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Allgemeiner Anzeiger : 23.04.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191004231
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19100423
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19100423
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-23
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 23.04.1910
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Zöllen wir uns mit Frankreich verständigen? kL Es ist in der letzten Zeit wieder viel von einer Verständigung mit Frankreich die Rede, und regelmäßig pflegen in solchen Zeit abschnitten bei beiden Nationen die Meinungen der bejahenden und der verneinenden Kreise hart aufeinander zu stoßen. Die Annäherungsver suche pflegten bisher lediglich von Deutschland auszugehen und sie haben jenseits der Vogesen keinen Widerhall gefunden. Das französische Gemüt erzittert heute noch in der Erinnerung an den vor 40 Jahren von Deutschland er haltenen Schlag, als ob dieser gestern erlitten worden sei, und ma« kann nlcht vergesse«. Groß war der Sieg Deutschlands; größer die Unfähigkeit Frankreichs, die Niederlage zu ver gessen. Nie hat ein Volk so lange am Schmerze über verlorene Schlachten gezehrt, d. h. am Schmerze über geschmälerten Ruhm, nicht über Nrovinzen, die dem früheren Eigen tümer zurückgegeben wurden. Das fortgesetzt vernehmliche Seufzen über verlorene Gebiets teile verbürgt nur schlecht den tödlich gekränkten Ehrgeiz, der sich auch dann nicht erholen würde, wenn ein nachbismärckischer Staatsmann und das deutsche Volk sich entschließen wollten, ohne den Zwang eines unglücklichen Krieges die ge wonnenen Provinzen wieder herauszugeben. Sicher ist, daß Deutschland, England und die Ver. Staaten, deren Bürger nicht weniger tüchtig sind, als die Frankreichs, sich längst über einen vor 40 Jahren verlorenen, selbst verschuldeten Krieg mit ihrer Eigenliebe abge funden hätten. Der Franzose hält an der Legende fest, daß seinem Lande der Krieg durch die Kunst Bismarcks aufgedrungen wurde, was aber die Tatsache nicht ändert, daß es ausschließlich Frankreich bis zum Augenblick der von ihm ausgegangeneu Kriegserklärung überlassen war, Frieden zu be wahren oder Krieg zu eröffnen. Und es darf nicht übersehen werden, Frankreich wurden im Frieden zu Frankfurt keine unmöglichen Bedingungen aufgezwungen; der siebziger Krieg hat es nicht in seinem Lebensnerv getroffen, und seitdem wurde es von Deutschland nicht in seiner Existenz bedroht. Trotzdem hält es an dem Plan einer an Deutschland zu übenden Revanche unentwegt fest und schloß deshalb das un natürliche und kostspielige Bündnis mit Ruß land und das Übereinkommen mit England. Leider ist eine Änderung dieser Gefühlspolitik nicht zu erwarten, aber es ist eines jeden Smales und einer jeden Regierung würdig, mit einem Nachbarstaat die Handelsbeziehungen nach Kräften zu bessern, weil sich gerade durch eine engere Verbindung auf dem Gebiete des Handels die politische Annäherung leichter und meist von selbst vollzieht. Darum ist es auch voll zu billigen, wenn auf deutscher Seite nichts unterlassen wird, wenn es gilt, Handelskreiien und deren Verbindungen behilslich zu sein, den Verkehr mit Frankreich auszubauen. Daß manchen Leuten diese Bestrebungen der deutschen Regierung zu weit gehen, ist deshalb höchst bedauerlich, weil noch kein Staat seine Größe auf die Dauer wahren konnte, wenn er mit dem Nachbar über „korrekte Verbindungen" nicht hinauskam. Anders ist es auf dem Ge biete der Politik. Dem Sieger von 1870 steht das Recht zu, den Sieg nichr eher zu vergessen, als Frankreich seine