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Allgemeiner Anzeiger : 29.10.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191010297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19101029
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19101029
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-29
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.10.1910
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ckestakow" ist 1907 erbaut worden. ejchwindigkeit beträgt 25 Knoten. GerickrskaNe Morgen 6 Uhr konnte der fällige Laskowitzer i mit dem Dampfer „Rurik" zusammen. Es er- Zug das neue Gleis bereits benutzen. L hielt uwerbalb der Wasserlinie ein tiefes Leck. Seu Et« Geschenk der Dsntsch-Asiatischen Gesellschaft für Peking. Die Berliner Deutsch-Anatische Gesellschaft hat für die Haupt stadt Chinas ein lebensgroßes Bild Kaiser Wilhelms gestiftet. In Peking besteht seit etwa zwei Jahren ein chinesisch-deutscher Verkehrs ausschuß. Angehörige beider Nationen gehören ihm an und sind zu dem Zweck zusammen getreten, das Verständnis füreinander zu ver mehren und damit zugleich die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Völkern zu vergrößern. Die Anregung zu einer solchen Vereinigung hatte der frühere chinesische Gesandte Herr Su gegeben. Zwischen der Deutsch-Astatischen Gesellschaft und der Pekinger Verewigung hatten sich bald lebhafte Be ziehungen herausgebildet, die nun in einem Geschenk der Berliner Körperschaft an die Pekinger Gesellschaft in Gestalt des Kaiser- Porträts ihren Ausdruck finden sollten. Ein willkommener Zufall hatte es gefügt, daß das Geschenk kurz vor dem 2. September aus Berlin in der chinesischen Hauptstadt eintraf, so daß es, wie jetzt bekannt wird, bei der Feier, die aus Anlaß der 40 jährigen Wiederkehr des Sedantages im Hause des chinefisch-deutschen Verkehrsausschusfrs stattfand, diesem übergeben werden konnte. Automobilunfall bei kkafsel. Das Automobil des Kasseler Großindustriellen Har loff rannte in einer Kurve der Landstraße gegen einen Baum. Die drei Insassen und der Chauffeur wurden herausgeschleudert und mußten schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Das Automobil ist total zertrümmert. Ein schweres BootSunglück ereignete sich am Sonntag in der Wesermündung. Der Gastwirt Feldmann hatte mit seinem neun jährigen Töchterchen und drei Gästen eine Bootsfahrt trotz des äußerst scharfen Windes unternommen. In der Nähe des Leuchtturmes Hoheweg kenterte das Bool, und alle Insassen stürzten ins Wasser. Infolge des heftiger ein fetzenden Sturmes konnte ein bald eintreffender Fischdampfer nur noch einen der mit den Wellen Kämpfenden, einen Elektriker, retten, während der Gastwirt Feldmann, seine Tochter Bertha und die Fischdampfermatrosen August und Dietsch ertranken. An dem Unglück tragen die Insassen selbst die Schuld, da sie sich trotz des heftigen Sturmes zu weit hinausgewagt hatten. Das Drama des Erbpächters. In dem Dorfe Wöbbelin wurde der 58 jährige Erb pächter Johann Boldt von seinem 35 jährigen, Sohne erschossen. Dieser wohnte in Hamburg ' und war von seinen Eltern aufgefordert worden, nach Hause zu kommen, um sich über eine Erb schaft mit seinem jüngeren Bruder auseinander zusetzen. Er traf auch pünktlich in Wöbbelin ein. Während die Mutter in einem Nebenhause beschäftigt war, erschoß der Sohn seinen im Bett liegenden Vater. Dann begab er sich in die Kammer, wo sein Bruder schlief und gab auch auf diesen zwei Schüsse ab, von denen der eine das Gelicht durchbohrte. Der Ver letzte wurde ins Neustädter Krankenhaus ge bracht, und man hofft, ihn am Leben zu er halten. Nach der Tat flüchtete der Mörder, irrte noch eine Zeitlang auf der Wöbbeliner Feldmark umher und erhängte sich dann in einem Gehölz in der Nähe des Dorfes. Er ist ver heiratet und Vater zweier Kinder. Der Mord ist von ihm aus Rache begangen, weil die Eltern wünschten, daß der jüngere Bruder die Erbschastsslelle übernehmen