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ganze Fleischrut nur noch zu den Dingen ge hören, deren man sich nicht gern erinnert. Aus Württemberg wird nämlich noch dazu geschrieben: Zwar nicht die Regierung, wohl aber das Statistische Landesamt bat sich in einem ausführlichen Artikel zur Fleisch teuerung geäußert. Der Artikel gibt der ganz bestimmten Hoffnung Ausdruck, daß sich in Bälde ein Wechsel auf dem Fleischmarkt vollziehen werde, ohne daß außerordentliche Maßregeln notwendig würden. Das Statistische Landesamt ist fest überzeugt, daß die gegen wärtige Fleischteuerung ihre Ursache nicht in einer ungenügenden Leistungsfähigkeit der heimischen Viehzucht hat, sondern auf vorübergehend wir kende Umstände zuiückzuMren ist und zwar auf die mangelhafte Kartoffel- und Fusterernte des vorigen Jahres. Dadurch sei eine Steige rung der Futtermittelpreise und eine Er höhung der Kosten der Viehproduktion be wirkt worden, die schließlich auch in den Fleischpreisen zum Ausdruck kommen mußte. Da in diesem Jahre eine gute Kartoffelernte zu erwarten, da der erste Futterschnitt sehr gut ausgefallen sei und da auch der zweite Schnitt besser sein werde als im vorigen Jahr, so werde die neueste Hochflutwelle der Fleischpreise sehr bald eine rückläufige Bewegung nehmen. ! > -> > .SS-----------SS— Von und fern. Die Enthüllung de« Moltke-Denkmals i« Berlin wird am 26. Oktober, dem 105. Ge burtstage des Feldmarschalls, stattfinden. Das Monument ist eine Stiftung des deutschen Heeres. Die im großen Maßstabe geplante Feier wird daher vorwiegend militärischen Charakter tragen. Vom Riff befreit. Der am Kent-Rifs bei Singapore festgekommene deutsche Kreuzer „Seeadler" ist unbeschädigt und ohne fremde Hilfe wieder losgekommen. Das Schiff setzte die Reise nach Ostastika fort. Einige neue Cholera - Erkrankungen wurden zwar auch am Sonntag und Montag gemeldet, doch scheint dank der umfassenden Vorfichts- und Vorbeugungsmaßregeln der Polizei- und Medizinalbehörden die weitere Ausbreitung der Seuche unterbunden zu sein., Eine große Feuersbruust wütete auf dem dem ReichStagsprSfidenten Grafen Balle« strem gehörigen Gute Neu-Ruda. Eine Scheune, ein Getreidespeicher und ein Maschinenschuppen mit sämtlichem Inhalt an gedroschenem und ungedroschenem Getreide und zahlreichen Ma schinen wurden vernichtet. Der Schaden an ungedroschenem Weizen allein beträgt 14 000 Mark. Die Scheune soll angeblich vorsätzlich in Brand gesetzt worden sein. WohltStigkeitsstifmng. Der kürzlich ver storbene Rentner Nauen, der bereits vor mehreren Jahren ein Erholungsheim für katholische Fabrik arbeiterinnen gestiftet hatte, hat seiner Vaterstadt Viersen 100 000 Mark zur Gründung eines Altersheims vermacht. Ein blutiger Bruderzwist hat sich in Köln abgespielt. Seit längerer Zeit bestanden zwischen zwei Brüdern Meinungsverschieden heiten wegen einer Erbschaftsangelegevheit. Am Sonntag kam eS wiederum zu einem leb haften Streit. Der ältere Bruder griff zu» Revolver und feuerte mehrere Schüsse auf den jüngeren ab. Dann richtete er die Waffe gegen sich selbst und brachte sich gleichfalls eine tödliche Schußwunde bei. Beide Brüder be finden sich schwerverletzt im Krankenhaus. Auf dem Mai« getentert ist das mit vier Personen besetzte Ruderboot des Bankiers Keßler aus Frankfurt a. M. Bankier Keßler und ein Begleiter konnten sich retten, zwei junge Anverwandte Keßlers ertranken. Typhus-Epidemie. In Laar (Provinz Hannover) ist eine Typhusepidemie ausgebrochen. Als Ursache gilt schlechtes Brunnenwasser. Ehe-Tragödie. In Prenzlau gab der Arbeiter Wolter bei einem Familienzwist auf seine Ehefrau drei Revolverschüsse ab und machte dann einen Selbstmordversuch. Beide sind lebensgefährlich verletzt. > - SS——— - — ————« prüfend, dann aber mit dem