Niederlage. Ein kommendes Geschlecht wird, so darf man hoffen, über die inzwischen vervollkommneten Handelsbeziehungen hinweg den Weg zur Verständigung auf poli tischem Gebiete ganz allein finden, ohne daß einer der beiden Staaten dabei auch nur den Schein einer Demütigung erleiden müßte. Politische Kunölckau. Deutschland. X Im Laufe des Monats August gedenkt Kaiser Wilhelm während des Aufenthalts der kaiserlichen Familie auf Schloß Wilhelms höhe bei Kassel in Mainz einzutreffen, um in Gegenwart des Großhsrzogs von Hessen auf dem dortigen „Großen Sande" einer Truppen schau beizuwohnen. * Der russische Minister des Äußern, Iswolski, wird demnächst in Berlin von Kaiser Wilhelm in Audienz empfangen werden. * Reichskanzler v. Bethmann - Holl weg hat den Vorsitz im Ehrenausschuß für die Ostmarkenausstellung in Posen 1911 über nommen. *Det Bundesrat hat dem Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Kolonial- und Konsulargerichts- Hofes die Zustimmung erteilt. *Die Reichstagsersatzwahl für den verstorbenen Dr. Hermes (forischr. Vp.) im Wahlkreise Jauer-Bolkenhain-Landes- hut ist auf den 1. Juni festgesetzt worden. *Die Wahlrechtskommission des Preuß. Herrenhauses hat die erste Lesung der Wahlrechtsvorlage nach dem Ent wurf des Abgeordnetenhauses beendet. Die Vorlage ist nur insofern verändert worden, als das Herrenhaus die Zulassung größerer Dritte- lungSbezirke und die Abschaffung der von der Regierung vorgeschlagenen Vorrechte der Bildung und Erfahrung beschloß. Der Entwurf wurde bei der Gesamtabstimmung in der ersten Lesung nur mit knapper Not — zehn Stimmen zu neun — angenommen. Man sieht also, daß das Schicksal der Vorlage noch keineswegs ent schieden ist. * Soweit bisher zu übersehen ist, find nicht alle Arbeitgeber im Baugewerbe dem Beschlusse, ihre Arbeiter auszusperren, beigetreten. So haben z. Beispiel in Liegnitz von 41 nur 13 Arbeitgeber ausgesperrt. Ähn liches wird aus vielen andern, besonders süd deutschen Städten berichtet. Es gewinnt immer mehr den Anschein, als ob die Krise noch durch ein Abkommen beigelegt wird, ehe sie schwere wirtschaftliche Schäden hervorgerufen hat. Osterreich-Ungar». *Der österreichische Budgetaus schuß beschloß mit knapper Mehrheit, die Re gierung zu ermächtigen, zur Deckung der außer ordentlichen Militärausgaben eine Anleihe von 220 Millionen statt der von der Re gierung beantragten 182 Millionen aufzunehmsn. Daß ein Budgetausschuß mehr bewilligt, als die Regierung für Heereszwecke verlangt, dürfte ein seltener Fall in der Parlamentsgeschichte sein. *Das Komitee für die Errichtung eines deutsch-österreichischen Bündnis denkmals, das sich im vorigen Jahre un mittelbar nach der Beseitigung der serbischen Krise in Wien gebildet hatte, ist jetzt aufgelöst worden. Der Denkmalsplan dürfte somit als gescheitert zu betrachten sein. Die Begeisterung der in Betracht kommenden österreichischen Kreise für den hilfsbereiten Bundesgenossen hat also knapp ein Jahr gedauert. Frankreich. *An unterrichteter Stelle in Paris wird die Meldung bestätigt, daß Präsident Falliöres im Laufe des Jahres 1911 einen Besuch in Rom machen wird. Die Entscheidung in diesem Sinne soll bereits seit einigen Monaten getroffen sein. *Die Frage der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird im September d. Vertreter aller Nationen in Paris zu einem Kongreß vereinen. Man kann diesen Beratungen nur von ganzem Herzen einen vollen Erfolg wünschen, denn im wirtschaftlichen Leben der Völker nimmt diese Frage den ersten Platz ein. * Die im Laufe des Souimers stattfindenden großen französischen Flottenmanö ver sollen den Charakter wahrer