Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 08.11.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190511080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19051108
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19051108
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-11
- Tag 1905-11-08
-
Monat
1905-11
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 08.11.1905
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Münzeufund. Ein Münzensund ist bei dem Abbruch eines Hauses in Jeßnitz (bei Bii-erfeld) gemacht worden, indem in einer Stubenwand verborgen eine größere Anzahl silberner Münzen mit der Jahreszahl 1747 ge sunden wurde. l. Ein eigenartiges Andenken an seine Militärdienstzeit wollte ein Seesoldat in Kiel mit nach Hause nehmen. Man fand in einem seiner Strümpfe nicht weniger als 23 scharfe Gewehrvalronen versteckt. Das Kriegsgericht, das sich jetzt mit dieser Angelegenheit zu be schäftigen haue, nahm dem Geständnis des An geklagten zufolge an, daß er sich die Patronen als Andenken habe übe'svaren wollen und ver urteilte ibn wegen militärischer Unterschlagung zu drei Wochen Mittelarrest. Die Gefahre« des Austernfanges. Die schweren Opfer an Menschenleben und Schiffen, die das von Anfang bis Mitte vorigen Monats herrschende Unwetter auf See gefordert hat, haben in den Kreisen der Austernfischer eine solche Mutlosigkeit he>vorgerufen, daß die Be sitzer einzelner Austernkutter fast gezwungen waren, den Aufternhandlungen gegenüber kontraktbrüchig zu werden, weil die Besatzung der Schiffe sich weigerte, weiter mit nach den Austerngründen in See zu fahren. Diese eigen artige Erscheinung wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß von der vorjährigen Austernflotte vier Kutter mit der ganzen Besatzung spurlos verschollen und von der diesjährigen Flotte gleich in dem ersten Unwetter von vier zum Fange auf See gewesenen Austernknttern zwei ausgeblieben find. Es ist schließlich nun doch wieder gelungen, die Besatzungen zu beruhigen, und so ist denn jetzt die gesamte Austernstotte ausgelaufen. Diese Vorgänge aber haben bei den Austernfirmen erneut den schon früher ge hegten Plan zur Erwägung gelangen lassen, auf den Aufternfang entsprechend gebaute Dampfer fahren zu lassen. Groster J»wele«diebstahl. Einbrecher erbeuteten in Hannover für 30 000 Mark goloene Herren- und Damenringe, Uhrketten, flravattennadeln, Zigarrendosen, Broschen usw. Ein heiteres Nachtwächtcrstückche« spielte sich dieser Tage in einem Dörfchen bei Pyritz ab. Der Nachtwächter war gestorben, und da sich vor- iSufig kein neuer finden ließ, so mußten die Dorf- eingesessenen abwechselnd diesen Dienst übernehmen. Dieser Tage sollte nun der Gastwirt des Dorfes Spieß und Horn übernehmen, da die Reihe an ihn gekommen war. Er hatte aber keine große Lust und Kar deshalb froh, als der Knecht sich erbot, den Dienst zu übernehmen. Der Knecht trat nun, mit allen Zeichen seiner Würde versehen, seinen nächt lichen Rundgang an und bemerkte hierbei einige Stunden nach seinem Dienstantritt, daß im Gasthofe seines eigenen Herrn noch Gäste waren, trotzdem die Polizeistunde längst überschritten war. Er trat darauf mit größter Wichtigkeit in die Gaststube und forderte seinen eigenen Herrn „kraft des Gesetzes" auf, sofort Feierabend zu machen, schickte sich auch an, einige Gäste, die dieser Aufforderung nicht sofort folgen wollten, an die Luft zu setzen. Sein Herr aber verstand den Spaß schief, nahm seinem Knechte Spieß und Tuthorn ab, prügelte ihn und sperrte >hn in den Stall. So war die Nachtwächterherr- lichken jäh zu Ende, aber der Wirt soll sich nun Kegen „Beamtenbeleidigung" vor Gericht verant worten. Selbstmord. In Osnabrück wurde