vollen Ausdruck eines Mannes haften blieb, wie ihn nur ein liebendes Herz durch das Auge zu er kennen gibt. „Sie find an der Reihe, lieber Doktor,' erinnerte Rheinsberg seinen Spielgegner, und dieser machte fast gedankenlos einen Zug. „Da blase ich Ihnen eine Figur," lachte Rheinsberg. „Sie hätten ja meinen König schlagen können, wenn Sie einen geschickteren Zug machten. Sie find heute abend nicht bei bei Sache, und Ihr Spiel ist so gut wie verloren. Ich schlage vor, wir hören für dieses Mal auf. — Wenn Berta fich von ihrer Waldtour er- , holt hat, musiziert ihr vor dem Abendessen noch ein wenig, Kind. Und wenn ihr mir einen rechten Gefallen tun wollt, so singt unS Berta eins der herrlichen Meudelssohnschen Lieder und Sie, lieber Eduard, begleiten." Die jungen Leute erfüllten den Wunsch- Berta besaß eine melodische, wenn auch nur kleine Stimme. Es lag, wenn die Peilen der Mendelsohnschen Musik aus ihrem Munde her« vorquollen, die seelenvollste Empfindung in ihrem Sange, wundersam wirkte die einfache, fast kindlich zu nennende Vortragsweise aui dle Herzen der Zuhörer. Berta sang, und der junge Advokat be« gleitete auf dem Piano. Die beiden Wachslichter an dem Instrument verbreiteten ein fairstes Dämmerlicht in dem weiten, traulichen Zimmer. Eins der Flügelfenster war geöffnet, der balsamische Duft von Blumen und Blüten drang, die Sinne berauschend, durch dasselbe polinscke Kunälckau. Zum Friedensschluffe. * Die Ruhe in Tokio ist zwar wieder hergestellt, aber die Regierung traut dem Frieden nicht so recht, überall stehen noch Militär patrouillen. In den Provinzen kommen immer noch vereinzelt Ruhestörungen vor. Das Ministerium Katsura wird dem Volksunwillen weichen müssen. * Während sonst ein Waffenstillstand dem Frieden vorausgeht, ist es in Ostafien anders gemacht worden. Der Friede war schon geschlossen, als es auf dem Kriegsschauplätze immer noch kleinere Gefechte gab. Nunmehr hat der japanische Generalissimus Oyama den russischen Oberkommandierenden Lenewitsch durch einen Parlamentär ersuchen lassen, für den Ab schluß eines Waffenstillstandes einen Bevollmächtigten zu emennen. Japanischerseits ist der Generalstabschef Oyamas, der General Fukuschima als Bevollmächtigter ausersehen. * Der japanische Friedensbevollmächtigte Baron Komura ist in New Jork plötzlich an einem inneren Leiden erkrankt. * Die Generale Nogi und Nodzu haben angeblich ihre Entlassung erbeten, umProtest gegen den Frieden einzulegen. * Prinz Friedrich Leopold von Preußen, der während der letzten Monate dem Mandschureifeldzuge im russischen Haupt quartier beigewohnt hat, wird nunmehr in nächster Zeit die Heimreise antreten. * * * Deutschland. * Der Kaiser verlieh dem Reichskanzler Fürsten Bülow anläßlich der Parade über das 8. Armeekorps den Charakter als Generalmajor. Beim Parademarsch hatte Fürst Bülow daS Königs-Husaren-Regiment (aus Bonn) bei dem Kaiser vorbeigeführt. *Die Nachrichten über neue Reichs steuern verdichten sich allmählich dahin, daß ausländische Zigaretten ziemlich be deutend herangezogen werden sollen; auch die Meldungen von einer Reichs «Erbschafts steuer erhalten fich. *Aus den verschiedensten Gegenden des Reiches liegen wieder Kundgebungen gegen die FIeischnot und für Öffnung der Grenzen vor, so aus Pirna, Riesa, Mittweida, Eibenstock im Erzgebirge, Schmölln, Schneeberg, Mülhausen i. Els., Karlsruhe und Wandsbek. Die Verhandlungen wegen des aus gleichem Anlaß nach Berlin zusammenzuberufeuden Städtetages find lebhaft im Gange. * Der starkc Wtderstand, der sich in der Öffentlichkeit gegen die beabsichtigte Personen tarifreform erhoben hat, scheint an den ent scheidenden Stellen nicht ohne Eindruck zu bleiben. Für den Monat September sind jetzt neue Er hebungen angeordnet worden. Diese beziehen