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5514 Nichtamtlicher Teil. ^ 145, 25. Juni 1904. Die Sarkophage sind von den Hofphotographen Selle L Kuntze in Potsdam, Schwertfegerstraße 14, photographiert, und cs kann deshalb der Redaktion überlassen werden, die nötigen Aufnahmen von dort zu beziehen. - Schließlich ist die Aufnahme allerdings doch noch gestattet worden, nachdem erwiesen worden war, daß die Photo graphien von Selle L Kuntze die Details nicht in genügender Deutlichkeit und Schärfe enthielten. Die Galerien können, wie ich bereits sagte, in ihrem eigensten Interesse von größeren Bildern nur selten Auf nahmen erlauben. Der Generaldirektor der königlichen Museen in Berlin, Wirklicher Geheimer Rat vr Schöne, hat die Güte gehabt, mir von einem bestimmten Gemälde mitzu teilen, wie oft es im Laufe der letzten fünszehn Jahre photo graphiert worden ist. Ich wählte absichtlich eins der be rühmtesten Bilder, bei dem im Publikum ein großes Interesse vorausgesetzt werden kann. Diese überaus lehrreiche Auskunft hat folgenden Wortlaut: »Berlin, den S. Juni 1904. Ge ehrter Herr! Auf das gefällige Schreiben vom 30. v. M. erwidert Ihnen die Generalverwaltung der königlichen Museen ergebenst, daß das Gemälde von Rubens -Neptun und Amphitrite- in den letzten fünfzehn Jahren ausweislich der diesseitigen Akten dreimal photographisch ausgenommen wor den ist und zwar im Jahre 1890 von der Firma Hanfstaengl in München, im Jahre 1894 von der Firma Braun L Co. in Dörnach, im Jahre 1903 von der Photographischen Ge sellschaft in Berlin. Der General-Direktor (gez.) Schöne.- Da die Photographie von Braun L Co. noch nicht erschienen ist, so war also dreizehn Jahre lang die Hanfstaenglsche Aufnahme unbestritten die neueste. Sie wird noch heute, nach 14 Jahren, von der Firma Hanfstaengl vertrieben, und da diese Firma nur erstklassige Photographien liefert, so folgt, daß diese Aufnahme auch heute noch allen Ansprüchen genügt, die man an eine derartige Photographie stellen kann. Auch aus dieser Tatsache geht klar hervor, wie sehr die Er läuterungen im Irrtum sind, wenn sie sagen, daß -bei der schnellen Entwickelung der Technik eine mehr als fünfzehn Jahre alte Photographie nur selten zur Nachbildung an- reizen wird«. Aus den obigen Betrachtungen ergibt sich die zwingende Notwendigkeit, daß Z 5 des alten Photographie-Schutzgesetzes aus Gründen der Gerechtigkeit in das neu zu schaffende Gesetz hineingenommen werden mutz. Es muß so bleiben, wie es seit achtundzwanzig Jahren gewesen ist, daß Photo graphien nur dann gegen Nachbildung geschützt sind, wenn sie den Namen und Wohnort des Photographen und das Jahr des ersten Erscheinens auf jeder Kopie enthalten. Wenn man aber aus mir unbekannten und unverständlichen Gründen unter allen Umständen von dieser Formalität los kommen will, so muß wenigstens die amtliche Registrierung eingeführt werden, wie sie sich in Italien, Frankreich, Eng land, Vereinigte Staaten usw. schon seit vielen Jahren be währt hat. Gustav Uhl. Die Presse in Japan. Von L. Lwow.*) (Vgl. Börsenbl. 1903, Nr. 263, 1904, Nr. 51. 