Volltext Seite (XML)
Allgemeiner Anzeiger. Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat zu Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. Abonnementspreis inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Unterhaltungsblattes" vierteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten ins Haus 1 Mark 2V Pfennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Psg., sowie Bestellungen auf den All gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungsboten jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre« wir Rabatt nach Nebereinkunst. Bchriflleiiung, Druck und Verlag von N. Schurig, Bretnig. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag '^11 Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag r/,11 Uhr einzusenden. Inserate, welche in den oben vermerkten Geschäftsstellen abgegeben werden, werden an gedachten Tagen nur bis vormittags » Uhr angenommen. Nr. 80. Mittwoch den 5. Oktober 1904. 14. Jahrgang. O-rMcke- und Sächsische». Bretnig. Am Sonntag hielt der Ver- band für freiwillige Brandschäden-Unterstützung in Kleinwolmsdorf seine Verbandsversammlung ab. Vertreten waren 31 Vereine, während Reichenau fehlte. Nach erfolgter Rechnung», ablage wurden die Geldbeträge festgesetzt, welche den Betreffenden für erlittene Brand schäden gewährt werden sollen. Der Antrag, ein Klaffensystcm einzuführen, fand keine An nahme. Einem Bittgesuch der abgebrannten Fron Gärtner in Lomnitz zufolge erhielt jeder Vorsteher den Auftrag, in seinem Verein einen freiwilligen Beitrag zu sammeln. Bis lum 1. Dezember d. I. ist bei jedem Mit glieds ein Unterstützungsbeitrag von 35 Pfg. einzukafsieren. Die nächste Verbandsoersamm lung soll in Lotzdorf stattfinden. Bretnig. Sparkaffenbericht auf Sept, d. I. In 103 Posten wurden 7298 Mark 75 Pfg. eingezahlt, dagegen in 62 Posten 10172 Mark 31 Pfg. zurückverlangt, 10 neue Bücher ausgestellt und 4 kassiert. — Die Kartoffelpreise fallen. Während die Frühkartoffeln eine außerordentlich ungünstige Ernte ergeben hatten, lauten die Berichte über die Ernte der Spätkartoffeln günstig. Aus dem Granseer Markt, von welchem auch teilweise Berlin versorgt wird, war die Kar toffelzufuhr in den letzten Tagen so groß, daß die Preise stark gedrückt worden sind. — Sämtliche Kaffeuverwaltung«» der Truppen, Behörden, Institute usw haben Anweisungen erhalten, am 31. Oktober fest- zustelleu und hierauf umgehend dem Kriegs Ministerium zu melden, welche Posten in Talern an diesem Tage in ihren Beständen vorhanden gewesen sind. Hauswalde. Bei der hiesigen Spar kaffe wurden im Monat September 1904 in 40 Posten 6324 Mark 88 Pfg. eingezahlt und 6 neue Bücher ausgestellt. Dagegen er folgten 2 Rückzahlungen mit 2884 Mark 22 Pfg. Großröhrsdorf. „Pech" hatte am Sonnabend ein hiesiger Sechsenklub, als er am genannten Tage in einem unserer Gast häuser zwei der edlen Borstentiere schlachten ließ, denn beide wurden für krank erklärt und demnach beanstandet. Während da» eine wenigstens noch der Freibank überantwortet werden konnte, mußte das andere verbrannt werden. Daß dies Resultat nicht gerade er freuend auf die Beteiligten wirkte, die sehn- lichst des Wellfleisches harrte», ist wohl selbst verständlich. Doch man wußte sich Rat. Schnell beschloß man, zwei andere Schweine herbetzuschaffen und schlachien zu lassen, deren Gesundheitszustand, wie festgestellt wurde, endlich nichts zu wünschen übrig ließ. So