fich nach einer der ,Frank. Zig.' gewordenen Mitteilung auf die im Staatsbahnverkehr Preußens verkauften einfachen und Rückfahrkarten erster bis dritter Klaffe, wobei genau zu scheiden find die Ent fernungen von 1—30 Kilometer, 31—100 Kilometer, 101—300 Kilometer, 301—600 Kilometer und über 600 Kilometer Fahrkarten für MtlitSrpersonen und Kinder. Sonntags- und Zeitkarten bleiben außer Betracht. EL kommen nur die für den StaatS- bahnverkehr gelösten Karten in Ansatz; Karten für Bayern, Württemberg, Baden usw. werden nicht milberücksichtigt. Sollten diese Erhebungen den Zweck haben, als Grundlage für neue Reform vorschläge zu dienen, so würde das nur mit Freuden zu begrüßm sein. *Jn Deutsch - Ostafrika werden unsre Truppen, die mit dem Dampfer „Körber" in Dar es Salam eingetroffen find, einen schweren Stand haben. Selbst der Gouverneur der Kolonie, Graf Götzen, hat mit seiner Meinung nicht zurückgehalten, daß wir uns auf eine lange Dauer von Wirren in Ostafrika ge faßt machen können. Schwieriger als in unsrer füdwestafrikanischen Kolonie liegen hier die Dinge insofern, als das Klima Ostafrikas mit seinen Fieber erzeugenden Insekten ein Faktor ist, mit dem man in Südwestafrika nicht zu rechnen brauchte. Österreich-Ungar«. * Die ungarische Krise ist auf ihrem Höhepunkt angelangt. Ministerpräsident Fejervary hatte den Plan gefaßt, der langen Krise damit ein Ende zu machen, im Parlament das allge meine und geheime Wahlrecht durchzuführen, zu welchem Zwecks der Ministerpräsident auch mit den Sozialdemokraten Fühlung nahm. Diesen Plan hat der Ministerpräsident der Krone zur Genehmigung vorgelegt. Kaiser Franz Joseph hat nunmehr seine Zustimmung zur Einbringung des Gesetzentwurfs über das allgemeine Wahlrecht für den ungarischen Reichstag nicht erteilt. Man nimmt daher an, daß das Entlassungsgesuch Fejervarys nicht lange auf fich warten lassen wird. Graf Götzen, Gouverneur von Deuisch-Ostafrika. Frankreich. "Herr Millerand, der französische Ex- minister, hat eine Reise nach Berlin ange treten. Die Reise bezweckt daS Studium der deutschen sozialpolitischen Einrichtungen. England. * In Portsmouth fanden wieder einmal sehr interessante Manöver statt; man versuchte nämlich, ob es möglich sein würde, diesen be- deutendstenKriegshafen an der eng lischen Küste zu sperren, wie das in Port Arthur von den Japanern durch Versenken von Schiffen ausgeführt wurde. Zu diesem Zweck opferte die Admiralität das alte Kanonenboot „Rattlesnake", das in dem oberen Teil des Hafens in Grund gebohrt wurde. Dies geschah durch einen Offizier der Sprengschule mit Hilfe einiger Minen. Dieselben bestanden aus je einem Zentner Schießbaumwolle und wurden an den unteren Teil des Schiffes befestigt und mit Hilfe von Elektrizität gesprengt. Sobald der Strom angestellt wurde, gab es eine furchtbare Explosion, allerhand Sch'ffsteile flogen in der Lust umher und der Hauptteil verschwand im Wasser. Nunmehr soll untersucht werden, inwie weit der Verkehr dadurch gehindert wird. Italien. * König Viktor Emanuel hat sich in die vom Erdbeben heimgesuchten Provinzen seines Landes begeben. Tyanien. * Die spanischen Wahlen haben am Sonn tag stattgefunden. Soweit fich bis jetzt über sehen läßt, sichern die Wahlen der Regierung eiye erhebliche Majorität in den nächsten Cortes. — Die Wahlen riefen in vielen Orten Unruhen hervor. Bei einem Zu sammenstoß zwischen Katholiken und Republi- kanern in Valence wurden ein junges Mädchen getötet und mehrere Personen verletzt. Weitere Ruhestörungen fanden in Leres, Arcos, Lorca, Baenza und Saragossa statt, doch ist die Ord nung überall wiederhergestellt. Rußland. "Die russischen Gerichte arbeiten jetzt mit Hochdruck; es gilt der Aburteilung der massen haften Verschwörer. Die meuterischen Matrosen