die Leiche eines jungen Mädchens aus dem Flusse gezogen, das sich das Leben genommen hatte, weil es in Berlin von einer Familie, bei der A in Stellung war, wegen eines nichtigen Trundes entlassen wurde. Überraschender Fund. Eine große llber- tafchung wurde einer Familie in Quickborn be wert, als sie dieser Tage beim Abendbrot saß. ?eim Zerschneiden der Wurst geriet das Messer Mötzlich auf etwas Hartes, das sich schließlich V ein goldener Trauring entpuppte, der den flamen eines Schlächtermeisters in Pinneberg ^graviert trug. Der sofort von dem Vorfall benachrichtigte Schlächter war hocherfreut, wieder 'N den Besitz seines schon seit vierzehn Tagen ^mißten Trauringes zu gelangen. . TodeSfturz. In Pabstorf verunglückte die jährige Witwe Harfing dadurch, daß sie in ver Schlaftrunkenheit das Fenster ihres im Zeiten «Stockwerk gelegenen Schlafzimmers öffnete, wohl in der Annahme, die Tür vor sich zu haben und hinausstürzte. Nach kurzem Todeskampfe hauchte fie ihr Leben aus. Unglückliche Liebe. Im Stadtwalde zu Frankfurt a. M. erschoß der 22 jährige Mecha niker Dießner seine Geliebte, die Tochter des Gastwirts Burkhardt. Kurz vor der Tat hatten die Eltern des Mädchens, die das Verhältnis mißbilligten, dem Mechaniker die Wohnung gekündigt. Eifersuchtsdrama aus der Bühne. In Schwarzenbach am Walde feuerte der Schau spieler Morelli der Theater - Gesellschaft Welzel auf der Bühne während einer Vorstellung aus Eifersucht auf seine Braut, die Schauspielerin Hauptmann, einen Revolverschuß ab, der das Mädchen in den Arm traf und sie schwer ver letzte. Der wütende „Othello" wurde von der Bühne weg verhaftet. Drei Arbeiter verschüttet. In Rombach in Luxemburg wurden durch niedergehendes Gestein auf der Grube Wilhelmschacht drei Arbeiter verschüttet, von denen bisher einer tot und ein andrer lebensgefährlich verletzt aufge funden wurde. Im Weinkeller erstickt. In dem in der Nähe von Wien gelegenen Orte Stadtlau find zwei Menschen auf seltsame Weise ums Leben gekommen. Der 64 jährige Pitzinger und der 28 jährige Jngartler vegaven sich, nachdem fie bereits anderswo reichlich Wein genossen hatten, zu vorgerückter Abendstunde in den Weinkeller von Jngartlers Vater. Dort wurden fie von den Gämngsgassn des eingelagerten Mostes betäubt, fielen zu Boden und erstickten. Am nächsten Morgen fand der Vater des Jngartler im Keller die Leichen seines Sohnes und des Pitzinger. Komischer Abschluß einer Tragödie. In Innsbruck warf sich ein armer italienischer Arbeiter vor einen Motorwagen der Trambahn auf die Schienen. Aber zum Glück bemerke der Wagenführer rechtzeitig den Vorfall und zog die Bremsen so scharf an, daß der Lebens- überdrüssige nur einen ungefährlichen Stoß erhielt. Der Motorführer zeigte sich sehr unge halten und schrie: „Sie Tepp, Siel Wenn Sie sich umbringen wollen, so gehen S' anders wohin, ich überfahre keinen, — aber meine Zeit verlier' ich wegen so einem Rindvieh!" Darob allgemeines Gelächter. Die Sache wurde aber noch lustiger, als der dem Tode entronnene Italiener einen Landsmann bat, ihm die Worte des Motorführers zu übersetzen. Deckeneinsturz in der Kirche. In der Kirche in Chemazs (Frankreich) stürzte während der Messe ein Teil des Decken-Gewölbes des Chors ein. Die Sänger sowie mehrere andre auf dem Chor befindliche Personen wurden schwer verletzt. Ei« Kampf um ei« englisches Herzog tum. In London hat sich unter dem Namen G. H. Druce, Aktiengesellschaft, ein Unternehmen gebildet, dessen Zweck es ist, den jetzigen Heizog von Portland seines Titels und seines Riesen- vermögens zu entkleiden und beides einem Herrn G. H. Druce zu verschaffen. Letzterer ist der Großsohn von Thomas Charles Druce, dem Besitzer des Bakerstrut-BasarS, und be