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Allgemeiner Anzeiger : 19.10.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191010190
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19101019
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19101019
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-19
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Monat
1910-10
-
Jahr
1910
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.10.1910
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Wenn auch derzeit keine Wendung gelange. Ansporn, der Verwaltung von Heer und Marine die unumgänglich nötigen Mittel zur Erhaltung Österreichs auswärtige Politik. Die österreichisch-ungarischen Delegationen sVailamevtsausschüsse) find am Donnerstag in Wien zusammengetreten. Auf die Ansprache des Präsidenten antwortete Kaiser Franz Joseph mit einer Thronrede, in der er an die bosnische Mise erinnerte und sodann sagte: „Die eine Zeitlang bedrohlich erscheinende Spannung der europäischen Lage bat einer erfreulichen Klärung Platz gemacht. Mit Beruhigung kann ich Ihnen Mitteilen, daß unsre Bündnisse mit dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien womöglich noch fester und inniger geworden sind. Sehr be friedigend sind auch unsre Beziehungen zu allen andern Mächten. Die von mir gehegte Er wartung einer günstigen Entwickelung des Ver hältnisses Osterreich-Ungarns zum ottoman scken Reiche hat sich infolge des im Frühjahr 1909 zustande gekommenen Entente-Protokolls erfüllt. Gleich den andern Mächten verlolgen auch wir mit unsern besten Wünschen die auf die Be festigung dieses Saales gerichteten Bestrebungen. Meine Kriegsverwaltvng wird nachträglich die verfassungsmäßige Genehmigung der Delega tionen für die außerordentlichen Ausgaben ein holen, die während der vorjährigen äußeren Krise unvermeidlich waren. Dank der hierdurch bewirkten größeren Bereitschaft von Heer und Flotte wurde meine Regierung in die Lage ver setzt, den Boden einer friedlichen Politik nicht verlassen zu müssen. In dieser Erfahrung liegt ein öffentlichen Meinung in allen Staaten doch immerhin eintreten. Wir wollen den Frieden, die Erhaltung des Gleichgewichts.* A den 27. ist der Besuch des Parkes von Laeken, nachmittags der Empfang der deutschen Kolonie und hierauf ein Mahl in der Gesandtschaft vor gesehen. Hiernach erfolgt die Abreise nach Berlin. * Unter dem Vorsitz des Staatssekretärs deS Innern, Dr. Delbrück, ist der Wirtschaftliche Ausschuß im Reichsamt des Innern zum Zweck der Erörterung der zum neuen schwe dischen Zolltarif aus Interessentenkreisen gestellten Anträge und der für den Neuabschluß eines Handelsvertrags mit Schweden in Be tracht kommenden Forderungen zusammsnge- treten. * Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung der Vorlage betr. die Erhebung der Fahrkartensteuer in Ansehung der auf deutschem Gebiete gelegenen Strecken der schweizerischen Bundesbahnen die Zustimmung erteilt. Weiter wurde über die Besetzung von Stellen beim Reichsgericht, über Vorlagen belr. den zoll freien Veredelungsverkehr und über verschiedene Eingaben wegen Erlaß und Erstattung von Zöllen und Abgaben Beschluß gefaßt. Portugal. * Der Minister des Äußeren hatte eine längere Unterredung mit dem französischen Gesandten in Lissabon, von der man in politischen Kreisen vermutet, daß sie eine Vorbesprechung über die offizielle Anerkennung der portugie sischen Republik durch Frankreich zum Zweck hatte, nachdem