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Allgemeiner Anzeiger : 17.12.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190412177
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19041217
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19041217
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-12
- Tag 1904-12-17
-
Monat
1904-12
-
Jahr
1904
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 17.12.1904
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Milm Altar. Der Pfarrer Hüls in Hohen- erlitt am Sonntag vor dem Altar einen dem er kurz darauf erlag. W^er Hungerkiinstler Sucei ist Freitag Md, wie gemeldet, nach 30tägigem Fasten Mgemauert worden; er hat 26 Pfund und > MO Gramm abgenommen, befindet sich aber "nst ganz wohl. Seine nächste Hungerkur wird der „Künstler" zugunsten der Wissenschaft und zwar auf Anregung einer Akademie, auf Kuba unternehmen. Vorher begibt er fich nach seinem Landgut bei Florenz, um fich dort etwas zu erholen, damit er auf Kuba mit Anstand weiter hungern kann. In München hat er schlechte Geschäfte gemacht. Wegen Giftmordversuchs wurde die erst 15jährige Hermine Kropp in Elberfeld verhaltet. Das Mädchen hatte seinem Vater vergifteten Mäuseweizen unter das Essen gemischt, was dieser jedoch sofort bemerkte. Die wsache zu der Tat ist, nach der ,Rhein.-Westf. Ztg/, in Furcht vor Strafe zu suchen. Von der Maschine zermalmt. In Ochtrup (Wests.) wurde ein Arbeiter der Fabrik von Gebr. Laurenz von den Zahnrädern einer Druckmaschine erfaßt und bis zur Unkenntlichkeit zermalmt. Er hinterläßt eine Witwe und sechs unmündige Kinder. Wieder ansgegraben wurde in Göttingen auf Anordnung der Staatsanwaltschaft in der verflossenen Woche die Leiche einer Frau, und zwar noch an demselben Tage, an welchem sie beerdigt worden war. Es lag der Verdacht vor, daß die Frau nicht eines natürlichen Todes gestorben war. Als tags darauf die Öffnung der Leiche vorgenommen werden sollte, stellte fich heraus, daß sie bereits geöffnet worden war. Aber auch bei der zweiten Sektion wurde nichts gefunden, was den Ver dacht eines gewaltsamen Todes rechtfertigen konnte. Die Leiche wurde dann am nächsten Tage nochmals beerdigt. Eine schwere Bluttat wurde im Gast hause zu Tänzerei, Kreis Wohlau, verübt. Der Besitzer des Gasthauses geriet mit dem Reisenden Hugo Heilig wegen eigenmächtiger Öffnung des Stalles in Wortwechsel, in dessen Verlauf der Gastwirt eine Axt ergriff und Heilig durch mehrere Hiebe tötete. Der Täter wurde verhaftet. In Tübingen ist eine Nniversitäts- restauration eröffnet und sogleich stark benutzt worden. Sie ist im Hochschulgebäude unter dem Treppenaufgange zu den Hörsälen unter- gebrachi und verabreicht neben dem schwäbi schen Nanonalgebäck, den sogen. Laugenbretzeln, auch Schinken- und Wurstbrötchen, Kuchen, Apfel, Kaffee, Milch, Kakao, Frada, eine Aus wahl von Mineralwassern und auch Bier, aber — alkoholfreies. Wie stark übrigens die Anti alkoholbewegung unter der Tübinger Studenten schaft um sich greift, erhellt daraus, daß der Inhaber eines bekannten guten Lokales der ,Köln. Ztg/ zufolge an die Verbindungen die Mitteilung ergehen ließ, er halte für dieses Semester an jedem Abende von 10 Mr ab frische Bouillon mit Palleten und von 12 Uhr ab Bohnensuppe mit Speck bereit. Und der Mann macht sein Geschäft mit dieser neuen Ein richtung. Der Revolver in der Realschule. In Elbogen in Böhmen hantierte der Realschüler Forster m der Schule mit einem Revolver. In der Meinung, die Waffe sei nicht geladen, zielte er im Scherz auf seinen Freund Salz mann. In demselben Augenblick ging der Revolver los und der unglückliche junge Mensch brach schwer verletzt zusammen. Man