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932 Kliffe an eine« Tage. Zu An« Mg des Jahres hatte sich in Paris ein junger Mann, namens Baudent, verheiratet. Aber schon nach zwei Wochen hatte die junge Frau ihren Mann verlassen und war zu ihren Eltem zurück gekehrt. Sie sagte, sie könne die Liebens würdigkeiten ihres Gatten nicht ertragen, der ihr an einem einzigen Tage 932 Küsse gegeben habe. Sie wollte gegen den Ehemann die Scheidungsklage einreichen. Darüber ergrimmte Baud ent, er lauerte seiner Frau auf und gab einen Revolverschuß auf fie ab, die Kugel traf jedoch nicht. Vom Pariser Geschworenengericht, vor dem er sich zu verantworten hatte, wurde er selbstverständlich freigesprochen, seine Frau hat aber erklärt, die Scheidungsklage nunmehr rückgängig zu machen. Erdrutsch in Antwerpen. Die Uferbe festigungen am Hafen von Antwerpen rückten 10 Zentimeter gegen die Schelde vor und Hunderte von Arbeitern suchen unausgesetzt die Bewegung zu hemmen. Eine neue Art von Schlachtfeld- Hyäuen. Im ,Slowo Petersburski' erzählt ein russischer Soldat die folgende Episode vom russisch-japanischen Kriegsschauplätze: Nach jeder Schlacht suchten Sanitätssoldaten alle Toten und Verwundeten auf. Die Verwundeten er hielten rote Zeichen und die Toten schwarze. Als ich eines Tages schwer verwundet auf dem Schlachtfelde lag, sah ich, wie mich ein Sanitätssoldat schwarz bezeichnete. Ich raffte mich auf und rief ihm zu: „Ich bin ja lebend." .Hast du Geld?" fragte der Soldat. „Ich habe welches." — „Wieviel?" — „Zehn Rubel." — „Gib her." — Ich gab ihm das Geld, und nun erhielt ich das rote Zeichen. Als der Sanitätssoldat einige Schritte ge gangen war, fiel er, von einer Kugel getroffen, tot zu Boden. Ich schleppte mich zu ihm und sand in seinen Taschen nicht nur meine zehn Rubel, sondern 300, die er au» diese Weise .verdient" hatte. Der Sultan als Photograph. Wie die tzeisUn orientalischen Herrscher besitzt Nddul-Hamid, ter türkische Sultan, eine ausgesprochene Vorliebe Rr moderne technische Erfindungen. Wohl noch nie R ein so kostbarer und geschmackvoller photographi scher Apparat kergestellt worden wie jüngst für den Sultan. Selbst das kleinste Metallstückchen daran besteht aus massivem Golde, und diejenigen Teile, die sonst aus Holz hergestellt werden, find in Elfenbein gefertigt. Der Apparat ruht in einem Weißen Lederetui mit goldenem Schlosse, und obwohl er rur verbältniSmäßig klein ist, so hat er doch die stattliche Summe von 32 000 Mk. gekostet. Ihr Religionsgesetz verbietet bekanntlich den Mohamme danern, ein Bild von sich nehmen zu lassen. Daher muß der Beherrscher der Gläubigen sich mit ter Aufnahme von Landschaften begnügen. Da er aber hierbei mit gewohnter Eigenmächtigkeit ver fährt und auf die Ratschläge eines jetzt seinem Hof staate zugeteilten Photographen wenig hört, so find ihm dis meisten Bilder bis jetzt mißlungen, und eS bleibt demnach borauszusehen, daß der so schöne Apparat bald in die Rumpelkammer des Mdiz-KioSk wandern wird, der an solchen Kuriositäten schon so i reich ist. Unsterbliche Amerikaner. Die Wahlen -ur Ausstellung der Büsten berühmter Ameri kaner in der New Iorker Universität, welche »He fünf Jahre statlfinden, find dieser Tage beendet worden. Der „Unsterblichkeit" würdig befunden wurden die Staatsmänner John Quincy Adams, James Madison und Alexander Hamilton, der „Soldat" Paul John Jones »nd der Gelehrte Louis Agasfiz. Räuberei als Sport. Charles Boos, der Direktor der