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politische Kuncischau. Dio Wirre« in Rußland. * Immer mehr Anzeichen sprechen dafür, daß einstweilen Witte mit seinen Reform- Ideen der Sieger ist. Er greift mit kräftiger Hand zu und läßt alle Beamte, die einer Mitschuld oder Anstiftung der gegen seine Reformen gerichteten neueren Straßenexzesse ver dächtig find, den Gerichten übergeben. Das Land beruhigt sich allgemach etwas. Sogar die neueste Matrosenrevolte in Kron stadt scheint abzuflauen, nachdem die be sonnenen Elemente der Schiffsmannschaften die Oberhand gewonnen haben und sämtliche Meuterer, von denen jeder zehnte Mann er schossen werden soll, verhaftet wurden. Das Ofstzierkafino der Stadt wurde vollständig zer stört ; der insgesamt angerichtete Schaden be trägt Millionen von Rubeln. — Alls Gerüchte, daß die Zarenfamilie in Peterhof selbst be droht sei, find unwahr oder in ihren Einzel heften aufgebauscht. *Der vielgehaßte General Trepow hat den erbetenen Abschied erhalten und ist zum Palastkommandanten emannt worden. An seine Stelle tritt der beim Volke weniger verhaßte Großfürst Nikolai Nikolafewitsch. Nikolai ist ein Neffe Alexanders II., hatte in seiner Jugend dumme Streiche gemacht und sich .falsch verheiratet." Er wurde deshalb nach Taschkent verbannt. Er scheint aber doch ein ganz tüchtiger Mensch zu sein, denn neuerdings hat ihn der Zar zum Chef der neugebildeten Landesverteidigungskommisfion emannt und vertraut ihm gar die militärische Sicherheit von Petersburg an. Lambsdorff, bisher Minister des Auswärtigen, wurde durch den bisherigen Botschafter in Kopenhagen, Iswolski, ersetzt. * Wie aus der Entlassung Trepows hervorgeht, ist Witte gegenwärtig einiger maßen Herr der Lage. Die von den Anhängem der alten Mißwirtschaft heraufbeschworene Gegenrevolution scheint machtlos ver pufft zu sein, nachdem fie leider in den bösen Tagen der ersten Übergangszeit noch Unheil genug angerichtet hat. Graf Witte hat aber versprochen, daß die Urheber der Greuel der verdienten Sirafe entgegengeführt werden sollen. Hoffentlich wird dabei energisch durchgegriffen und kein Schuldiger geschont, möge er noch so hoch stehen. Unter den kleinen „Reaktionären" in der Provinz muß ebenso aufgeräumt Verden, wie es jetzt unter den großen in der nächsten Umgebung des Zaren geschieht. (Pobjedonos- zew, Großfürst Wladimir, Trepow). *Jn einigen Städten des südlichen Ruß lands organisieren sich besondere Komitees zur Verbreitung friedlicher Gesin nungen, die sich zum Ziel gesetzt haben, Christen und Juden zu versöhnen. Das Leben nahm in folgenden Städten wieder seinen normalen Verlauf: in Sinferopol, Mofir, Jekaterinburg, Iwanowo-Wosnessensk, Dorpat, Odessa, Riga, Irkutsk, Wladimir, Pensa, Jeka- terinoslaw; die Arbeiter in Reval beschlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen. * Nachdem die politischen Forderungen Finnlands in allen Teilen bewilligt find, ist dort der große AuSstand beigelegt, die Geschäfte beginnen den normalen Lauf zu nehmen. * Auch für Polen soll die Selbstver waltung wie für Finnland erteilt werden. *Aus der japanischen Gefangenschaft ist Admiral Nebogatow nach Rußland zurück gekehrt. Er ist bekanntlich nebst seinen Offi zieren wegen der Übergabe seines Geschwaders bei der Seeschlacht in der Tsuschima- straße aus den Listen der russischen Marine gestrichen worden, erhofft aber von einer kriegs gerichtlichen Untersuchung seine Ehren rettung. * * Deutschland. *Der Kaiser und König Alfons kehrten von Springe nach Potsdam zurück. * Fürst Günter von