zweifelt an seinem Aufkommen. Lieoestragödie. In Teplitz erschoß der 1S Jahre alte Kutscher Erler seine siebzehn jährige Geliebte und tötete fich dann selbst. Haifisch-Schwärme verwüsten feit einigen Monaten fortgesetzt die großen Fischereien, die französische Unternehmer seit Jahrhunderten un weit Cornouailles unterhalten, indem fie die stärksten Netze zerreißen und ihres Inhalts be- raüben. Demgemäß herrscht besonders unter den selbständigen Kleinfischern allgemeine Ver zweiflung, weil fie auf diese Weise ihrer un entbehrlichen Existenzmittel beraubt werden. Uber 2000 Familien sind bereits dadurch arbeitslos geworden. Alle Versuche, diese ge fährlichen Räuber zu verscheuchen oder zu ver nichten, find leider bis jetzt gänzlich gescheitert. Die Jeanne d'Arc-Begeisterung in Frankreich hat auch ihre Wogen über den Kanal hinüber nach England geschlagen. Auch dort beginnt man sich für die einst verketzerte Jungfrau von Orleans, obwohl fie Albions Ritterschaft zu Paaren getrieben, zu erwähnen. Man schämt sich der Sünden seiner Väter, die das unglückliche Mädchen dem Holzstoß über lieferten, und will allen Ernstes auch der „Pucelle" in London eine Statue errichten. Besonders Lord Rosebery, der feine Kenner französischen Geistes, steht dieser eigenartigen Besieg lung der herrlichen Übereinstimmung mit dem Nachbarreiche sympathisch gegenüber. Ein Doppelmord wird aus dem unweit der belgischen Grenze gelegenen Orte Lens ge meldet. Die Raubmörder drangen vor wenigen Tagen in das abseits gelegene, mit Mauern umgebene Wohnhaus der unverehelichten Rent nerin Mathieu, ermordeten diese und ihre Gesellschafterin und raubten dann das ganze Haus aus. Erst nachdem mehrere Tage lang beide Personen vermißt wurden, wurde das Haus gewaltsam geöffnet. Man sand die ent setzlich zugerichteten Leichen, von den Mördern jedoch keine Spur. Wie sich Geld verdienen läßt. Eine Gerichtsverhandlung in Exeter ergab die er staunliche Tatsache, daß ein Mann, der fich als Charakterleser in den Zeitungen empfahl und aus den Handschriften den Charakter der Ein sender feststellte, in London eine Jahresein nahme von 30- bis 40 000 Mk. hatte. Sein eigener Charakter scheint aber trotz der Fähig keit des Charakterlesens etwas mangelhaft ge wesen zu sein, denn er ist des betrügerischen Bankrotts angeklagt. Ein Pfarrer vor seiner Kirche erdolcht. In Penezubcs in der spanischen Provinz Oviedo wurde der Pfarrer Francisco Alonso vor der Kirchentür, als er hineingehen wollte, um die Frühmesse zu lesen, durch zwei Brüder, die er wegen Gotteslästerung ernstlich vermahnt hatte, erdolcht. Die Schwindlerin Chadwick. Aus New Dork wird gemeldet: Die gesamte Summe der Schwindeleien der Chadwick erreichen 21 Millionen. Davon entfallen auf die Fäl schungen auf Carnegies Namen 6Vs Millionen. Die Schwindlerin baute augenscheinlich darauf, die Sache weitersühren zu können, bis Carnegie gestorben sei und dann den Gesamtbetrag der gefälschten Noten von der Eibkasse zu verlangen. Die Frau trieb einen wahnsinnigen Luxus. Ein Urenkel des Freiheitskämpfers Andreas Hofer, der Schriftsteller und Journalist Franz Andreas Hofer, ist in Chicago gestorben. Er wurde im Jahre 1821 in Oensbach in Baden geboren und beteiligte sich an der badischen Revolution von 1848. Wie andre Achtund vierziger mußte auch er nach Amerika fliehen. Er ließ fich in Iowa nieder und wurde Redakteur der dort erscheinenden ,Timest Seit zehn Jahren lebte er im Ruhestand im Hause eines seiner Schwiegersöhne in Chicago. Von Hofers Kindern sind mehrere journalistisch tätig; eine Tochter ist Herausgeberin einer bekannten amerikanischen Kindergarten-Zeit schrift und ein Sohn lebt als Redakteur in