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Nichtamtlicher Teil. Amerikanische Buchhändler. (Vrgl Nr. SV, S9.) III. George P. Putnam. George P. Putnam, der Gründer der bekannten Firma G. P. Putnam's Sons, war im Jahre 1814 zu Brunswick im Staate Maine geboren. Die ersten vier Jahre seiner geschäftlichen Laufbahn verbrachte er in einem Teppichgeschäft zu Norwich, worauf er sich nach New-Dork begab und dort in der damals wohl- bekannten Buchhandlung von G. W. Bleecker als Gehilfe eintrat. Das Salär, welches er hier erhielt, war gering: 25 Dollars (ca. 100 -F) pro Jahr bei freier Station. Der Arbeit war nicht wenig und es war eine gute Lehrzeit für ihn. Von da kam er im Jahre 1832 zu Jonathan Leavitt, dem damals bedeutendsten theologischen Verleger New-Aorks und dem Agenten für die bedeutende Bostoner Firma Crocker L Brewster. Hier, wo er neue Gelegenheit hatte seine Geschäftskenntnisse zu erweitern, machte er auch die persönliche Bekanntschaft vieler der hervorragendsten Schriftsteller seiner Zeit und erhielt nebenbei tiefen Einblick in die Geschäftsthätigkeit anderer New-Aorker Buchhandlungen, was ihm für seine spätere Laufbahn von großem Vorteil wurde. Neben seiner anstrengenden Thätigkeit versäumte der junge Putnam übrigens seine eigene geistige Fortbildung nicht und oft saß er nach vollendeter Tagesarbeit noch bis spät in die Nacht hinein auf seinem Zimmer über seinen Büchern. Eine Frucht dieses Eifers, den er namentlich der Geschichte und deren Hilfswissenschaften zuwandte, war ein 400 Oktavseiten starkes Buch: »OkronoloA/: An introckuotiou urxl inäsx tc> univsrssl bistorz-«. Dies war auch sein erstes Berlagsunter- nehmen, und er hatte die Freude, neben dem materiellen Er folge — die 1000 Exemplare starke Auflage war bald ab gesetzt — sein Werk von der Kritik überaus beifällig und an erkennend ausgenommen zu sehen. Der Erfolg spornte ihn zu weiteren selbständigen Unter nehmungen an und diesem ersten folgte bald ein zweites, größeres: die Herausgabe des Buchhändler-Fachblattes »lim LoolcssIIsrN ^.ckvsitissr«. Es war das erste seiner Art und bildete den Vorläufer der jetzigen Buchhändlerorgane: »Tbo kublisbsr's IVsslBz?« und »1bs Arnsrios.it LooNsvIlsr« Leider zwang ihn seine Geschäftsthätigkeit, das Unternehmen bald wieder aufzugeben, doch vernachlässigte er keineswegs seine wissenschaftliche und litterarische Fortbildung und erwarb sich ge wissermaßen einen Namen durch sein ausgezeichnetes Urteil und seinen scharfen Geschäftsblick bei der Prüfung von zur Ver öffentlichung eingegangenen Manuskripten. Nach und nach hatte sich Putnam ein kleines Kapital von etwas über 150 Dollars erspart, mit dem er im Jahre 1836, also im Alter von nur 22 Jahren in die Firma Wiley L Long als Ge schäftsführer eintrat. Dank seinen außerordentlichen geschäftlichen Fähigkeiten errang er sich hier bald eine einflußreiche Stellung und wurde als Vertreter seines Hauses auf eine Geschäftsreise nach Europa gesandt. In London gelang es ihm vorteilhafte Verbin dungen mit Verlegern und Sortimentern wie mit hervorragenden Autoren anzuknüpfen. Nach seiner Rückkehr hielt er sich nur kurz in New-Aork auf, um Bericht zu erstatten, und kehrte alsbald, im Jahre 1840, nachdem die Firma von Wiley L Long in Wiley L Putnam geändert worden war, aufs neue nach London zurück, um daselbst eine Art Konimissionsgeschäft zur Erleichterung des Aus-! tausches zwischen englischen und amerikanischen Firmen zu er-s richten. Seine Aufgabe war nicht leicht, da das Ansehen der ameri- s konischen Verleger wie der Geschäfte überhaupt bei den Engländern ! damals ein sehr geringes war und unter allerlei Vorurteilen und Gehässigkeiten zu leiden hatte; doch dank seiner Unermüdlichkeit lohnte auch hierbei der Erfolg seine Mühe. Putnam selbst ver öffentlichte zur Bekämpfung dieser Vorurteile gegen Amerika