Schwarzburg- Rudolstadt muß einer Erkrankung wegen für längere Zeit nach Italien und hat dem Staatsminister v. d. Recke die weitgehendste Vollmacht erteilt. Gegen die allgemeine Er wartung ist dem Adoptivsohne des kinderlosen Fürsten, dem Prinzen Sizzo, nicht die Regentschaft übertragen worden. * Der Bundesrat beschloß die sofortige Wiedereinbringung derMilitärpensions- Gesetzentwürfe im Reichstage. Die neue Fahrkartensteuer ist abgestust nach Wagenklassen und Entfernungen, unter Frei lassung des Vorortverkehrs und gewisser Zonen des Fernverkehrs für die 3. unv 4. Klasse. *Auf den deutschen Offiziers- ersatz find die russischen Wirren nicht ohne Einfluß geblieben. In den Listen der Kadetten ¬ anstalten und sonstiger MilitSrbildungsinftitute, die die jungen Leute für die Offizierskarriere für die Armee und Marine vorbereiten, find gegenwärtig viele Namen alteingesessener Familien aus den Ostseeprovinzen, Finnland Großfürst Nikolai Nikolajewitsch, der Nachfolger des Generals Trepow als Ober befehlshaber des Petersburger Militärbezirks. * Die allgemeine Lage in Deutsch- Südwestafrika ist nichts weniger als rofig. Hoffentlich verlaufen die jetzt begonnenen Operationen besser als letzten Monat im Westen. Major v. Estorff ist nach Osten gerückt gegen Hendrick, der bei Koes fitzen soll. Gegen Morenga find ebenfalls von drei Seiten her Truppen im Anmarsch. Die jüngsten Hiobs botschaften aus der Gegend, wo Morenga fitzt, haben gezeigt, daß die Hottentotten nicht an Frieden denken. Vor einigen Tagen ist die gesamte Besatzung der Heliographen-Station Oas, südlich Hasuur — 7 Mann — nieder geschossen worden. Näheres, ob die Station von Eingeborenen durch List oder Verrat ge nommen wurde oder ein Gefecht stattgefunden Lat, ist nicht bekannt. Offenbar waren es Morenga-Leute, wie auch das Abtreiben der sämtlichen Pferde und Esel der Kompanie von Erckert — 250 Stück — einige Tage vorher von Morengas Bande ausgeführt sein soll. * In Ostafrika haben fich mehrere auf ständische Häuptlinge unterworfen. Es scheint sonach, als ob die Ruhe nach und nach dort einkehren wollte. Österreich-Ungar«. *Um die Forderung nach dem allge meinen Wahlrecht zu unterstützen, wenden die österreichischen Eisenbahner die Obstruk tion an, d. h.: fie befolgen die Dienstvor schriften so genau, daß aller Eisenbahn verkehr ins Stocken zu geraten droht. Wahrscheinlich wird es darüber, wie früher schon in Italien und neuerdings in Rußland, zu einem allgemeinen Eisenbahner streik kommen. *Graf Goluchowski, den eine Ab ordnung der israelitischen Vereini gung um seine Vermittelung in Sachen der russischen Judenmetzeleieu bat, lehnte wie Roosevelt eine Einmischung ab mit der Begründung, die Regierung könne fich in die inneren Angelegenheiten Ruß lands nicht einmischen. Frankreich. *Die franzöfische Deputierienkammer sprach der Regierung mit 163 Stimmen Mehrheit das Vertrauen des Hauses aus. In der Kammer- fitzung erklärte der Kriegsminister Berteaux, sein Amt niederlegen zu wollen. England. * Kaiser Wilhelms Geschenke an König Eduard zu dessen Geburtstag (9. November) find in vier großen Kisten in London eingetroffen. * Bei einem Bankett erklärte der erste Lord der Admiralität, Earl Cawdon, die Verwaltung könne jetzt im Verlaufe von wenigen Stunden die Stärke der Kanalflotte auf 15 Schlachtschiffe erhöhen. Schweden. * Der König von Schweden hat be schlossen, daß Schweden in diplomatischen Verkehr mit Norwegen trete. Amerika. * Die Festungsgarnison vonSantaCruz (Brasilien) hat sich, anscheinend ohne politischen Grund, empört. Die