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Allgemeiner Anzeiger : 05.10.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190410050
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19041005
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1904
-
Monat
1904-10
- Tag 1904-10-05
-
Monat
1904-10
-
Jahr
1904
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 05.10.1904
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politische Kunäkckau. Der rusfisch-japanische Krieg. * Völlige Nachrichtendürre bezüglich Ostasiens erweckt den Anschein, als ob doch wirklich alles ruhig sei; die Beschießung von Port Arthur, die Tag und Nacht fortgesetzt werden soll, ist schon etwas ganz Gewöhnliches geworden, so daß darüber nicht mehr ausdrücklich berichtet wird. Man glaubt neuerdings, Kuropatkin werde bei Mukden nicht standhalten können, sondern sich weiter zurückziehen. *Von japanischen Schiffsver lusten vor Port Arthur hört man auf dem Umwege über Wladiwostok. Aus einem dort in den letzten Tagen von Port Arthur einge- troffmeu Bericht soll hervorgehen, daß zwei japanische Torpedoboote und ein japanischer Dampfer auf Minen ausgelaufen und gesunken sind. Ferner wurde ein Kreuzer schwer be schädigt. Außerdem ist es zwei russischen Schiffen nach heftigem Kampfe gelungen, sich zweier japanischer Torpedoboote zu bemächtigen, welche damit beschäftigt waren, am Eingänge des Hafens Minen zu legeu. Die russischen Schiffs in Port Arthur sollen sobald wie mög lich einen Ausbruch versuchen. Die Torpedo boote unternehmen täglich Ausfahrten aus Port Arthur. * Ein japanisches Kreuzergeschwader be wacht die Hafeneinfahrt von Tschifu. *Es steht fest, daß Alexejew in Un gnade gefallen ist. Kuropatkin soll allein oberster Truppenbefehlshaber werden ; die beiden Armeen (wovon die eine erst zu bilden ist), sollen den Generalen Bilderling und Gripenberg (echt „russische" Namen!' unterstellt werden. Anderseits wird wiederholt gemeldet, daß Nikolai Nikolajewitsch Oberbefehlshaber im Osten werden würde. * Die provisorische Änderung der japani- schen Wehrverfassung ist in Kraft ge treten; sie verfolgt den Zweck, ältere Jahr gänge von Reserven längere Zeit als bisher bei der Fahne behalten zu können. * Gegen einen baldigenFriedens- schluß, dessen Möglichkeit in einem Teile der westeuropäischen, aber auch der russischen Presse theoretisch erörtert wurde, wendet sich, wie zu erwarten war, die öffentliche Meinung in Japan mit aller Entschiedenheit. Je länger die großen entscheidenden Erfolge bei Port Arthur wie im Felde auf sich warten lassen, desto heißer werden sie herbeigesehnt, und ehe sie errungen sind, wird das japanische Volk von Frieden nichts hören wollen. Daß man sich dagegen schon mit weitausschauenden Plänen für die Zeit nach erfochtenem Siege beschäftigt, wurde schon gemeldet. * * * Deutschland. *Zum Befinden König Georgs von Sachsen wird vom Donnerstag geschrieben: Wenn auch augenblich eine Lebensgefahr als nicht vorliegend anzusehen sei, so sei doch nicht zu verkennen, daß die fortgesetzten Anfälle von Herzkrampf und Atemnot außerordentlich schwächend wirken, und Laß die krankhaften Veränderungen der Herz- und großen Schlag ader (Arterienverkalkung), worauf diese Anfälle zurückzuführen find, in vorgerücktem Alter als höchst bedrohliche Erscheinnngen gelten. Die Arterienverkalkung erzeugt Brüchigkeit der Arterien, die leicht zu tödlichen Blutergüssen führen kann. Die asthmatischen Beschwerden treten meist gegen Morgen, in der dritten und vierten Stunde, auf, und es gesellt sich zu ihnen meist