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Allgemeiner Weiger Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat zu Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, HauSwalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend, st'bonnement-prei» inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Unterhaltungrblatteü" vierteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten in« Hau« 1 Mark LO Psennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4 gespaltene Korpuszeile 10 Psg., sowie Bestellungen auf Ken All gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unser» sämtliche Zeitungsbote« jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre« »i Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bi» Dienstag vormittag '/,11 Uhr, für die Sonnabend-Nummer bi» Freitag vormittag Uhr einzusenden. Lchrislleilung, Druck unö Verlag von N. Schurig, Bretnig. Rr. 89. Sonnabend, den 5. November 1910. 20, Jahrgang. Einige- üder die gute alte Zeit in Bretnig und Hau-Walde Verfaßt von weilanv tzssUft. -edler in Bretnig- (Fortsetzung.) Die Rittergutsbesitzer konnten nun zwar ihren Untertanen nicht mehr so nach Willkür Lasten auferlegen und neue Frohndienste ein- sühren, jedoch hatten sie immer noch viel Ge walt, ihre Untertanen zu martern und zu knechlen,so Saß die Verhältnisse der Frohndienste nicht viel bester waren, wie di» Leibeigenschaft. DieseZustänve der Frohndienste erhielten sich in Bretnig und HauSwalde bi« zum Jahre 1838, die Geld- und geistlichen Abgaben und Gefälle bis 1852. Also noch vor 42 Jahren waren wir in Bcetni; uns HauSwaloe so ziemlich Leibeigene. Wie war es damal« und wie ist e« Herrle! Die Frohndienste bestanden in folgendem: Jeder Bauer in Bretnig und Hauswalde mußte das ganze Jahr hindurch jeden Wochen tag mit einem Gespann (Pferde oder Ochsen) zu Hofe, mit Ausnahme einiger, die nur 5 Tage, dafür aber einen Handtag hatten. Von Walpurgi bis Michaeli dauerte diese Arbeitszeit von früh 9 Udr an bis mittags 12 Uhr, nachmittag« von 2 bi« 7 Uhr; von Michaeli bis Walpurgi von früh 9 Uhr an bis Mittag 1 Uhr. Also das ganze Jahr hindurch mußten die Bauern mit einem Gespann auf dem Hofe herumziehen und da« ging so langsam, »aß man kaum sah, wie sie sich fortbewegten. Was sie morgen zu fahren hatten, bestimmte tags zuvor der herrschaftliche Vogl, und dar nicht allemal in einem freundlichen Tone, sondern ungefähr so: „Morgen Mist fahren!" und so fort, wa« auch sehr streng befolgt werden mußte; bei dem kleinsten Versehen gab es tüchtige Grobheiten, ja auch oftmals Schläge. Da der Vogt da» Fluchen wie ern Lands knecht verstand und damit nicht hinter dem Berge hielt, so war es natürlich, daß ihn die Jungen zu ärgern suchten, um seine Kunst ge hörig kennen zu lernen, und jemehr dieser fluchte, desto mehr wurde er gereizt, so daß das Fluchen den ganzen Tag kein En. e nahm. Mir wäre e« auch bald einmal vergönnt gewesen, den Stock de« Vogt-s kosten zu können, wenn ich mich nicht eilig au« dem Staube gemacht hätte. Ich war mit meiner Mutter zu Hofe Kartoffeln auLwachen (wir hatten 12 Hofetage auf unsere Häusler- Nahrung) und wenn ich ordentlich arbeltete, so wurde meine und meiner Mutter Tätigkeit für zwei Tage gerechnet. Doch der Vogt scharrte mit seiner Hacke nach und fand einige