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noble verhaftet; sie ging nachher zur katholischen Reli gion über. Sonderbar genug war es, daß Iurieu diese Schwärmerin und andere auch nach ihrem Ucbertritte noch in Schutz nahm. Sie könnten zwar Schelme ge worden seyn, sagte er, aber Propheten wären sie gewiß gewesen. — Das war allerdings konsequent. Gabriel Astier wandte sich an eine gewisse Marie, mit welcher er in vertrautem Umgänge gelebt batte, und machte sie und ihre Aeltern zu Propheten- Gleich Pil zen wuchsen deren überall hervor, und nicht selten leg ten Kinder von 7 Jahren alten Männern, welche die Messe besucht hatten, Bußen auf. Die Schwärmer versammelten sich auf den Gipfeln der Berge, vier - bis fünfhundert an der Zahl, oft auch zu mehrer» Tausenden, um da, näher dem Himmel, den Geist von oben zu erwarten. Der Prophet, oder die Prophetin, warf sich auf die Kniee nieder und schrie Barmherzigkeit ! und fiel dann rücklings so, daß er keinen Schaden nahm. Sogleich sielen alle übrigen gleichfalls nieder. Darauf rief er: Bessert euch und tdut Buße dafür, daß ihr die Messe besucht habt; denn das Ende der Welt ist nabe. Die Prophezeiungen, mit heftigen Ausfällen gegen den Papst und die Bischöfe beglettet, bezogen sich meist auf das nahe Ende der römischen Kirche, die Iurieu auf daS Jahr 1790. festsctzte, auf den Uehcrlritt der katho lischen Priester zum Protestantismus und auf die Her stellung der Tempel. Der Prophet blies denjenigen, welche sich um Welssaaungsgabe bewarben, in den Mund und sagte zu ihnen: Empfanget den heiligen Geist. Alle Prophelenjünger weissagten nun ebenfalls; sie zitterten, wälzten sich auf der Erde und schäumten. Waren sie ohnmächtig hingcsunken, so nahmen andere sie auf die Kniee, um sie wieder inS Leben zu rufen; den Mädchen erwiesen Knaben diesen Dienst, den Knaben Mädchen. Einige sagten, sie hätten den Weissaaungsgeist durch die Schenkel empfangen; andere hielten sich für die dritte Person der Dreieinigkeit und unterschrieben sich als heiliger Geist. besuchten nur wenige die Versammlungen der Schwär mer und begnügten sich, sie heimlich zu begünstigen. Wahrend die Geistlichkeit den Weg der Belehrung wählte, brauchte die Regierung Gewalt und sandte Kriegsvölkcr gegen die Schwärmer. Die Propheten ver- hießen den Irregeleiteten bet dieser drohenden Gefahr, sie würden unverwundbar seyn und durch den Ruf Tar tar a die Soldaten in die Flucht treiben können. Zwar glaubten nicht alle dieser Versicherung. Manche mun terten einander zur Verteidigung auf, bewaffneten sich mit Steinen und erklimmten die.Gipfel der Berge; an derc warfen sich bei der Annäherung der KricqSvölker auf die Erde, hauchten sich einander, um sich den Gerst mitzutheilen, in den Mund und wehrten sich mit Stei nen gegen die Angreifer Von Propheten angeführt, rückten andere mit wüthenden Gebehrden gegen die feind lichen Hecrhaufen an und riefen: Tartars! Tartara! AlS sic aber sahen, daß der Ruf weder vor dem Tode schützte, noch den Feind in Bestürzung brachte, ergriffen sie die Flucht. Astier ward gefangen und aufgcknüpft. Binnen 14 Tagen war die Ruhe in der Landschaft Vi- varaiS hergeftcllt, obgleich mehr als 20,200 Mann an den Bewegungen Thcil genommen hatten. Nicht lange aber währte eö, da begannen die Aus schweifungen der Prophetin in dm Cevenncn von neuem. Zwei Prediger, Brousson und VivenS, gaben Erschei nungen von Engeln und Offenbarungen vor und brach ten dadurch 1702 die Bergbewohner in Aufruhr Die Fanatiker hatten damals vier Grade der Weisung, nem- lich die Warnung, den Hauch, die W issagunu und die Gnade. Jede Bande hatte ihren Propheten, der den Besuch der Messe und die Bezahlung der geistlichen Fe henten verbot, und über die Behandlung der katholi schen Pricster, welche in die Gewalt der Aufrühr-r fie len, seinen Rath gab. Sein Ausspruch ward soaleich vollzogen. Kirchen wurden beraubt und verbrannt, Pfiir- rer ermordet; Mehrern schwängern Weibern ward der Leib ausgeschnitten; gegen 4000 ssatholik n und achtzig Von den vermögenden Calvinisten Priester wurden im Jahre 1704 aetödtet, und der Par ker von St. Andre de Laneize von dem Thurme seiner Kirche herabaestmzt. Endlich gelang es den tapkern Feldbetten VillarS,- Bcrw ck und andern, den Aufruhr zu Mm. V>vm6