Verkehrsgesellschast, wurde am Mon« lag in New Jork verhaftet, da er Einbrüche in großem Umfange begangen habe. Boos bekleidete «inebedeutende Stelle und bezog ein großes Gehalt, er galt für einen der begehrenswertesten Jung gesellen der Stadt. Da entdeckten Beamte der Gesellschaft vor kurzem, daß er eine große Menge Kupferdraht gestohlen und verkauft batte, worauf fie seine Verhaftung veranlaßten. Eine Durchsuchung seiner palastartigen Wohnung förderte eine große Menge Diebesgut zu Tage : Unter anderem fand man mehrere Kasten mit Beute aus einem großen Geschäft vor, in dem kürzlich einen Einbruch verübt hatte. Ange- fichts dieser Schuldbeweise gestand Boos, daß er mehrere Einbrüche begangen habe, die kürzlich d'e Polizei lebhaft beschäftigt hatten. Einmal überraschte ihn die Polizei, als er in das Saus eines Millionärs einbrach. Er sprang in den Garten und erhob selbst den Ruf: „Haltet den Dieb", worauf die Polizei sich in Gemeinschaft mit ihm an der Jagd beteiligte; auf ihn selbst war nicht der Schatten eines Verdachts gefallen. Boos' einziger Beweggrund, Einbrecher zu werden, war, wie man allgemein glaubt, der Wunsch, sich . . . Aufregung zu verschaffen. Ein verwegener Bankraub wird aus Ridgeville im Staate Indiana gemeldet: Dort sprengten am Donnerstag sieben Räuber den Geldschrank einer dortigen Bank mit Dynamit, zerstörten das Gebäude und stahlen über 30 000 Mk. Es gelang ihnen dann, nach einem (ZLrickrskaUe. Berlin. Einer Telephonistin zu Nixdorf, die ihn seiner Meinung nach mii dem Anschlusse zu lange warten ließ, halte ein Fernsprechteilnehmer aus Sieglitz zugerufen: „Sie sind ein Schaf!" Das Schöffengericht verurteilte ihn deswegen zu 150 Mk. Geldstrafe, da die Telephonistinnen gegen solche Beleidigungen energisch geschützt werden müßten. Köln. Ein Friseur D. war auf Grund der Gewerbe-Ordnung und Bekanntmachung des Re gierungspräsidenten vom 5. Januar 1901 in Strafe genommen worden, weil an einem Sonntag nach 2 Uhr Kunden in dem Geschäft des Angeklagten angeiroffen worden waren; nach der erwähnten Bekanntmachung darf der Betrieb der Barbiere und Friseure bis 2 Uhr nachmittags an Sonntagen auS Oie Attentate in Kulslanä. -^zvsZszz-z' /Z?z>zzz vi/ssX-srz Ä2S/7 rz<s z^z/s Lszzzszn ^z-sZ Äv/zZ^zF XZzz^Z 'Lz-szZs-z Fsz-ZzZ«!-^/? ^/SZSZ7^-^Zs«Z ^Zz/Äzz^osZ ^s/ez/zz Z?sZzz -Z/ZZS-Z-LZZ-ZQ»?/» ^EZszzsX- ^^zv^Lr^T^ZLz^zz, A/Zsez / / ^S-ZZ--sZ «L/ FLZZVz-z//N«Z7'SZe> §z/zo'. UZ^rlL-z Rückzugsgefecht mit den plötzlich erwachten Be wohnern des Ortes zu entkommen. Es war ein Verbrechen, wie es wohl selten außerhalb Amerikas vorkommt. Die Räuber sind mit erstaunlicher Kühnheit vorgegangen. Ehe fie sich zur Bank begaben, überwältigten sie den Dorfgendarm und knebelten ihn. Nachdem dis Desperados dann die Bank zerstört hatten, hielten fie das Dorf eine Zeitlang in ihrer Gewalt; sie gingen die Straßen auf und ab und schossen jeden nieder, der sich zeigte. Während drei Räuber den Kassenschrank Zu öffnen versuchten, standen vier andre Wache und verwundeten den Kassierer Richard Banson und andre, die durch die Explosion erwacht waren. Einem Bankbeamten gelang es zu entkommen, und er schlug Feuerlärm. Ein zweiter hörte und schaltete das elektrische Licht ein. Darauf erschienen viele Bewohner leicht bekleidet vor den Türen und suchten die Räuber einzuschließen. Diese schossen mit ihren Revolvern viele elektrische Lampen aus. Man glaubt, daß bei dem Rückzugsgefecht wenigstens zwei Räuber verwundet