Kartoffeln, die ich im Acker liegen gelösten hatte, wa» doch bei einem 12jährigen Knaben leicht vor kommen kann. Wütend und unter gräßlichen Flüchen kam er mit geschwungenem Hackestiel auf mich ein, doch da ich seine Meinung ahnte und mir an seiner Zärtlichkeit nicht« gelegen war, ergriff ich eiligst die Flucht, der Vogt fluchend hinter mir her; da konnte ich schon lausen und er hatte das Nachsehen. Um aber seinem Aerger Lust zu machen, Hal er wenigsten« eine Stunde meiner Mutter vor- geflucht. Wenn im Winter nicht genug zu fahren war, wa« selten vorkam, da der Vogt schon sorgte, daß es etwa« zu würgen gab, mußte wenigsten« ein Mann zu Hofe, um auch oft- mal« auf dem Beigut Hauswalde zu dreschen oder Holz ,u hacken. Nicht feilen kam es vor, daß die Bretniger nach Hauswalde und die Hauswalder nach Bretnig mußten, kurz, lis Zeit mußte abgeleiert werden. Herrschaft und Hofeleute suchte» sich gegenseitig das Leben sauer zu machen; die Hofeleute wollten nicht mehr recht parieren und die Herrscht kraft ihrer Rechte nicht nschgeben. Den schlimmsten Grad erreichten diese Zustände in den 1820er Jahre« unter dem Pachter Auers wald, wa» weiter unten besprochen werden soll. Wollten die Bauern in ihrem eigenen Walde ihr Feuerholz zurecht machen, so mußten sie erst den herrschaftlichen Förster bitten, daß derselbe kam und ihnen anwic», wo sie in ihrem eigenen Busche abschlagen durften; ohne dessen Erlaubnis dursten sie auch kein Bäum chen fälle«. Jedoch ließ sich durch ein Halde« Schock Eier oder ein paar Pfund Speck eine Aenderung erzielen. Am Walde herunter mußt« aus sämtlichen Grundstücken der Bauern und Gärrner eine große breite Fläche unbebaut für Hutung der damal« zahlreichen herrschaftlichen Schafe liegen bleiben; von dieser Lehde durfre der Eigentümer derselben bei hoher Strafe auch nicht eine Furche abackern. (Fortsetzung folgt.) OertticheS und GSchstscheS. Bretnig. Der Vorsitzende de« Sächsische» Landesverbandes des Blauen Kreuze«, Pastor Sellmann-Tammenhain wirb DienaM, 8. November, adenv« 8 Uhr im Gasthaus zur Rose in Bretnig einen Vortrag halten: „Eine furchtbare Not und eine herr liche Hilfe". Die dabei zur Vorführung kommenden 30 Lichtbilder (Wirkung des Alkoholmissbrauchs auf Magen, Herz, Leber, Niere, Gehirn ; Statistische« ; Szenen au« dem Leben einer Trinkecfamilie) habe» bisher über all tiefen Eindruck gemacht. Der Eintritt ist frei. Doch werden freiwillige Gaben zur Deckung der linkosten gern entgegengeiiommen. Jeder ist willkommen, besonder« auch Frauen Die Lichtbilder werden auch nachm. Uhr i« Gasthaus zur Rose vor^eführt, besonders für Schulkinder, aber auch für Erwachsene. Eintritt 5 Psg. Der Sächsische Landesver band des Blauen Kreuze« zählt jetzt 3050 Vereinsgenosten, darunter 820 ehemalige Trinker und 59 ehemalige Trinkerinnen. S e e l i g st a o t, 2. Noo. Der Schul, knabe Artur Resche verunglückte am Mittwoch beim Spielen am Göpel der Dreschmaschine des Gutsbesitzers Großmann hier. Am Feier abend und nach Beendigung des Dreschens fetzten sich die Nachdarekmoer auf den Göpel uao drehten denselben rückwärts. Dabei ge ltet der kleine Resche in da« Getriebe und wurde an dec linken Ferse schwer verletzt. Sämtliche Fleischteile zwischen beiden Knöcheln wurden durch die Zähne de« Triebrades los- gerifsen, doch blieb