hauptet, dieser sei eigentlich der fünfte Herzog von Portland gewesen, habe aber in einer exzentrischen Laune den Namen Druce ange nommen, den Basar eingerichtet und sich von seiner Familie losgesagt, sodaß er für diese verschollen gewesen sei. Die Aktiengesellschaft hat ein Kapital von 220 000 Mk. in 20-Mark- Aktien. Falls Druce den Prozeß gewinnt, d. h. wenn er Herzog von Portland wird, zahlt er für jede 20-Mark-Aklie 2000 Mk. Eßkünstler. Sacco, der weltberühmte Hungerkünstler, der jetzt wieder fest 11 Tagen ohne Nahrung lebt, hat eine ganze Anzahl Gegenstücke. Besonders in England leben Personen, die im Essen Erstaunliches leisten. Jüngst aß ein junger Mann infolge einer Wette 18 gebratene Tauben und ein andrer 15 Pfund Äpfel. Ein Franzose aber übertraf die englischen Viel—esser: er aß gelegentlich eines Weltessens in etwa 3 Stunden ein ganzes Lamm. Diese Leistung aber übertraf noch ein französischer Soldat, der seinem Offizier auf die Frage, wie viel Lerchen er wohl essen könne, lächelnd erwiderte: „Lerchen kann ich immer zu ffenl" Uvglücksfall. Vier Arbeiter stiegen in einen der Londoner Abzugskanäle, um Aus besserungen vorzunehmen. Plötzlich wurden fie von einer Flut überrascht, verursacht durch heftigen Regen in einem andern Teile Londons. Die Männer wurden von der Flut widerstands los mitgerissen. Zweien gelang es, sich zu reiten, während die andern zwei ertrunken find. Ihre Leichen konnten bisher nicht ge- borgen werden. Auf der Jagd gerieten in Brescia (Jialien) mehrere Teilnehmer in Streit, wobei sie von der Waffe Gebrauch machten. Zwei der Kämpfenden wurden erschossen und vier schwer verletzt. GericktskaUe. Dessau. Wegen fahrlässiger Tötung wurde vom hiesigen Landgericht der Barbier Hermann K. aus Köihcn zu drei Tage Gefängnis verurteilt. Er hatte, nachdem er das Mittel seiner Angabe nach in mehr als 80 Fällen mit Erfolg angewendet, einem an Blutschwamm leidenden halbjährigen Kinde den Schwamm mit einer zur Hälfte aus Chlomikure bestehenden Mixtur eingerieben; die scharfe Säure hatte bewirkt, daß das Kind nach einigen Tagen starb. Hildesheim. Wegen Körperverletzung mit töd lichem Ani gange stand der wepen eines ähnlichen Vergehens schon vorbestrafte 33 jährige Schuhmacher Gustas Fabisch aus Gifhorn vor der Strafkammer. Er war beschuldigt, am 8. August d. auf dem Wege nach Gifhorn den mit ihm in Isenbüttel beschäftigten 71 jährigen Arbeiter Heinrich Hoffmann aus Gif horn, einen Veteranen der letzten Feldzüge, derartig körperlich mißhandelt zu haben, baß der Tod des letzteren eintrat. Der Angeklagte behauptete, daß er mit H., nachdem sie beide viel Branntwein geirunken hätten, über ihre Fähigkeit im Bajonettfechten in Streit geraten seien, in dessen Verlauf es zu einer Schlägerei gekommen sei. In der Notwehr habe er dem H. mehrere kräftige Hiebe mit dem Stock ver setzt, Als H. sich im Allerkanal das Blut ab waschen wollte, sei er in diesen gestürzt und darin ertrunken. Die Leiche des H., die man nach 24 Stunden im Kanal fand, zeigte bei der Obduktion 7 bis 9 Wunden am Kopfe, sowie andre Zeichen schwerer Mißhandlung. In der Hosentasche des Toten, die hsrauSgezogen war, fehlte auch das Portemonnaie, worin nach Angabe der Witwe des H. etwa 14 bis 15 Mk. enthalten gewesen sein konnten. DaS Gericht erkannte gegen Fabisch auf eine Gefängnisstrafe von 9 Monat. A Serlmerllumor vor Gerrckt. Der Musikfreund. Vorsitzender des Schöffen gerichts: Angeklagter Lindner, Sie haben der Klägerin P. eine Taffe an den Kopf geworfen, außerdem haben Sie ein der Klägerin gehöriges Klavier schwer beschädigt, indem Sie mit einem Klaviersessel heftig gegen das Instrument schlugen. Sie scheinen also einen richtigen Wutanfall gehabt zu haben. Wie