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Ihre Einrichtung erweist sich ha am vorteil haftesten, wenn es sich um die Kultur solcher Rebsorten handelt, die unter normalen Ver hältnissen auch saust in unserem Klima im Freien reifen, durch ungünstige Witterungsverhqltnisse jedoch hierin beeinträchtigt werden, Zu diesen gehören der „Blaue Frankenthaler", der „Blaue Pariser Gmedel", die „WeißeköniglicheMagdalenen- traube" und der „Weiße Gutedel' (Früher Leipziger). Aus kulturtechnischen Gründen ist jedoch zu befürworten, Mr feste Glashäuser zu erbauen und diese möglichst mit einer Heszvor- richtung zu versehen, um in ihnen der Trauben- reife mittelst künstlicher Wärme nachhelfen bzw, zum Zwecke der Frühreife die Triebkraft anregen zu können. Andernfalls dürste es überhaupt aus geschlossen sein, un Genuß zwar vorzügliche, aber spätreifende und viel Wärme benötigenden Trauben mit Aussicht auf nutzbringenden Grfolg anzupflanzen. In der sonstigen Anordnung ihrer Gliederungen sind Weinhausanlagen ziemlich un gebunden und weitgehend, sofern sie NM bei süd östlicher bjs südwestlicher Lage in einem Neigungs winkel zwischen 20 und 30 Grad erharrt werden und die Grundbedingung einer unbegrenzten Sonneneinwirkung und des ungehinderten Luft wechsels an First und Sohle bei kulturkräftiger Grundfläche für die Rebstöcke erfüllen, Im all gemeinen richtet sich die Bauart nach dem bei der Kultur anzuwendenden Schnitt. Am ge bräuchlichsten sind hierfür solche Konstruktionen englischen Vorbildes, bei denen eine Bepflanzung in Meterabständen angenommen und der soge nannte Knechtische Rebschnitt (alljährlich eine Er satzrute für die abhängige Tragrebe heranzubilden) ausgeführt wird. Außerdem müssen Weinhäuser eine Mindesthöhe von 4—5 Meter haben, um die Längenausbildung der Reben nicht zu beein trächtigen, da es Sorten gibt, die vor dem 6. bis 8. Gliederknoten überhaupt keine Fruchtspieße bringen bzw. Früchte entwickeln. Die Glqsfläche selbst kann aus nebeneinanderliegenden, 1 Meter breiten und abnehmbaren Fenstern oder aus 30 Zentimeter auseinanderliegenden Sprossenan ordnungen mit entsprechenden Dach- und Trag stützen bestehen. 25—30 Zentimeter von diesen abstehend ist ein wagerecht liegendes Spalier aus starkem verzinkten Eisendraht zum An'heften der Reben vorzusehen. — Von sehr großer Bedeutung für die Weinkultur sind die Bodenverhältnisse. Für die gute Entwicklung und Fruchtbarkeit der Reben ist es unerläßlich, daß das Haus in einer Umgrenzungsfläche von 1—2 Meter von dem selben Kulturboden umgeben wird, wie sich solcher im Hause selbst befindet. Derselbe muß außer abgelagerter Rasenerde, aus Komposterde, altem Gebäudelehm und verrottetem Wiesenboden be stehen, welchen Erdarten man Kalk- und Mauer schutt, Schiefer- und Steingeröll sowie ein reich liches Quantum Thomasschlacke und Kainit bei mengt, um damit eine für Reben nahrhafte und wüchsige Grundlage dauernden Wertes zu schaffen. Bevor man das äusgeworfene Weinbeet mit dieser Erdmischung anfüllt, ist der Boden mit einer fußhohen Schicht Mauerschutt zu belegen und diese mit Grasboden (natürlich die Narbe nach unten) zu bedecken, um weiter durch Verwendung 3—4 zölliger Tonröhren eine wirksame Drainage und gute Durchlüftung des Bodens herbeizu führen Diese Einführung von Tonröhren erfüllt dann noch weiter den Zweck, die Beetanlage gründlich zu bewässern. — Für die Bepflanzung wähle man mehrjährige kräftig entwickelte Lopf- reben und setze diese so, daß in jeder Fenstermitte eine Rebe zu stehen kommt bzw. beachte man bei ungeteilter Glasfläche eine Pflanzweite von 100—120 Ztm. Die Sortenauswahl beschränke man auf einige wenig erprobte, verschieden reifende Sorten, die man in jedem Baumschulen katalog nach ihren abweichenden Charaktereigen schaften