Brasilien und die Schweiz die neue Republik bereits amtlich anerkannt haben. Die britische Regierung hat bisher noch keine Antwort erteilt; sie hat aber durch ihren Gesandten in Lissabon mitteilen lassen, der eng lische Aufenthalt der Königin Maria Pla und des Königs Manuel werde nrld als der Auf enthalt von Privatpersonen betrachtet werden und könne keinerlei Einfluß auf die Haltung Englands gegenüber Portugal ausüben. In Lissaboner Regisrungskreisen erwartet man mit Spannung die Antwort der deutschen Regierung. — Erst jetzt nach vollzogener Umgestaltung werden verschiedene Pküne bekannt, die entworfen worden waren, um die Republik zu erklären, die aber, infolge des überwürzten Losschlagens, nicht zur Ausführung gelangten. Einer davon darf sich einer gewissen Originalität rühmen. Der Tag, der ursprünglich für den Ausbruch der Revolution bestimmt war, war der 5. Oktober, an dem der Schlagfertigkeit der Wehrkraft zur Ver fügung zu stellen und hierdurch der Monarchie die Möglichkeit zu geben, nebst ihren Interessen auch die deS europäische« Friedens wirksam vertreten zu können. Die von mir vor zwei Jahren angekündigte Einführung von ver fassungsmäßigen Einrichtungen in Bosnien und der Herzegowina zur Mitwirkung der Bevölke rung an den Landesangelegenheitsn, ist zur Tatsache geworden. Der erste bosnisch-herzego winische Landtag hat diesen Sommer getagt. Ich will der Zuversicht Ausdruck verleihen, daß die Wirksamkeit dieser jungen Institution im Einklänge mit den Bemühungen meiner Regie rung den kulturellen und materiellen Fortschritt des Landes fördern wird. Indem ich die Ihnen zukommenden Vorlagen Ihrem patriotischen Eifer und Ihrer bewährten Einsicht empfehle, heiße ich Sie herzlich willkommen.* In dem ungarischen Ausschuß für auswärtige Angelegen heiten der Delegationen hielt der Minister des Äußeren Graf Ahrenthal einen Bortrag über die Weltlage. Betreffend dre Kretafrage, das „Sorgenkind der europäischen Diplomatie*, betonte Graf Ahren thal, daß Österreich in dieser Angelegenheit in zweiter Linie stehe und jede Lösung annehme, die die Aufrechterhaltung der Oberhoheitsrechte der Türkei zum Ausgangspunkt nimmt und im gegenseitigen Einvernehmen der vier Mächte und der Pforte erfolgt. „Die letzten Ereignisse,* fuhr er fort, „haben dargetan, daß in unsern Bündnissen ein wirklicher Wert liegt. Meine diesjährigen Begegnungen mit dem deutschen Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg und dem italienischen Minister des Äußeren Marquis di San Giuliano boten mir den erwünschten An laß, mit diesen beiden Staatsmännern einen intimen Gedankenaustausch zu pflegen, um die völlige Übereinstimmung unsrer Ansichten neuer lich festzustellen. Die Erhaltung dieser Bünd nisse wird, ich brauche es wohl nicht ausdrück lich zu betonen, die unverrückbare Grundlage unsrer Politik bilden. Der Dreibund richtet aber gegen niemand eine Spitze; wir be urteilen die Gruppierung der andern Mächte mit derjenigen Unbefangenheit, von der wir wünschen, daß sie auch uns gegenüber zur An- Politische Kunälckau. Deutschland. * Einen glanzvollen Abschluß erhielt die Hundertjahr feier der Berliner Uni versität durch die Galatafel im Ber liner Schloß. Kaiser Wilhelm hatte hierzu die Spitzen der Reichs- und Staats behörden, Rektor und Senat, zahlreiche Pro fessoren der Universität sowie die ausländischen Professoren und Gelehrten, die zur Hundert jahrfeier nach hier gekommen waren, einladen lassen. Auch der Vorstand des studentischen