdruck gaben, so glaubte ihnen daS ganze deutsche Volk, denn es hatte zu ihnen stets daS felsenfesteste Vertrauen. Immerhin schien noch das Zünglein an der Wage des Krieges zu schwanken. Heut aber sühlt die ganze Welt, daß hier die größten Sachverständigen des Krieges nicht mehr von Hoffnungen, sondern von Tatsachen sprechen. „Nicht Worte bringen Sieg und Frieden, son dern Taten," dies Wort sollten sich die Herren Lloyd George und Clemenceau täglich und stündlich vor Augen halten. Die letzten großen Ereignisse haben daS wieder aufs deutlichste er wiesen. So haben wir alle jetzt nicht nur die Hoff nung, sondern die völlige Sicherheit, daß „der Krieg — wie Ludendorff sagte — nicht als RemiSpartie abgebrochen, sondern für uns günstig entschieden werden wird". Alle Hilfs mittel, welche Amerika unseren Feinden bringen wird, können auch an dieser Tatsache nichts mehr ändern. verschiedene Urlegrnnchrichten. Ententetreiberei«« auf einen russischen Bürgerkrieg. Die Pariser Ausgabe der ,Chicago Tribune' meldet auS Washington: Die hiesigen russischen Diplomaten sagen einen Bürgerkrieg in Ruß- and voraus, falls es sich zu einem Sonder rieden mit den Mittelmächten entschließe, tnd nehmen an, daß die Gegner der Maxima listen von den Ententemächten kräftige Unter stützung erhalten würden. Es verlaute, daß Kola, der einzige Winterhafen Rußlands, von England besetzt und ebenso, wie Wladiwostok, sür die Maximalistenregierung wertlos gemacht werden würde. Die irische Rekrutenquclle versiegt. Irische Gefangene machten bei ihrer Ver nehmung interessante Angaben über die Zu stände in Irland und bei den irischen Truppen, die um so beachtenswerter sind, als die Leute, trotz ihrer Erbsiftrung gegen England, mili tärische Aussagen gar nicht oder nur äußerst vorsichtig machen. Nach ihrer übereinstimmenden Schilderung ist es bei den heutigen Zuständen in Irland ausgeschlossen, ans Ir land neuen Ersatz zu bekommen. Die Sinnseiner-Bewegung hat im ganzen katholischen Irland eine gewaltige Ausdehnung genommen und eine auf die Dauer unhaltbare Lage ge schaffen. Die Gefangenen sind äußerst entrüstet, daß England die den irischen Nationalisten ge machten Versprechungen in schamlosester Weise unersüllt gelassen habe. * Amerika und der Kriegsrat. Der Turiner ,Stampa' zufolge versicherte der Vertreter WilsonS, Oberst House, erneut: Die Ver. Staaten feien bereit, der Sache der Entente unter folgenden Bedingungen ihren erweiterten Beistand zu gewähren: 1. Wenn Maßregeln getroffen werden, um den bisherigen Mangel an Einheitlichkeit in der Aktion der Entente verschwinden zu lassen, 2. wenn die Ver. Staaten Garantien erhallen bezüglich der Annahme des Gesichtspunktes der Regierung von Wachington über die Führung des Krieges. Japan wird gleichfalls auf der Konferenz die Fragen der Einheitsfront und deS obersten militärischen Kommandos auswerfen. Der Pariser Berichterstatter der ,Timis' schreibt: Der erste Kriegsrat mag beschließen, was er will. ES ist ausgeschlossen, den Italienern die gewünschte Truppenmacht zu schicken, da es an dem nötigen Transporlmaterial fehlt. Politische Aunälckau. Leutschlem». 