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Allgemeiner Anzeiger : 04.05.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191005049
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-04
-
Monat
1910-05
-
Jahr
1910
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 04.05.1910
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Von unä fern. Die Feier der De«tsche« M»feumS- Gesellschaft in Boston, bei der das Deutsche Reich durch den Botschafter Grasen Bernstorff vertreten ist, hat zu gegenseitigen Freundichafts- und Friedensversicherungen geführt. Der Bau herr Adolphus Busch in Saint Louis überwies dem Germanischen Museum hunderttausend Dollar, womit die Gesamtsvende eine Diertel- million beträgt. Der deutsche Botschafter Graf Bernstorff, der als Gast der glänzenden Feier der Deutschen Museumsgesellschaft in Boston beiwohnte, erklärte, die politischen Beziehungen der beiden Länder seien herzlicher als je. Der ehemalige Marinesekretär Long sagte, Deutschland habe mit seinem mächtigen Heer vierzig Jahre den Frieden gewahrt. Das sei das höchste Lob. Krostfeuer i« einer Stahlfabrik. I« Stahlwerk Ocking in Lierenfeld bei Düffeldorf brach ein Brand aus, der sich schnell über das ganze Werk verbreitete. In der Gießerei stürzte der Martinsofen ein. Das Haupt gebäude brannte völlig aus. Den angestrengten Bemühungen sämtlicher Löschzüge Düsseldorfs gelang es erst mit vieler Mühe, das Feuer zu dämpfen. X Nächtlicher Raubanfall auf einen Hoflieferanten. Ein Raubanfall auf den Hoflieferanten Albert Facomprö in Nienburg a. W. wurde während der Nachtzeit verübt. Der Täter bestieg von der Gartenseite aus das vlatte Dach eines einstöckigen Gebäudes und drang nach Zertrümmerung einer Fensterscheibe in das Schlafzimmer. Hier brachte er dem im Bette liegenden F. zahlreiche nicht unerhebliche Messerstiche in den Kopf und die Arme bei. Auf die Hilferufe des Überfallenen ergriff der Mordbube die Flucht. Die Polizei verfolgt bereits eine bestimmte Spur. Von Hannover und Bremen aus wurden Polizeihunde requi riert. Wie nachträglich bekannt wird, soll es gelungen sein, den Täter in Hagen in Hannover zu ermitteln und feftzunehmen. X Bom Blitze erschlage« wurde während eines Gewitters in Abwesenheit der Dienstherrin das 16 Jahre alte Dienstmädchen Helene Buhr in Bad Zwischenahn in Oldenburg. Der Blitz hatte daS Kopfhaar und einen Teil der Kleidung versengt. Infolge des Blitzschlages stürzte das Mädchen von der Treppe und brach dabei das Genick. Als die Dienstherrin von eiuer Be erdigung nach Hause zurückkehrte, fand sie die Unglückliche am Fuße der Treppe als Leiche auf. Vermutlich ist der Blitz durch die elek trische Hausklingel gefahren. Ein Feuerschaden wurde nicht verursacht. ' X Herrenlose Ochsen. Ein Transport von 20 Ochsen ist dieser Tage, von Thorn kommend, auf dem Bahnhofe in Sanger hausen i. Th. eingetroffen. Als der Begleiter die Ladung an den dort angeblich in einem Nachbardorfe wohnenden Adressaten abliciern wollte, stellte es sich heraus, daß ein solcher am Orte gar nicht existierte. Der Transporteur, der nun nicht wußte, was er mit den Ochsen anfangen sollte, stellte sie einstweilen im Hotel „Prinz von Preußen" in Sangerhausen ein und erbat von dem Absender telegraphisch weitere Anweisungen. Es erfolgte jedoch keine Antwort, da auch der Absender nicht zu finden ist. So blieb dem Transporteur nichts andres übrig, als der Polizei