Jubiläumsausschusses war an die kaiserliche Tafel entboten worden. Nach aufgehobener Tafel hielt das Kaiserpaar im Thronsaal Cercle ab. Der Kaiser unterhielt sich hier be sonders mit den ausländischen Gelehrten, die von der Liebenswürdigkeit des Herrschers ent zückt waren. *Zum Besuch Kaiser Wilhelms in Brüssel ist nachstehendes Programm fest gesetzt: Die Ankunft erfolgt am 25. Oktober, 3 Uhr nachmittags, auf dem Nordbahnhofe. Abends findet ein Prunkmahl nach Empfang des diplomatischen Korps statt. Für den 26. ist ein Besuch der Ausstellung für alte Kunst sowie des Rathauses geplant. Abends findet ein Mahl bei der Gräfin von Flandern und im Anschluß daran eine Gala-Oper statt. Für , König Planuel eine Reise nach den nörd- Fragen von ernster Bedeutung vorliegen ocer' Itchen Provinzen antrelen wollte, um den Spannungen zwischen Len Mächten bestehen, so Wahlbezirk des Premierministers zu besuchen, können solche tu unsrer rasch lebenden Zeit und Es waren nun Vorbereitungen getroffen im Hinblick auf die leichte Erregbarkeit Ler ! worden, Laß der Durchgangszug zu einem waMawgen durchgehenden Zuge gemacht weMp sollte und er sollte, ohne anzuhalten, gl« bis an die Grenze gefahren werden! Hier waren angeblich Soldaten versammelt sowie sonstige Vorbereitungen getroffen, um einen jeden Versuch des Königs, umzukehren und portu giesisches Gebiet wieder zu betreten, zu ver eiteln. Inzwischen sollten die Minister, die sich in der Hauptstadt am Bahnhof eingefunden hatten, um sich vom König zu verabschieden, von Soldaten umringt, alle zusammen ver haftet und die Republik proklamiert werden. Inzwischen überstürzten die Ereignisse sich jedoch und der Plan kam nicht zur Ausführung. Ruhland. *Die Entsck °'dung über die Neubesetzung des russischen B uschasterpostens in Wien ist nun gefallen. Der gegenwärtige Gesandte in Brüssel, Hofmeister Nikolai v. Gier 8, ist als Nachfolger des Fürsten Urussow zum Botschafter in Wien ernannt worden. Amerika. *Die südamerikanische Republik Argentinien hat einen neuen Präsidenten erhalten, Saenz Pena. Er und der Vizepräsident Dr. Plaza nahmen in feierlicher Weise von ihren Ämtern Besitz und leisteten in einer gemeinsamen Sitzung der Kammern den Eid auf die Verfassung. Der Präsident verlas eine Botschaft, worin er erklärte, die internationale Politik der neuen Regierung werde eine Politik der Freund schaft für Europa und der Brüder - lichkeit für Amerika sein. Das Land erfreue sich des Friedens, der größten Wohl tat, den er dauernd zu gestalten sich bemühen werde. Oer bisenbabnerstreik in Frankreich. Es ist sehr schwer, aus den einander oft Widersprechenden Meldungen zu erkennen, ob der Streik der französischen Eisenbahner an Umfang noch gewonnen hat oder ob der Riesen- streik bereits abflaut. Nach gewissen Richtungen haben die Verkehrsnöte sich unzweifelhaft ver schärft; anderseits ist aus mannigfachen Tat sachen und Anzeichen deutlich zu ersehen, daß der Ausstand der Eisenbahn-Angestellten durch aus kein allgemeiner ist. Auf der Ostbahn hat überhaupt keine Verkehrsunterbrechung statt gefunden; dort find nur 120 Angestellte in den Ausstand getreten. Auf der verstaatlichten Westbahn verkehrten die Auslandzüge. Die Angestellten der Südbahn Paris—Lyon—Mittel meer und der Orleansbahn haben zwar gleich falls den Ausstand beschlossen, doch ist auf diesen beiden Strecken bisher nur ein verhält nismäßig kleiner Teil des Personals weg geblieben. Bei der Ostbahn hat sich die Mehr zahl