konnte dieser Klub doch noch, wenn auch mit vielen Umständen verbunden, sein Vergnügen in der geplanten Weise abhalten. Großröhrsdorf. Ein recht bedauer licher Vorfall ereignete sich vor kurzem in Rennersdorf bei Stolpen. Daselbst hatte sich der Gutsbesitzer Paul Eisold, Sohn de» Gut»- desitzer« Emil Eisold hier, eine Ritzwunde an d'r Hand zugezogen, der er aber keine Be achtung schenkte. Vor einigen Tagen war er nun beim Ausweißen einer seiner Kammer dehilflich, wobei er plötzlich Schmerzen in der Wunde verspürte und auch bemerkte, daß der Urm anschwoll. Die Anschwellung griff aber immer weiter, so daß man gezwungen war, den Bedauernswerten wegen Blutvergiftung dach Dresden in ein dortiges Krankenhaus zu überführen. Daselbst ist der Unglückliche am Sonntag abend seinem schweren Leiden erlegen. Großröhrsdorf. In der Sitzung der Badeversammlung wurde zunächst über den Besuch des Bades während des Sommers 1904, der sich auf 5074 belief, berichtet. Sodann wurden die Kaffenverhältniffe klar gelegt. Einer Einnahme von 337,74 Mark standen folgende Ausgaben gegenüber: Bade meistergehalt Mk. 128,78, Baulichkeiten Mk. 94,68, Unkosten für Teichschlemmen Mk. 125.02 und Haftpflichtversicherung Mk. 17,80, zu sammen Mk. 366,28. Zum Glück hatte Frl. Leps das Geld für Schwimmunterricht im Betrage von 25,30 Mk. dem Bade gestiftet, so daß nur ein Ausfall von 3,24 Mk. aus den Rücklagen im Sparkassenbuch im Betrage von 63,47 Mk. zu decken war. Demnach ver bleibt ein Kaffenbestand von Mk. 60,23. Von der Versammlung wurde angeregt, im nächsten Jahre einen Schwimmklub zu gründen, um so das Bad zu heben. Herr Unger hat in anerkennenswerter Weise, um den Badenden einen bequemen Zugang zu schaffen, von Herrn Nitsche einen Streifen Land an der Damm straße gekauft zwecks Anlegung eines Weges. Zu wünschen wäre es, wenn auch die an vem Bade interessierten Gemeinden das ge meinnützige Unternehmenfinanziell unterstützten Gersdorf. Am 1. Oktober wurde hier eine Gendarmerie-Station errichtet. Herr Gendarm Krenkel, seither in Rosenthal statio niert, ist bereits in sein Amt eingewiesen und hat im Gebäude der hiesigen Postagentur Wohnung genommen. Bautzen. Unsere Stadt wird sich viel leicht in nächster Zeit neben der Hundesteuer auch einer Katzensteuer zu erfreuen haben, wenigsten» sind die Vorarbeiten dazu schon erledigt. — Seit dem 22. v. M. ist der in der neuen Kaserne zu Bautzen wohnhaft gewesene Sergeant und Haushofmeister Felix Bernhard Rochow verschwunden, nachdem sich ein Fehl betrag von etwa 2000 Mark in der Kaffe ergeben haben soll. Vom Kommando des 103 Infanterie Regiments ist hinter Rochow ein Steckbrief erlassen worden wegen vermut licher Fahnenflucht. Dresden, 2 Oktober. Nachdem die Sächsisch - Böhmische DampsschiffahrtSgesell schäft gestern die Fahrt stromabwärts wieder ausgenommen hatte, erfolgte heute früh die Wiederaufnahme der Elbauffahrt bis HernS- kretschen. — Nix daitsch in Dresden! Vor meh reren Tagen brachten tschechische Blätter fol gende Annonce: „Schneider nach Dresden! Junge, gute Kräfte mögen sich melden! Guter Lohn! Ganzj. Verdienst. Svobada, Dres den, Flemmingstraße 2. Kenntnis der deut schen Sprache nicht erforderlich I" — Im biederen Sachsenlande erklärt also ein tschech ischer Schneidermeister bereits die Kenntnis der deutschen Sprache als überflüssig! — Am 3. d. wurde in Gröditz (Amth Großenhain) ein Ortsfernsprechnetz