verzeichnet findet. Die Pflanzung selbst tonn bei Verwendung von Topfreben jeder Zeit vorgenommen werden, ist jedoch im Herbste bzw. H — 290 — FrühjWr vorwiegepG auszuführen, um bei einem späterm Aufbinden bereits ausgetretener Reben die Gescheins nicht zu verletzen. Nach he? Pflanzung bleiben die Reben solange bogenförmig hßruntergebunden, bis alle daran befindlichen Augen gleichmäßig austreiben, da bei einem so fortigen Hochbinden der Reben die oberen Augen gegenüber den unteren einen zu westen Vorsprung erhalten bzw. diese völlig überholen würden, was natürlich esne ungleichmäßige Fruchtbarkeit bzw. ungleiche HolMdMg zur Folge haben würde. Nicht lange nach dem Austrieb beginnt auch die Sommerbehandlung der Rebe mit Rücksicht auf den auszuführenden Schnitt. Zunächst ist für die Neubildung einer Fruchtfolgerebe zu sorgen, da nach den Leitsätzen des bereits genannten Knecht- schen Einreben-Schnittes nur diese dazu berufen ist, den nächstjährigen Fruchtsatz zu zeitigen, so daß alles sich sonstwie entwickelnde junge Holz mitsamt der abgetragenen Rebe im Herbste kurzer Hand weggeschnitten wird. Aus diesem Grunde ist denn auch dieser nächstjährigen Fruchtrebe ganz besondere Aufmerksamkeit zu schenken; sie ist möglichst gus den unteren Augen der Rebe zu erziehen, damit diese im Laufe der Jahrs im unteren Teile nicht lang und damit die eigentliche Fruchtrebe in ihren Knotengliederungen verkürzt wird. Nqch einer Länge von 20—30 Knoten wird die Ersatzrebe gekappt, um lediglich die für das nächste Jahr in Betracht kommenden unteren Augen auszubilden. Die sich entwickelnden Seitentriebe werden wiederholt aus 2—3 Glie derungen zurückgeschnitten, nie aber völlig ent fernt, da anderenfalls das nächstjährige Fruchtauge austreiben und dadurch für die Kultur wertlos werden würde. — Die Behandlung der tragenden Rebe vollzieht sich in der Weise, daß alle an der selben hervortretenden Fruchtspieße beim Sichtbar werden der Gescheine 3—4 Blätter hinter diesen entspitzt und alle nicht mit Trauben besetzten Triebe einfach beseitigt werden. An jedem Frucht trieb sind nie mehr als 2 Trauben zu belassen. Haben sich die Beeren bis zur Erbsengrößs ent wickelt, wird ihre Anzahl bis auf etwa ein Drittel reduziert, und zwar werden hierbei zunächst die nach innen stehenden oder sonst die Formge staltung beeinträchtigenden Beeren entfernt. Bis zur endlichen Traubenform wird diese Arbeit wiederholt vorgenommen und letztmalig beim Färben der Beeren ausgeführt. Die sonstigen Kulturregeln lassen sich bei Traubenhäusern sehr schwer für alle Verhältnisse passend generalisieren, und sind im Erfolge zumeist davon abhängig, mit welcher Aufmerksamkeit und mit welchem Verständnis es der Züchter versteht, die durch irgend welche Ursache plötzlich sich ändernden Kulturverhältnisse zu einem gedeihlichen Zu sammenwirken zu vereinen bzw. deren nützliche oder schädigende Beeinflussung zweckdienlich zu verwerten. Während des Austriebes der Reben reguliere man die Haustemperatur möglichst gleichmäßig zwischen 10 und 12 Grad R., steigere diese mit zunehmender Tagestemperatur auf 20—25 Grad bei Vermeidung wesentlicher Unter schiede zwischen Tag- und Nachtwärme, da dieses auf die Entwicklung der Reben einen überaus ungünstigen Einfluß ausübt. Gespritzt wird reichlich und ebenso gelüftet. Während ersteres bei der Blüte einzustellen ist, wird letzteres um so gründlicher zu dieser Zeit durchgeführt, um ein freudiges Wachstum und einen sicheren Behang durch gründliche Befruchtung zu erzielen. In zwischen ist der Kulturboden in und vor dem Hause stets aufzulockern und bodenluftig zu unterhalten sowie nach Bedarf zu bewässern, auch kann den Stöcken während der Zeit der Beeren bildung verdünnte Jauche in reichlicher Menge zugeführt werden; diese