der Knochen und die Achillessehne unverletzt, so daß eine Steifheit de» Fuße« nach Aussage des Arzte« nicht zu befürchten steht. — Glückliche Gewinner. Ein Zehntel von der Prämie der diesmaligen Laudeslotterie ist nach Sc.utzen gekommen. Die glücklichen Ge winner sino die Mitglieder eine« Damen- kränzchens im Restaurant Biebrach, neun Frauen dortiger kleinerer Geschäftsleute, so wie ein älterer Herr. Bautzen. Ein schrecklicher Unglücksfall hat sich Mittwoch vormittag in der Hochauf- schen Spinnerei ereignet, indem der Ärb-iter Beutner mit dem linken Arme in einem im Gange befindlichen Wolf geriet, wodurch ihm «er Arm vollständig vom Körper getrennt wurde. Beutner, der in da« Stadtkcankenhau« überführt worden ist, ist 56 Jahre alt und verheiratet. Löpitz, 1. No». Al» vor einiger Zeit ein hiesiger Arbeiter K. in einem Mügelner Grundstück um Arbeit nachfrug, legte er ein, seine Arbeit-Hose mitPortemonnaie enthaltende» Paket vor demselben nieder. Al» e» K. so dann später an sich nehmen wollte, war e» — verschwunden, der Dieb aber hatte bereit» da« Weite gesucht. Hatte er auch nicht gerade eine glänzende Beute erobert, so befand sich doch immerhin in dem betr. Portemonnaie außer einem geringen Geldbetrag ein Lotterie- los de« Verbandes Copitz der Sächsischen Fechtschule, wer weiß aber, wa« da noch kommen konnte, und siehe da, ein Mensch muß Glück haben, da» Los gewann. Am vergangenen Sonnabend abend nun stellte sich denn auch der jetzige glückliche Inhaber de« Lose» nn hufigen Gasthof zum „Erbgericht" -in, um den Gewinn in Empfang zu nehmen. „Doch mit des Geschicke» Mächten ist kein ewger Bund zu flechten", die» sollte auch der glückliche Gewinner erfahren. Hatte er doch nicht damit gerechnet, daß der Verlust des Lose« gemeldet worden war. Er war daher sehr erstaunt, al« er statt drn Gewinn zu erhalten, von einem Schutzmann in Empfang genommen wurde. Die Feststellung ergab, daß e« sich um einen Bauarbeiter G. aus Mügeln bei Pirna handelt. Natürlich will derselve das Portemonnaie mit dem Lose ge funden haben- Die nähere UnterfuchuiiH muß daher erst noch Licht in diese Sache bringen. , Dresden, 3. Nov. Die 5. Strafkam mer des hiesigen Landgerichts velhmdelte in geheimer Sitzung gegen den 186I in Pirna geborenen, daselbst wohnhaften Fleischermeister Karl Gustav Artur Schubert wegen Blut schande. Der Angeklagte ist verheiratet und Vaier von 6 Kindern. Er wird überführt, sich in den Jahcen 1905 und 1906 an ferner 1889 geborene» Tochter und von 1907 bi« 1909 an seiner 1892 geborenen Tochter fort gesetzt und in schwerster Weise vergangen zu Haven. Das Gericht lehnte di- Zubilligung wildernder Umstände ab und verurteilte den Angeklagten zu 5 Jahcen Zuchthaus und 10 Jahren Ehrenrechtsverlust. In der Urteils begründung wu-.de heroocgehoden, daß nichts Scheußlichere« und Gemeinere« zu denken sei als die Tat Schuberts, der, anstatt seinen Kindern mit einem guien Beispiel voronzu- geheu, alle väterliche Autorität über den Ü'ufen geworfen habe. Die Anklage sei mcht so weit gegangen, daß Schubert gegen über seinen Töchtern Gewalt anwendete; imme,hm warf da» Gencht für jeden Fall der Blutschande 3 Jahre Zuchthau« al» Einzelstrafe au«. Dresden. (Selbstmordversuch.) Am Mittwoch nachmittag gegen 6 Uhr stürzte sich in der Vorstadt Löbtau ein