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zur Belehrung und Unterhaltung. Nk. Dresden, den io. Februar >3'2- H» Können wohl selbst die geübtesten, geschicktesten Schauspielkünstler, Dichter, Schriftsteller, Red ner und Lehrer aller Art eine gründliche Theorie der Declamation ganz entbehren? vorzüglich Kunstscbauspielcr und Redner aller Art die Anwendung der Declamaiion gar nicht entbehren kön nen, sondern bei Aufführung theatralischer Stücke, oder bei Haltung von Reden jeder Art nothwendig brauchen, ist allgemein bekannt und keinem Zweifel mehr unterwor fen, sondern völlig ausgemacht gewiß. Denn nicht al lein die geschriebenen, oder ab gedruckten thea tralischen Stücke, welche der Schauspielkünstler aufzu führen, mündlich schön, ihrem wahren Sinne, wesentli chen Geiste und natürlichen Charakter gemäs vorzutra- gen, avszudrücken und darzustellen hat, sondern auch die geschriebenen, oder doch in Gedanken auöge- arb eiteren, bloS durchdachten Reden, welche von dem Redner ebenfalls im lauten und sichtbaren Vortrage na tur- und wahrheitgemäs, folglich vollkommen angenehm, interessant, rührend und belehrend, mithin meisterhaft schön gehalten oder dargestellt und ausgcdrückt werd-n sollen, find eben sowohl, als die blos trockenen und kalten, ohne alle Lheilnahme und ohne passende Re detöne der Empfindungen, blos von dem Verstände durch den Mund ohne Herz und Interesse ungerührt hergesag- ten, leeren Worte, an sich leblos und todt- Da her müssen alle diese an sich leblosen Worte thcils der Schriftsprache, thcils die trocken und kalt ausgesproche nen Worte und Gedanken vorzüglich durch Töne der Empfindungen und Gefühle erst belebt werden. von dem Gefühle und Interesse des mündlichen Darstel lers erst beseelenden Geist und Leben, Grazie und Wohl laut , folglich gleich dem rohen Metalle in der Münze, erst den Stempel der Wahrheit und der geprägten Schönheit erhalten, wodurch also leblose, todte und trocken kalte Worte, oder Gedanken erst ihren bestimm ten Werth, gleich dem gemünzten Metalle, bekommen können. Alle schriftliche und mündliche Wortsprache ist demnach, gleich der blvsen Gedankensprache, an sich (ohne die belebende Geistes - und Herzens- oder natür liche Ton- und Gebcrdensprache) nicht etwa, wie die letztere, eine unmittelbare, wesentlich nothwendig, un- willkührlich wahre, sichere und allgemein (für alle Völ ker) verständliche Bczeichnungs- und Mittheilungsart unserer Gedanken und Gefühle, sondern vielmehr eine blos mittelbare, entfernte, oft nur willkührlich erfun dene, unwesentlich kunstvolle, kalke, leblos trockene und nicht allgemein verständliche Darstellungs- und Aus drucksart unserer innern Geistes - und Gcmüthszustän-e. Da nun eine solche mündlich trockene und schriftlich todte Wortsprache, gleich den noch unausgedrückten Gedanken und Gefühlen, an sich selbst, ohne alle belebenden Töne und Geberden, noch nichts Sinnlich-wirkliches und Bedeutendes ist, sondern beides erst durch sol che reine, unverfälschte Naturtöne und Geberdenzeichen thcils dcS Verstandes und Herzens überhaupt, thcils der Vorstellungen oder Gedanken, Empfindungen, Rührun gen, Gefühle und Gcmüthsbewegungen aller Art insbe sondere werden kann; so sind selbst die für das Obr al lein (ohne Kopf und Herz, ohne wahre GefühlSstimm- töne unserer Vorstellungen und Empfindungen) kalt-