Stickstoffgabe werden die Trauben durch vermehrte Erträgnisse reichlich lohnen. Die gefährlichste Krankhettserscheinung bei der Weinkultur ist der Mehltau (peronospora), und zwar sowohl die falsche als die echte Er scheinungsform. Während erstere ausschließlich eins Blattkrankheit harstsllt und sich hier durck: weiße, sich bald vergrößernde Fleckenbildung be merkbar macht, die eine baldige Vernichtung des ganzen Blattwuchses im Gefolge führt, tritt der echte Mehltau insbesondere an den Trauben selbst hervor^ die er mit einem mehlartigen Schleier völlig überzieht, auch nur fleckenartig befqllt, immer aber die Traube im Gebrauchswert wesent lich verringert. Die Bekämpfung des ersteren ge schieht mittels ein« bis zweiprozentiger Kupfer kalkbrühe, und zwar am wirksamsten in vor beugender Anwendung. Man spritzt mit frischer Brühe (denn alte ist so gut wie wertlos!) unbe dingt einmal vor der Blute Md gleich nach der Blüte, im übrigen aber bei aufkommender Gefahr zu jeder Zeit wiederholt. Die Bespritzung ge schieht auf Blätter und Trauben gleichmäßig; eine Beschädigung der Gescheine ist hierdurch nicht zu befürchten. Dem Mehltau der Beeren wird durch Beschwefeln bzw. Bestäubung mit feinge pulvertem Schwefel wirksam vorgebeugt. Die Ursachen dieser unliebsamen Krankheitserscheinungen liegen vorwiegend in feuchtwarmer Witterung be gründet, wobei die Blätter nicht genügend ab trocknen und dadurch in der Feuchtigkeitsan sammlung die Entwicklung des Peronospora- Pilzes außerordentlich begünstigen. Die Infektion der Trauben findet zumeist kurz vor oder nach der Blüte statt, wohingegen voll ausgereifte Beeren wenig mehltauempfindlich sind. Erhöhte Pilzgefahr besteht indessen bei den Jungtrieben, weswegen gerade diese am ausgiebigsten und wiederholt „gekupfert" werden müssen. Mit dem Eintritt trockener oder kälterer Witterung schwindet auch zumeist diese Krankheitserscheinung. — Ist der Traubenschnitt beendet, so wird mit dem kommenden Winter außer der nächstjährigen Jungrebe alles übrige Holz am Rebstocke ohne weiteres weggeschnitten und die verbleibende Tragrebe mit Schmierseife und Schwefelblüte von allen pflanzlichen Parasiten gereinigt und zum Winterschutze herunter liegend mit Matte oder Stroh eingedeckt, um mit dem kommenden Früh ling einem erneuten Kulturverfahren unterworfen zu werden, das bei reichlicher Düngung und rationeller Pflege immer wiederholt werden kann, bis sich schließlich nach einigen Jahrzehnten ein auffälliger Rückgang im Ertrage einstellen wird, der an eine gelegentliche Verjüngung der Kulturen durch Neupflanzung gemahnt. Zur Beachtung! Landwirte, stürzt soforr die Stoppeln nach der Ernte um und säet zu Gründüngungszwecken Erbsen, Wicken und Lupinen ein oder zu Grünfutterzwecken Erbsen, Wicken, Senf usw. Führt die Jauche bald aufs Feld! Namentlich während der warmen Jahreszeit soll man die Jauche, soweit sie nicht zur Feuchthaltung des Düngers notwendig ist, bald verwenden. Nach angestellten Versuchen verliert sie bei der Verdun stung ganz bedeutende Mengen ihres Stickstoff gehaltes. Es enthält im Durchschnitt: Jauche frisch 0,79 Proz. Stickstoff, 10 Proz. der Flüssig keit verdunstet 0,45 Proz. Stickstoff, 25 Proz. dec Flüssigkeit verdunstet 0,15 Proz. Stickstoff, 40 Proz. der Flüssigkeit verdunstet 0,13 Proz. Stickstoff. 85 Proz. der Flüssigkeit verdunstet 0,1 l Proz. Stickstoff, ganz verdunstet 0,08 Proz. Stickstoff. Diese Zahlen zeigen deutlich, wie nachteilig es ist, wenn man die Jauche bei Wind und Sonnen schein ausführt; am zweckmäßigsten ist es, sie in: Sommer abends auf das Feld zu bringen, dann versickert sie während der kühlen Nacht, zu welcher Zeit die Verdunstung gering ist, in den Boden. Zum Einbeizen des Saatgutes dient eine halbprozentige Kupfervitriollösung in Wasser, m