'Der frühere Reichskanzler Fürst Bülow hat dem Grafen Hertling einen längeren Besuch abgestatiet. Von unterrichteter Seite wird dazu gemeldet, daß sich zwischen den beiden Staatsmännern eine völlige Übereinstimmung in den schwebenden Fragen ergeben hat. Da Fürst Bülow Mitglied des Herrenhauses ist, so will man in gewissen Kreisen in dem Besuch beim Grasen Hertling am Beginn der preußischen Wahlresormwoche eine Bestätigung dafür sehen, daß Fürst Bülow geneigt ist, den vom Grafen Hertling in Gemeinschaft mit der Reichstags mehrheit vertretenen Standpunkt in der inneren Politik zu unterstützen. "Die Erweiterung der Kriegs hilfskassen fordert ein Zenlrumsantrag, der dem preußischen Abgeordnetenhauie zuge gangen ist. Die Mittel der Kriegshilfskassen sollen nach diesem Antrag künftig auch Nicht- kriegSteilnehmern, namentlich Angehörigen deS gewerblichen Mittelstandes, zugute kommen, die Durch die KriegSwirkung eine schwere wirtschaft liche Schädigung erlitten haben. Ein weiterer ZentrumSanlrag im preußischen Abgeordneten haus« verlangt bei der Regelung der Über gangswirtschaft weitgehende Heran ziehung deS Handels, sowie eine schnelle und gleichmäßige Verteilung aller noch beim Friedens- schluß im Besitze der Heeresverwaltung befind lichen Rohstoffe. Aremireich. 'Die neueBrotv erordnung besagt: Jegliche Verarbeitung des Brotgetreide? zu anderen Zwecken als zur Brotherstellung ist untersagt. Die Getreidebestände Frankreichs werden von der Negierung beschlagnahmt. Die Entschädigung an die Besitzer wird auf Grund der bestehenden Preise geregelt. Die Brot herstellung ist nur in einheitlicher Form ge stattet, und Luxusbrot sowie Brot aus be sonderen Mehlen darf nur in einem beschränkten Maße hergestellt werden. In den Restaurant darr tünstig für Mahlzeiten unter 4 Frank höcbftens 200 Gramm Brot, über 4 Frank böchstens 100 Gramm verabfolgt werden. Tre Bäcker dürfen keine Zuckerbäckereien mehr .fer- stellen, und die Konditoreien dürfen nur noch Backwaren über die Gasse verkaufen. In des Geschäften darf nichiS mehr verzehrt werden. England« 'Der in Esselhall abgehaltenen Jahresver sammlung der Londoner 225 000 Mitglieder zählenden LabourMty lag eine den sofor tigen Friedens fchluß fordernde Ent schließung vor. Der Antrag eines Delegierten» darüber ohne Erörterung zur Tagesordnung überzugehen, wurde mit 196 gegen 130 Stimmen angenommen. Die starke Minderheit läßt di« Zunahm? des Friede nsbedürfnisseK der en g lis ch e n ArL e it er s ch aft erkennen. Italien. *Die Veröffentlichung der Geheimdokumente> durch die russische revolutionäre Macht hat in den Ententestaaten tieferen Eindruck, als ihnen lieb ist,gemacht. Die katholischen Blätter Italiens sind höchst erstaunt über die durch die Veröffentlichung der Geheimveriräge bekannt gewordene gebeime Klausel, durch die sich Jta- talien verpflichten mußte, den Widerstand der anderen Ententestaaten gegen die Zulassung eines Vertreters des Vatikans zu den Friedens- Verhandlungen und der Behandlung der Kriegs ziele zu unterstützen. Der.Osservatore Romano' behält sich eine eingehende Würdigung vor, während die Besprechungen der anderen katho lischen Blätter durch die Zensur unterdrückt, wurden. Spanien. 'In Paris eingetroffene Madrider Mel dungen berichten von einer bedenklichen Zu spitzung der wirtschaftlichen Lage in Spanien. Der Mangel an Kohlen und anderen Brennstoffen nehme überall beunruhi genden Umfang an. Die Unzufriedenheit der Mafien sei groß und lasse die Möglichkeit schwerer Unruhen befürchten. In den großen StäDten müssen Straßenbahnverkehr und Be leuchtung möglicherweise bald eingestellt werden. Die Ausfuhr ist infolge des Waggonmangels nicht mehr möglich. Rohstoffe treffen nicht mehr ein, so daß unzählige Fabriken ihre Tore schließen müssen. Bulgarien. *Jn der .Sobranje' teilte Ministerpräsident Radoslawow mit, daß Bulgarien bereit sei mit Rußland in Fliedensunterhandlungen ein zutreten. Ministerpräsident und Parteien waren darüber einig, daß der Besitz Mazedoniens, des Maravagebietes und der Dobrudscha die Grund lage des Vertrages sein müsse. Griechenland. 