derjenigen Arbeiter, dis als Reservisten einbernfe» wurden, gestellt. Sie versahen den Dienst unter militärischer Aufsicht und mit einer weißen Binde als Abzeichen am Arm. Auf mehreren Zügen waren die Oberingenieure als Lokomotivführer tätig. Auf dem Pariser Bahnhofe St. Lazare und der Gare des Invalides ruhte der Per- j sonen- und Güterverkehr vollständig. Die Bahn höfe, auf denen Ler Verkehr aufrecht erhalten wurde, waren militärisch besetzt. Die Befürch tung, daß sich dem Streik der Eisenbahner auch andre Bernfsarten anschließen werden, hat sich erfüllt. Am Donners tag abend stellten bei Eintritt der Dunkelheit die Palissr Elektriker die Arbeit ein. In der inneren Stadt, sowie im Ministerium des Innern und im Ely fee selbst, wo der Präsident der Republik wohnt, erloschen die elektrischen Lichter. Nach 7 Uhr abends lagen diese Stadtteile, soweit sie nicht durch Gasflammen beleuchtet sind, im Finstern. Auch gegen den Streik der Elektriker mfft die Regierung bereits ernste Maßnahmen. Gegen den Führer Ler Elektriker, Pataud, wurde sofort ein Haftbefehl erlassen, während die Hauptführer Ler Eisenbahner bereits verhaftet uuü. Die Festnahme vollzog sich ohne Zwischen fall. — Las Streikkomitee hat inzwischen an den Ministerpräsidenten Briand einen Brief ge ¬ richtet, worin es seine Bereitwilligkeit zu einer Unterredung mit dem Ministerpräsidenten und den Bahndirektoren bekannt gibt. Die Ausgleichs verhandlungen zwischen Briand und den Streiken den werden aller Wahrscheinlichkeit nach den Streik beilegen. unä flotte. — Bei den diesjährigen Kaisermanöver« ist bekanntlich auch ein Versuch mit dem völlig kriegsmäßigen, also unvorbere teten Abtransport der ungeheuren Truppenmassen gemacht woroen. Dir Eisenbahn hat sich ihrer Aufgabe völlig gewachsen gezeigt. Der Chef des Großen Genera-stabes hat sich jetzt darüber in einem Schreiben an den Minister der öffentlichen Arbeiten anerkennend ausgesprochen. Es heißt darin, daß die Eisenbahndirektionen „den hohen Anforderungen in hervorragendem Maße durch verständnisvolles Zusammenwirken, zielbewußte Maßnahmen und klare schnelle Durchführung der Transporte entsprochen haben." Von unä fern. Dynamit-Attentat auf einen Berliner Schnellzug. Auf der Strecke Königshütte- Beuthen wurde Dienstag abend gegen den um 9 Uhr in Beuthen eintreffenden Berlin« Schnellzug kurz vor der Einfahrt in Beuthen ein Dynamit-Attentat verübt. Die auf dem Gleise liegende Dynamitvatrone explodierte in dem Moment, als die Maschine des Zuges die Stelle passierte. Die Maschine wurde in die Höhe gehoben und durch den Luftdruck wurden die Glasscheiben des Führerstandes zertrümmert. Der Lokomotivführer erlitt durch Glassplitter schwere V rletzungen. Der Zug konnte nach einem Aufenthalt von 12 Minuten die Fahrt fortsetzen. Weiterer Schaden wurde nicht an gerichtet. X Beisetzung eines Msnschenfthädels. Eine eigenartige Beisetzungsfeier wird am 28. d. Mts. in Ober-Weistritz bei Schweid nitz i. Schl, stattfinden und zwar wird dort neben den Gebeinen des verstorbenen Grafen Hermann Pückler-Limpurg der Schädel seines in Kamerun ermordeten Sohnes, deS Grafen Kurt Pückler-Limpurg beigeietzt. Graf Kurt Pückler-Limpurg wurde am 22. Januar W04 als Stationschef von Ossidinge von Ange hörigen des Stammes der Banjos überfallen und getötet. Erst im Laufe dieses Sommers gelang es seinem Nachfolger, den Schübel des Ermordeten in einer Felsgroite zu entdecken, wo er von den Wilden aufgebahrt und als Heiligtum verehrt