Kriegs- Übungen erhalten. Sie werden wahrschein lich das Mittelmeer zum Schauplatz haben. Es heißt, der Marineminister, Vizeadmiral Bous de Lapeyröre, werde den Manövern an Bord eines daran beteiligten Schiffes beiwohnen. England. * Die atlantische und die Heimats- f l o t t e find, 100 Kriegsschiffe stark, von Dover aus in die 'Nordsee abgedampft, um dort bis 28. April Übungen vorzunehmen. BalkanMate». * Die türkische Deputierten- kammer beschloß, die Dauer des Dienstes im Heere auf 25 Jahre festzusetzen, wovon drei Jahre bei der Fahne abzuleisten sind. Die Dienstzett bei der Marine wurde auf 18 Jahre festgesetzt. Asten. * Die Unruhen in Mittel-China, denen mehrere Europäer zum Opfer gefallen sind, und bei denen verschiedene Baulichkeiten der Fremden zerstört wurden, hat die englische Regierung veranlaßt, zwei Kanonenboote in oen Jangtsekiang (der das Unruhegebiet durchfließt) zu entsenden. Die chinesische Regierung hofft noch immer, die Ruhe wiederherstellen zu können. Der Grund der allgemeinen Erbitterung liegt in den hohen Reispreisen, die durch euro päische Händler in dis Höhe geschraubt worden sind. Hus äem Keicbslage. Der Reichstag begann am Montag die erste Lesung der Neichsversicherungsordnung. Staats sekretär Delbrück war durch Krankheit verhindert, die Beratung einzuletten. Abg. Spahn (Zentr.) erklärte es für wünschenswert, die Vorlage noch vor dem 1. Januar 191t zu verabschieden. Den Arbeitern durch die Halbierung der Krankenkassenbei träge die Stellung des Vorsitzenden zu nehmen, halte er nicht für angängig, zumal da Mißstände nicht aufgetreten seien. Die Hinterbliebenenversicherung sollte rückwirkende Kraft erhalten. Abg. Schickert (kons.) würde, falls die Eigenart der ländlichen Be völkerung Berücksichtigung finde, einer Ausdehnung der Krankenversicherung auf die Landwirtschaft nicht widersprechen. Die Landkrankenkassen dürften aber nicht in die Schablone der andern eingezwängt werden. Abg. Horn-Reuß (nat-lib.) erklärte sich mit der Ausdehnung der Versicherung auf ländliche Arbeiter einverstanden. Abg. Mugdan (fortschr. Vp.) kann den Landkrankenkassen auf keinen Fall zustimmen, da sie die ländlichen Arbeiter zu Arbeitern zweiter Klasse machen. Abg. Molkenbuhr ssoz) meinte, die Versicherungsgrenze von 2000 Mark Höchsteinkommen sei für unsre heutigen Verhältnisse viel zu niedrig bemessen, wie der Entwurf überhaupt nur Verschlechterungen enthalte. Am 19. d. wird die 1. Lesung der Reichs- versicherungsordnung fortgesetzt. Abg. Frhr. v. Gamp (freik.): Der Abg. Molkenbuhr hat gestern wieder unsre ganze Sozial gesetzgebung heruntergerissen. Aber wenn noch dieser Entwurf hier durchgeführt wird, so kommen wir in ein paar Jahren dahin, daß für diese Zwecke pro Jahr 1000 Millionen, also pro Tag 3 Millionen ausgegeben werden. Wenn Herr Molkenbuhr da schon unsre Gesetzgebung als rückständig bezeichnet, wie will er dann erst über die englische Gesetzgebung urteilen! Der Entwurf will verschiedene Arten von Versicherungsämtern schaffen, um die Gemeinde behörden zu entlasten. Die Kommission wird da viel zu tun bekommen. Die Organisation der Kranken- und Unfallversicherung wird in der Haupt sache aufrecht erhalten. Aber es werden auch da zu viel Instanzen geschaffen, immer eine Instanz über die andre gesetzt. Mit der Drangsalierung der Betriebskrankenkassen sind wir in keiner Weise einverstanden. Wir sind doch bisher mit dem, was die Betriebskaffen leisteten, sehr gut ausgekommen. Daß die Grund sätze für Verteilung der Lasten bei den Krankenkassen geändert, die Bettragspflicht zwischen Unternehmern und Arbeitern halbiert wird, das halten wir nicht nur