noch höchst quälender Hustenreiz, und der Patient hält es nicht mehr im Bett aus. Gegen Mittag bessert sich der Zustand gewöhnlich nicht unerheblich, und der erste Teil der Nacht verläuft meist befriedigend. *Die Regierung von Schaumburg- Lippe beantragt beim Bundesrat Nicht zulassung eines von der B i e st er f e ld e r Linie ernannten Bevollmächtigten sowie Ein richtung einer unabhängigen Verwaltung in Lippe-Detmold. *Der Besuch, den kürzlich die Direktoren großer deutscher Schiffsbauwerften und Schiff ¬ fahrtsgesellschaften dem Reichskanzler in Homburg abstatteten, hing angeblich mit der Frage der Bildung von Schiffahrts-Trusts, des Ver kaufs von deutschen Schiffen an auswärtige Mächte und andern Ange legenheiten zusammen, die durch die ostafiatischen Dinge in den Vordergrund des Interesses traten. * über dm Inhalt der zukünftigen Münz novelle glaubt der ,BreSl. Gen.-Anz.' melden zu können: Sobald die Erhebungen über die Notwendig keit deS Talers vollständig abgeschlossen sind, wird eine Denkschrift ausgearbeitet und den Bundesregie rungen sowie den Parlamenten unterbreitet werden. Das Fünfmarkstück wird im Durchmesser kleiner und, da man an der Legierung nichts ändern dürfte, etwas stärker werden. Sollte der Taler fallen, so wäre auf das Jnnehalten eines äußeren Unter schiedes beim Fünfmarkstück ja weniger peinlich zu achten. Das 50-Pfennigstück wird mit tieferen Randeinschnitten und mit der Prägung Vz Mark versehen. Eine Legierung von 750 zu 250 wäre für die Dauerhaftigkeit des Geld stückes günstiger gewesen, doch ist die Zusammen setzung von 900 zu 100 bekanntlich borgeschrieben. Man wird also eine öftere Erneuerung der Fünzig- Pfennigstücke vornehmen müssen. * Zwischen der preußisch-hessischen Eisenbahng emeinschaft und den süddeutschen Staatsbahnen wird über die Herstellung einer Betriebsmittel gemeinschaft verhandelt. * Eine Minister-Konferenz der thürin gischen Staaten hat dieser Tage in Jena stattgefunden. An den mehrstündigen Beratungen nahmen die Staatsminister Rothe-Weimar, Hentig-Gotha und Boris-Altenburg, sowie die Staatsräte Dr. Körbitz-Rudolstadt, Trinks- Meiningen, Gräsel-Gera und Gersten-Altenburg statt. Es handelte sich um Angelegenheiten des gemeinschaftlichen Oberlandesgerichts, da auch höhere Justizbeamte aus Preußen teil nahmen. * Die Bürgerschaft vonBremen bewilligte 3 693 000 Mk. sür Schuppen und Maschinen anlagen des neuen Freihafens. * Wegen Majestätsbeleidigung ist eine Reihe von sozialdemokratischen Redakteuren verur teilt worden, die einen im Hospital in Wien ge storbenen Mann als einen Verwandten des Kaisers Wilhelm bezeichnet hatten. Fetzt ist, nach dem ,Vorw.( gegen die Redakteure von zwei sozialdemo kratischen Blättern das Verfahren wegen Majestäts beleidigung angenommen worden, die die Verurteilung wegen Veröffentlichung der als Beleidigung ange sehenen Notiz gemeldet hatten. Österreich-Ungarn. *Erzherzog Otto, der Bruder des österreichischen Thronfolgers, ist, wie man dem ,Fränk. Cour/ aus Wien schreibt, seit längerer Zeit schwer krank; sein Leiden, eine Verdickung der Gehirnhäute, stelle sich als nahezu unheilbar dar, sodaß von einer Teilnahme an Staatsgeschäften sür ihn keine Rede sein könne. Frankreich. *Der sozialistische Deputierte Briand, der Berichterstatter der Deputierteukammer für den Gesetzentwurf über die Trennung der Kirche vom Staat, äußerte, nach der Durchführung dieses Gesetzes werde ein großer Teil des Kultusbudgets zur Grundsteuerentlastung sür kleinere und mittlere Landwirte verwendet werden können, die bisher die eifrigsten Anhänger