111. auch 118.) Lüinbun >va ilraZa? (Zeitung gefällig?) — das ist der Nuf, der bei der Ankunft der Züge auf allen Bahnhöfen Japans, *) Übersetzt aus Wolffs »Nachrichten für Literatur, Wissenschaft und Bibliographie« (russ. VII. Jahrg. Nr. 4, Petersburg 1904). Diese in gleicher Güte rüstig fortschreitende Zeitschrift sei aufs neue bestens empfohlen. auch hineinsehen mag, überall erblickt man jemand, der sich ins Lesen vertieft hat. Ganz dasselbe sieht man auch in den Restau rants, den Läden usw. Der Japaner ist ein großer Liebhaber könnte, war -llowi Uri». das ist wörtlich übersetzt »Verkauf des Vorlesens». An gewissen Tagen zog eine Gruppe gewöhnlicher, schlecht gekleideter Leute mit Strohsandalen an den Füßen, mit einer Trommel, durch die Straßen der Stadt, blieb auf den beleb testen Plätzen stehen und las verschiedene Ereigniffe und Vor gänge laut vor, die das Publikum interessieren konnten. Der Inhalt dieser Vorlesungen war natürlich recht einförmig; er be traf Diebstähle, Selbstmorde aus Liebe, Morde, Brände usw. Bei diesen -sprechenden Zeitungen- war ein bestimmter Preis für die Arbeitsleistung nicht vereinbart, aber die Zuhörer hielten es gleichwohl für ihre Pflicht, die Vorleser mit kleinen Münzen zu belohnen. Gegenwärtig trägt den Namen -^owi Uri- eine der großen in Tokio erscheinenden Zeitungen. Die erste Zeitung erschien in Japan im Jahre 1854, das ist unmittelbar danach, als der amerikanische Kapitän Perry mit acht Kriegsschiffen an den Küsten der Insel Nippon erschien, und sieben Jahre vor Ausbruch der japanischen Revolution. Diese Zeitung wurde übrigens in Hongkong gedruckt und in Aoko- hama nur als Kontrebande eingeführt. Sie hatte den Titel Die durch die Ankunft der Fremden hervorgerufenen Unruhen und der Abschluß der ersten Handelsverträge erregten in Japan die Geister sehr und riefen eine heftige Feindschaft gegen die Ausländer, aber zugleich auch Neugierde hervor. Dieser Haß legte sich allmählich, weil die Japaner bald ein sahen, daß sie von den Ausländern viel lernen konnten. Und als sie auch erkannten, welchen Nutzen die Presse in Europa bringt und welche hohe Bedeutung sie dort hat, gingen sie sofort daran, auch in Japan eine Tagespresse zu schaffen. Die Arbeit der Redakteure und Mitarbeiter wird in Japan sehr schlecht bezahlt, aber noch schlechter sind die Verhältnisse der Setzer. Die Setzersäle selbst sehen ganz anders aus als in Europa. Hier findet man nicht, wie in den europäischen Buch druckereien, einige Dutzend Setzer, die vor großen Kästen stehen und die nötigen Buchstaben mit der Hand einholen. Der japanische Setzer erweist sich, wenn man so sagen darf, als »Kommandant, einer ganzen Armee von Burschen, die hin- und herlaufen, die Buchstaben zusammensuchen und ihrem Vorgesetzten zutragen, lind dieser Buchstaben sind überaus viele: gegen 10000 chinesische, wozu noch die japanischen syllabischen Buchstaben, die Hiragana und die Katakana, kommen. Alles das bildet einen sehr großen Kasten, der gleichzeitig allen Setzern dient, und da die letztern natürlich nicht selbst nach den Buchstaben herumlaufen können, so hält man eben die Burschen. Im Laufe des Tages verdient der japanische Setzer nicht mehr als 1 ^ 50 §), die Burschen aber stehen bloß in Kost und bekommen nur zuweilen einen Monatslohn von etwa 7 Aber trotz der Billigkeit der Arbeit wie auch des Papiers haben in Japan nur die großen Zeitungen, die in großer Auf lage erscheinen und bezahlte Inserate bringen, eine gesicherte Existenz. Mehr als 100000 Auflage haben die Zeitungen »^oro8u- obobo«, »^saüi« und ^jji-8Üiwpo«. Die Auslage der andern gangbarsten Zeitungen schwankt zwischen zwanzig und fünfzig Tausend. Seit einiger Zeit macht sich auch in der japanischen Presse eine Tendenz bemerkbar, die schon lange in der Presse der Vereinigten die Quantität zurückzugehen. Die Zahl an Seiten wird immer größer. Bisher gehört der Vorsprung in dieser Beziehung der Zeitung »^iji-8bimpo«, die ihren Lesern am Neujahrstag ganze 48^ Seilen von Gemälden u. a. bestehen. Jede Nummer einer Zeitung kostet einen oder höchstens 2 Sen, das ist nach unserm Gelde annähernd zweieinhalb bis fünf Pfennig.