wurden, aber es scheint wenig Aus sicht zu sein, die ganze Bande gefangen Zu nehmen. geübt werden. Das Landgericht sprach aber D. aus der Erwägung frei, daß D. sämtliche Personen noch nach 2 Uhr abfertigen dürfe, die vor 2 Uhr sein Geschäft betreten. Die Staatsanwalt schaft focht jedoch die Vorentscheidung durch Revision beim KammergeriÄt an und betonte, mit dem Schlage 2 Uhr Hätte er seinen Betrieb unbedingt einstsllm müssen. Das Kammergericht hob auch die Vorentscheidung auf und wies die Sache zur ander weitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück mit der Begründung, nach 2 Uhr müßte D. sein Geschäft schließen und dürfte nach 2 Uhr keinen Kunden mehr bedienen. Die beim 9 Uhr-Ladenschluß im Laden anwesenden Kunden dürfen hingegen nach 8 139 s der Gewerbeordnung noch bedient werden. kopfgrösse unä geistige Entwickelung. Die hohe Stirne, der große Schädel gilt uns noch immer als ein Zeichen der Intelligenz. Auf dieser Vorstellung ausbauend, hat eine Reihe von Gelehrten versucht, ob sich dieses Verhältnis durch Zahlen bestätigen ließe. Dies glaubten verschiedene Forscher bejahen zu können. Zwei Münchner Nrzt-r haben nun Nachprüfungen an 1200 Soldaten und 312 Schülern gemacht, um die Frage zu beantworten. Es wurden außer Körpergröße und Kopfumfang auch da8 Körpergewicht und der Brustumfang gemessen und schließlich auch das geistige Verhalten der Personen berücksichtigt. Letzteres besonders, um zu sehen, ob zwischen Gehirnumfang und Körpergröße ein gewisses Verhalten bestehe. Dabei ergab sich nun, wie aus den Veröffent lichungen dieser Untersuchungen zu entnehmen ist, daß irgendeine Beziehung zwischen Kopf umfang und Körverlänge nickt existiert. Bei 160 und 180 Zentimeter Körperlänge, also 20 Zentimeter Unterschied, findet sich der gleiche mittlere Kopfumfang von 56:25 Zentimeter. Ein gleicher mittlerer Kopfum'ana von 56 Zenti metern wurde gesunden in 24 Fällen von 157 Zentimeter Körperlänge, in 68 Fällen von 165 Zentimeter, in 31 Fällen von 175 Zentimeter und 113 Fällen von 184 Zentimeter. Ander seits schwankt der Kopfumfang bei gleicher Körperlänge gelegentlich um nahezu 10 Zenti meter, z. B. bei 164 Zentimeter Körperlänge von 50,75 bis 60,5 Zentimeter rc. Im wesentlichen ähnliches ergab sichbeiden300Freiwilligen, die sich unter den 1200 Soldaten befanden; ja, ihr DurchsLnittskopfmaß blieb sogar etwas hinter dem übrigen Durchschnitt zurück. Danach mußte auch die Frage, ob wirklich Berufe mit hoher geistiger Leistung im allgemeinen ein höheres Gehirngewicht und damit auch einen größeren Kopfumsang bedingen sollen, verneint werden. Auch die Untersuchung über das Ver hältnis des Kopfumfanges und der geistigen Entwickelung bei den 935 Soldaten ergab eine Stütze dieser Ablehnung eines Zusammen hanges. Zwar zeigt sich eine Abnahme der schwach begabten Personen von 26 Prozent bei 53 Zentimeter Kopfumfang, auf 4 Prozent bei 59 Zentimeter und eine Zunahme der sehr gut befähigten von 10 Prozent bei 53, auf 27 Prozent bei 59 Zentimeter Kopfumfang. Aber der Prozentsatz der durchschnittlich be fähigten zeigt bei allen Abstufungen des Kovimaßes von 53 bis 59 Zentimeter keine auffälligen Schwankungen. Ein Mann mit 5O'/r Zentimeter Kopfumfang zeigte noch durch aus ummale Befähigungen, während Personen mit größten Kopsmaßen von 59—60 Zenti meter schlechte Besähigung aufwiesen. Auch die Untersuchung an Schülern von 9—14 Jahren harmoniert mit diesen Ergebnissen. Schließlich wurden auch noch die