Regierung hat energische Gegenmaßregeln getroffen. Die Festung ist von Kriegsschiffen umzingelt, damit die Zöglinge der Militärschule, die fich gleichfalls empört haben, fich nicht mit den andem Aufständischen ver einigen können. Die Regierung übt Zensur über die abgehenden telegraphischen Nachrichten. und Polen verzeichnet, deren Söhne in ruhigen Zeitläuften zur russischen Armee überge treten wären. Wie verlautet, sollen auch bereits zahlreiche Anträge auf Naturalisierung oder auf Anerkennung der an russischen Schulen erworbenen Zeugnisse den zuständigen Zivil und Militärbehörden vorliegen. *Der Landrat des Kreises Kattowitz ist er mächtigt worden, nach freiem Ermessen in Fällen einer Bedrohung der Grenze durch Ausständige oder Revolutionäre sofort ausreichende Militärabteilungen zum Schutze Herbeizumfen. Spaniens MeltsteUung. Spanien lenkt seit längerer Zeit wieder ein mal die Aufmerksamkeit der Welt durch den Umstand auf fich, daß auf seinem Boden binnen kurzem die Marokkokonferenz stattfinden wird, durch die die Geschicke des Scherifenreiches bis auf weiteres entschieden, seine inneren Verhält nisse geregelt werden sollen. Da diese Ent scheidungen für Spanien von hoher Bedeutung find, so wird Spanien nun seine Rechte und Ansprüche an die Regelung der Verwaltung Marokkos geltend zu machen haben, abgesehen davon, daß seine Vertreter doch ohne Zweifel den Vorsitz auf dieser wichtigen Konferenz zu führen haben werden. Damit drängt fich aber natürlich auch die Frage auf, welche Stellung Spanien heute im Völkerkonzert einnimmt, welches Ansehen dieser Staat bei den Groß mächten genießt. Die Tatsache, daß Frankreich und England über das Spanien erteilte Recht der Beauf sichtigung Marokkos in geringschätziger Weise hinweggingen und es nachträglich erst durch unbedeutende Zugeständnisse für ihre Abfichten zu gewinnen und seine Verstimmung zu be schwichtigen suchten, zeugt wahrlich nicht von einem hohen Grade von Achtung, und wenn Spanien nun zu seinem ihm zustehenden Rechte gelangt, so hat es dies nur dem Vor gehen Deutschlands in dieser ernsten Angelegen heit zu danken. Daß es fich eine so gering schätzige Behandlung mhig hat gefallen lassen, zeugt anderseits von einem bedenklichen Gefühl der eigenen Schwäche. Was ist aus der einstigen weltbeherrschenden Macht heute ge worden! Die Geschichte des Niedergangs Spaniens von seiner Weltmachtstellung um 1550 bis zu der bescheidenen Stellung, die es heute einnimmt, enthält überaus ernste Lehren und Mahnungen. Dieser Verfall ist eingetreten durch eigene Schuld, nicht durch die andrer. Wenn andre selbst in den trostlosen Zetten des spanischen Erbfolgekrieges und in denen eines Karl IV. in die Geschicke Spaniens einzu greisen versuchten, so ermannte fich das ganze Volk und wies die Eindringlinge zurück, so erhob es fich gegen einen Bonaparte und brachte seinen erprobten Heeren und Feldherren schwere Niederlagen bei, die die ersten dunklen Schatten waren, unter denen der glänzende Stern Napoleons erbleichte. 1880 noch hätte Frankreich sicherlich nicht wagen dürfen, Spanien so zu behandeln, wie es das durch den Vertrag mit England getan hat. Man durfte hoffen, und Freunde Spaniens hofften wirklich, dieser Staat würde, nach der furchtbaren Katastrophe von 1898, nachdem er im Kriege gegen Amerika feine letzten Kolonien verloren hatte, fich auftaffen, fich befreien von den Schäden, unter deren Wirken es so tief gesunken ist — leider haben fich diese Er wartungen nicht erfüllt und das Bild, das fich dem heutigen unparteiischen Beobachter