der Kirche gewesen seien. Rustland. *Am Mittwoch hat das ehemals kern- deutscheGymnasium in Dorpat, das am 28. September 1804 eröffnet wurde, sein hundertjähriges Bestehen gefeiert. Bis zum Jahre 1887 hat die Schule ihren rein deutschen Charakter wahren können. Seit 1892 ist die Anstalt ganz russisch. Amerika. *Böse Leute haben gleich nach Bekannt werden der Nooseveltschen Friedenskon- ferenzpläne behauptet, daß der Präsident damit in erster Linie, ja einzig und allein die Stimmung der Wähler sür sich gewinnen wolle. Roosevelts Hauptorgan, die ,New Porl Tribune', protestiert nun nachdrücklich gegen die Unter stellung, als sei die angetündigle Einberufung K Sm famiUen-Geheimnis. 13) Kriminalroman von Eberhard Woldenberg. ^Fortsetzung.) Der junge Mann schlug erschüttert die Hände vor sein Gesicht, aber er antwortete nicht. „Und dann, Willi," begann der Oberst wieder, „hast du auch schon bedacht, welcher Zukunst du an der Seite eines armen, säst ungebildeten Mädchens entgegengehst? Schon aus materiellen Gründen mußt du eine reiche Frau nehmen, eine Frau, deren Vermögen dich in den Stand setzt, eine hohe und auch nach außen glänzende Stellung in der Gesell schaft zu behaupten; denn nur dann wirst du schnell emporsteigen und jedes Ziel er reichen. Dort aber würde dich nur ein Leben voller Sargen und Mühe erwarten, nicht in die Höhe steigen würdest du, sondern tiefer und tiefer herabfinken in den Staub des Alltags lebens. Kannst du noch schwanken, kannst du noch wählen ? Sieh, lieber Willi, deinem Ehr geiz soll jede Konzession gemacht werden. Willst du in den Staatsdienst treten? O, ich habe einflußreiche Freunde, vorzügliche Verbindungen; jetzt bist du Referendar, in einem halben Jahre kann ff du Regierungsassessor sein und hast die herrlichste Laufbahn vor dir. Der hochgeachtete Name deines Vaters öffnet dir alle Türen. Oder willst du Offizier werden? Mein Ein fluß reicht hin, dir auch in dieser Karriere sehr förderlich zu sein. Alles wollen wir tun für dich, was in unsrer Macht steht, nur kehre um, vergilt nickt die zärtliche Liebe deiner Eltern mit dem schwärzesten Undank." Der Oberst schwieg, den forschenden Blick auf seinen Enkel gerichtet, als wolle er in dessen Zügen die Antwort lesen. Willi hatte die Hände finken lassen, in seinen Augen brannte ein düsteres Ferrer, und ein fester unbeugsamer Entschluß sprach aus seinen Mienen. „Ich habe dich ohne Unterbrechung bis zu Ende angehört," entgegnete er, „und ich muß dir antworten, daß du mich nicht zu überzeugen vermagst, ich hätte Unrecht getan. Dieses Mädchen, das du verachtest, ist mir alles, ist meine Welt und mein Leben. Dein Gerechtigkeitsgefühl wird dir sagen, daß ich für dieses, mein höchstes Gut eintreten, daß ich es schützen müßte vor jedem Angriff. Willst du es tadeln, daß ich einen ehrlosen Wicht nach Gebühr ge züchtigt, ihm einen Denkzettel erteilt habe? Ich erkannte seine Absicht, mich zu töten, seine Kugel flog um Haaresbreite an meiner Schläfe vorüber, und hätte ich ihn zum zweiten Schüsse kommen lassen, bei Gott, ich stände heute nicht mehr lebend vor dir. Daß ich die Pläne meiner Eltern vernichte, ihren Lieblingswunsch unerfüllt lassen muß, tut mir sehr weh; aber ich kann und will ihrem Stolze nicht mein Herz, mein Lebensglück zum Opfer bringen." „Dein Lebensglück?" sagte mit bitterem Lächeln der Oberst. „Ja, mein Glück und mein Leben," ent gegnete Willi, während aus seinen Augen ein Strahl begeisterter Empfindung brach. „Beides liegt für mich in dem Besitze Hedwigs; nur an ihrer Seite kann ich glücklich werden, nur