Hirngewichte von 207 Militärpersonen von einer Körperlänge von 156-190 Zentimeter berücksichtigt. Auch dabei mangelte es an einer stetigen Zunahme deS Hirngewichtes entsprechend der Zunahme der Körperlänge. buntes Allerlei. Ter Gratulant. Herr: „Meine herzlichste Gratulation, Fräulein Meier. Ich las in der Zeitung, daß Sie sich mit dem Inspektor Müller verlobt haben." — Fräulein: „Das bin ich nicht, sondern ein ganz andres Fräulein Meier." — Herr: „Ach, das tut mir leid; na, unter uns, seien Sie froh, daß Sie den Lump nicht gekriegt haben l" (Lust, m.-; Bedenkliche Zustimmung. „Ich sage Ihnen, manchmal beim Dialen packt mich solch ein Gefühl des Überdrusses, daß ich am liebsten Pinsel und Palette in den tiefsten Abgrund werfen möchte!" — „Ja freilich, so 'ne ewige Schmiererei kann einem schon widerwärtig werden!" t,M-gg.tz Irr der Schule. Lehrer: „Was ist daS Resultat, wenn du deinem Bruder zwölf Nüsse gibst und dann sechs wieder fortnimmst?" — Schüler: „Daß er wütend wird und mich haut!" Im Theaterfoyer. „Deinen Hut mußt du aber in der Garderobe abgeben, Frau." — „Das werde ich nicht tun; meine Frisur gerät zu leicht in Unordnung." — „Nun, so gib die Frisur mit ab!" (Lust. W-m.) Stilblüte. Endlich schlug der den Wellen Entrissene die Augen auf. „Nun, wie geht es Ihnen?" fragte Gertrud. „Ich bin ganz naß," entgegnete er trocken. „Jch lasse den Herrn bitten, einzuireren," sagte der Doktor. Der Graf trat gleich darauf ins Zimmer. Die beiden jungen Männer standen einander gegenüber — ihr gegenseitiger Gruß war eine stumme Verbeugung. Der Graf ergriff nach kurzer Pause das Wort. Seine sonst so wohltönende Stimme nahm einen harten Ton an, indem er sagte: „Sems xSns — Herr Dektor, es bedarf keiner Vorstellung; — wir kennen uns." Er stand hochaufgerichtet vor dem Rechts anwalt. „Herr Graf," erwiderte dieser, und auch seine Stimme zitterte, „womit kann ich Ihnen dienen?" , „Ich komme in einer tiefernsten Angelegen heit," lautete die Antwort, die mit leisem Ton- kechsel gegeben wurde. „Dars ich bitten —" und Dr. Kühns wies auf einen Sessel hin. Der Graf schien keine Notiz davon zu Nehmen, er blieb in seinen Kaisermantel gehüllt, den Hut in der Hand behaltend, in seiner dorherigen Stellung. „Ich wünsche nur von Ihnen die Beant wortung einer Frage. Und diese Frage zu stellen, dazu bin ich, wie ich Ihnen erklären werde, vollkommen berechtigt. Wie Ihre Ant- Wort auch ausfällt, ich bin auf alles gefaßt, aber die Wahrheit möchte ich vernehmen." Es lag in dieser Auseinandersetzung, welche Traf Rohden gab, gewiß etwas Peinliches, ja W an Beleidigung Streifendes für den Anwalt. „Herr Graf," antwortete dieser unerschrocken und ernst, „ich bin gewohnt, stets nur die Wahrheit zu sagen." „Dann sind wir rasch miteinander fertig," emgegnete finster Graf Rohden, „Sie allein wissen, wo Fräulein Berta Rheinsberg sich be findet. Ich stelle an Sie das Gesuch, mir deren Adresse anzugeben." „Leider kann ich Ihren Wunsch nicht er füllen," gab Dr. Kühns zur Antwort. „Aber Sie," fügte er mit bitterer Betonung hinzu, „sollten doch wenigstens über den Verbleib des edlen, bedauernswerten Mädchens sich unter richtet haben, nachdem Sie dasselbe ohne jeden Grund verließen!" „Herr Doktor," fuhr der Graf auf, „aus Ihrer Antwort geht hervor, daß Sie wissen, wo das Mädchen ist. Sie mögen Ihre Gründe haben, über ihren Aufenthalt den Schleier des Nichtwissens gedeckt zu sehen. Ich als ihr früherer Verlobter habe aber das Recht, eine