von dem rätselhaften Vorgänge Anzeige zu erstatten, da er wieder nach seiner Heimat zurückreisen wollte. Einstweilen blieben die herrenlosen Ochsen bis zur Aufklärung des Falles im Gewahrsam des genannten Hotels. Schwerer Unfall auf der Jagd. In Sigmaringen hatte der Hofmarschallsekretär Mrozek auf der Jagd vergessen, die Verschluß kapsel seiner Büchse zu sichern, sodaß der Schuß rückwärts hinausging, den unglücklichen Schützen ins Gesicht traf und ihm beide Augen blendete. Er blieb zunächst ohnmächtig liegen und kam dann nachts 2 Uhr, auf Händen und Füßen kriechend, aus dem Walde vor einem Bauern haus an, wo dem total Erschöpften die erste Hilfe ward. Später wurde er in die Universi tätsklinik nach Tübingen gebracht. Streikausschreituuge« i« Weftpr zen. Die w Marienwerder streikenden orgav Zeiten Maurer und Zimmerleute haben schwere Aus schreitungen begangen. Sie überfielen, etwa hundert Mann stark, die Nichtorganisierten Maurer und Bauarbeiter in der Nachbarstadt Neuenberg, als diese sich zur Arbeit begaben. Die Sinkenden hatten sich versteckt gehalten und fielen über die Nichtsahnenden mit Ochsen ziemern, Steinen und Knüppeln von zwei Seiten her. Fünf der Arbeitswilligen wurden bei dem sich entspinnenden Handgemenge derartig verletzt, daß sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten. Die Rädelsführer wurden verhaftet. Björnstjcruc Björnson -f. Björnstjerne Björnson, der große norwegische Dichter und Patriot, ist am 26. d. gestorben. Der große Dramatiker und Erzähler hat am 8. Dezember vorigen Jahres seinen 77. Geburtstag gefeiert. Er entstammte einer Pfarrerfamilie in Kvikne (Ostej- dalen). Nach Vollendung seiner Studien war er zwei Jahre lang Direktor des Theaters in Bergen, dann Journalist. Wie sein Freund Ibsen hat er nicht nur für sein heißgeliebtes Vaterland gewirkt und geschaffen; seine Werke haben sich in allen Literaturen ihr Heimatsrecht errungen. Besonders viel verdankt ihm das deutsche Geistesleben. Seine Bauernnovellen, seine zahlreichen Dramen aus der norwegischen Gefluchte und dem modernen Leben des Nordens, besonders aber die gewaltige Tragödie: „Uber unsre Kraft" haben Björnstjerne Björnson zu einem der größten Vertreter unsrer zeitgenössischen Kunst gemacht. Er war aber auch einer der führenden Politiker seines Heimatlandes. Die Trennung Norwegens von Schweden und die Einsetzung der,neuen Dynastie ist größtenteils sein Werk. X Bom Riesenbrand in Böhmenkirch. Der durch die Brandkatastrovhe in Böhmenkirch in Württemberg verursachte Schaden ist jetzt im einzelnen festgestellt worden. Danach beziffert sich der Gebäudeschaden auf 265 000 Mk. und der Mobiliarschaden auf 237 000 Mk. Nach der Schätzung der Sachverständigen erfordert der Wiederaufbau der eingeäscherten Gebäude die Summe von etwa 500 000 Mk. — Der Ur heber des Brandes, ein noch nicht sechsjähriger Knabe, wurde einer Erziehungsanstalt über wiesen; sein vor einiger Zeit wegen Fahrlässig keit in Haft genommener Vater ist wieder auf freien Fuß geletzt worden. Eine englische Wahlrede in Ungarn. In der slowakischen Ortschaft Zalopce (Ungarn) wollte der Kandidat der Nationalpartei, Baron Ludwig Levay, seine Kandidatenrede halten und in ungarischer Sprache sprechen. Da erhob sich ein Bauer und bat den Kandidaten, er möchte sein Programm in englischer Sprache entwickeln, damit er von den Wählern, die nicht ungarisch verständen, verstanden werde. Baron Levay