ist das zugegangen? Angekl.: Na, wie et bei solche Vorfälle immer zuzujehen Pflegt. Ick- war schrecklich jereizt worden. — Vors.: Wenn ich recht informiert bin, waren Sie damals so gar mit Fräulein P. verlobt? — Angekl.: So is et. Ick hatte mir von die olle Schachtel dumm machen lassen. Dct war et ja jrade, wat mir so in Wut versetzte, muß zur Erklärung von die janze Sache vörausschicken, det ick ccn janzer leiden schaftlicher Musikfreund bin. Ick seiber bin zwar ooch ausübender Musiker, aber ick habe een janzet unjewöhnlichet musikalisches Jehör und for een scheinet Musikstück lalle ick meinet Wejen sojar det scheenste EiSbeen mit Sauer kohl stehen, objleich dieset Jericht for mir der Inbegriff aller irdischen Jenüsse iS. Fräulein P., die beiläufig jefagt, 36 Lenze zählt, have ick durch eene Annongse kennen jelernt. Ick jing nämlich damals uff musikalische Freiersfüße, indem ick eene LebenSjefährtin mit ausübende musikalische Talente suchte. Die P. meldete sich dadruff un lud mir zu eene musikalische Abendunterhaltung in ihre Wohnung in. Dort zeijte sie mir ihr Klavier, anscheinend een funkelnagelneuet Instrument, un sagte, sie sei zwar eene jute Pianistin, aber sie habe, wie alle wirklichen Künstler, eene kleene Schwäche, nämlich die, det se uff keen änderet Klavier als uff ihr eijcnet spielen könnte, zumal sie alles, wat se spiele, auswendich, ohne Noten spiele. Wenn wir zusammen ausjingen, möchte ick ihr also Grafen. Dieses Werk, das siegesbewußt von Ker Baronesse von Bingen ausging, war in dieser einen Stunde mit allen Machinationen enthüllt und sollte unerbittlich geahndet werden. So schieden Graf von Rohden und Doktor Mhns voneinander als unverbrüchliche Freunde Und treue Verbündete. 18. Der Graf vermochte es nicht über sich zu gewinnen, noch an diesem Abend in das von deldernsche Haus zurückzukehren. Am andern Vormittag empfing die Baroneß M Bingen ein Billett von seiner Hand, in sichern er in freundlichster Weise um Ent- ! Huldigung seines Nichterscheinens und zugleich M Erlaubnis seines baldigen Besuche» bat. Als er allein in seinem Zimmer an dem ^°end der Begegnung mit Dr. Kühns war, er mit sich selber zu Nate. s,. »Eine Ewigkeit ist zu kurz," sagte er fich in mner ihn noch beherrschenden Erregtheit, „wieder N.zu machen, was mein grausamer, wahn- Mger Verdacht an Berta verbrach." Aber mit ttner Ruhe beschloß er, Rache an der Baroneß uekmen. .„„»Sie soll büßen, wie fie gesündigt hat," -."Heb er. „Schlag auf Schlag soll folgen sie soll zwischen den Nädern ihrer schäm- ^»Selbstsucht moralisch zermalmt werden. liebt mich, das weiß ich, wie diese unedle zu sieben vermag, an der jede Faser st* die schmutzigste Eigenliebe, gepaart mit ^Herzigkeit ist. Außer fich ist diesem schreck en Weibe niemand etwa», fie würde Vater und Mutier vernichten, ständen sie ihrem Selbst zweck im Wege. Ich bin ein schlechter Schau spieler, ich vermag meine Gefühle nicht zu ver leugnen, aber e» muß sein." Und Graf v. Rohden wurde von jetzt ab fast Tagesgast bei von GeldernS. Er zeigte sich öffentlich als Begleiter der Baroneß, die Gesellschaft beneidete dieselbe um das Glück, den reichen, liebenswürdigen, schwärmerischen Grafen nun doch ganz und gar gefesselt zu haben. Sie hatten stet» Gelegenheit, miteinander allein zu verkehren; der Graf war liebens würdig, zuvorkommend, er ging auf all die Scherze ein, welche bei Liebenden gewöhnlich einer ernsten Erklärung vorangehen, aber das offene Geständnis seiner Liebe, wa» die Gesell schaft auch wohl mit „formell" bezeichnet, war noch nicht erfolgt. „Warum sehen Sie mich mitunter gar so seltsam an, lieber Karl?" fragte die Baroneß eines Nachmittags nach dem Kaffee, als ihre Mutter sich entfernt