Oregon. Die Schlangenplage in Indien. Im vorigen Jahre find in Indien nicht weniger als 23165 Personen durch Schlangenbisse ge tötet worden. GerickrskaUe. Görlitz. Eine exemplarische Bestrafung wegen Mißbrauchs öffentlicher Feuermelder wurde dem Arbeiter Schön von hier und dem Zimmermann Mellzel auS Breslau vom hiesigen Schöffengericht zu teil. Die Angeklagten wurden Mitte November d. dabei betroffen, wie sie die Scheiben mehrerer öffentlicher Feuermelder aus Übermut zerschlugen- und hierdurch eine grundlose Alarmierung den Feuerwehr herbeiführten. Schön, der Hauptbeteil'gte an dem Unfug, wurde zu 1 Jahr Gefängnis und 12 Aachen Haft verurteilt, während sein Komplice Menzel mit 1 Monat Gefängnis und 1 Woche Haft davonkam. Kasan. Zu zwölf Jahr Zwangsarbeit wurde am Montag Stojan genannt Tschajyin verurteilt, weil er aus dem Nonnenkloster der Kasanschen Mutter Gottes das beiühmte Marienbild gestohlen, daS sogar Pugatschwew 1773 bei der Eroberung von Kasan geschont hatte. Das Bild hatte Stojan verbrannt, nachdem er die darauf befindlichen Edel steine herausgebrochen hatte. OKerUne?» kmmor vor Gericht. Ein Schlangenbiß. Herr Feldmann hat keinen andern Lebenszweck mehr, als seinen Körper zu pflegen. Er ist, was man einen SeKSdreier- Rentier nennt. Seine Zinsen erlauben ihm zwar nicht, große Sprünge zu machen, aber sie gestatten ihm ein bescheidenes und beschauliches Leben, zumal Herr Feldmann, da er Junggeselle ist, für niemand als sich selbst zu sorgen hat. In dem eifrigen Bestreben,' dieses angenehme Leben möglichst zu verlängern, bat Herr Feldmann sich nach und nach zu einem Gesundheitsfanatiker ausgebildet Jede der 24 Mußestunden des Tages ist durch ge wisse Gesundheitkvorschriften geregelt, die treu er füllt werden. Kürzlich ist nun Herr Feldmann durch seine Lebensverlängerungsmethode mit der Polizei in Konflikt geraten, die ihm ein Strafmandat schickte, gegen das der also Bedachte die Entscheidung des Schöffengerichts anricf. Vorsitzender: Ange klagter, Sie wissen, daß Ihnen ein groher Unfug zur Last gelegt wird. Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung anzuführen? — Angekl.: Herr Präsident, ick habe keenen Unfuch ver übt, vielmehr bin ick selber det Opfer von eenen jroben Unfuch jeworden. Uff Jrund jcwiffenhafter Erwäjungen war ick damals zu der Uberzeujung jekommcn, det zur Erhaltung meiner Jesundheet eene systematische AbhärtungSkur nach Kneippfche Methode erforderlich war. Da ick im Vorort wohne, war det ziemlich leicht zu beweikstellijen. Mein Nachbar hat eenen scheinen Jarten, In den Iras wächst. Ick erbat und erhielt die Erlaubnis, alle Morjcn in den Jarten uff det nasse Iras spazieren zu jeh'n. Acht Dage lang hatte ick det schon durchjeführt und ick bemerkte, det et mir sehr jut bekam, da wurde mir eenes Morjcns een jemeiner Streich jespielt. Vorwej muß ick bemerken, det ick een bißken kurzstchtij bin. Ick trete also an dem Dage meinen jewohnten barfüßijen Spazierjang an und bin jeradc bis in die Nähe von eenen dicken Boom jekommcn, als ick plötzlich uff wat Weechet, Schlüpsrijet trete und eenen heftijen stechenden Schwerz in die Fuß- sohle verspüre. Zu meinem Entsetzen sehe ick eene meterlange Schlange in't Iras liefen, die mir offenbar in 'n Fuß jebisscn batte! Die wenijen Haare, die ick noch besitze, sträubten sich und der Angstschweeß brach mir aus, als ick laut Hilfe rufend aus den Jarten uff die Straße flüchtete. Wie een Blitz jing et mir durch den Kopp, det bei eenen Schlangenbiß die höchste Eile nötig dut. Der nächste Arzt wohnt zwec Querstraßen weiter, zu diesen mußte ick hin, wollte ick mein Leben retten. Wie een verwundeter Hirsch sprang ick det Trottoir entlang, indem