sprach darauf etwa eine halbe Stunde lang Englisch. Am Schluß seiner Rede erhob sich wieder ein Bauer und dankte ihm in englischer Sprache dafür, daß er dem Wunsche der Wähler entsprochen habe. Es stellte sich in dem daraus folgenden privaten Gespräch zwischen dem Baron und den Bauern heraus, daß 80 Prozent der Bevölkerung aus Amerika zurückgekehrte Aus- Wanderer sind, die dort die englische Sprache erlernt haben. Neue Fälle von Genickstarre in Frank reich. Die Genickstarre beim 124. Infanterie- Regiment in Laval greift nach einer Meldung dec ,Voss. Ztg/ weiter um sich. Von den untersuchenden Ärzten wurden 100 Soldaten gefunden, die Anzeichen der Krankheit aufwiesen. Bisher sind im ganzen 177 erkrankte In fanteristen dem Lazarett überwiesen und isoliert worden. Ein Soldat der 9. Kompanie ist der Krankheit zum Opfer gefallen. In drei Tagen waren sieben Todesfälle zu verzeichnen. Die Erregung unter der Bevölkerung Lavals ist groß. Man fürchtet, daß die Epidemie auch auf die Einwohner übergreifen wird. Eine Flaschenpost vom „Prins Willem H", dem holländischen Dampfer, der seit längerer Zeit verschollen ist, wurde jetzt ausgefunden. An den nördlichen Strand der holländischen Insel Texel wurde eine Flasche angewült, die nachfolgende, mit Bleistift ge- schnebene Botschaft enthielt: „Gott helfe, wir gehen unter. An Bord Dampfer „Prins Willem II A. v. L." Die Namenszüge waren jene des zweiten Stewards A. van Leiden. Dies ist das letzte Lebenszeichen, das man von dem unglücklichen Vostdampfer vernommen hat, und ein Zufall fügte es, daß es gerade die holländische Küste erreichte. Eine chinefische Militärmisfion unter Führung des Prinzen Tsai'au, die die Ver. Staaten und Europa zu bereisen gedenkt, ist in Washington eingetroffen. Der Prinz, in dessen Begleitung sich zehn Offiziere befinden, wird am 5. Mai nach England fahren. — Da die Bergung des bei Weilburg ver unglückten Zeppelin-Ballons beendet ist und man mit der Fortschaffung der Trümmer be gonnen hat, ist Major Neumann mit den übrigen Offizieren wieder in Köln eingetroffen. Neumann erklärte einem Mitarbeiter des,Berl. Lok. Anz/, daß die Lustschiffmanöver in Köln beendet seien, er würde indessen mit einem Wachkommando vorläufig noch in Köln bleiben. Die Luftschiffmanöver hätten den an sie ge stellten Erwartungen vollauf entsprochen; es wurde eine ganze Anzahl Mannschaften aus gebildet, die demnächst mit der Führung von Lenkballons betraut werden. — Der Flug des Franzosen Paulhan von London nach Manchester ist eine Meisterleistung, die in der ganzen Welt Aufsehen erregt hat. Der kühne Franzose legte die 296 Kilometer lange Strecke mit einer Unterbrechung zurück. Den letzten Teil der Reise (117 engl. Meilen), nahezu 200 Kilometer fuhr er in 2 Stunden 39 Minuten. Der kühne Flugtechniker gewann damit den Preis von 200 000 Mark, den die Londoner ,Daily Mail' ausgesetzt hatte. — Als der Lenkballon „Belgien" nach einer Fahrt über Brüssel in seine Halle zurückgebracht werden sollte, ließen die Bedienungsmannschaften die Seile los. Der Ballon stieg wieder in die Höhe, vier Personen mit sich führend, landete aber nach kurzer Zeit glücklich in einem Nach barort. . Gericktskatte. X Altona. Ein Honigverfälschungsprozeß ist nach dreitägiger Dauer vor der Strafkammer zu Ende geführt worden. Die Anklage richtete sich gegen den Kaufmann Friedrichs Hennigs in Altona und FlenSburg und den Kaufmann Adolf