und Beurteiler in dem spanischen Staate darbietet, ist ein äußerst betrübendes, wenig hoffnungs volles für den jungen König, der seine Geschicke lenken soll. Fürchterliche Kämpfe im Innern, die das ganze 19. Jahrhundert ausfüllen und nicht zuletzt der Dünkel, sich immer selbst genug, allein genügend stark zu sein, haben Spanien verhindert, mit den nordischen Mächten geeignete Bündnisverträge einzugehen. Sich in Portugal einen zuverlässige« Bundesgenossen zu schaffen, vermochte Spanien nicht, weil es nicht über die kleinlichen Gegen sätze hinwegkommen konnte, die zwischen beiden Völkern seit der Gründung Portugals bestanden haben. England hat fich ost bemüht, freund schaftliche Beziehungen mit Spanien anzubahnen. Die Eifersucht deS letztem auf die engen Ver bindungen Portugals mit England, der Arg wohn, daß England Spanien für seine Zwecke ausbeuten würde, hat es immer bewogen, die Werbungen Englands abzulehnen. Frankreich galt in den Augen der Fortschrittler und Republikaner Spaniens stets als der Herd aller Bildung; die Monarchisten und Konser vativen aber konnten fich nicht zu engerem Bündnis mit der Republik entschließen. Das neue Italien endlich schien aus mehr als einem Grunde den Spaniern ungeeignet zu einem Bündnis. Innerlich ungefestigt und zerrüttet, politisch alleinstehend, ist die Stellung, die Spanien zur zeit in der Reihe der Kulturstaaten einnimmt, eine von der früheren sehr verschiedene und unbedeutende. Man darf nun gespannt sein, welche Haltung es auf der Marokkokonferenz einnehmen, inwieweit es dort Deutschland unter stützen oder ob es fich Frankreich anschließen und welchen Nutzen es für fich aus dieser An gelegenheit ziehen wird. K Maläfnecke. 22j Roman von Adalbert Reinold. (Fortsetzung.) Die Portiöre schlug auseinander, Baroneß Ida stand vor dem Grafen in dem vollen Glanz einer bezaubemden Toilette, in ver führerischer Schöne der Jugend, v. Rohden konnte keine Spur von Erregung an ihr ent decken — stolz, mhig, imponierend trat fie ihm entgegen. „Entschuldigen Sie, liebster Karl l" sagte fie, ihm die Hand reichend. „Haben Sie schon auf mich gewartet?" „Einen Moment," war die Antwort, und der Graf schlug, ob der Notlüge, die Augen nieder. „Aber wie bleich Sie find, Karli" meinte Ida doch. „Mich fröstelt ein wenig," erwiderte er, „der Abend ist kühl." „Der Großpapa wünschte mich zu sprechen," erklärte fie dann beim Hinausschretten zum Wagen. „Der alte Mann wird immer seltsamer, nun, er ist wirklich in dem Alter, wo die Leute kindisch werden sollen." 13. Hauptmann Rheinsberg war begraben. — Er hatte Frieden gefunden; er whte nach seinem Wunsche jetzt an der Seite seiner ge liebten Gattin an derselben Stätte auf dem kleinen Dorffriedhof, wo er im Leben fast täglich eine Stunde wellte und der teuren Toten gedachte. Mit dem Nachlaß des Verstorbenen war es für Berta traurig bestellt. Die Pension erlosch mit dem Tode des invaliden Hauptmanns. Das Waldhäuschen, zu dem keine Ländereien gehörten, wäre schwer verkäuflich gewesen; unter den Hammer gebracht, konnte es nur ver schleudert werden. Das einfache Mobiliar war dazu zu unmodern und würde ebenfalls nur einen geringen Erlös gebracht haben. Als ein wahres Glück für diese Waise mußte es somit angesehen werden, daß fich eine Bar schaft von 500 Talem vorfand. Das Oberförster-Ehepaar nahm fich, ebenso wie der alte Arzt Doktor Feldtmann, Bertas aufs freundlichste an. Die gutherzige kleine Frau Kühns bot in voller Übereinstimmung mit ihrem Manne ihr Zuflucht und Unterhalt im Försterhause an. Berta wies