'Der allgemeine Notstand in Griechenland hat nach übereinstimmenden Mel dungen aus verschiedenen Quellen einen er schreckenden Grad erreicht. Alle bisherigen Hoff-' nungen auf Besserung der Verhältnisse durch Zufuhren aus den Ententeländern konnten nicht verwirklicht werden. Mit angstvoller Spannung erwarten Athen und die Provinz, was Venizelos an Versprechungen aus Paris mitbringen werde. In Athen wird darauf hingewiesen, daß die ge samte Wehrfähigkeit Griechenlands davon abhänge, ob die Nährmiltelkrisis baldigst ge mildert werden kann. Kleine Nachrichten. — Trotzki hat den russischen Botschafter! in Paris, Maklakoff, seine? Amtes enthoben und erklärt, daß MaUakoff« Teilnahme an der Kon ferenz der Verbündeten ein Staatsverbrechen sein, würde. — Ein Äesetzäntrag der französischen Regie rung über die Verlängerung des Mandat« der Kammer setzt fest, daß daS Mandat bis 6 Monate nach Einstellung der Feindseligkeiten ver längert wird. — Die .Niederländische Telegraphenagentur' er- sährt, daß eS zwischen dem Fmanzminister Traub und dem Landwirtschastrmtnisler Poslhuma wegen der Käse au-fuhr zu einem Konflikt ge-, kommen sei. Vas Kätlel seiner bke. Ws Romon von Ludwig Hasse. « «Schluß.) Frau von Leggien rümpft« allerdings noch «in wenig die Nafe, aber im stillen gab sie ihrem Mann« doch recht. Die Güler Leggien und Einödt grenzten aneinander, da würde ein . reger Verkehr von selbst entstehen, und die ' entfernter wohnenden Gutsbesitzer würden mit Neid auf sie und ihre Töchter sehen, die die Freundinnen einer Fürstentochter wären. Frau von Leggien beschloß daher, ihre Be denken fallen zu lassen. Um aber ihrem Gatten nicht vollständig recht zu geben, sagte sie nur: „Wenn der Graf und die Gräfin bei uns Besuch machen, kann mail den ja erwidern — das verpflichtet zu'nichts." Diese Antwort genügte dem Rittmeister voll kommen. Er kannte seine Gatlin zn gut, um nicht eine völlige Kapitulation zn verlangen. „Ja, man wird sehen," entgegnete er daher leichthin, pfiff einen Kavalleriemarsch und ent fernte sich mit schmunzelndem Lächeln. Er hatte seinen Zweck erreicht. Alles andere konnte er getrost feiner klugen Gattin und ihren ebenso klugen Töchtern überlassen. Er wollte mit Gallenberg schon treue Kame radschaft ballen. Auf Schloß Einödt herrschte in der Tat regeS Leben und Treiben. Girlanden wurden gebunden und nn hohen Masten befestigt: da? alte Tor mit Wappen und Fahnen geschmückt, der Hch von dem wuchernden GraL gesäubert, die Parkwege geharkt und die Blumenbeete und die Bosketts in Ordnung gebracht. Mit hochrotem Gesicht, von dem der Schweiß niedertropfte, eilte der alte Petersen hierhin und dorthin, um die Arbeiten zu überwachen und neue Anordnungen zu treffen. Und wie im Part und auf dem Hofe, so herrschte auch im Schloß lebhaftes Treiben. Unter Aussicht des fürstlichen Haushofmeisters und der Frau Petersen wurden alle Räume ge lüstet und gereinigt; dar alte Silber geputzt und die LüstreS in den Zimmern und Sälen instand gesetzt. Die Dienerschaft war vervollständigt und in der Küche hantierten Mamsell und Köchin mit einigen Küchenmädchen, als gälte er in der Tat, eine Hochzeit herzurichten. Das alte Schloß war zu neuem Leben er wacht und hallte wider von lauten Befehlen, Lachen und Plaudern, vom Klirren der Teller und Schüsseln, von dem Klopsen der Teppiche und