ehrliche Antwort und keine zweideutige von Ihnen zu verlangen." „Sie mißverstehen mich. Ich kann wirklich Ihren Wunsch nicht erfüllen," erklärte mit eiserner Ruhe Doktor Kühns, „ich weiß nicht, wo Fräu lein Rheinsberg sich befindet." „Herr Doktor I" rief der Graf, „Ihre Mannes ehre steht auf dem Spiele — man hat Sie mit Berta gesehen I" „Woher haben Sie diese Nachricht?" fragte entrüstet der Anwalt. Der Graf stutzte. Dann aber sagte er: „Sie haben recht, diese Frage zu stellen. Meine Nachricht entstammt der besten nächsten Quelle, dem Hause des Herrn von Gelbem." „Ach so, aus dieser lauteren Quelle?" be tonte der junge Advokat mit bitterem Lächeln und fügte mit Schärfe hinzu: „Nun denn, so erkläre ich Ihnen auf Ehre, daß die Ihnen ge wordene Mitteilung erfunden, erlogen ist. Seit dem Tode ihres Vaters, der ja kurz nach der Zeugenaussage deS unschuldigen, herrlichen Mädchens erfolgte, bei welcher Gelegenheit ich fie zum letzten Male erblicke, habe ich fie nicht wiedergesehen. Ich bot ihr durch meine Eltem meinen Rechtsbeiftand an, selbst diesen wieS fie zurück. Ich allein weiß, wie gut und unschuldig fie ist." Der Graf warf hastig seinen Mantel ab und in die Brusttasche seines Gesellschastsfrackes grei- send, öffnete er eine sorgfältig geschloffene Brief tasche, aus der er eine Enveloppe zog, der er zwei Briefe entnahm. „Unschuldig — unschuldig wagen Sie daS Mädch-n zu nennen?" rief er, „da wagen Sie auch vielleicht diese Briefe abzuleugnen?" Und der Graf überreichte dem Rechtsanwalt die beiden ihm anonym zugesandten Briefe. Doktor Kühns nahm die Schriftstücke und ließ sich ruhig auf seinen Schreibseffel nieder. Er entfaltete die Briefe. „Also meine Ahnung hat mich nicht ge täuscht," sagte er fast unhörbar und las auf merksam beide Schriftstücke. Dann hob er daS Haupt und seinen offenen, flammenden Blick gerade auf den Grafen gerichtet, erklärte er fest und bestimmt: „Beide Briefe find gefälscht! Ich schrieb fie nicht — mithin empfing fie Fräulein Rheinsberg auch nicht. Ich muß aber sagen, daß eine sehr geschickte Hand im Spiele ist." „Können Sie das beschwören?" fragte mit bebender Stimme der Graf. „Beschwören," rief Doktor Kühns, „und nebenbei, was Ihnen eine unbedingte Gewiß heit meiner Versicherung gibt — beweisen. — Ja," fügte er mit Schärfe hinzu, „Herr Graf, Sie haben ein großes Unrecht an dem edel herzigen Mädchen wieder gut zu machen — Sie waren mit ihr verlobt —" „Woher wissen Sie das?" fiel ihm der Graf inS Wort. „Von ihr selbst. Ich gestand ihr meins Liebe — fie WieS mich, den Jugendgespielen, den treuesten Freund, ad, fie gestand mir offen, daß Sie fie zum Weib« begehrt, daß ihre Liebe Ihnen und nur Ihnen gehören könne." „Täuschen Sie mich — — oder träume ich?" haftete erregt der Graf. „Großer Gott — welche abscheuliche Hand konnte solche Schänd- lichkeiten knüpfen?" „Wie muß das arme Mädchen gelitten haben, — noch leiden!" fuhr der Anwalt, in einen weichen Ton fallend, fort. „Verlaffen von Ihnen, — den letzten, einzigen Halt in dem Vater verlierend, ihres kleinen, mütterlichen Vermögens, das der vorsorgliche Vater gut ver wahrt bei der Bankierfirma Behrenfeld und Sohn glaubte, durch den an betrügerische« Bankrott streifenden Konkurs deS Bankhauses beraubt — geht das unglückliche Kind in die fremde Welt ohne Schutz, ohne jeglichen An halt mit einer winzigen Summe, dem Nachlaß ihres Vaters. Wahrlich, Graf, Sie haben sich schwer an Berta versündigt —" Wf IZ (Fortsetzung folgt.)