dankend, aber bestimmt das gewiß gutgemeinte Anerbieten ab. Doktor Feldtmann unterrichtete fie aufs schonendste von dem schweren pekuniären Ver lust, den fie durch den Konkurs des Bank hauses Behrendfeld und Sohn erlitt — ihr Vermögen, das ihr seliger Baler so sicher an gelegt glaubte, war ihr geraubt und selbst die Hoffnung eine sehr geringe, daß aus der Konkursmasse fich zugunsten der Gläubiger eine Teilzahlung ergeben würde. Die Masse sollte eine geringe sein, da der jetzige Firmen- inhaber die gewagtesten Börsenspiele getrieben und kolossale Verluste gehabt haben sollte. In den Rest würden fich, wie immer, Gerichte und Advokaten teilen. So unglücklich gestaltete fich die Lage Bertas. — Aber diese verlor nicht den Mut, fie zeigte vielmehr eine unerwartete Energie. Die schweren Schicksalsschläge, die fie be troffen, ihr alles raubten, was ihrem Herzen lieb und teuer war, hatten fie, statt verzweifeln zu lasten, wundersam gestählt. Das brave Mädchen gedachte der Worte ihres Vaters. — Es galt den Kampf aufzunehmen, den Kampf ums Dasein, und fie fühlte, fie mußte ihm ent gegentreten, allein, ohne fremde Hilfe. Sie beschloß kurzerhand, nach der Residenz zu gehen. — In der Weltstadt mit ihren fast zwei Millionen Einwohnern verschwand fie so zusagen, und nicht schwer würde es ihr fallen, so glaubte fie, eine Stellung als Gouvernante zu finden, wofür ihre sorgfältige Erziehung und Kenntnisse fie qualifizierten. Sie vertraute fich Doktor Feldtmann an, ließ fich aber von diesem zugleich das Ver sprechen geben, die strengste Verschwiegenheit über ihren Lebensplan, auch über ihren Aufent haltsort gegen jedermann zu bewahren. — Zugleich übertmg fie ihm eine Vollmacht, ihre Interessen in ihren Vermögensverhältnissen wahrzunehmen, wozu er fich ihr bereitwilligst erboten hatte. Daß der Graf von Rohden um ihre Hand angehalten, verschwieg fie auch dem Arzt, und ängstlich vermied fie, dem ihr sonst so lieben alten Oberförster-Ehepaar von ihrem Vorsatz Kenntnis zu geben, — weil fie eine Annähe rung von Eduard befürchtete, und eine solche Begegnung wollte fie unter allen Umständen vermeiden. Sie ordnete ihr kleines Hauswesen, wobei fie alles in dem Zustande ließ, wie es war, so daß fie jeden Tag wieder ihren Einzug zu halten vermochte, und übergab die Schlüffe! dem Arzt Doktor Feldtmann. Von dem Oberförster-Ehepaar nahm fie brieflichen Abschied unter herzlicher Beteuerung, das Försterhaus in treuem Andenken lieb und wert halten zu wollen. Als Berta in der Residenz anlangte, suchte fie fich eine bescheidene Wohnung, die fie, aller dings nur zu einem unerwartet hohen Miets preise, bei einer Witwe fand. Entschlossen ging fie dann ans Werk. Di« großen Annoncenblätter der Residenz find voll von Stellenangeboten — es gibt aber noch viel mehr Stellensuchende. Sie gab Offerten über Offerten ein, ohne daß dieselben berücksichtigt wurden. Aber das energische Mädchen ermüdete nicht, bis fie end lich auf eine der vielen neu eingegebenen Offerten einen Bescheid erhielt. Es war eine Kausmannsfamilie, welche für ihre vier Kinder eine Gouvernante suchte. Berta gefiel auch der Kaufmannssrau, und nachdem fie ein förmliches Verhör über sich ihrer Vorlebens wegen hatte ergehen lassen müssen, fragte die Dame: „Sie haben in Ihrem Offertbriefe ganz überfehen, uns Referenzen aufzugeben; ich pflegt nur Personen zu engagieren, welche die besten Empfehlungen bekannter Herrschaften besitzen. Unbekannt mit dem Getriebe der Welt, hatte Berta garnicht daran gedacht, daß man der gleichen Anforderungen an fie stellen würde-