Krumlehn in Alt-Rahlstedt. Beide waren beschuldigt, in den letzten sünf Jahren in zahl reichen Städten des Inlandes teils gemein- schafrlich, teils jeder für sich, fortgesetzt wissent lich Honig verfälscht und ihre Abnehmer dadurch geschädigt zu haben, daß sie enorme Quanti- tälen Kunsthonig als Naturhonig weiter ver kauften. Die Angeklagten wiesen jede Schuld entschieden von sich. Der fragliche Honig sei sogenannter Valparaüohonig 2. Qualität ge ¬ wesen, und daß dieser Honig künstlich hergestellt werde, sei in HSndlerkreisen offenes Geheimnis. Schließlich habe aber der Honig zum Teil doch auS Naturhonig bestanden, de« man nur noch Invertzucker zugesetzt habe. — Der Staats anwalt beantragte gegen die Angeklagten Ge fängnisstrafen von neun bezw. vier Monaten. Das Gericht erkannte gegen H. auf eine Geld strafe von 1500 Mk. evtl. 150 Tage Geiänanis, gegen K. auf 500 Mk. Geldstrafe evtl. 50 Lage Gefängnis. Luzern. Das Obergericht hat das Todes urteil gegen den vierfachen Mörder Muff be stätigt. Der Verurteilte lehnte es ab, ein Be gnadigungsgesuch einzureichen. Die Hinrichtung wird m den nächsten Tagen stattfinden. K berliner Junior vor Gericht. Verspätete Freier. „Wenn zwee junge Leute in een und detselbe Mächen verliebt sind, denn iS eener zu Ville uff der Wett, und eener von beede muß sich umbringen oder sie müssen sich duellieren. Det i« so klar wie Kloßbrühe. Eene von diese beeben Möjlichkeeten hab' ick damals ooch meinem Mitanjeckachten Thomas vorjeichlagen," io erzählte der Angeklagte Weidner, nachdem der Vorsitzende des Schöffengerichts ihn ausgefordert hatte, sich zu der zur Verhandlung stehenden Sache zu äußern. Vors.: Sie sollen beide ein Fräulein Anna K., die Tochter eines Gastwirts, geliebt haben. Wen von Ihnen beiden hat denn nun das junge Mädchen bevorzugt? — Angekl. Weidner: Darum handelt sich's ja jerade. Det is nich mit drei Worte zu er zählen. Wir verkehrten beede in det Lokal und wurden beede, wahrscheinlich aus Rücksicht nff't Jeschäft, mit die jlenhe Liebenswürdigkeet behandelt. Eenet Sonntachs aber kam et zum Klappen. Ick hatte Rosen jckooft und wollt' ie jerade Fräulein Anna mit eene kavalleriemäßige Berbeujung überreichen, da seh' ick zu meinen Nrjer, det Thouias sich an ihr ranschlängelt und ihr een rot injebundenct Buch überjibt, Heines Buch der Sieder sollst jewesen sind. Nach kurzem Kampf, ob ick mir erstechen oder mir uffhängen sollte, knöpf' ick mir Thomas'n vor und sage: „Hör'n Se mal, »ie könn' Se det Fräulein Anna Jeschenkc machen, Sie liebt mir doch!" -- „Da sind Sie aber schief je- wickelt," nieent er, „Sie haben doch eben jesehn, mit wat for eenen Blick se det Buch von »ir anjenommen hat. Da is keen Zweifel möjlich, sie siebt mir!" — „Denn muß eener von uns beede sterben," sage ick, „wir müssen uns duellieren." — „Quatschen Se keene Opern nich," meent Thomas, „wenn Sie't bezweifeln, det's so is, wie ick sage, denn stagen wir uff der Stelle bet Mächen selber." — Be vor ick noch abwehren konnte, hatte er ihr ranjerustn un frachte ihr, wen von uns beede sie den Vorzuch jeden würde. — „Aber meine Herren I" sachte sie, „wenn ick jewußt hätte, det Sie die Sache so uffassen, denn hätte ick Ihnen doch schon lange uffjeklärt.. Et sollte ja eijentlich noch Jeheimnis bleiben, aber nu kann ick's Ihnen ja fachen: Nächstens werde ick mir mit Herrn Blum verloben, in een haibet Jahr soll die Hoheit sind." Wat sich nachher