wurde. Der Nachfolger des Ermordeten, Siationschef Dr. Alfred Mans feld, hat nun die Reste der Gebeine «ach Deutschland überführt und der gräflichen Familie- übermittelt. Die Beisetzung erfolgt am Geburts tage des Ermordeten. X Berhaftang eines Bankschwindlers. Ein raffinierter Baukschwindler, der das Bank haus Vogler in Quedlinburg um eine größere Summe zu schädigen versuchte, ist von der Berliner Kriminalpolizei dingfest gemacht worden. Bei dem genannten Bankhause traf vor einigen Tagen ein Telegramm aus Berlin ein, das mit dem 'Namen eines Quedlinburger Bürgers, der ein Guthaben bei der Bank besitzt, und in dem um die sofortige briefliche Ab sendung von 3500 Mark nach einem Berliner Hotel ersucht wurde. Da 8er angebliche Absender der Depesche am Tage ihres Ein treffens aber nicht in Berlin, sondern in Qued linburg weilte, wurde der Schwindel sofort erkannt und man benachrichtigte die Berliner Kriminalpolizei, die den Gauner bei der Ent gegennahme des mit wertlosem Inhalt ver sehenen Briefes seslnahm. Der Verhaftete ent puppte sich als der frühere Prokurist eines Quedlinburger Bankhauses. «Km Deserteur entsprungen und ver unglückt. Auf dem Wege nach Rastatt ent sprang abends ein Deserteur vom 40. Infanterie regiment seinen Transporteuren aus dem fahren- den Zuge und wurde schwer verletzt nach Frel- burg i. B. gebracht. A Vo? ä;e MM gestellt. Lvj Roman von M- Lautner. !F°rtsetznnz.i Er'o hatte eben erst von der in der Kolonie evidemisch auftretenden Krankheit Nachricht er kalten und auch sofort angeordnet, daß nach dem Arzt geschickt wurde. Ter Tante durfte sie freilich von ihrem Vor haben nichts sagen, die alte Dame war sehr ängstlicher Natur und würde hier, wo die Mög lichkeit einer Ansteckung nicht ausgeschlossen war, Erna unter allen Umständen zurückgehalten haben, die Kranken selbst zu besuchen. Es war ein richtiges Aprilwetter, blauer Himmel und Sonnenschein spielten beständig Verstecken mit grauen, tiefziehenden Wolken massen, die dann und wann einen Regenschauer herabsendeten. Doch kümmerte sich Erna wenig um solche Wetterlaunen und schritt in ihrem Regenmantel in Begleitung ihrer Dogge rüstig vorwärts. Erna hatte einen ziemlich weiten Weg zurück- zulegen, obgleich sie den Feldweg der Dorf straße vorzog, der sie in gerader Richtung, teil weise da, wo ihre Domäne an Neuendorfer Gebiet grenzte, nach den Wallhäusern führte. Eine halbe Stunde mochte sie, in Gedanken vertieft, zurückgelegt haben, als Sultan plötzlich mit einem unverkennbaren Freudenlaut in großen Sätzen von ihrer Seite stürmte, und nach jener Richtung blickend, gewahrte sie ihren Detter, die Flinte auf dem Rücken, von seiner „Lady* ge folgt, der, wahrscheinlich durch den Hund auf- «erksum gemacht, seine Schritte ihr eutgegen- lenkte. Es war ihm zur Gewohnheit geworden, mit Gewehr und Jagdhund sein Gebiet zu durch streifen, auch wenn es nicht Jagdzeit war. Ab und zu er einen Raubvogel oder brachte sonst ine kleine Beute heim. „V o weit über Land bei einem so un- freundUchett Wetter?* rief er Erna zu und stand nach einem Sprung über den Graben an ihrer Seite. „O, das Wetter macht mir nichts,* ent gegnete sie, ihre Hand in seine. dargebotene Rechte legend, während eine leichte Befangen heit über dies unerwartete Zusammentreffen sich in ihren Zügen malte, „außerdem hat mein Weg einen besonderen Zweck.* „Und darf man wissen, welchen?" „Ich will nach den Waldhäusern hinüber, es Kat den Anschein, als ob eins Epidemie dort im Anzuge wäre. Seit einer Woche sind vier Krankheitsfälle vorgekommen, die alle denselben Verlauf zeigen.