möchte. Dieser wollte sich in 14 Tagen verheiraten. Unfall ans der Kirchweih. In Ober ursel am Taunus, wo Kirchweih war, ereignete sich ein schwerer Unfall. Scheu gewordene Pferde rasten auf dem Marktplatz in eine Schar von Schulkindern. Zwei wurden sofort getötet, mehrere schwer verletzt. X Eine interessante Nachtarbeit wurde kürzlich auf der Weichselbrücke in Graudenz vor genommen; es handelte sich um die Verlegung des 1100 Meter langen Eisenbahngleises dieser Brücke. Hunderte von Arbeitern traten abends 8 Uhr an Ort und Stelle an. Die Brücke war tageshell erleuchtet und das schwierige Stück Arbeit ging glatt oonstaiten. Am andern Feuer in der französischen Kammer. Am Sonntag wurde die Pacher Feuerwehr aufgeboten, um einen Brand im Kammerpalast zu löschen. Das Feuer entstand durch S chäden in der Zentralheizung. Man wird sich bemühen, die Beschädigungen durch den Brand noch vor dem Zusammentritt der Kammer am Dienstag wieder gut zu machen. Ein deutscher Steward von einem englischen Marineoffizier erschossen. Auf dem Londoner Dampfer „Forest Moor", der im Hafen von Hull lag, wurde der deutsche Steward Friedrich Wemmslsdorff von dem zweiten Offizier Austin Hudson Scott mit einem Revolver erschossen. Als der Kapitän auf den Knall herbeieiue, lag der Steward bereits in In seiner Residenz Bangkok ist dieser Tage König Parammda Maha Chulalongkorn verschieden, der aufgeklärteste Monarch, den Slam bisher gehabt hat. Der König kam als Sohn seines Vorgängers Mongkut am 20. September 1853 zur Welt und folgte seinem Vater am 1 Oktober 1868 auf den Thron. Während seiner Regierungszeit hat er sich stets als Förderer der europäischen Kultureinflüsse bewährt; er hat, vor allem mit Hilfe deutscher Instrukteure, die siamesische Armee völlig reorgani siert und viel für das Schulwesen getan. Chula longkorn kam oft nach Europa; in Deutschland weilte er zuletzt im Jahre 1907. Während dieser Reisen hat der exotische Monarch in der europäischen Gesellschaft durch den Glanz seiner Hofhaltung und durch seine sympathische Persönlichkeit stets großes Aufsehen erregt. den letzten Zügen, über die Ursache der Tragödie ist nichts zu ermitteln, da Kapitän und Mannschaft strenges Schweigen beobachten. Der Mörder wurde verhaftet. Ä5O vov Mk. für Dr. Crippen. Die ,Washington Post' meldet aus Philadelphia: Dr. Munyon, dec einstige Lehrherr des wegen Gattenmordes dieser Tage verurteilten Dr. Crippen, hat diesem telegraphisch die Summe von 250 000 Mark zur Verfügung gestellt. Wie der zum Tode Verurteilte diese Summe verwenden wi rd, ist dem Spender gleichgültig. Dr. Munyon er klärt, daß Crippen vierzehn Jahre bei ihm un unterbrochen tätig gewesen ist und sich dabei als einer der fähigsten Angestellten und Schüler ge zeigt hat. Crippens Frau dagegen sei eitel und unzuverlässig gewesen, die nur am Unglück des Mannes Schuld habe. Sturm italienischer Landleute auf ein Rathaus. In Castell Sasso in der italieni schen Provinz Neapel stürmten mit Sensen und Sicheln bewaffnete Landleute daS Rathaus und verprügelten und verletzten den Bürger meister, die Beisitzer, den Stadtsekretär und die beiden Ortspolizisten. Herbeigerufene Kara- binieri verhafteten 24 von den Tumultanten, die Steuerermäßigung haben wollten. Havarie eines russischen Minenbootes. Das Minenboot „Leutnant Schestakow" stieß Z8 Berlin. Das Oberverwaltungsgericht hat eine für Imker besonders wichtige Ent scheidung gefällt. Eine Reihe von Imkern war vom Polizeipräsidenten von Stettin aufgefordert worden, die Bienenstöcke von ihren Grundstücken zu entfernen und dort keine Bienenstöcke mehr aufzustellen. Die Imker behaupteten in ihrer Klage, sie hätten das Recht, auf ihren Grund stücken Bienen zu halten, die die Menschen nicht behelligen; wenn viele Bienen durch die Zucker siederei angezogen werden, so brauche diese Fabrik vor ihren Fenstern nur Drahtgitter an zubringen. Der Bezirksausschuß wies die Klage ab, nachdem Beweis erhoben und fest- gestellt worden