ick bloß den eenen Wunsch hatte, det der Doktor möchte zu Hause sind. Een Dienstmeechcn, det Frühstück-Milch jeholt hatte, und eenen Straßen feger rannte ick um. Eenen Schutzmann, der mir als vermeintlichen Jeisteskranken uffjreifen wollte, entjing ick durch eenen mächtigen Seitcnspruug, denn war ick anjelangt. Jott sei Dank, der Doktor war da und konstatierte, det ick mir mit eene Nadel in den Fuß jepickt hadde. Ec wollte sich ausschütten vor Lachen. Jleich druff trat der Schutzmann, der Straßenfejer und det Dienstmeechcn in und brachten mir als jemeiujefährlichen Verrückten nach de Wache. Der Leutnant ließ die Schlange holen, die sich als een Spickaal entpuppte, durch den mehrere jroße Nadeln jsstochen waren. — Herr Feldmann wurde kostenlos frcigesprochen. — Er empfahl sich mit den Worten: „Wenn ick den Urheber von diese Femeinheet erwische, denn erscheine ick noch cenmal vor Ihnen — aber denn als Mörder I" Der „6ckwLrterstul?m" vor Port Artkur. über den kühnen „Schwerterftmm" der Japaner vor Port Arthur enthalten nachstehende ausführlichere Mitteilungen, die der Magd. Ztg/ zugehen, eine interessante Schilderung: „Auf dem Exerzierplätze unter dem Wolfshügel und dem Palichwangfort sammelten sich die drei Freiwilligenkorps unter dem Oberbefehle des Generals Nakamura. Das erste Korps war das von Oschima, das zweite das von Mat sumoto, das dritte das Hiragakorps. Die Oschimaleute bildeten die erste Siurmkolonne, während die beiden andern als Reserven folgten. Oberstleutnant Fukutschi führte die erste Kolonne. Gegen 2 Uhr nachmittags rückten die Truppen an der Eisenbahn entlang, dann dem Fuße des Sungtschuschansorts folgend über Tongfchuitze vor, bis fie dicht unter den steil oufsteigenden Hügeln der Kikwanforts an- gelangt waren. Seit dem frühen Morgen hatte die japanische Artillerie ein vernichtendes Feuer auf diese Forts unterhalten. Das linke Glacis des Ostiorts wurde rasch und ohne große Ver laste erklommen, und ebenso der breite Fort- graben erreicht. Hier aber empfing die Stürmenden ein furchtbares Feuer und drei Reihen vorher nicht bemerkter Hindernisse: Gräben, Verhaue, Drahtzäune, und hinter diesen die russische Front. Trotzdem gelang es den Japanern, fich schließlich der Hauptgalerie mit ihren bombensicheren Betonmcmern zu be mächtigen, und nun entspann sich ein blutiges Handgemenge. Oberstleutnant Fukutschi wurde an der Spitze seiner Leute von einem Schrapnell zerissen und blieb sofort tot, zwei seiner Hauptleute fiele« fast gleichzeitig hinter ihm, Hauptmann Matzukawa, obwohl verwundet, sührte, auf einen der Seinen gestützt, die Stürmenden weiter. Nur mit dem Doppelschwert bewaffnet, bahnte fich die verzweifelt kämpfende Schar einen Weg bis zu der linken Kasematte, stürmte diese, richtete deren Maschinengewehre auf den langfam weichenden Feind, bis die geringe Mnnition ausging, und verjagte den Gegner noch aus dem letzten, oberhalb der Kaponniere liegenden Laufgraben. Hinter diesem erhoben sich aber zwei hohe Drahtzaunhecken, und der ganze Rest des Hauptwalls war bis zur Biust- wchikrone mit einem Gewirr dichter Stachel drähte überzogen. Durch diese ohne artille- ristifche Vorbereitung und Reinigung des Terrains fich einen Weg bis zur Brustwehr krone des HauptwallS zu bahnen, erschien angesichts des sichern und stetigen Feuers des Feindes aus Revolverkanonen und Maschinen gewehren ganz ausgeschlossen, zumal die russische Infanterie außerdem fortwährend Hand granaten in die Reihen der Samuraikrieger schleuderte, gegen die diese, nur mit ihren Schwertern bewaffnet, fich natürlich nicht schützen konnten. Indessen war es Nacht geworden, und so entschloß fich General Nakamura, den Angriff