* „Und da willst du hin, Erna?" „Ja, ich will selbst sehen, wo es am meisten fehlt, die Leute find arm. Nach dem Arzt habe ich vorhin schon geschickt." „Aber Coufinchen, dar ist ja wieder offen bare Tollkühnheit, mit der du nicht einmal viel erreichen würdest. Schicke den Leuten Geld oder Lebensmittel, oder beides, aber selbst hin gehen — nein, das mußt du wirklich nicht." Sie war ganz rot geworden bei diesem Rat und dem fie begleitenden ernst-freundlichen Blick, dann aber entgegnete sie in alter Weise, den Kopf dabei trotzig zurückwerfend: „Das versteht ihr Männer nicht, überdies habe ich keine Furcht vor Ansteckung." Sie nickte ihm leicht einen Gruß zu und wollte weiter, er aber vertrat ihr den Weg. „Du kannst unmöglich im Ernst daran denken, dich einer solchen Gelahr auszusetzen, Erna. Es ist einfach meine Pflicht, dich davon zurückzuhalten — selbst bei dem Risiko, deinen Zorn auf mich zu laden." „Ich entbinde dich dieser Pflicht und hoffe dadurch dein Gewissen genügend zu entlasten," sprach fie gereizt. „Bitte, laß mich vorbei." Doch er hatte schnell ihre Hand erfaßt, und ihren widerstrebenden Arm in den seinen legend, zitierte er mit einem Versuch, die Sache ins Scherzhafte zu ziehen: „Und folgst du nicht willig, so brauch' ich Gewalt", und wider Willen war sie genötigt, ihm ein paar Schritte zu folgen. Da bäumte sich aber wieder der alte Trotz empor. Sie suchte ihre Hand zu befreien, aber Vergebens, er hielt fie nur um so fester. „Ich lasse dich auf keinen Fall dorthin gehen," sprach er plötzlich sehr ernst und be stimmt. Sie blickte flüchtig zu ihm aus, voll Ver wunderung über diesen Ton, und mochte wohl eine seltsame Entschlossenheit in seinen Zügen lesen, denn sie gab mit einem Male allen Wider stand auf und ging stillschweigend neben ihm her. „Versprich mir, daß du den Gang ganz lassen willst," fing er wieder, aber mit viel weicherer Stimme, an, nachdem sie eine kurze Strecke gegangen waren. „Meinetwegen, es ist auch schließlich ganz gleichgültig." Er gab sofort ihren Arm frei. „Denke nur an die Tante," sprach er nun wieder lachend, „was würde die zu deiner Exvedition gesagt haben; denn ich nehme an, daß sie noch nichts davon weiß." „Und würde auch nichts davon erfahre», falls du es nicht etwa für nötig findest, sie zu informieren." „Ah! Der Hieb sitzt, schöne Cousine. Dacht ich's doch, daß der arme Vetter die ganze Schwere deines Unmuts wird über sich ergehen lassen müssen. Übrigens kannst du beruhsigt sein, ich klatsche nicht * Sie schien diese Bemerkung keiner weitere» Beachtung würdig zu halten; schweigend schritt sie ziemlich hastig vorwärts. Es ärgerte sie jetzt unbeschreiblich, daß sie nachgegeben hatte; dann besann fie sich aber, und mit der allen Evastöchtern angeborene» Schlauheit lat sie das klügste, was sie kn diesem Falle tun konnte, um den Eindruck ab zuschwächen, sie gab sich den Anschein, als ob ihr die Sache nun einerlei wäre, und lenkte mit Gewandtheit das Gespräch in andre Bahnen. Damit war die Sache abgetan, fie dachte anscheinend gar nicht mehr daran, unterhielt sich ganz unbefangen und mit einer Lebhaftig keit, die sie im Gespräch mit Kurt sonst nie zu entwickeln pflegte. DaS Parktor war bald erreicht, er verab schiedete sich, und ihre Hand noch in der seine« Halteno, mahnte er lachend: „Also denke an dein Versprechen."
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