hatte. „Sind Sie durch meine herzliche Zuneigung nicht befriedigt? Was soll ich tun, um Ihnen zu beweisen, daß ich Ihnen von Herzen zugetan bin?" Graf Rohden fuhr mit der Hand über die Stirn. „Haben Sie Geduld mit mir l" sagte er. Dann plötzlich fragte er: „Würden Sie mich lieben können, Ida, — lieben, nur meiner selbst wegen?" Er hatte nie das Wörtchen „lieben" aus gesprochen, er tat eS jetzt zum ersten Male. .Zweifler l" rief fie und senkte wie schüchtern die Augen; „für diese Frage sollten Sie bestraft werden. Liegt mein Herz nicht offen vor Ihnen? Wer hat Argwohn in da» Ihre gesät?' Argwohn — sprach es in seine« Innern — wäre e» nur da», du teuflische Heuchlerin! Wärest du ein Mann, auf der Stelle forderte ich Genugtuung. Als er schwieg, fuhr fle lächelnd fort: „Beichten Sie, Karl, wer wagt es, fich zwischen uns beide zu drängen?" „Ich bin wohl mr ein Tor," sagte er, „ich dachte nämlich soeben, wenn ich nun einfach Karl Rohden hieße, ohne Reichtum, ohne Titel, ob Sie auch dann, wenn ich wagte. Ihnen meine Liebe zu gestehen, meiner Bewerbung um Sie Gehör schenken würden?" „Welch sonderbarer Einfall!" lachte fie laut auf. „Ja solchem Falle wären wir überhaupt doch nicht miteinander bekannt geworden. Mesalliancen haben fich noch nie als glücklich erwiesen. Meine eigene Familie weiß davon zu reden." „Ja, ja, ich erinnere mich," erwiderte er im Tone tiefsten Ernste». „Sie meinen die kurze Ehe Ihrer verstorbenen Tante, der Mutter Bertas." „Ja, und mein armer Großvater leidet ge rade jetzt hart unter dem letzten Schlag, der ihn aus derselben Quelle traf. Meine unglück liche Cousine ist, wie Sie wissen, verschwunden, und wenn man einem uns unter Diskretion zu gekommenen Gerüchte aus Hamburg Glauben schenken dürfte, ist ihr Betragen ein derart un würdiges, daß fie in unserm Hause nicht mehr erwähnt zu werden verdient." niemals neetigen, mir uff eenen fremden Klavier wat vorzuspielen. Nachdem wir Abendbrot jejessen hatten, setzte se sich ant Klavier und spielte eene Anzahl Stücke mit eene Fingerfertigkeit und Takt mäßigkeit, det ick janz hingerissen war. Wat soll ick Sie sagen, die Besuche wiederholten sich solange, bis ick mit mir eenich war und die Verlobung festjesetzt wurde, zu der eene Anzahl Be kannte, darunter noch een Paar musikalische, jeladen waren. Wir befanden uns nach det Essen in die behachlichste Stimmung und ick war orndlich stolz, als ick meine Zukünftije nachs Klavier führte, wo sie wat zum Besten jeden sollte. Merkwürdijerweise benahmen sich die deeden musikalischen Jäste janz uffallend dabei. Sie bekiekten det Klavier und meine Braut und wollten schließlich jar nich aus det Lachen raukkommen. Als meine Verlobte eben det zwcete Stück besonnen hatte, schrie eener plötzlich: „Fräulein, unter Ihren Sessel is eene Maus!" — Die anwesenden Damen quietschten und kreischten durchenandcr und meine Verlobte sprang mit eenen Satz von't Klavier wech uff den nächsten Stuhl: jleichzeitig brach een wüstet Gelächter aus, denn die Klavicrtasten bewejlen sich takimäßig weiter un et klimperte von alleene: „Det — macht — die — Berliner — Lust — Luft — Luft . . Et war nämlich een auto- matischct Instrument, wat ick aber nich jemerkt batte. Ick jeriet über die Blamasche so in Wut, det sich nachher die anjcklagte S-ene abspielte.