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Magdalenenasylen in Niederlößnitz und Hilbersdorf, wie den Frauenheimen Tobiasmühle und Borsdorf, fchon manchem armen Trinker, und manchem tief- gefallenen Mädchen wieder haben zurechthelsen dürfen. So darf die Innere Mission wohl das Zeugnis in Anspruch nehmen, daß sie nicht an den leiblichen Notständen in unserm Volke vorübergeht, ohne ver ständnisvoll und opferfreudig zu ihrer Hebung Hand anzulegen! Im Gegenteil hat sie oft genug als erste diese Arbeit in Angriff genommen, und steht heute noch so eifrig in dieser Arbeit drin, daß man manchmal der Meinung begegnet, als sei Innere Mission 'überhaupt nichts anderes, als solche Samariterarbeit an leiblich Kranken und Hilfsbedürftigen, die Armen miteingeschlossen. Aber wer so urteilen wollte, der kennte allerdings -doch die Innere Mission nicht recht! Nicht die Er haltung des Leibes und seiner Gesundheit,!' so wichtig sie ist, ist Zweck und Ziel ihrer Arbeit. Vielmehr um die Seele ist ihrs zu tun! Und wie unser Herr und Meister Jesus Christus einst gesagt: „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen jo ist auch ZU Verderben, sondern zn erhalten" — Luk 9, 56 — Seelen erhalten allenthalben das Streben der Inneren Mission,^das all ihrer Arbeit zugrunde liegt, ihr Ziel und ihre Weise bestimmt und nie von ihr verleugnet oder verheimlicht werden kann und darf, selbst wenn sie etwa darüber von manchen weniger freundlich angesehen oder auch offen gehaßt und bekämpft wird. Sie kann eben nicht anders, sie muß in jedem Menschen zuerst die Seele sehen, die mehr ist, als der Leib, die Seele, die nach Gottes gutem und gnädigen Willen ewig selig werden soll, aber auch durch eigne und fremde Schuld ewig verloren gehen kann. Diese Seele muß sie lieben, denn Jesus Christus hat sie auch lieb und hat Sein Blut für sie ver gossen, sie zu erretten! Um diese Seele aber muß sie auch bangen, denn ihr drohen viel größere und ernstere Gefahren, als dem Leibe. Nicht alles, was dem Leibe schadet, verdirbt auch die Seele, aber die Sünde ist der Leute Ver derben, denn sie verdirbt die Seele, auch im gesündesten Leibe! Darum: Seelen erhalten, die weitaus höhere und wichtigere, freilich auch schwierigere Aufgabe gegenüber aller nur auf die Erhaltung des Leibes gerichteten Tätigkeit! Und doch wird für die letztere tausendmal mehr an Wissen und Können, Eifer, Kraft, Zeit und Geld aufgewendct, als für jene! Seelen erhallen: gewiß ists in erster Linie Aufgabe des geordneten Seelsorgeramtes in den Gemeinden, wie die der berufenen Erzieher in Haus und Schule, und Gottes Segen über alle, die allen Fleiß tun, die ihnen anver trauten Seelen „bei Jesu Christo im rechten einigen Glauben zu erhalten!" Denn das, und nichts anderes heißt und ist in Wahrheit: Seelen erhalten! Aber wer mag der Liebe wehren, überall da hilfreich zuznspriiögen, wo Gefahr im Ver züge ist? Nicht wer die Hilfe bringt, sondern daß sie"gebracht wird, ist die Hauptsache! Und nicht verdrängen oder ersetzen will ja der freie Dienst der Liebe den Dienst des Amtes, sondern ihn ergänzen, entlasten, ihn dienend fördern! Daran arbeitet die Innere Mission nun^schon lange in Frieden und Segen. Seelen erhalten ist ihr Ziel auch da, wo sie zunächst leiblicher Not abzuhelfen sich müht. Die unter der leiblichen Not oft so gedrückten, ja ver bitterten Seelen möchte sie in den Sonnenschein der Heilandsliebe bringen, daß sie dort aufatmen und auftauen! Seelen erhallen: das treibt hinein in die Arbeit an den verwahrlosten, gefährdeten Kindern, wie sie schon lange vor Erlaß des staatlichen Fürsorge erziehungsgesetzes in den Re.ttungshäusern der Inneren Mission getan worden ist und auch weiter im gleichen Geiste getan werden soll, gleichviel ob die Kinder „Fürsorgezöglinge" sind oder nicht.