taubstummer Schuhmacherlehcling vom Dache der von ihm und seinen Eltern bewohnten Hause« in selbstmörderischer Absicht herab und schlug aui einen e;ser>en Gartenzaun aus, von dem ihn eine Zaunspitze iu die linke Seile de» Nacken» drang. Ec hatte schwere Verletzungen erlitten und wurde sogleich in« Friedrichstädte, Krankenhaus überführt. Der Lebensmüde, der bereit« vor einigen Monaten sich zu er stechen versucht hatte, war seit mehieren Wochen krank und arbeitsunsähi, und hat erst kürzlich seinen Geschwistern zu »erstehen gegeben, daß er da« Leben satt habe und sterben wolle. — In der am Dienstag nach dem Jn- nungshau« zu Plaue» i. Vogtl. Unberufenen Versammlung der Stickmaschinenbesitzer waren 336 Maschinen vertreten. Die Umfrage er« gab, daß für 232 dieser Maschinen Kündig ungen bez. Arbeittniederlegungen erfolgt waren. — Alle 5 Finger der linken Hand abge rissen wurden in einer Fabrik in Lue einem Mädchen. E» hatte versehentlich in eine Presse gegriffen. — Auf »er Straß« Wüstenbrand-Pleißa unweit Wüstenbrand ereignete sich ein schwere» «utomobllunglück. Sin Auto, da» von Hart mannsdorf kam, verfehlte den rechten Weg und fuhr bei der Kurve nach Bahnhof Wüstenbrand aus einen Feldweg. Die Hinte ren Räder glitten vom Wege ab, wodurch da« Auto in den Graben stürzte. Vier Damen wurden durch den Anprall durch die Glasscheibe hinau-geschleudert und verletzten sich schwer. Der Chauffeur und ein Herr kamen mit dem bloßen Schreck da»on. — Der in Leipzig wohnhafte 27 Jahre alte Arbeiter Stanislaus Przybylowitz war am 22. vor. Monats nach einer Kneiperei mit Arbeitskollezen in Streit geraten, der m Tätlichkeiten ausactete. Er erhielt hierbei einen Messerstich in den Kopf. P. schenkte der Wunde wenig Beachtung, er ließ vielmehr Schmutz in dieselbe eindringen und begab sich erst in Behandlung, al» es schon zu spät war. Am Dienstags ist der Mann im Leipziger Krankenhaufe au dem Messerstiche, dec eine allgemeine Blutvergiftung zur Folge hatte, gestorben. Kirchennachrrchten von B r e t n r g. 24. Sonntag nach Trinitati«: 9 Uhr: Predigtgottesdienst, Text: Galater 6, 7—10. Ertrag der Gustav Adolf-Kollekte: 24 Mk. 73 Pfg. Geboren: dem Fabrikarbeiter Hermann Richard Schöne ein Sohn; dem Fabrikbesitzer Wilhelm Adolf Horn eine Tochter. Getraut: Fabrikarbeiter Paul Richard Wähner mit Linda Meta Nitzsche. — Böttcher Max Hermann Kohl mit Hedwig Helene Schurig. Gestorben: Hans, Sohn de« Fabrik arbeiter« Hermann Richard Schöne, 1 T. alt. — Ein totgeborene« Mädchen de« Maurer- Max Wiegand Horn. — Hausbesitzer und Garntreiber Karl Traugott Nitzsche, Ehemann, 75 I. 1 M. 23 T. alt. -IM. Züugllngrverei»: Sonntag abend« 8 Uhr im Anker Versammlung. Kirchennachnchten von Grotzröhr»dors. Geburten: Walter Kurt, S. d. Packers Max Edwin Heinrich, Nr. 267. — Rudolf Kurt, S. d. Sattler« und Tapezierer- Richard Otto Nitzsche, Nr. 315 c. — Außer dem ein unehel. Mädchen. Eheschließungen: Otto Curt Milde, Schloffermstr. Nc. 63 c mit Anna Flora Brückner Nc. 57 e. — Smit Alfred Maukich, Tapezierergehilfe Nr. 196 b mit Maria Elsa Mag.r Nr. 302 i. — Gustav Albin Nische, Gefchäft-gehilfe Nr. 63 i mit Anna Linda Grohmann Nc. 328. — Robert Emil Huhle, Schlossermstr. in Blasewig mit Ida Helene Senk Nr. 296. Sterbefälle: Max Emil Preusche, Nr. 131 d, 14 I. 7 M. 18 T. alt.