Möbel, und die düsteren Geister der Ein samkeit, des Grams und der Sorge flohen er schreckt vor dem fröhlichen Lärm davon. Das dauerte einige Tage, doch als der Fürst mit seinen Söhnen erschien, und Oberst Baron Waldau mit seiner Gatlin, da war alles fertig, und Schloß und Hof und Park prangten im festlichen Schmuck. Die Baronin Waldau war tief gerührt, die Heimat ihrer Jugend in diesem fröhlichen Glanze wieder zu sehen. Vdr 20 Jahren war sie fortgezogen, um ihrem Gallen zu folgen. Dann Halle sie die Heimat nur flüchtig gesehen, zum letztenmal vor Jahren, als die düsteren l Schleier der Trauer um den toten Vater daS Schloß umgaben. „Wie dankbar muß mein Bruder Ihnen sein, Durchlaucht," sagte sie bewegt. Der alte Herr aber lachte. „Im Gegenteil, Gnädigste.' entgegnete er froh gelaunt, „ich muß Ihrem Bruder noch dank bar sein, hätte der Starrkopf mir doch beinah mein liebes Kind abspenstig gemacht. Sie hätten ihn nur in Berlin sehen sollen, als ich ihn nach unserer Versöhnung aufsuchte. Es war, als wenn er mir einen Dienst erwiesen und ein Opfer gebracht habe." „Alexander ist stolz, Durchlaucht, aber nicht undankbar. Ich weiß, daß er die letzten Jahr« sehr gelitten hat . . ." „Ich muß Ihnen gestehen. Gnädigste, daß dieser trotzige Stolz mir an Ihrem Bruder am meisten gefallen hat. Er ist ein Mann in des Wortes wahrstem Sinne geworden, ich habe vollstes Vertrauen zu ihm gefaßt, und wir haben uns ja schließlich auch verständigt. Von einem festlichen Empfange wollte er freilich nichts wissen — den hab' ich ihm verheimlicht, ich wollte meine Margit hier doch nicht einziehen lassen wie den Dieb in der Nacht." Der alle Herr lächle verschmitzt, daß es ihm gelungen war, das junge Paar zu überlisten, und rieb sich vergnügt die Hände, wenn er an die Überraschung Alexanders und Margits dachte. Diese ahnten in der Tat nichiS von dem festlichen Empfang, der ihrer harrte, und waren sehr erstaunt, als sie auf den: kleinen Bahnhof ankamen und diesen mit Girlanden und Fahnen geschmückt sahen. .. -- - . l Als sie aber den Fürsten, seine beiden Söhne, Oberst von Waldau und Frau von Waldau auf dem Bahnsteig stehen sahen, alle in festlicher Kleidung, den Fürsten mit rotem Ordensband um die Brust, den blitzenden Sterix des Leopoldsordens auf der linken Seite, Prinz Joseph und Prinz IPenzeslaus, sowie Oberst von Waldau in großer Uniform — als sie die Menge der herbeigeeilten Landleuls sahen, ja sogar einige Equipagen von benach barten Gutsbesitzern, da wußten sie. was ihrer harrte und leise seufzend ergab sich Alexander in sein Schicksal. Margit erriet seine Gedanken. Sie drückte ihm sanft und innig die Hand und flüsterte ihm zu: „Verzeih' dem Vater — er meinte es sicherlich gut..." Dann eilte sie auf den Fürsten zu, der sie zärtlich in die Arme schloß. Als er dann Alexander begrüßte, und dieser sagte: „Weshalb dieser festliche Empfang, Durchlaucht?" — Es war unnötig. . ." Da entgegnete er lachend: „Vor allem verbitte ich mir jetzt dir Durchlaucht — ich bin jetzt dein Papa — merke dir das! — Und," fetzte er ernster hinzu, „wenn du diesen Empfang sür unnötig hältst, so bedenke, daß nur die Pflicht oblag, aller Welt zu zeigen, daß deine Frau meine Tochter ist . . ." Da verstand Alexander den alten Herrn und drückte ihm dankbar die Hand. Vor den: Bahnhof standen die Wagen. Der s ungarische Viererzug zuerst. Mit Erstaunen be- f trachtete ihn Alexander. „Wie gefällt dir das Gespann?" frag!» lächelnd der Fürst. .
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