abzubrechen. Die genommenen Stellungen waren inzwischen von japanischer Infanterie und Artillerie besetzt; fie alle werden gehalten. So waren die hier gebrachten Opfer nicht um sonst. Während der Nacht wurden auf der Kontereskarpe japanische Geschütze in Stellung gebracht, was um so leichter war, als das Glacis nicht wesentlich gelitten hatte, und das Mmenvorhaus, wie die Minengalerien unver sehrt waren. Die Minen selbst hatten sämt lich versagt, offenbar unter dem Einfluß der Witterung. Während der Nacht machle dann General Nakamura mit den beiden Reserve korps, den Matsumoto- und Hiraga-Samurais einen Vorstoß in die Stadt und gegen den Hafen hin. Der Hauptkampf ging um das alte chiffesische Tor in dem Talwege über der Eisenbahnlinie. Hier empfing dis rasch Vor rückenden scharfes Gewehrfeuer, während Artilleriesalven von den Forts Sungtschuschan und Petuschan ihren Angriff schließlich zum Stehen brachten, nachdem der General ,elbft unterhalb des Sungtschuschansorts von incm Bombensplitter am Fuße verwundet war. Die Japaner zogen sich darauf gegen Mitternacht langsam zurück; der Angriff war gescheitert. Kuntes Allerlei. Aus dem Gerrchtssaal. Aus Kassel schreibt man der ,Fr!f. Ztg/: „Bei einer Schwurgerichtsverhandlung sragte der Vorsitzende eine als Zeugin geladene Kausmannssrau aus einem kleinen, Kassel benachbarten Städtchen, nach Personalien und Alter: „Sind Sie die Ehefrau des Kaufmanns Soundso aus..— Zeugin: „Ja." — Vorsitzender: „Geboren?" — Zeugin (errötend und leise): „Fünfmal." (Fortsetzung folgt.) UM » Als sie Lord Chesleigh sah, flog ein leichtes Rot über ihre blaffen Wangen und die Hand bebte, die sie ihm entgegen zu strecken ver suchte. „Haben sie dir gesagt, daß ich sterben muß?" flüsterte die Kranke. Er war tief gerührt und all sein Unmut verschwand. So jung und schön wie fie war, sollte fie schon mit dem Leben abschließen! „Ja, Ellen, ich weiß alles," erwiderte Lord Chesleigh. Er trat an das Bett und nahm ihre Hand in die seinige. Sie sah ihn unverwandt an. „Hat es dich überrascht, daß ich dich lieb habe?" fragte fie. „Ich hätte es nie verraten, aber ich muß ja sterben und da sollst du eS wissen, daß ich dich über alles liebe." „Armes Kind," sagte Lord Chesleigh. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. „Ja, es ist wunderbar," bemerkte fie, „ich habe dich so lieb und muß dich verlaffen. Aber du gibst mir deine Hand und deinen Namen, und droben im Himmel, wo die, welche einander hier geliebt haben, fich wiederfinden, da werden wir uns auch angehören." Wie hätte er diesen holden Traum zer- stören können! Eine selige Hoffnung auf diese Zukunft verklärte die Züge des Kindes. „Du darfst mich nicht vergessen, Artur!" „Nein, ich werde dich nie vergessen," ant- wartete er und seine Stimme war heiser vor Aufregung. „Ich sterbe nicht gerne so jung, wo daS Leben doch so schön, so innig ist," fuhr Ellen nach einer Pause sort, „aber wenn ich gesund „Halt ein!" rief er aus. „Weiter brauchst du mir nichts zu sagen. Um keinen Preis möchte ich einen Schatten Ms dein Leben werfen. Ich will tun, was du wünschest, aber vergiß nie, daß ich es mit Widerstreben tue." Als Sir John nach einigen Minuten zurück kehrte und hörte, daß Lord Chesleigh den Wunsch der Sterbenden zu erfüllen bereit war, reichte er ihm beide Hände und sagte warm: „Danken kann ich Ihnen nicht, aber beten will ich für Sie, daß der Himmel Sie belohnen möge. Mein armes Kind wird noch ein letztes Glück empfinden, ihr letzter Wunsch wird erfüllt werden. Ich habe zum Pfarrer geschickt, der kann Sie trauen, sobald er kommt und dann bleiben Sie bei mir, bis es^zu Ende ist." Dann ging er, um Ellen zu benachrichtigen, während