war, daß durch die Bienen zahlreiche Personen belästigt und gestochen worden waren. In der Zuckersiederei hatten sich insbesondere ganze Schwärme Bienen einge funden, die getötet und in Körben entfernt werden mußten. Das Urteil des Bezirksaus schusses fochten die Imker beim Oberverwal tungsgericht an, das indessen die Vorentscheidung bestätigte und u. a. au? führte, nach dem Allge meinen Landrecht darf allerdings jeder Bienen halten, es bandle sich hier aber um eine privat- rechtliche Vorschrift, die die Befugnisse der Polizei nicht einschränke. Nach 8 10 II 17 des Allgemeinen Landrechts habe die Polizei behörde Anstalten zur Abwendung der dem Publikum oder einzelnen Personen bevorstehen den Gefahren zu treffen. Zu diesen Gefahren gehören auch solche, die aus dem Halten von Bienen entstehen. Der Geruch der Zuckersiederei locke zahlreiche Bienen an. Selbst wenn die Fenster der Fabrik mit Drahtgitter versehen würden, sei anzunehmen, daß die Bienen durch die Türen in die Fabrik eindringen und auch auf dem Hofe und in der Umgegend Personen gefährden würden. X Allcuftein. Von der Anklage des Meineids freigesprochen hat das Kriegsgericht den Leutnant Eicke vom Infanterie-Regiment Nr. 151 in Sensburg. Die etwa fünfstündige Verhandlung fand unter Ausschluß der Öffent lichkeit statt. Es handelte sich dem Vernehmen nach um eine Alimentationssache. Unwetter-Verheerungen im Golf von Neapel. Süditalien ist wieder einmal von einer schweren Katastrophe betroffen worden. Die Insel Ischia im Golf von Neapel ist durch eine Überschwemmung verwüstet worden, und Neapel selbst und Umgebung wurde von einem Wolkenbruch schwer mitgenommen. Ein von der Insel Procida in Neapel angelangter Be richt sagt, die Stadt Casamicciola aus Ischia sei nachts durch Überschwemmung fast völlig zerstört; eine Anzahl Bewohner seien unter den Trümmern ihrer Häuser begraben. Die Nach richt rief natürlich große Aufregung hervor, da das am Fuße des steil emporrageuden, er loschenen Vulkans Epomeo gelegene Städtchen durch herabfließende Wasserströme in Wirklich keit leicht Gefahr laufen kann. Die Kabel verbindung zwischen Ischia und dem Festlaude ist zerstört. Aus Torre Sorretta eingetroffene Leute erzählten, am Montag, um 2 Uhr nachts, habe sich ei» furchtbarer Wirbelsturm, begleitet von einer Sintflut, über Ischia ent laden und viele Häuser zerstört. Das Tele graphenamt von Ischia habe von Procida dringend Hilfe erbeten. Ein weiteres Tele gramm habe gesagt, von Casamicciola sei wenig übrig geblieben, vom Unwetter seien fast alle Häuser vernichtet. Nach der letzten Zerstörung durch ein Erdbeben im Jahre 1883 ist die Stadt nur aus leichtem Fachwerk wieder erbaut worden. Der Polizeisoldat, der die Nachricht ! von der Katastrophe nach Neapel brachte, erzählte, daß in Casamicciola und Umgebung der Wirbelsturm und die Überschwemmung während der Nacht weitaus heftiger waren als die Erscheinungen während der Katastrovhe von 1883, die der Erzähler miterlebt hat. über die Zahl der Todesopfer auf der Insel herrscht noch volle Ungewißheit; die Angaben schwanken zwischen zehn und fünfzig. Eine amtliche Meldung, die dem Präfekten von Neapel zu ging, berichtet, daß die Zerstörungen auf der Insel weniger Casamicciola als die Stadt Lacco Ameno betreffen. Geheimrat Professor Penck, der Direktor des Museums für Meereskunde in Berlin, hat über die Katastrophe geäußert: „Nach den vorliegenden Mitteilungen scheint nicht ausgeschlossen, daß es sich um eine vulka nische Katastrophe handelt. Vielleicht sind im erloschenen Vulkan Epomeo neue Ausbrüche erfolgt. Diese Ausbrüche kehren sehr unregel- mäßtg wieder. Weitere Unwetterschäden. Das Unwetter hat andern Nachrichten zufolge in allen Städten am Golf von Neapel großen Schaden angerichtet. Die niedriggelegenen Stadtteile Neapels waren stundenlang über schwemmt. Infolge Blitzschlages brannten die Räume des Künstlervereins aus. Die Feuer wehr war viele Stunden beschäftigt, den Brand zu