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— 762 — Ausschuß keine» Anlaß aus der ihm zugegangenen Eingabe erblicken, seine von allen Seiten so sehr anerkannte Tätigkeit in dem gewünschten erheblichen Maße einzuschränken. * * * Im Aquarium mm Neapel. Mehr als je liegt Neapel heute im Mittelpunkt des großen Weltverkehrs. Die meisten großen im Mittel meer verkehrenden Danipfer nehmen hier einen längeren oder kürzeren Aufenthalt, so die Dampfer des Nord deutschen Lloyd auf ihrem Wege von Bremen—Ham burg nach Ostasien und Australien, von Genna nach New Jork, von Marseille nach Alexandrien, die Dampfer des Mittelmeer-Levante-Dienstes u. a. Manchmal beläuft sich der Aufenthalt in Neapel allerdings nur auf wenige Stunden und reicht nicht aus, um eineu Ausflug in die herrliche Umgebung der Stadt zu unternehmen. Immer aber genügt auch ein solch kurzer Aufenthalt, nm eine Hauptsehenswürdigkeit der Stadt selbst, das Aquarinm, kennen zu lerneu. Dasselbe ist eine deutsche Schöpfung, die 1'874 von dem kürzlich verstorbenen Gelehrten, vr. A. Dohrn, angelegt wurde und die heute noch von der deutschen Reichsrcgiernng unterstützt wird. Es erhöht wesentlich den Reiz einer Seefahrt, wenn wir hier im Aquarium einen Einblick in das reiche Tier leben gewinnen, das sich unter dem meist so glatten Wasser spiegel des Mittelmeercs abspielt. Selten dringt Kunde davon zur Oberwelt. Es sei denn, daß spielende Delphine die Schiffe begleiten oder daß in lauen Nächten tausend leuchtende Quallen die nächtliche Flut beleben und überall auf den Schaumkämmen der Wellen und am Bug des Schiffes glühende Funken spritzen, die von Milliarden von Protozoen herrühren. Dann kommt uns wohl ein dunkles Ahnen von der überreichen Tierwelt, die das Meer mit seinem weiten Mantel schützend deckt. In der ersten Abteilung des Aquariums sehen wir die Stachelhäuter des Mittelmeeres: Seesterne, die mit ihren Saugnäpfchen an den glatten Scheiben des Aquariums fest kleben oder mit allen fünf Armen eine Muschel um klammern und aussaugen; ferner Haar- und Schlangen sterne, Seeigel und Seewalzen, letztere bekannter unter dem Namen Trepang als Lieblingsspeise der Chinesen. In andern Bassins finden wir die verschiedensten Fische des Mittelmeercs, besonders viele Moränen. Eine Menge ganz absonderlich gestalteter Geschöpfe schwimmt da an uns vorüber; da gibt es Seeteufel und Seeskorpione, Mondfische und die verschiedensten Arten von Rochen, deren breiter, platter Körper in flügclartig vergrößerte Flossen übergeht, so daß sie wie mit weichem Flügelschlagen durch das Wasser gleiten. In einem besonderen offenen Becken befindet sich der Zitterrochen. Um seine Namenserklärung zu erhalten, brauchen wir ihn nur zu berühren, und sofort teilt er mit dem Schwanz seine elektrischen Schläge aus. Dann folgen Behälter mit den verschiedensten Meeres-^ pflanzen, Schneckenhäusern, Muscheln, Krebsen, vor allem Langusten, die vorsichtig ihre langen Fühler ausstrecken und mit ihren langen, steifen Beinen so gravitätisch langsam über den Meeresboden hinschreiten. Fast in allen Bassins leuchten in bunter Farbenpracht Seerosen, Seeanemonen rc. und geben nns hier im kleinen ein Bild von den weiten Blumengärten, die auf ganze Strecken hin den Meeresboden bedecken. Was uns auf den ersten Blick als Blume erscheint, gibt sich bei näherm Zusehen bald als Lebewesen zu erkennen. Feine Fäden dehnen sich als Fangarme nach allen Seiten aus, bald sich weit ausstreckend, bald wieder spiralig zusammenziehend. — Bon besonderem Interesse sind die eigentümlichen Tierkolonien, wo wir das „Genossen schaftsleben" von Einsiedlerkrebs und Seerose beobachten können. Da sehen wir einen solchen Einsiedlerkrebs, der Wohnung in einem leeren Schneckenhause genommen hat. Nnr der Vorderteil des Tieres ist sichtbar, und mit seinen Vorderfüßen bewegt sich der Krebs mit dem Schneckenhause langsam weiter. Das ganze Gehäuse aber ist mit bunt farbigen Blumen bedeckt, so daß es aussieht wie ein wandelndes Blumenbeet. So finden die Seerosen auf Viesen Spaziergängen viel reichlichere Nahrung, als wenn sie auf festem Boden sitzen, und ihr Bundesgenosse fühlt sich doppelt sicher unter dem Schutz ihrer nesselnden Fäden. Hier nnd da bewegen sich auf dem Boden des Aquariums Tiere vorwärts, die selbst wie losgerissene Stücke Meeresboden aussehen, so haben sie sich mit kleinen Muscheln und Pflanzenteilchen bedeckt, um sich vor den zahl reichen Feinden zu schützen. Überall gewahren wir den Kampf ums Dasein, der sich in den tiefsten Tiefen des Meeres so gnt abspielt wie auf unserer Erdoberfläche. Da liegt auch gleich eins von den gefürchteten Seeungeheuern vor uns, ein gewaltiger Polyp, der, halb in seiner Felsenbnrg verborgen, seine riesigen Faugarme ausstrcckt. Eine Anzahl phantastisch geformter Tintenfische schwimmen hin und her. Da — glaubt sich einer von einem Feind bedroht. Zm Nn hat er seinen „Tintenbeutel" entleert, er verschwindet, wie von einer dunklen Wolke verhüllt, und bringt sich, stark rückwärts schwimmend, in Sicherheit. Sehr interessant ist die Abteilung, wo alle Arten von Korallen, von der grauen Riffkoralle bis zur blaßrosa Edel koralle vertreten sind. Dazwischen schwimmen die bizarr geformten Seepferdchen nnd ganze Mengen von Muscheln bedecken den Boden. Von wunderbar zarter Schönheit sind die Schirm- und Rosenquallen, die, in matten Farben schimmernd, so leicht im Wasser ans nnd nieder schweben. Hier leuchten sie in zartestem Blau, dort lila und blaßrosa. Ziehen wir nun den dnnklen Vorhang zu und blicken durch einen engen Spalt hinein, so gewahren wir in dem dämmerigen Halb dunkel ein eigentümliches Phosphoreszieren in grün- goldnem Licht. Was den Hauptreiz hier ausmacht, ist, daß uns nicht wie in einem Museum alles stückweise, tot vorgeführt wird, sondern daß wir hier ein lebendes Stück der Pflanzen- und Tierwelt des Meeres vor uns haben. * -i- -i- Polarfahrt. Der Norddeutsche Lloyd in Bremen wird im kommen den Jahre mit dem Doppelschraubendampfer „Großer Kurfürst" wieder eiue Vergnügungsreise — ähnlich der genußreichen Polarfahrt im Jahre 1908 — nach dem Polar gebiet unternehmen. Der Dampfer verläßt am 26. Juni Bremerhaven, um über Cherbourg, Greenock (Glasgow),