des „Pobjedouoszew" standen dieser Tage vor ihren Richtern; drei der Angeklagten wurden zum Tode, 19 zur Zwangsarbeit, 33 zur Einreihung in die Arrestantenkompanien verurteilt, während die übrigen freigesprochen wurden. — Kulikowski, der Mörder des Mos kauer Stadthauptmanns Grafen Schuwalow, ist vom Zaren zu lebenslänglicher Zwangsarbeit begnadigt worden. * In Warschau ist am Montag abermals der Generalstreik auSgebrochen. * Die finnischen Zollbehörden haben auf einer öden Insel im Bottnischen Meerbusen 33 Kasten, enthaltend 660 Kavallerie- Karabiner mit Bajonetten und 60 Kasten mit 122 000 Patronen entdeckt. Die Kara biner haben das Kaliber 10 Millimeter, find schweizerischen Fabrikats und find meist schon gebraucht. "In den Städten des Kaukasus wird der Zustand wieder beruhigter; Hunderte der Aufständischen find gefallen und die meisten übrigen haben fich vor dem anrückenden Militär auf das Land hinaus geflüchtet, wo sie ihre Räubereien fortsetzen; dazu gehören vor allem die Arbeiter der niedergebrannten Naphtha brunnen in Baku, die der Hunger zum Räuber handwerk treibt. Viele Armenierdörfer wurden niedergebrannt, Hunderte von Personen er mordet. Da sich 4000 bewaffnete Kurden aus Persien den aufständischen Tataren ange schlossen haben, find regierungsseitig Verhand lungen mit Persien eingeleitet worden. Balkanstaate«. "Die Aufständischen auf Kreta sind gegen die Russen sehr erbittert. Der russische Kommandant nimmt nämlich gegenüber den Aufständischen, eine energische Haltung an. Vielfach wird behauptet, daß der Aufstand, wenn die Kommandanten der übrigen Kontingente die gleiche energische Haltung an den Tag ge legt hätten wie die Russen, nicht solchen Um fang angenommen hätte und heute möglicher weise schon unterdrückt wäre. In jüngster Zeit find die Aufständischen gegen die Russen ins besondere deswegen sehr erregt, weil die Auf stellung der „Bürgerwehren" (Banden der Regierungspartei) unter Mitwissen und Hilfe des russischen Kommandanten geschah. Die Aufständischen haben gegen das Verhalten des letzteren einen Protest an die Generalkonsulate der Garantiemächte gerichtet. Aste«. * Die Japaner haben jetzt, kurz nach der Einstellung der Feindseligkeiten, einen schweren Verlust erlitten. Das Flaggschiff des Admirals Togo, das große Schlach t schiff „Mikasa", ist mit Mann und Maus unterge gangen. Wie amtlich belanntgegeben wird, war an Bord des Panzers Feuer ausgebrochen, das die Pulverkammer erreichte. Ehe die Besatzung fich in Sicherheit bringen konnte, explodierten die ungeheuren Mengen von Pulver und Munition. An Bord des Schiffes befanden fich zur Zeit der Katastrophe 599 Mann. Die „Mikasa" war ein Panzer erster Klasse mit 83 774 Tonnen Gehalt, 276 Geschützen und 3372 Mann Besatzung. Amtliche Erhebungen über die Aeischteuerung. Über den Umfang, die Ursachen und die Wirkungen der Steigerung der Fleischpreise, namentlich der des Schweinefleisches, sowie über ne Aussichten für die weitere Preisbildung hat das Preuß. Landwirtschaftsminifterium die Land wirtschaftskammern und die Regierungspräsidenten Zum Bericht aufgefordert. Unter anderm sollen ne Regierungspräsidenten für 60 ihnen namentlich bezeichnete Städte die Zahl der Schlachtungen in den öffentlichen Schlacht- ;Lusern und, soweit dort Schlachtviehmärkte abgehalten werden, auch die Austriebszahlen auf diesen Märkten festftellen. — Das kommt etwas spät. Und bis diese Berichte an der Zentralstelle einlaufen, wird hoffentlich die Ot: AlLläfrieäe. bl Roman von Adalbert Reinold. (Fortsetzung.) „Ich hatte bisher niemals Liebe empfunden," fuhr der Graf fort, „jetzt glaubte ich, betört von den Reizen Ihrer Cousine, dies schöne Wesen zu lieben, und doch war ich uneins mit mir selbst. Ich floh bei erster Gelegenheit die Stadt, um