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heit entfloßt nachdem der Text hiezu schon längst ver altet war! — Dieser unmittelbare Nutzen, Vortheil, Werth und Einfluß der Deelamation nicht nur auf Reden und Sprechen im täglichen Umaangslebcn der Unterhaltung, sondern auch vorzüglich auf den mündlichen Vortrag von Kunsireden und von wirklichen Darstellungen auf der Schaubühne zeigt sich hier im glänzendsten und wohlthä- tigsten Liebte, weil auch hier alle schönen Kunstwerke der an sich leblosen Schrift- und Wortsprache durch den Hauch der Deelamation erst Leben, Geist, Deutlichkeit, Wahrheit, Verständlichkeit, 'Antriuth, Leichtigkeit, Gra zie, Zierlichkeit, Wohllaut und Schönheit cingeflößt er halten müssen, um gehörig verstanden, gefühlt und be nutzt zu werden. Welche crstaunenswerthen Wirkungen vermag nicht der gelehrte, polnische und der Kanzel redner eben sowohl aus seine Zuhörer, als der Kunst schauspieler auf seine Zuhörer und Zuschauer vermittelst der wohlthätig schönen Deelamation hervorzuzaubern? Was vermögen aber alle Rcdekünstler und Schauspieler ohne belebende Deelamation? — Ohne sie laßt unS das schönste Gedicht, die herrlich ste Abhandlung, oder Rede oft kalt und ungerührt, weil kein passender Ton unsern Verstand und unser Herz trifft! — Daher hielten schon Griechen und Römer, z- B. Demosthenes und Cicero (beides Schüler gro ßer Schauspielkünstler), die Deelamation wegen ihrem wohllhätigcn Einflüsse auf Geist und Herz (auf Ver stand und Willen, auf Vernunft und Gefühl, auf Ge schmack und Kunstsinn) für eine der wohltätigsten schö nen Künste, der sic unter allen den Preis zuerkannten, indes OuincLilian (gewiß einer der scharfsinnigsten Beurteiler des kunstvollen und begeisterten Alterthumöl) mit Recht behauptete: „daß eine blos mittelmäßig aus- gearbeitete Rede in Prosa, wie in Versen, durch schöne Deelamation unterstützt, weit mehr wirke, als die noch so schön niedcrgefchriebcne Rede, oder als das am schön sten ausgearbcitcte Gedicht ohne wohltätige Unterstü tzung der Deelamation *)." *) Da durch »nein auf Pränum. angekündlgtcs Svüem der Deklamation nach Sch scher's Grundlagen alle bisher Daher liebten auch die größten Staatsmänner und Helden der beiden aufgeklärtesten Völker des begeisterten Altertums (Griechen und Römer) die Deelamation so sehr, daß sie sich von ihr in keiner Periode des Lebens und unter keinen Umständen, zu keiner Zeit trennten, sondern noch in den schönsten Lebenstagen und oft bis in ibr spätestes Alter, wo ihnen alle Beredlsamkeit keine Vorteile mehr gewähren konnte, dennoch sich in dieser schönen, nun einmal lieb gewonnenen Kunst täglich üb ten, sich von ihr unterhielten, oder unterhalten ließen und um deren Gunst buhlten. Derrn mit rastlosem Ei fer betrieb bekanntlich Demosthenes (wie nach ihm Cicero) noch in seinem männlichen Alter diese gött liche Kunst, welcher sie beide vor allem andern in der ganzen Beredtsamkeit den Preis zngestandcn. Von der allgewaltigen Kraft der schönen Deelamation ergriffen, welche noch mehr Ehre und Ruhm, als selbst die Ta pferkeit, verschaffte und auf der Rednerbühne noch mehr, als im Felde, den Patriotismus bewähren half, wurden Griechen und Römer zu dem höchst interessanten Studio der Deelamation so sehr entflammt, daß sic weder Mühe, noch Zeit, noch Anstrengung, Beschwerden und Unko sten scheueren, sondern vielmehr oft noch im männlichen Alter ihre zur andern Natur gewordenen üblen Gewohn heiten zu überwinden und gänzlich abzulcgcn suchten, gleich dem Demosthenes, welcher, eines Bessern in der Deelamation durch den großen Kunstschauspieler Sa tyrs s in Alben belehrt, nicht nur seine fehlerhafte Aussprache und schwache Stimme noch in seinem männ lichen Alter durch angestrengte Uebung im deutlichen und lauten Sprechen selbst während des schnellen Laufens bergauf, oder am Phalerischen Hafen und durch Kieselsteine im Munde zur Verhütung der zu schnellen, undurchdringlichen Dunkelheiten vieler Stellen der Alten, vorzüglich Cicero ' s und Q u t n c t 1 li a n ' S, in decla- matvnscher Hinsicht such befriedig amtlüren lassen - so» -ade icy mich zu einer neuen Ausgabe des Qutrrctk- Nau's t«nd des Cicero's (vorzüglich seines Birchs vorn Redner) entschlossen, sobald ich die hiezu erforderliche Mtise gewinnen kann. Möchte mir dieselbe recht bald zir Theil werden, um meinen beschränkten Wirkungskreis mög lichst zu erweitern! —