löschen. Viele Gemälde moderner neapoli tanischer Meister sind vernichtet. Die Eisen bahnen sowie Telegraph und Telephon in Neapel sind zerstört, die am Golf eutlangführende Prachtstraße ist stark beschädigt. Durch Einsturz von Häusern wurden ganze Familien begraben. In Torre del Greco stürzten zwei Häuser ein, aus deren Trümmern drei Tote und acht schwer Verwundete herausgezogen wurden. Kuntes Allerlei. Die Frage des Offenbarungseides. In Handels, und Gewerbetreisen bestehen leb hafte Klagen darüber, daß die Ableistung des Offenbarungseides häufig kein sicheres Bild von der Vermögenslage des Schuldners gebe. Es erweise sich als durchaus notwendig, den Inhalt des Offenbarungseides nach Maßgabe der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falle? festzusetzen, sodaß auch etwaige Vermögens geschäfte, die einige Zeit vor der drohenden Eidesleistung vollzogen werden, klargestellt würden. Die Bestimmungen der Zivilprozeß ordnung reichten jedenfalls zum Schutze des Gläubigers nicht aus. Die Frage wird dem nächst auch verschiedene Handelsvertretungen be schäftigen und zu Anträgen an die gesetzgebenden Körperschaften Veranlassung geben. Spielereien der Natur. Von Seltenheiten in der Pflanzenwelt bekommt man in der letzten Zeit öfters zu hören, höchst merkwürdige Spielereien der Natur hat aber der,Hann. Anz.' aus dem Hannoverschen zu sammengetragen. Wir lesen da u. a.: „Auf unserm Redaktionstische liegen drei dicke Kar toffeln, die in Seelze geerntet find; sie wiegen jede einzeln etwa 1V, Pfund. — In der Laubenkolonie Poppenheim am Scheelenkamp züchtete der Kolonist Eisenbahnschaffner Hoppe einen blauen Kohlrabi im Gewicht von über 5 Pfund. — Gastwirt Adolf Heuer, Mehrum, hat in seinem Garten einen Apfelbaum stehen, der erst vor vier Jahren angepflanzt ist. Dieser Baum gab schon 92 Pfund Apfel; verschiedene Apfel hatten ein Gewicht von 400 Gramm. — Eine Birne von anderthalb Pfund Gewicht ging uns aus Wennigsen am Deister zu. — Eine Mesensonnenblume wächst in dem Garten des Weichenstellers Monse in Haspe. Sie ist über viereinhalb Meter hoch und hat 41 Blüten. Damit die Riesenblume nicht abbricht, hat man sie mit einer Bohnenstange gestützt." * 4- ck Seine Auslegung. Zigeunerin (dem jungen Kassierer Meier aus den Linien der Hand wahrsagend): „Hier, junger Herr, sehe ich eine Linie, die für Ihr Leben große Bedeutung gewinnen wird." — „Weiß ich, das ist die Ham- burg-Amerika-Linie!" . sie zugehört und schien jetzt eifrig das Muster der Tischdecke zu studieren, deren Fransen sie unbarmherzig in Knoten schlang. Nach einer Weile fuhr er fort: „übrigens will ich dich von deinen Skrupeln befreien. Ich habe eS schon mehrmals be merkt. daß es meinem alten Pohl nicht ganz behagt, jetzt einen jüngeren Henn über sich zu haben, nachdem er so lange allein gewirtschaftet hat, und bei aller Anerkennung seiner Tüchtig keit werde ich eine Änderung erträglich finden. — Ich will damit durchaus nichts gegen ihn gesagt haben, das ist ja auch selbstverständlich, wenn ick ihn hierher bringe. Für die Alten- steiner Stellung ist er wie geschaffen. — Also, schlage dein Bedenken in den Wind, Cousinchen," setzte er lachend hinzu. „Ich muß mich freilich fügen, wenn mir mein Sträuben nichts nützt, aber — es wird mir schwer, auch das noch von dir anzunehmen," sprach sie leise, noch immer die Fransen malträ tierend, „ich bin dir ja ohnehin schon so viel Dank schuldig." „Ist die Schuld Wittlich so erdrückend, Erna?" Er suchte ihre Hand zu fassen, sie aber entzog sie ihm fast stürmisch — husch — war sie zur Tür hinaus. * * Einige Wochen später, an einem sonnigen Julitage, wurden in Altenstein große Koffer ge packt, und machte sich in allen Räumen des Schlosses jene Tätigkeit bemerkbar, die die Zeit vor einer längeren Abwesenheit der Herrschaft zu kennzeichnen pflegt. wandte sie sich an Kurt, § Wg- (Fortsetzung folgt.) Der Arzt hatte Tante Lottchen nämlich zur Erholung und Stärkung ihrer von der langen