für rätlich, sondern für dringend nötig. Denn auch die von Herrn Mugdan beklagte Abhängigkeit der Arzte von den Kaffenvorständen ist nur verschuldet durch den Umstand, daß durch die bisherige Lasten» und Rechte-Verteilung zwischen Arbeitern und Unter nehmern der sozialdemokratische Terror in den Orts kassen ermöglicht wird. Die scharfe Kritik, die die Herren links an der Invalidenversicherung geübt haben, kann ich nicht teilen. Die Herren haben ganz übersehen, daß der Entwurf ja denen, die höher versichert sein wollen, freiwillige Zusatzbeiträge ge stattet. Zum Schluß betone ich noch die Not wendigkeit einer Vereinfachung der geplanten Ver sicherung. Direktor Caspar vom Reichsamt des Innern: Der Herr Staatssekretär bedauert, auch heute noch nicht hier sein zu können. Die Debatte hat doch in manchen Punkten eine erfreuliche Übereinstimmung mit der Vorlage ergeben. Und über andre, die bemängelt wurden, wird sich hoffentlich eine Einigung erzielen lassen. Herr Spahn fragte an, wie eS mit der Pcnsionsverficherung der Angestellte« stehe. Ich hoffe, daß der Entwurf im Herbst dem Hause zugehen kann. Die Rückwirkung der Relikten versicherung bis zum 1. Januar 1910 würde die ganzen finanziellen Grundlagen Ler Hinterbliebenen versicherung ins Wanken bringen. Wollte man ferner dem Vorschläge des Herrn Mugdan gemäß nur ganz große zentralisierte Krankenkassen zulassen, so würde darunter erstens die Selbstverwaltung leiden und die Garantien würden fehlen für einen geordneten Gang der Geschäfte. Herr Molkenbuhr hat es bemängelt, daß man zwar für die betriebs technischen Beamten bei der Invalidenversicherung urd Unfallversicherung die Höchstgrenze für die Ver sickerung auf 3000 Mark bemessen, aber es bei der Krankenversicherung bei 2000 belassen hat. Aber eine Erhöhung auch da auf 3000 Mark würde für die Arzte ein Gegenstand größter Sorge sein. An dem Nebeneinanderbestehen von Kaffenarztsystem und freiwilliger Arztwahl muß die Regierung festhalten. Abg. Kulerski (Pole): Im allgemeinen haben wir diesen Entwurf nicht mit besonderer Be friedigung ausgenommen. Er enthält ja einige Fortschritte. Aber diese wiegen die reaktionären Bestimmungen des Entwurfs nicht auf. Die Selbst verwaltung wird zu sehr beschnitten zugunsten bureau- kratischer Vorschriften. Für die freie Arztwahl können wir uns unmöglich entscheiden. Abg. Behrens (wirtsch. Vgg.): Es hat stet» gebeißen, die Industrie könne größere sozial« Be last unaen nicht mehr ertragen. Trotzdem will sie jetzt 56 Mill. Mk. mehr auf sich nehmen, indem sie dem zustimmt, daß die Krankenversicherungsbeiträge zwischen Unternehmern und Arbeitern halbiert wer den. Allerdings wollen sie dafür auch mehr Rechte in den Krankenkassen. Das ist ihnen 56 Millionen wert. Gerade das ist aber auch den Arbeitern 56 Millionen wert. Ran braucht sich also nicht zu wundern, wenn die Arbeiter sich gegen diese Änderung wehren. Die Reform darf die Selbstverwaltung nicht antasten und nicht bureau- kratisch sein. Mit der Ausdehnung der Versicherung sind wir einverstanden. Zu wünschen ist eine größere Zentralisation der Krankenkassen. Ich selbst bin gegen eine „Halbierung" der Kassenbetträge. Der größere Teil meiner politischen Freude trägt aber Bedenken, die Halbierung abzulehnen wegen der politischen Mißbräuche, die von den Sozialdemokraten mit den Kaffen getrieben worden find. Der Rege lung der Arztefrage, wie der Entwurf sie Vorsicht, können wir nicht zustimmen. Abg. Gräfe (Reformp.): Wir sind mit der Vorlage in ihrer jetzigen Gestalt nicht einverstanden. Es geht nicht an, den Unternehmern durch die Hal bierung der Beiträge 60 Mill. Mk. an neuen