abjesvielt hat, »eeß ick nich mehr; ick erinnere mir bloß noch, det ick abends furchtbar benebelt nach Hause gekommen bin. — Vors.: Kläger Blum, wie sind Sie denn eigentlich mit in die Sache verwickelt worden? — Kläger: Die beeden abjeblitzten Freier harten die Frechheet, mir zur Rede zu stellen. „Hör n Se mal," sachte der eene, „ick bezweifle, det Sie der jeeijnete Mann für Fräulein Anna sind. Ick jloobe nich, det se mit Sie jlücklich wird." — „Nee," meente der andre, „det jlob' ick ooch nich. Ick hätte über haupt det Mächen eenen bessern Jefchmack zujetraut. Unjooblich, wo die Liebe manchmal hinsällt. . ." Natürlich kamst da zum Krach. Uff die Aussällijkeeten, die sc sich haben zuschulden kommen lassen, habe ick die Klage anjestrcngt. übrijenS habe ick eene Erklärung abzujcben: Meine Braut hat mir jebeten, die Klage zurückzuziehen, da det damals doch bloß Neid von die beeden war. Wenn se de Kosten be» ßahlen, denn bin ick zu den Verjleich bereit. — Aus den Nat des Vorsitzenden beeilten sich die beiden Angeklagten, die vom Kläger gestellte Bedingung «n» zunehmen und dem Vergleich zuzustimmcn. Kuntes Allerlei. ä Standfest. Ein Droschkenkutscher war in ein Restaurant gegangen und hatte einen Jungen beauftragt, auf das Pferd acht zu haben. Es dauerte nicht lange, da steckte der Junge den Kopf zur Tür herein und sagte: „He, Kutscher, Ihr Pferd ist umgefallen!" — „Dummer Bengel!" schrie wütend der ge störte Rosselenter, „du hast dich gewiß dagegen gelehnt." Hs- """ °°""" „Und Sie wissen nicht, wo Herr von Palm wohnt?" „Nein!" „Für heute weiß ich genug!" sagte Breiten feld. „Aber ich komme in einigen Tagen wieder! Richten Sie sich darauf ein, mir di« volle Wahrheit zu sagen." Die kleinen grauen Augen des Geldverleihers flackerten in unruhigem Feuer. „Ich werde der Behörde jede Auskunft geben, die ich geben kann. * * * Als der Detektiv daS Zimmer verlassen hatte, rieb sich der Geldverleiher mit höhnischem Grinsen die Hände. Breitenfeld aber murmelte: „Ich kenne euch, euch allesamt. Diesmal irre ich mich nicht. Morgen gehe ich auf die Suche nach dem zweiten Brillanten. Von dem Tage an, da sich Baumgart mit Herrn von Palm und dem Samuel Wolff einlietz, begann sein Weg auf schiefer Bahn." « Dem angestrengtesten Spürsinn Breiten felds war es nicht gelungen, den Mann zu ermitteln, der auf so geheimnisvolle Weise wenige Tage vor der Ermordung des Henn Klinger die Türen geölt hatte. Nichts desto- wemger war er immer sicherer in der Über zeugung geworden, daß das die Vorbereitung zu dem Verbrechen gewesen sei, gleichviel, ob nu» Baumgart oder ein andrer der Täter war. Die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen ent- mutiate ihn keineswegs, obwohl schon drei Wochen ins Land gegangen waren. Er hatte die Gewißheit, auf dem rechten Wege zu sein, und sie gab ihm Kraft, das ungeheuer schwierige Werk fortzusetzen. Drei Wochen waren ins Land gegangen und er hatte nichts ermittelt, als daß ein junger Mann in Arbeiterkleidung mit blondem Schnurr bart, auf einem Bein ein wenig lahmend, gegen sechs Uhr abends Klingers Tür geölt hatte und — daß Herr von Palm Baumgart mit Samuel Wolff bekannt gemacht hatte. Breitenfeld ging mit seinem Gedanken be- schäftigt durch die Breite Straße, als er plötzlich seinen Namen rufen hörte. Als er aufblickte, sah er sich dem Untersuchungsrichter gegenüber. „Na," scherzte der Rat, „sind Sie immer noch der Meinung, daß