Krankheit angegriffenen Kräfte Luftveränderung, einen Aufenthalt an der See verordnet, und der morgige Tag war für die Abreise festgesetzt worden. Erna wanderte heute ruhelos von einem Zimmer in das andre, vom Schloß bis in den Park und wieder zurück und schien die ganze Ungemütlichkeit eines solchen letzten Tages vor der Reise zu empfinden. Ja, wenn man sich auf eine Reise freut, dann ist es was andres I Dann find alle Vor bereitungen dazu eiu Vergnügen. Man sieht ihnen gern zu, trifft gern seine Bestimmungen, und es macht Freude, hier und da selbst mit Hand anzulegen. Die Gedanken eilen schon voraus und ebenso genießt man schon im voraus alle Reize, die ein solcher Badeausenthalt ver spricht. Sie aber freute fick eben gar nicht darauf, ja, die Ausficht, das liebe Altenstein auf einige Wochen verlassen zu müssen, war ihr geradezu eine Pein. Das Herz war ihr so schwer, sie wußte selbst nicht warum, und in ihrem Kopf jagten die Gedanken wild durcheinander. Es war ihr daher eine willkommene Unter brechung, als am Nachmittag eine kleine Kaval kade vor dem Schlosse hielt. Oberst Raff und seine Tochter Edith in Be gleitung des Herrn von Sacken waren ge kommen, um den Damen vor ihrer Abreise noch einmal Lebewohl zu sagen, und später fand sich Edith zu ihrer Freundin. „Die See einmal kennen zu lernen, ist einer meiner brennendsten Wünsche und wird es wohl auch ewig bleiben. Wir gehen natürlich wieder mit Mama nach dem schrecklich langweiligen Bade." „Und ich gäbe etwas darum, liebe Edith, könnte ich zu Hause bleiben," erwiderte ihr Ema, „ich habe mich noch nie auf eine Reise so wenig gefreut als auf diese." „DaS alte Lied: WaS man haben kann, daraus macht man sich nichts! Trotzdem be greife ich dich nicht." „So blasiert, mein gnädiges Fräulein?" warf der Leutnant von Sacken ein. „Denken Sie doch an das amüsante Leben am Strande, Bootfahren, Reunions und noch sehr vieles andre, lockt Sie denn das gar nicht?" „Reunions werden wir nicht besuchen, und was man das Leben am Strande nennt, wohl ebensowenig genießen." „Du wirst doch nicht etwa als Einsiedlerin leben wollen," unterbrach Edith, „das würde ich dir sehr verdenken." „Das dürfte Ihnen auch sehr schwer fallen, mein gnädiges Fräulein. Die Schönheit muß es sich gefallen lassen, daß ihr überall gehuldigt wird," flüsterte von Sacken. Erna wurde dunkelrot über dieses Kompli ment und schwieg verlegen. „übrigens," nahm Edith wieder das Wort, „so unbegreiflich ist es eigentlich gar nicht, daß du ungern forigehst. Altenstein ist ein be neidenswerter Aufenthalt; meinen Sie nicht den der Oberst in ein militärisches Gespräch ver wickelt hatte. „Worüber wünschen Sie meine Meinung zu hören, gnädiges Fräulein?" fragte dieser, froh, den etwas langatmigen Auseinandersetzungen des alten Hertn zu entgehen. „Ich sagte eben, Altenstein ist ein para diesisches Fleckchen Erde." „Gewiß, darin bin ich ganz Ihrer Ansicht," stimmte er ihr bei. „Kann man sich etwas Schöneres denken, wie diesen Park mit seinen weiten, grünen Matten, seiner Waldeinsamkeit und seinem idyllischen Frieden?" bemerkte Edith. Stellen Sie sich dagegen den Lärm und Staub unsrer Städte vor! Es ist eigentlich doch entsetzlich, daß man darin jahraus, jahrein aushalten muß." „Und ich glaube doch, es würde dir auf die Dauer langweilig werden hier draußen," meinte Erna. „Mir langweilig! Ich schwärme überhaupt für das Landleben, es ist mein Ideal!" rief Edith mit einem vielsagenden Blick auf Kurt. „Wirklich — und seit wann datiert denn deine erste Schwärmerei?" „Lassen Sie uns mal nachrechnen," lachte Sacken und zählte an seinen Fingern he", „un gefähr fest acht Monaten." Ein leichter Schlag mit dem Handschuh war seine Strafe. „Wie boshaft Sie sind," rief Edith, drehte ihm mit einem schnellen Ruck den Rücken und wandte sich wieder an Kuri. Kurt zu gleichem Zwecke ein. „Wie beneide ich dich um die Reise," sagte auch, Herr Baron?
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