—Herr Linder wurde zu LO Mk. Strafe und zum Schaden ersatz verurteilt. Vie Erforschung der Nordsee. Soeben ist ein sehr interessanter Bericht der englischen Mitglieder der internationalen Kom mission zur Erforschung der Nordsee erschienen. Diese Kommission verdankt ihre Existenz dem Bestreben, die Bedingungen der Nordseefischerei besser zu studieren. Die erste Anregung hierzu wurde vom König von Schweden gegeben und auf einer Konferenz in Stockholm im Jahre 1890 und dann in Christiania im Jahre 1901, die Grundlinie der Untersuchung festgelegt, die dann im Sommer 1902 begann. In der Kommission find neben Großbritannien und Deutschland auch Belgien, Dänemark, Finnland, Rußland, Schweden, Norwegen und Holland vertreten. Der Sitz der Kommission ist in Kopenhagen. Jedes Land verfolgt seine wissen schaftlichen Untersuchungen auf eigenen Schiffen für fich selbst. Der englische Bericht stellt fest, daß die Verteilung und Wanderung der Fische Zusammenhängen mit den verschiedenen Wasser strömungen der Nordsee. In die Nordsee ergießt fich nämlich warmes Salzwasser aus dem Atlantischen Ozean, kälteres und weniger salziges Wasser aus dem Norden, und Süß- wasser von sehr veränderlicher Temperatur aus den Flüssen und aus der Ostsee. Und diele Bestandteile der Nordsee find, je nach Ort und Saison, spärlich oder reichlich, verhältnismäßig rein oder verschiedenartig gemengt. Alles das ist auf die Fischerei von großem Einfluß. So zum Beispiel dürfte die HeringsfisLerei damit Zusammenhängen, daß die große Wasserströmung, die aus dem Atlantischen Ozean um den Norden Schottlands herumgeht, förmlich Gezeite bildet. Die Strömung nimmt an Stärke während des Winters zu und bedeckt dann und während des Vorfrühlings große Strecken der Nordsee. Mit Anbruch des Sommers aber wird diese Strömung überwältigt von dem wärmeren Wasser, das aus dem Osten fließt, sodaß die atlantische Strömung zurückweicht, um mit dem September wieder vorzudringen, während die östlichen Gewässer im September wieder ab nehmen. Eine Reihe von staristischen Tabellen, die seit Jahren von verschiedenen englischen und schottischen Seefischereien geführt werden, scheinen den Schluß nahe zu legen, daß fast jede Art Fisch in ihrem Vorkommen eine klare und regelmäßige jährliche Wiederkehr zeigt, so daß man saft alle Fischs als mehr oder weniger regelmäßig wandernd bezeichnen könnte. kumes ZUeriei. Ein Abergläubischer. Richter: „Wie ich aus Ihrem Strafregister ersehe, stehen Sie heute bereits zum dreizehnten Male an dieser Stells!" — Angeklagter: „Du meine Jüte!... Dat wird doch nich wat Schlimmes zu be deuten haben?" c,M°gg.q - -.7°.- Der Graf erhob fich rasch von seinem Sitz, der in ihm auffteiqende Zorn brachte ihn um seine momentane Fassung. Sein Ellbogen stieß dabei an eine nebendemDiwan aus einem Ständer befindliche Porzellanvase, die auf den Teppich fiel und zersplitterte. „O wie schade, die herrliche Vase I" rief er schreckt die Baroneß. „Das Unglück ist nicht so groß," äußerte der Graf, „ich ersetze fie Ihnen durch eine noch kostbarere. „Der Bruch da ist leicht zu heilen," setzte er mit finsterer Stirn hinzu, „ein gebrochenes Menschevherz bft nie mehr? „O, nicht um die Sachs ist's," sagte fie rasch ablenkend, „wissen Sie nicht, daß der Aberglaube sagt, wer Glas zerbricht, hat sieben Tage »der sieben Wochen Unglück?" „Ich Unglück?" lachte er, und die Hinzuge« fügten Worte klangen fast ironisch: „Wie kann denn ich unglücklich sein, dem das schönste der vornehmen Mädchen zugetan ist? Aber im Ernst, ich bitte um Entschuldigung meiner Un geschicklichkeit wegen. Aber wir sprachen von Ihrer Cousine, haben Sie denn niemals ver sucht, fie ausfindig zu machen? Es muß mich das interessieren, da ich Ihnen ehrlich gestand, daß ich einst für das Mädchen ein warmes Ge fühl hegte." „Sie ausfindig zu machen? — Nein, das ist doch zu viel verlangt. Warum lief fie davon? Sie soll, wie schon gesagt, in Hamburg sein, und ifl recht wohl imstande, fich selbst zu behüten. Ich bitte, lieber Karl, berühren wir die Sache nicht weiter." Wf r» lFortiedmm solat-l
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)