mit ihr vereint will ich leben." „Romantische Ideen!" einer Friedenskonferenz lediglich ein Wahl manöver. *Die .World' veröffentlicht den Brief eines amerikanischen Offiziers, der einen Bericht über Kämpfe auf den Philippinen ent hält, von denen die amerikanische Regierung nichts hat verlauten lassen. Afrika. *Jn Marokko haben der Prätendent Buhamara und der Stammeshäuptling Buamama am Dienstag die befestigte Ortschaft Sidi Melluk eingenommen. ' * über echt mar 0 kkanische Steuer zahler wird berichtet: „Nach langer Unter brechung der Steuererhebung wollte der Sultan die Steuern in der Oase Gharb nach den im Koran vorgesehenen Sätzen wieder erheben lassen und sandte Steuereinnehmer nach der Oase. Die Bevölkerung derselben plünderte jedoch die Einnehmer aus, prügelte sie und schickte sie ohne Pferde nach Fes. Gharb ge hört gleichwohl zu den Gegenden, wo die Autorität des Sultans mehr als anderweit an erkannt ist." Das läßt tief blicken. Vei» Kampf um äen Haler. Auf Veranlassung des Reichsschatzamtes haben die Einzelregierungen bekanntlich bei den Handelskammern eine Umfrage über die Aus prägung von Dreimarkstücken veranstaltet. Bis her haben sich gegen die Ausprägung von Dreimarkstücken solgende Handelskammern er klärt: Augsburg, Naircuth, Berlin, Bielefeld, Bingen, Frankfurt a. M., Gießen, Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Lahr, Leipzig, Olden burg, Osnabrück, Rottweil und Worms. Die meisten dieser Kammern find der An sicht, daß einem etwa vorhandenen Mangel an geeigneten Münzsorten namentlich bei Lohn zahlungen in größeren Geschäften und Fabriken am besten durch die vermehrte Ausprägung von Ein- und Zweimarkstücken abgeholfen werden könne. Namentlich die Zweimarkstücke hätten sich als eine recht praktische Münze bewährt, und ihre Ausprägung sollte in möglichst großem Umfange gefördert werben. Die Handels- und Gewerbekammer zu Augsburg hebt hierbei noch hervor, daß die bisher mitunter als übelstanö empfundene Verwechselung des Zweimarkstückes mit den Talsrstücken fortfallsn würde, wenn, den Vorschriften unsres Münzgesetzes ent sprechend, der Taler gänzlich aus dem Verkehr gezogen sein wird. Auch der vermehrten Aus prägung der Zehnmarkstücke wird bei diesem Anlaß vielfach das Wort geredet, während das Fünfmarkstück In seiner bisherigen großen und unhandlichen Form allseitig verworfen wird. Dagegen meint man, daß, wenn es gelingen würde, das Fünfmarkstück mit geringerem Durch messer, aber so, daß es nicht leicht mit dem Fünsfraukstück verwechselt werden könne, herzu stellen, dem praktischen Bedürfnis nach Reichs silbermünzen mit den Ein-, Zwei- und Fünf markstücken vollkommen entsprochen werden würde. Für die Ausprägung von Dreimarkstücken, als Ersatz der nach und nach aus unserm Ver kehr verschwindenden Talerstücke, haben sich bis her aber die beiden rheinischen Handelskammern zu Essen und zu Mühlheim a. Rh. ausge sprochen. Beide betonen, daß der Taler in ihren Kreisen, namentlich für Lohnauszahlungen, eine überaus beliebte Münze seien und daß man dort lieber auf die Zwei- und Fünfmark stücke als auf ihn verzichten würde. Von uncl fern. In Sachen der Prinzessin von Koburg haben 10 Budapester Bürger an den Honved- minifter eine Eingabe gerichtet, wonach gegen den Prinzen Philipp von Koburg, der dem Verband der königlich ungarischen Honvedschaft als Feldmarschall-Leutnant angehört, Schritte betreffs ehremätlichen Verfahrens eingeleitet werden sollen. Begründet wird diese Eingabe damit, daß der Prinz durch eine falsche Anklage einen Menschen der Freiheit beraubt habe. „Prosit, Herr