eröffnet. Olbernhau. Das Dienstmädchen Arnold, welches im Pfarrhause zu Schönfeld- Pfaffroda in Stellung war und, um aus dem Dienst gehen zu können, das Pfarrhaus an zündete und den zwei Jahre alten Knaben des Pfarrers Elsasser mit Lysol zu vergiften suchte, wurde vom Landgericht zu Freiberg zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Löbau. Gelegentlich de» Besuches bei einem Freunde hantierte dieser Tage in Kotitz ein Schulknabe mit einem an der Wand hängenden geladenen Teschin. Dabei entlud sich das Gewehr, und der Knabe erhielt einen Schuß in die Brust, an dessen Folgen er bald darauf starb. — Auf dem Wege von Zwickau nach Mülsen St, Jacob hat sich abermal» ein durch ein Automobil verursachter Unfall in der Nähe de» Gasthauses „Lippold-ruhe" er eignet. Da» Automobil kam in außerordent lich großer Geschwindigkeit von Zwickau her einem von Mülsen nach dem Brückenberg fahrenden Geschirr entgegengefahren, so daß die Pferde scheuten, der Wagen umschlug und die darin Sitzenden herausgeschleudert wurden. Zwei Personen haben Verletzungen davongetrageu uno mußten ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Her Kraftwagen, welcher in den Graben geraten war, wurde, nachdem er noch einen Baum umgeknickt, in rasendem Tempo weiter in der Richtung nach Lichten stein gelenkt, woselbst beinahe noch eine Frau umgerissen worden wäre. Penzig, 30. September. Aus Wut darüber, daß er keine Kartoffeln auf dem Acker fand, schlug ein Landmann in Lange nau seiner Kuh da» Rückgrat entzwei. — Einen blutigen Ausgang nahm ein Ren- kontre, das sich in der Nacht zum Mittwoch zwischen zwei Oberjägern des Jägerbataillon« in Hirschberg auf der Promenade in der Nähe des Konzerthause- abspielte. Auf dem Nach hauseweg von einer privaten Feier gerieten der Oberjäger Pecseke und der Zahlmeister aspirant Schulze, die offenbar beide stark über den Durst getrunken hatten, in Streit. Schulze ließ sich in der Erregung dazu hin- reißen, vem P. eine Ohrfeige zu geben, was diesen in die größte Wut versetzte. Er zog seinen Hirschfänger und stieß ihn dem Schulze mit voller Wucht in den Unterleib. Ein zweiter Stich ging nicht so tief, dagegen durch bohrte der erste Stich Eingeweide und Magen. Der Verletzte wurde nach dem Krankenhause geschafft, wo Sanitätsrat Dr. Middeldorpf eine Operation vornahm, die indessen die Folgen der furchtbaren Verletzungen nicht mehr abwenden konnte. Am Mittwoch nach mittag ist der Bedauernswerte seinen Ver letzungen erlegen. — Ein hübsches Beispiel von der bereit willigen Gastfreundschaft, die bei den dies jährigen Manövern die Bewohner des Vogt landes den Soldaten gewährten, wird in einer Zuschrift folgenden Inhalts berichtet: In der Nähe von Lengenfeld war eine Feldwache postiert, die aber infolge anhaltenden starken Regen» nacht« gegen '/z12 Uhr zurückbeordert wurde. Triefend naß gelangte der Soldat, ein Einjähriger, im Städtchen an und suchte vergeben» nach einem Nachtquartiere. Er müdet und abgespannt, klagte er einigen Offizieren, die ihm aus dem Markte begegneten, sein Leid. Während die Herren noch beraten, tritt ein einfacher Mann auf sie zu, erklärt, daß er gehört, um was es sich handle, und bittet dringend, ihm doch den Herrn „Soldat" zu „überlassen". Er allein habe keine Ein quartierung und sich doch so sehr darauf ge freut. Sein Vorschlag wurde gern angenommen und der „Herr Soldat" hatte alle Ursache, mit seinem Wirt zufrieden zu