in stiller Waldeinsamkeit mir selber klar zu werden. Da sah ich Sie — und von dem Augenblick an verdrängte Ihr Bild das Ihrer stolzen schönen Cousine. Aber ich fürchtete nur abermalige Täuschung meiner selbst, und deshalb kämpfte ich gegen daS mich überkommende Gefühl. Vergeblich — Sie oder keine I So steht es in meinem Herzen ge schrieben — fest gegraben wie in Erz — und so erwarte ich das Urteil aus Ihrem lieben Munde zu hören, — ob auch Sie eine Zu neigung zu mir fühlen, ob Sie meine Liebe er widern können und Glück und Leid, wie eS nun verborgen in der Zukunft liegen mag, mit mir teilen wollen." Dor fich hinstnnend, saß Berta da, — dann hob sie den Kopf, und, den jungen Mann wieder anschauend, sagte ste: „Es ist vielleicht sehr unrecht, was ich sage — aber der schwache Mensch kann sein Gesühl nicht gewaltsam ertöten. Lassen Sie es genug sein, wenn ich Ihnen gestehe: Mein Herz ist froh und leicht, feit ich weiß, daß Sie nicht mit meiner Cousine verlobt find." * * Der Abend dämmerte — ein sanfter, bläu licher Nebelschleier färbte den Wald dunkler, leise murmelnd plauderte die silberne Quelle, geheimnisvoll rieselte der schmale Bach, die Vöglein alle im Walde schwiegen. — Da plötz lich ertönte der Wundersang der Nachtigall, der zaubrischen Sängerin, die nur ihre Eden-Melodie ertönen läßt, wenn alle andern schweigen. Und wie die Vöglein alle der wundersamen Weise der Sängerin im grauen Gewände lauschten, während die Welt ringsum träumte, so war auch selige Ruhe über das junge Paar auSgegoffen, und sie horchten, wie es tief aus ihrem Herzen hervorquoll, das Wort: Wie lieb ich dich hab', und voll süßen Schauers lauschten und vernahmen sie den Nachtigallengesang — den ewigen Akkord liebdnder Seelen. Sie waren glücklich, ohne auch nur ein Wort weiter zu tauschen. Nur ihre Hände ruhten ineinander. Die ganze Welt erschien ihnen als das uralte Paradies. Kein Hauch trübte ihr junges, reines Glück. Es war Abend geworden. Berta betrat ihr Vaterhaus. In dem Vorgarten blieb ste stehen. Es war bereits Licht im Hause angezündet, ihr Vater mutzte also zuiückgekommen sein. Er war am Nachmittag nach Liliental gefahren, wo er den Sohn seines alten Freundes, des Ober försters, einer Geschäftsangelegenheit wegen hatte konsultieren wollen. Berta war es gar seltsam ums Herz. Sie hätte aufjauchzen mögen vor Glück und Wonne, und doch schritt sie zagenden Mutes, be ¬ klommenen Herzens, zögernden Schrittes dem Hause näher. Als sie inS Gesellschaftszimmer trat, durch daS ste gehen mußte, um in das Wohnzimmer zu gelangen, erblickte sie hier zwei Personen so emsig beim Schachspiel vertieft, daß sie das Nahen BertaS gar nicht bemerkten. Berta nahm all ihre Fassung zusammen, fühlte aber, als sie, ins Zimmer tretend: „Guten Abend, lieber Papa, guten Abend, Eduard!" sagte, daß ihre Wangen enöteten. Die Männer blickten beide rasch vom Schach brett auf. Der junge Advokat Eduard Kühns erwiderte freundlich den Gruß. Der Hauptmann ergriff die dargereichte Hand seiner Tochter, er blickte mit Stolz und Freude seinem einzigen Kinde ins Gesicht. „Ei, wie frisch und fröhlich mein Liebling ausschaut," sagte der glückliche Vater. „Die frische Luft beim Abendspazieren wirkt wohl tätig auf mein Töchterchen. Glaubtest mich wohl noch nicht wieder zurück von Liliental?" „Ich glaubte dich beim Oberförster einge- kehn, lieber Papa," entgegnete etwas verlegen Berta. „Habe ich auch begrüßt," antwortete ihr Vater, „unser Doktor hat mich von Liliental her begleitet. Der Oberförster hatte es aber eilig und seine Frau war auf einem Kranken besuch, deshalb siehst du mich mit unserm Freunde hier bereits beim Schach." Während der Hauptmann dies zu seiner Tochter sagte, betrachtete der Advokat das Mädchen mit einem Blick, der zuerst wie