Mathilde und Lord CheSleigh langsam folgten. Lord Chesleigh war nicht zufrieden mit der Rolle, die ihm aufgezwungen war. Sein Verstand, sein Ehrgefühl, seine große Liebe zu Mathilde, alles bäumte fich in ihm auf gegen die Erfüllung dessen, waS er ver sprochen hatte; aber durfte er anders handeln? Konnte er den Schmerz des gebeugten VaterS vermehren, die Sterbende täuschen und den Bitten seiner Braut widerstehen? ES handelte fich ja schließlich nur um Stunden, dann würde alles beendet sein. Er wurde ruhiger, als er das Kranken zimmer betrat. Nie im Leben hatte er ein so rührend liebliches Bild gesehen, wie jetzt. Ellen lag friedlich in ihren Mssen, das goldige Haar fiel in Locken über ihre Schultern und die dunkelblauen Augen glänzten im Fieber. geblieben wäre, hätte ich wohl nie den Mut gefunden, meine ach, so heiße Liebe zu offen barm; und daß ich dies noch gekonnt, er leichtert mir den Abschied vom Leven. Halte meine Hand fest, damit ich nicht sterbe, ehe der Geistliche kommt, um unS für immer zu vereinen — ach, nein, nur für Stunden." Eine tiefe Erschöpfung folgte diesen mit Mühe gesprochenen Worten. Ellen lag blaß und regungslos, nur ihre Hände klammerten fich fest um die Lord CheSleighs. Eine — zwei Stunden vergingen, die Nacht brach herein und endlich kam der Geistliche. Er fand es richtig, daß der Wunsch der Sterbenden erfüllt würde und war bereit, die Trauung zu voll ziehen. Dann bat er Mathilde, ihm einen Ring zu verschaffen und diese zog einen goldenen Reif vom Finger, den einzigen, der allenfalls für solchen Zweck geeignet war. Als fie an das Bett traten, schlug Ellen die Augen auf. „Ist es jetzt so weit, daß wir getraut werden können?" fragte fie. „Mathilde, bleibe bei mir. Ach, Papa, ich bin so glücklich!" Die wenigen ernsten, feierlichen Worte, die der Geistliche sprach, klangen wie ein Todesurteil in Mathildens Ohr. Artur Chesleigh und Ellen Marstone waren ehrlich verbunden — nach menschlichem Ermessen sür eine kurze Spanne Zeit. „Motthilde," flüsterte dis Kranke, „du weißt doch — mein Traum — ich will in seinem Arm sterben, mein Kops soll an seiner Brust ruhen. Sage es ihm/ erfüllten Blicke an, daß Mathilde fich ab wandte. „Sie können es nicht abschlagen, Sie dürfen es nicht," sagte er, „es würde grausam sein. Ich habe mich nach schwerem Kampfe darein gefunden, mein Kind verlieren zu müssen, aber ich könnte den Gedanken nicht ertragen, daß fie vor ihrem Ende noch eine so bittere Ent täuschung hätte. Ich bin ein reicher Mann, meinen ganzen Besitz möchte ich hingeben, wenn Sie mitkommen wollten, um meinem Liebling die Stunde seines TodeS zu versüßen. Mathilde, hilf mir bitten. Er darf nicht nein sagen!" In diesem Moment wurde Sir John von einem eintretenden Diener zu seiner Gattin abberufen. Dieses leidenschaftliche Flehen deS tief- gebeugten Vaters hatte Mathildens Herz mit Trauer und Mitleid erfüllt. Alle Eifersucht, aller Schmerz traten zurück, und als fie, mit Lord Chesleigh allein, fich zu diesem wandte, lag der Ausdruck eines siegreich beendeten Kampfes auf ihren edlen Zügen. „Du wirst einwilligen, Geliebter." sagte fie ruhig. „Ich, die ich dereinst dein Weib werde, bitte dich darum, tue es mir zuliebe. Meine Cousine ist mir so sehr ans Herz gewachsen, . und daS Bewußtsein, daß ihre letzten Stunden MMetrübt wären, würde mir mein ganzes Leben Was macht es aus für uns, daß DMou für diese kurze Zeit ihr Mann warst? Glaubst du, ich würde in dich dringen, ihr Mann zu werden, wenn ich nicht wüßte, daß du es nur zum Schein tust, daß es ihr nur daS Sterben erleichtern wird und daß ihr Tod schon in wenigen Stunden dich mir zurückgibt?"
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