Lasten aufzuerlegen. Abg. Becker-Arnsberg (Ztr.): Wo bleibt nur der Reichskanzler bei diesem wichtigen Gesetz? Auf dem Handelstag ist er erschienen und der Reichstag ist doch eine mindestens ebenso wichtige Körperschaft. Erst von der Gestaltung der Versicherungsämter in der Kommission wird es abhängen, ob wir ihnen zustimmen. Abg. Pauli- Potsdam (kons.): Ich freue mich, daß die Vorlage in einer so klaren und deutlichen Sprache abgefaßt ist. Der einheitliche Unterbau der Vorlage ist anzuerkennen. Aber wir haben doch Bedenken gegen die Versicherungsämter. Es muß eingehend geprüft werden, ob wir einen so groß artigen Unterbau haben müssen. Der Ausdehnung der Versicherungspflicht auf Land- und Hausarbetter stimmen wir zu. Die Existenz der Betriebskranken kassen wird in Frage gestellt. Und doch haben die Kaffen bester gearbeitet, als die Ortskrankenkassen. Man sollte sie deshalb fördern. Die Halbierung der Beiträge erregt in Handwerkerkreisen schwere Bedenken. Die Handwerker find von einer wesent lichen Verbesserung ihres Einflusses auf die Kranken kassen nicht überzeugt. Man legt einer einzigen Kaste eine so große Last auf, obwohl sie davon gar keinen Nutzen hat. Tie Invaliden- und Alters versicherung bringt auch erhöhte Sätze. Die für die Hinterbliebenen-Versicherung zur Verfügung stehen den Mittel werden kaum ausreichen. Auch wird neue Belastung der Arbeitgeber nötig sein. Belastung und wieder Belastung. Wir haben die sozialpolitischen Lasten bisher getragen und haben sie nicht auf den Preis der Ware ge worfen. Künftig müssen wir das tun und dann fragt sich, wie es mit unsrer Konkurrenzfähigkeit im Auslande aussehen wird. Abg. Arning (nat.-lib.): Apotheker, Zahnärzte und Arzte werden von dem Gesetz nicht unerheblich in Mitleidenschaft gezogen. Zu ihren Gunsten wird in der Kommission manche Bestimmung geändert werden müssen. Ministerialdirektor Caspar: Die Kassen dürfen den Forderungen der Arzte nicht ohne weiteresaus geliefert werden. Darum haben wir beide Systeme gleichberechtigt nebeneinandergcslelll. Das Haus vertag; sich. K Auf der Bahn der verbrechens. 8j Detektivroman von Max Arendt-Denart. (Fortsetzung.) „Aber ich bitte Sie, was soll ich machen?" fragte Samuel Wolff. „Warten Sie noch, bis die Klage ent schieden ist!" beschwichtigte ihn Marbach. „Und wenn Sie dann das Geld erhalten, wo bleibe ich?" „Sobald ich die Summe ausbezahlt erhalle, bezahle ich Ihnen meine Schuld." „Die Entscheidung kann lange dauern." „Sie wissen aber, daß ich lm Begriff stehe, mich mit einer sehr wohlhabenden Dame zu ver loben." „Verlobt ist nicht verheiratet!" „Wenn Sie mich nicht drängen, und noch ein paar Wochen nur schweigen, dann bin ich ein gemachter Mann." Samuel sann einen Augenblick nach. „Können Sie mir eine Sicherheit bieten," sagte er endlich, „daß Sie im Testament des Herrn Klinger wirklich 1b 000 Mark ausgesetzt erhallen haben?" „Natürlich," entgegnete Marbach. Er ent nahm seiner Brieftasche eine beglaubigte Ab schrift des Testamentes und reichte sie dem Geld- serleiher, der sie lange prüfte. „Gut," sagte er, „ich werde noch warten." Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung verließ Marbach das Haus. Als er gegangen war, murmelte der alle Samuel vor sich hin: „Der Herr Klinger war kein guter Geschäfts- mann — nein das war er nicht." Marbach machte sich auf den Weg zu einer Abendgesellschaft im Hause des Kommerzienrates Heckmann, mit dessen jüngster Tochter er sich demnächst zu verloben gedachte. „Das Testa ment werde ich ihm zeigen, daß alle seine Be sorgnisse unbegründet sind," murmelte er, als er die festlich erleuchtete Treppe der Heckmann- schen Villa Hinaufstieg. Hermann Klinger saß in dem Hause, in dem sein Vater so lange Jahre gewohnt hatte. Wehe Gedanken zogen durch seinen Kopf. Es war ihm leid geworden, daß er den Neffen der Frau Kruse mit seinen Ansprüchen unter Bezugnahme auf das Testament abgewiesen hatte. Schließ lich hatte er keinen Grund, als Erzieher des er wachsenen Menschen Wetter zu wirken. Mit solchen Gedanken beschäftigt, war er sichtlich er freut, als er Marbach bei sich eintreten sah. „Ich komme noch einmal," sagte der junge Mann. Aber Hermann unterbrach ihn. „Ich habe mir die Sache überlegt. Ich werde Ihnen das Geld sobald als möglich zur Verfügung stellen." Emil Marbach verneigte sich. „Dann wäre meine Mission beendet und ich kann nur noch mein Bedauern darüber aus sprechen, daß ich mich dem Sohne des Mannes gegenüber, der mir viele Wohltaten erwiesen hat, habe zu harten Worten hinreißen lassen. Sie werden aber begreifen, daß ich mich durch die Testamentsbestimmung einigermaßen ver letzt, um nicht zu sagen, pedemüligt fühlte. Ich bitte also um Verzeihung." „Und ich bitte Sie nur noch um wenige Tage Geduld. Wenn ich die andern Angelegenheiten meines Vaters erledigt habe, werde ich meinen Bankier mit dem Verkauf geeigneter Wert papiere beauftragen, oder eine Hypothek auf das Haus aufnehmen,"falls 'Sie es nicht vor ziehen, Papiere in Empfang zu nehmen." „Nein," entgegnete Marbach. „Ich habe von Bankgeschäften schlechtweg keine Ahnung. Ich werde daher warten, bis Sie geeignete Verkäufe vorgenommen oder Ihnen besser scheinende Verfügungen getroffen haben. Es ist ja nicht unmöglich, daß Sie schon in wenigen Tagen wieder in den Besitz des Ihrem Vater geraubten Geldes kommen, dann dürfte sich ja die Angelegenheü ohne weiteres erledigen." Hermann sah erstaunt auf. „Ich verstehe Sie nicht," sagte er. „Kun, wenn die Untersuchung gegen Baum gart abgeschlossen ist, kann Ihnen doch die Herausgabe Ihres Eigentums vom Gericht, be ziehungsweise von der Bant nicht mehr ver weigert werden." „Sie sind also überzeugt, daß Baumgart das Geld geraubt hat, um seinen Kassenfehl- belrag zu decken?" „Felsenfest!" „Nun, ich muß sagen, daß rch diese Über zeugung, die allerdings auch anfänglich die meine war, nicht mehr zu teilen vermag. Baumgart behauptet nach wie vor, das Geld von meinem Vater zunächst geliehen und dann geschenkt erhalten zu haben." „Halten Sie Ihren Vater für einen leicht sinnigen Verschwender?" Hermann stutzte einen Augenblick. Mar bachs Einwand hatte ihn wieder wankend ge macht. Aber wie mit einem Zauberschlage tauchten vor ihm die lieben Kinderaugen Klaras auf — und der Mensch, besonders wenn er liebt, glaubt ja so gern, was er hofft. Als Emil Marbach fortfuhr: „Man kann den Er- zählungen des Angeklagten keinen Glauben schenken," sagte Hermann: „Warum nicht?" „Weil an der Schuld dieses Mannes jetzt noch zu zweifeln, Heller Wahnsinn wäre. Die Beweise sind so klar und überzeugend, daß jeder Zweifel hinfällig erscheint Die Untersuchung ist ja auch bereits abgeschlossen und es wird nicht mehr lange bis zur Hauptverhandlung dauern." Hermann seufzte schwer. „Also, Herr Klinger ich darf bezüglich de, Geldes aus Ihre Nachricht rechnen, nicht wahr?" fragte Marbach. „In einigen Tagen!" „So grüßen Sie, bitte, meine Tante von m,r, ich habe nämlich große Eile; da ich für ME- m-chm „Für Ihre Braut?" „Ja, wissen Sie denn noch nicht? Ich werde mich in wenigen Tagen mit Fräulein Heckmann, der Tochter des Kommerzienrats Heckmann, verloben." „Da wünsche ich von ganzem Herzen Glück!" „Danke, danke, auf Wiedersehen, HerrKlinger."
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