und die Anierikaner eine Broschüre unter dem Titel »Amsriosn b'sots«, in der er in gemäßigter Sprache die ungerechten Angriffe und Kritiken widerlegte. Die Schrift erregte berechtigtes Aufsehen und mag wohl ein gut Teil zur Beseitigung jener Vorurteile beige tragen haben; sie erlebte drei Auflagen und war also auch in materieller Hinsicht ein Erfolg. Nach siebenjähriger Thätigkeit in London, während welcher er nun auch den englischen Buchhandel gründlich kennen gelernt hatte, kehrte er im Jahre 1847 wieder nach New-Aork zurück. Das Geschäft hatte sich mittlerweile mehr und mehr vergrößert. Nament lich waren es zwei Unternehmungen, die von großem Erfolge be gleitet waren: die »läbrsrz- c>k (lboios kissäinZ«, eine aus 50 ein zelnen Bänden bestehende Sammlung von Werken hervorragender ausländischer Schriftsteller, und die »läbrsr/ oi Arusriosu Oooks«, die Werke von Hawthorne, Simms, Bayard Taylor u. a. enthielt. Im Jahre 1848, nachdem sich Putnam von Wiley getrennt und jeder ein Verlagsgeschäft unter seinem eigenen Namen eröffnet hatte, trat ersterer in Geschäftsverbindung mit Washington Irving. Irvings Bücher, die sieben ersten seiner Werke, waren seit drei Jahren vollständig vergriffen und kein Verleger hatte Lust gezeigt, die Neuveröffentlichung zu unternehmen. Da traf Putnam mit Irving das Abkommen, ihm neben den » koz-sltios«, d. i. gewissen Prozenten vom Absatz, gegen das ausschließliche Verlagsrecht seiner sämtlichen Werke, für eine bestimmte Reihe von Jahren ein jährliches Honorar von 1000 Dollars zu bezahlen. Er ver öffentlichte eine neue Uniform-Ausgabe in eleganter Ausstattung, und der Erfolg war ein enormer. Das Honorar, welches infolge seiner Abmachung Irving während seiner Lebens zeit von Putnam erhielt, betrug im ganzen über 100 000 Dollars; die Anzahl der abgesetzten Bände circa 575 000. Von Irvings »Bits ai WssbiuZtou«, das 1857—61 in Lieferungen zu 25 Cents ausgegeben wurde, wurden nicht weniger als 42 000 Exemplare abgesetzt. Außerdem veranstaltete Putnam von den einzelnen Werken auch »Uäitions äs Uuxs«, von denen besonders die »4rtist's kckitiou« des »8Icstob-Loc>lc« mit 150 Illustrationen amerikanischer Künstler, ein Prachtwerk ersten Ranges, einen außerordentlichen Erfolg hatte. Da auch von England aus die Nachfrage nach dieser Ausgabe sehr stark war, so wurde der Generalvertrieb hiervon der Firma Bell L Daldy in London übertragen, die 1000 Exemplare mit ihrem Firmen aufdruck auf dem Titelblatt, entnahm.*) Neben Irvings Werken gab Putnam unter vielem anderen auch die erste vollständige Ausgabe von Thomas Hoods Gedichten heraus, die gleichfalls einen glänzenden Absatz hatte. Ein weiterer erfolgreicher Autor von Putnam war der bekannte Schriftsteller und Litterarhistoriker Bayard Taylor, dessen Views 4.toot z. B. einen Absatz von 45 000 Exemplaren erzielte. Taylor war Ende 1847 nach einer Tour durch Europa völlig von Mitteln entblößt nach London gekommen. Lange hatte er vergeblich nach Arbeit gesucht, bis ihn ein Zufall in Putnams Geschäftslokal führte, wo er Stellung fand. Seit dieser Zeit blieb er mit dem Putnamschen Geschäft eng verbunden und lieferte demselben durch seine Schriften vorteilhafte Verlagsartikel. Taylors Trsvsls finden *) Hierzu bringt der »Arusriosn Looleaelisr« folgende Anekdote: Ein bekannter englischer Buchhändler suchte den amerikanischen Buch handel durch allerlei Spoltreden herabzusetzen. »Ihr könnt drüben in Amerika gar keine seinen Bücher ausstatten«, rief er, und indem er dabei die eben erwähnte Putnamsche Artäat's käitioo von Irvings Lkstob-öoob, welche jedoch die Londoner Firma Bell L Daldy aus dem Titel trug, in die Hand nahm, fuhr er fort: »dazu braucht es einen englischen Verleger, etwas derartiges herauszugeben So aus gezeichnete Holzschnitte, so vortreffliche Druckausstatiung habe ich noch nicht gesehen.«