Kollege!" Gelegentlich des Albeiterfestes, das die Eifenbahndirektion Essen aus Anlaß der Eröffnung des neuen Bahnhofes in Gelsenkirchen gab, trank der Eisenbahnminister v. Budde dem bei dieser Gelegenheit mit dem Allgemeinen Ehrenzeichen dekorierten Weichen steller Gese mit den Worten zu: „Prosit, Herr Kollege!" Dieser ahnte nicht, daß ihm die Ehrung gelten sollte. Doch trat ein höherer Eisenbahnbeamter auf Gese zu und machte ihn darauf aufmerksam, daß der Minister ihm zu- triuken wolle. Inzwischen rief Exzellenz von Budde nochmals: „Prosit, Herr Kollege!" Gese stand sofort auf, ging zum Minister, stieß mit ihm an und trank dann tapfer und mit voller Freude seine Halbe bis auf die Neige leer. Acht Familienväter umgekommen. Auf der Zeche „General Blumenthal" bei Reckling hausen stürzte infolge Durchbruchs des Schacht holzes eine Manerbühne mit zehn darauf be findlichen Personen über 40 Meter in die Tiese. Acht Arbeiter wurden getötet, zwei schwer ver letzt; alle sind Familienväter. Vom Schnellzug erfaßt. Auf dem Bahn hof Kreuz ist der Generalagent Otto Mechel aus Berlin tödlich verunglückt. Der auf der Heimreise Begriffene wollte auf dem genannten Bahnhofe das erste Gleis der Ostbahn über schreiten, um zum zweiten Bahnsteige zu ge langen; hierbei wurde er von einem in die Station einfahrenden Schnellzuge erfaßt und mit voller Wucht an einen Zaun geschleudert. Er erlitt so schwere Verletzungen, daß er bald darauf verstarb. Einem Löwen einen Zahn zu ziehen ist sicher keine Kleinigkeit, hinter den Kulissen des „Wintergartens" in Berlin aber wurde, wie der Mrs.-Courier' erzählt, die schwierige Prozedur dieser Tage mit Erfolg ausgeführt. Einer der Löwen, die gegenwärtig dort vorgeführt werden, zeigte sich in der letzten Zeit sehr gereizt und nervös und ließ sogar sein Lieblingsfutter, Pferdefleisch, unberührt. Eine Untersuchung hatte das Ergebnis, daß „Mustaffa" an Zahnschmerzen litt. Ein hohler Backenzahn hatte das Tier zum Rasen gebracht. ES handelte sich nun darum, dem Löwen den Zahn zu ziehen, und nach vielem Bemühen ließ sich ein Zahn arzt herbei, die Operation zu unternehmen. Der Löwe wurde gebunden, an allen vieren gefesselt und daS Maul ihm durch einen Holzblock offen ge halten. Es bedurfte natürlich einer gewaltigen An strengung, um den Zahn zu lösen. Nach der Ope ration war der Löwe augenscheinlich von seinen Schmerzen befreit, denn er fing wieder zu fressen an. Der „König" der Tiere dürste den betreffenden Zahnarzt nun wahrscheinlich zu seinem „Hof"-Zahn- arzt ernennen. Attentat auf einen Hauptmann. Bei Harzburg wurde auf den Hauptmann von Matthiesen des Jnf.-Regts. 135 ein Mord anfall verübt. Der überfallene wurde durch einen Schuß am Rücken und an der Schulter verletzt. Der Täter ist unbekannt. Ein lOS-Markschein-Fabrikant wurde in Elberfelo in der Person des Architekten Helmenstein in Haft genommen. Schon seit längerer Zeit mehrten sich dort die Anzeichen, daß salsche-100-Markscheine in Verkehr gesetzt würden, worauf den Geschäftsleuten angeraten wurde, nach dieser Richtung hin scharf aufzu passen. Es gelang denn auch wirklich, den Architekten H. bei der Verausgabung eines 100-Mark-Falfifikates zu stellen und seine Ver haftung zu bewirken. Nach anfänglichem Leugnen gestand H. auch ein, eine Anzahl solcher Scheine angesertigt uno in Verkehr gebracht zu haben. Ein Fall von Beulenpest soll nach dem Londoner ,Daily Telegraph' an Bord des Dampfers „Bisyopsgate" vorgekommen sein. Der Dampfer sei kürzlich in Hamburg, weil nach seiner Ankunft vom Laplata tote Ratten auf ihm