Baumgart unschuldig und das Opfer einer Reihe von unglücklichen Zufällen ist?" „Heute mehr denn je," antwortete der Detektiv. „So, haben Sie eine Spur gefunden?" . „Ja," entgegnete Breitenfeld kurz. Der Untersuchungsrichter blickte ihn un gläubig an. „Nun, und?" „Heute kann ich Ihnen darüber noch nichts Näheres mitteilen. Ich bitte Sie aber, mir in einigen Tagen eine Unterredung gewähren zu wollen." Der Untersuchungsrichter war ernst geworden. Sollte der Detektiv, dessen Scharfsinn zuerst darauf gekommen war, daß Klinger durch das Schlüsselloch erschossen worden war, wirklich auf einer neuen Fährte sein? Der Rat sprach jetzt in einem andern Ton fall wie bisher. Seine Worte klangen beinahe vertraulich, als er sagte: „Sie werden mich immer bereit finden." Er reichte dem Detektiv sogar die Hand, als er sich verabschiedete, und während er einen Wagen bestieg, schlug Breitenfeld eine Seiten- straße ein, die zu dem Hause Samuel Wolffs führte. Er fand den Alten in großer Aus- regung. „Was gibt's?" fragte er interessiert nach kurzer Begrüßung. „Kein Geld gibt's," platzte Samuel heraus. „Nachdem ich eben an Herrn Baumgart soviel Geld verloren habe, droht mir noch ein weit größerer Verlust." „Durch wen denn jetzt?" fragte Breitenfeld. „Durch Herrn Marbach. Immer hat er mich gebeten, ich soll schweigen und schweigen und warten, bis er sich verlobe mit der reichen Tochter vom Kommerzienrat Heckmann oder bis der Herr Klinger - bezahlt. Und nun ist die Verlobung zurückgegangen und der Bankier des Herrn Klinger weigert sich, zu zahlen." „Wie kann er Zahlung verweigern, da doch, soviel ich weiß, das Vermögen Marbachs sich unter dem Nachlaß Klingers befand?" „Ja, wie kann er Zahlung verweigern, so frage ich auch." In diesem Augenblick wurde die Schelle ge zogen und der alte Schreiber meldete — Herrn Baron von Palm." Ein unwillkürlicher Ausruf des Erstaunens entfuhr Breüenfeld. Der alte Samuel aber wollte mit allen Zeichen des Entsetzens hinaus eilen. Doch mit eisernem Griff hatte ihn Breitenfeld gepackt, sodaß sich der Alte nicht von der Stelle rühren konnte. Mit einem schweren Seufzer ließ er sich in einen Sessel fallen. Im nächsten Augenblick irat ein junger Mann über die schwelle und Breitenfeld iraute seinen Augen kaum — er trug einen blonden Schnurr- bart und ließ das linke Bein ein wenig nach- schleifen. Breitenfeld konnte seine Erregung kaum bemeistern. Hier also stand er dem Manne gegenüber, den er leit Wochen unaus gesetzt suchte. Er fühlte wohl, daß er den , elegant auftretenden Mann keinen Augenblick mit dem alten Samuel allein lassen durfte, sollte nicht alles verdorben werden. Wenn der rätselhafte Ä?ord in der Villa Klinger über haupt zu erklären war, so besaß dieser Mann den Schlüssel zu dem Geheimnis. Und daß der alte Samuel zu irgend einer unerlaubten Ver bindung mit dem Ankömmling stand, mußte jedem auffallen, der jetzt ihre Verlegenheit be obachten konnte. Herr von Palm blieb an dem Tische stehen und es kostete ihm offenbar einige Überwindung, als er endlich jagte: „Ich hätte gerne mir Ihnen ein paar Worte allein gesprochen, Samuel." Der aber warf einen furchtsamen Blick aus Breitenfeld und las in dessen Augen nichts Gutes. „Ich bin leider sehr beschäftigt," jag» er, „rin unaufschiebbares Geschäft mit diesem Herrn," damit deutete er aus Breitenfeld. «-L U iLorlsttzUUg loigl.)
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