sein. Rasch sorgte dieser für trockene Kleidung, richtele ein Abendbrot her und bemühte sich mit rührender Aufmerksamkeit um seinen späten Gast. Dem tat die außerordentliche Liebens würdigkeit sehr wohl und er streckte sich be haglich auf sein schnell gerüstetes Lager. Anderntags muß das Regiment schon 3 Uhr früh marschbereit sein. Neugestärkt erhebt sich der Soldat und beeilt sich bei der Toi lette. Wer beschreibt aber sein Erstaunen, als er alle seine Garderobe schon sauber ge bürstet vorfindet, ja, als er die Stiefel an- ziehen will, sieht er, daß diese sogar frisch besohlt sind. Hat der brave Schuhmacher meister seine Nachtruhe geopfert, um seinem Soldaten so recht die große Freude zum Aus druck zu bringen, die er ihm mit seinem „späten" Besuch bereitet hat. — In Leipzig wurden am Freitag nach mittag auf der Bahnhofstraße der 23jährige Kaufmann Schrickel und seine ihm am Donners tag erst angetraute Ehefrau, geb. Thiele, beide im Trauanzuge, durch Leuchtgas vergiftet, besinnungslos aufgesunden. Schrickel starb auf dem Transporte nach dem Krankenhause. Der Zustand der jungen Frau schien hoffnungs los. Es wurde eine Notiz des Inhalts auf gefunden : „Unser Hochzeitstag soll auch unser Todestag sein." Beide lagen im Hochzeits anzug im Bett. Hausbewohner hatten Gas geruch bemerkt und zunächst die Gasanstalt benachrichtigt. Beamte derselben und oie ebenfalls in Kenntnis gesetzte Polizei entdeck ten nach Oeffnung der Wohnung die Tat. Die Jungvermählten gaben noch schwache Lebenszeichen von sich, als man eintrat. Wäh rend die Frau krampfhaft mit den Händen sich an das Betttuch klammerte, hing ver Mann mit dem Oberkörper aus dem Bette heraus. Die Beamten stellten sofort fest, daß bei bei den Unglücklichen Vergrftung durch ausströmen des Ga« der in der Wohnung befindlichen Gasleitung vorlag und machten unverzüglich die bei solchen Vorfällen üblichen Wieder belebungsversuche. Man schaffte die Bewußt losen in den Hof de» Grundstücks, wo e» ge lang, die junge Frau nach wenigen Minuten wieder in» Leben zurückzurufen. Bei vem Manne waren die Versuche leider erfolglos; auf dem Transporte nach dem nahen Kranken hause St. Jacob gab er seinen Geist auf. Dagegen befindet sich Frau Schrickel im Krankenhause, wohin man auch sie brachte, bereits außer Lebensgefahr. Noch in den Abendstunden war der Gasgeruch im genannten Grundstücke ein penetranter. Jedenfalls hat Schrickel, nachdem anscheinend beide den trau rigen Entschluß, am Hochzeitstage gemeinsam zu sterben, gemeinsam gefaßt, im Laufe des Abends de» 29. September» den Gashahn in seiner Wohnung aufgedreht und dann dürften beide sich zur Ruhe begeben haben. Am andern Morgen fiel es den Hausbe wohnern auf, daß, obgleich man wußte, daß bas junge Paar zu Hause war, sowohl der Frühstücksbeutel als auch die Zeitung bi» zum Mittag nicht hereingenommen wurden. Da sich außerdem im ganzen Hause starker Gasgeruch bemerkbar machte, schöpfte man Verdacht und schickte nach der Gasanstalt und nach der Polizei. Der Beweggrund zu der unselige» Tat dürfte in der vor etwa vier Wochen eröffneten Konkurteiöffnung über da» Schrickelsche Geschäft zu suchen sein, wobei der auf so schreckliche Art ums Leben Ge kommene 8000 bis 10 000 Mark eingebüßt haben soll. Auffallenderweise ging es im Laufe des Hochzeitstages in der Schrickelschen Wohnung noch sehr lustig zu; man hörte au» derselben Gesang und Harmonikaspiel erklingen...