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darf kein hiesiger Badegast auf glänzende Assembleen, große Cirkcl, splendide Promenaden, Theater, Hazard- spiele und andere gewöhnliche Belustigungen großer Ba deorte Rechnung machen; aber dem Freunde des Land lebens, der Natur und der geselligen Unterhaltung ist hier die Anspruchlosigkeit einer gebildeten und anständi gen Badegescllschaft, eine vorzüglich gut besetzte Tafel und Tanzmusik, der Anblick fröhlicher Tänze des mun tern Landvolks u. s- w- schon genug. Außerdem findet jeder Kurgast in beiden Badeorten die gewöhnlichen Ge legenheiten zu erlaubten Vergnügungen, zum Billard- und Kcgelspiel, zum Vogel - und Scheibenschießen, zum Tanz, Kartenspiel u. s. w. Alle dergleichen Dinge sind ja bei einer Badekur überhaupt nur Nebensachen; denn die Sorge für die Wiederherstellung der Gesundheit macht doch wohl den Gebrauch des Bades selbst immer zum Hauptzweck. In dieser Hinsicht zeichnen sich die beiden Mineral wasser zu Wolkenstein und Wiesenbad vor andern Heil bädern SachsenS durch etwas Eigenthümliches aus, nem- licb durch ihre auffallende natürliche Wärme. Das Wolkensteiner ist damit vorzüglich reichlich versorgt; denn es zeigt eine Wärme von 22^- Grad über den Ge frierpunkt des Reaumürschcn Thermometers. Das Wie senbader ist zwar etwas kühler und nur von 17 Grad Temperatur über dem Eispunkt, doch bei alle dem lau warm genug. Allen übrigen Sächsischen Mineralwassern mangelt diese bedeutende Menge des Wärmestoffä, wel cher doch unstreitig der wirksamste Drstandtheil unsrer beiden Heilquellen und von der künstlich erzeugten Wär me gar sehr verschieden ist. Außerdem zeigt die chemische Analyse dieser beiden Mineralwasser noch eine nicht un bedeutende Menge kvhlensaurcS Natrum oder Mineral- alkali- Man kann annehmcn, daß ohngefähr hiervon in jedem Pfunde 2 Gran cntoaltcn sind. Es wäre wohl zu wünschen, daß cS einem geschickten und in der Unter suchung mineralischer Wasser geübten Scheidekünstler ge fallen möchte, die hiesigen beiden Mineralquellen einer genauem chemischen Prüfung zu unterwerfen, als die bisher bekannte war, und das Resultat davon zur Kennt- niß des Publikums zu bringen. Einsender dieses ist aber demohngeachtet der festen Uebcrzeugung, was auch die Meinung und pas Urtheil anderer berühmten Aerzte be stätigt, daß alle Heilbäder, außer den durch chemische Zergliederung vorgefundenen Bestandteilen, noch ein unbekanntes Etwas enthalten, waS wir noch nicht kennen, für dessen Untersuchung und Darstellung wir noch keine zweckmäßigen Werkzeuge besitzen, und wo durch dennoch ihre Heilkraft größtenthcils bestimmt wird. Wie wäre es sonst möglich, daß ein an festen Bestand- theilen so armes Heilwasscr, als das des Pfesserbades in der Schwei;, dennoch so wirksam den kranken Orga nismus umändern könnte. Machten bloß die chemisch aufgefundcnen Bestandtheile das Wesen eines Mineral wassers aus, so müßte es der Kunst sehr leicht werden, dieselben nachzubilden. Es wird ihr aber bei aller Mühe und Geschicklichkeit nicht gelingen, dieselben vollkommen nachzuahmen, und die Wirkung dcs künstlichen Karls bader Wassers dürfte wohl von der des natürlichen sehr verschieden ausfallen. Wenn folglich über die Kräfte und Wirkungen eines Mineralwassers in Krankheiten des menschlichen Organismus gcurtheilt werden soll, so be hält immer die Erfahrung dabei die erste Stimme. Dieses ist insonderheit bei unsern beiden Heilbädern der Fall, da sie dieselben bereits über 30O Jahre zu beobach ten Gelegenheit hatte, ein Umstand, der bei allen neu entdeckten Mineralquellen leider gänzlich mangelt, so sehr auch manche derselben der Theorie nach empfohlen zu werden verdient. Die Erfahrung nun, als die beste Lehrmeisterin, hat den Gebrauch der Bader zu Wolken stein und Wiesenbad vorzüglich in folgenden Krankhei ten als nützlich gezeigt: Langwierige Gichtbcs chwcrdcn und R h e v- matalgieen oder das sogenannte Gliederreißen, sowohl die ausgebildete als unvollkommene und verlarvte Gicht, das Podagra, außer dem Anfälle nemlich, insbesondere das Hüft- und Lendenweh, die übri gen zahlreichen rheumatischen Uebel und solche, denen eine gichtische oder rhevmatische Ursache zum Grun de liegt, finden in dem Gebrauche dieser Bäder ein wirk sames Heilmittel. Eben so hülfreich haben sic sich bei L ä h m ungc u,