vorgefunden wurden, ausgeräuchert worden; ein dort an Bord gegangener deutscher BootSmannsmaat sei jetzt in Jarrow als pest krank ausgeschifft worden. Eine „schwere" Wette. In Chalon traf am Dienstag aus Metz der dort ansässige Maler Andres Schmidt ein. Er hatte gewettet, daß er ein 150 Pfund schweres, biergefülltes Faß von Metz nach Paris und auf dem Rück wege ein weingefülltes Faß gleichen Gewichts tragen werde. Die Fußpartie wurde am 10. d. angetreten. Bis zum 30. Oktober muß Schmidt wieder in Metz eintreffen. Erst eine Bier-, dann eine Weinlast — wenn das keine „geistvolle" Wette ist! „Denke doch an die Zeit, als mein Vater um meine Mutter warb," versetzte Willi. „Ich erinnere dich an die Kämpfe, die es dich kostete, deinen Stolz zu überwinden, der sich gegen die Zumutung sträubte, deine Tochter einem Manne zu geben, dessen Familiengeschichte, wie ich nun weiß, ein schwarzes Blatt aufweist. Aber die Liebe meiner Eltern siegte, und hast du es bereut, deinem Edelmute nachgegeben zu haben? Warum wollt Ihr uns auseinander reißen, um mich an ein seelenloses Geschöpf zu ketten, weil dort Millionen die Zugabe bilden?" „Du bist nicht der erste, welcher liebt, aber du irrst, wenn du glaubst —" „O, ich werde mit meinem Vater sprechen," unterbrach ihn Willi zuversichtlich, „er ist die Güte selbst, er wird mich verstehen und mit mir fühlen, wo ihr andern gefühllos bleibt und nur den Verstand befragt." „Deine Leidenschaft macht dich blind, sonst würdest du einsehen, daß du in dein Ver derben rennst; aber ich habe es deiner Mutter geschworen, deiner Torheit mit aller mir zu Gebote stehenden Macht entgegenzutreten. Laß dir raten. In dieser Angelegenheit tut ruhige Überlegung not, und einer solchen bist du in deinem jugendlichen Ungestüm nicht fähig, darum laß mich für dich denken. Mich berechtiat schon meine Erfahrung als älterer Mann, hier ein Urteil abzugeben, um wieviel mehr nicht meine verwandtschaftliche Stellung dir gegenüber." „Ich werde mich keinem Zwange fügen." „Sei nicht eigensinnig, Willi!" „Du nennst es Eigensinn, wenn ich meinem Herzen folge?" „Das Herz ist ein gar wandelbares Ding, was es heute liebt, das haßt es vielleicht morgen schon." „Großpapa," bat Willi, „wenn du mir nicht beipflichten kannst, so habe doch Mitleid mit mir. Ich weiß, es kostet dich nur ein Wort, meine Eltern umzustimmen. Ich will meine Liebe verdoppeln, will der zärtlichste Sohn sein, aber zerreißt mir nicht ferner das Herz, gebt mir das Mädchen, welches ich liebe." „Mein Junge, du mußt dich zufrieden geben. Du weißt ja, daß ich immer nur dein Bestes wollte; darum glaube mir, daß dieser Schmerz zu deinem Heile dient, wie bitter die Entsagung auch sein mag." „Sei nicht hart und grausam, das würde ihr und mir das Herz brechen." „Phrase," entgegnete der Oberst, „man stirbt nicht an gebrochenem Herzen. Gib end lich der Vernunft Gehör und beharre nicht länger in deinem Trotze. Ich erwarte, daß du alles tun wirst, was ich jetzt von dir verlange. „Ich verspreche nichts," antwortete Willi abweisend. „Schon gut," fuhr der Oberst unbeirrt fort, „du wirst es begreiflich finden, daß Hildas Eltern wegen der Affäre mit Bruno gegen dich aufgebracht sind. Meine Aufgabe wird es sein, sie wieder zu deinen Gunsten zu stimmen, und ich hoffe, es soll mir gelingen. Bon dir fordere sch aber, daß du jeden Verkehr mit dem Mädchen abblichst und an einem der nächsten Tage den entscheidenden Schritt bei Wechsler tust. „Weder das eine noch das andre werde ich tun," versetzte Willi fest.
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