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U N Nr Ucbi-r das fühlbare Dedürfniß und die guten Deklamation in >er cn herbei geführten zur Deklamation M m ,d !N ^<)ci der durch höhere Geistescultur allgemeinen Lust, Liebe und Neigung innern WertheS sich erreichen last, sondern hat auch so manche bedeutende Nachtheilc herbcigesühtt, daß cS unS wahrhaftig nicht zur Ehre gereicht, eine solche Maxime noch jetzt auszuüben, deren Nachtheile allgemein aner kannt sind und unS zu der Einsicht verholten haben, daß eine solche Toleranz vorzüglich bei allen schönen Kün sten, folglich auch bei der Declamirkunft gerade an ih- rem nachtheiligsten Orte sey. Denn hiedurch verleitet, nennt man oft daS Mit telmäßige einer schönen Kunst schon gut, das kaum Gute aber vortrefflich und erhebt nicht nur den blosen Dilek Lantcn zum Virtuosen, sondern vermehrt hiedurch auch die große Anzahl mittelmäßiger Künstler und oberflächli cher Beurtheiler. Nur auf solche Art konnte es dahin kommen, daß unsre Nation ihre Künstler sich im Auslände bilden Ließ und also nicht nur bisher keine wahrhaft großen Künst ler selbst erzog, sondern auch sogar nichts Nationales mehr in ihren Künsten aller Art besitzt und selbst den ho hen Beruf aufgeqeben zu haben scheint, sich selbst wahr haft schöne Künstler zu erziehen und schöne Künste zu erschaffen! — Den hiezu nöthigen Beweis werde ich gelegentlich aus der Geschichte oer schönen Künste und namentlich der Deklamation vorzüglich liefern. Denn auch diese schöne Kunst wurde unter uns Deutschen viele Jahrhun derte hindurch so sehr vernachlässiget, daß sie ganz ver schwunden und auS der Reihe der schonen Künste vertil get zu seyn schien, weil man sich ss wenig um erneu schönen deklamatorischen Vortrag bekümmerte, daß mau ihn kaum noch einigermaßen von dem Kunstschauspicler, igteit einer u n s e r m er in n- ch lt- we en w- cn ng ä- en n- er ad wi ül u- el sucht zwar jett auch unter unS Tcutschen fast jede gebil dete Person beiderlei Geschlechts in ihrem Sprechen, Verlesen und Reden zu dcclamiren, ohne oft auch nur einen richtiaen Begriff von der Deklamation und von den zu ihr nöthigen Erfordernissen, Vorkenntnissen und persönlichen Eigenschaften zu besitzen; aber gleichwohl haben wir bis jetzt weder öffentliche Lehrer, noch viele nachahmungöwürdige Muster einer vollendet schönen De klamation, noch auch ein einziges Werk, welches eine gründliche, lichtvolle und zugleich vollständige Anwei sung zu dieser wissenschaftlich schönen Kunst enthielte. Man hat es oft den Deutschen zum Ruhme ange, rechnet, daß sie mehr auf den Kern, als auf die Schale sehen, mehr den mnern Gehalt einer Sache, als ihre äußere Form schätzen und daher auch nach dem innern Gehalte den Werth einer Person, oder Sache bestimmen. Zwar läßt sich nicht lauancn, daß, wenn man diesen Charaklerzug der Tcutschen bloS von der geselligen Seite betrachtet, er eine liebenswürdige Toleranz begründe; allein diese übel verstandene Toleranz, verbunden mit dem gutmüthigen Vorliebnehmen, ist wied rum nicht k nur die Ursache, daß oft selbst im geselligen Umgänge unter uns die zarte Eleganz fast nie erreicht werde, wel che doch bei einiger Strenge ohne allen Nachtheil des Dresden, oen 20. Januar 1312.