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Allgemeiner Anzeiger : 04.10.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190510047
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19051004
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1905
-
Monat
1905-10
- Tag 1905-10-04
-
Monat
1905-10
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 04.10.1905
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politische kunäfchau. Deutschland. * Der italienische Minister des Auswärtigen, Tittoni, hat sich zum Besuch beim Reichs kanzler Fürsten Bülow in Baden-Baden an melden lassen und dürfte inzwischen bereits dort eingetroffen sein. * Trotz der wachsenden Mehreinnahmen aus der Branntwein-, Zucker- und Stempelsteuer wird der Reichsetat für 1906 mit einem starken Defizit abschließen. "Bel der Reichstagsstichwahl in Essen erhielt der Arbeiterselretür Giesberts (Zentr.) 42 000, der Kandidat der Sozialdemokraten, Gewehr, 38 000 Stimmen. Giesberts ist somit gewählt. *An Neuformationen werden im deutschen Heere zum 1. Oktober gebildet werden: zwei Jnfanteriebataillone in Allenstein und Sensburg, ein Regiment Jäger zu Pferde zu vier Eskadrons in Langensalza (drei neu zubildende und die bisher in Potsdam in Garnison gelegene Eskadron Garde-Jäger zu Pferds), eine Versuchskompanie bei den Ver kehrstruppen in Schöneberg bei Berlin. * In Sacken der Mainkanalisation findet Mille Oktober in Berlin eine neuerliche Konferenz statt. * Seit Eröffnung des neuen bayrischen Landtages nennt sich die bisherige Zentrumsfraktion die „Fraktion der Rechten*. Dadurch soll auch den protestanti schen Konservativen der Zutritt offen gehalten werden. "Die Stärke der deutschen Streit kräfte in Ostafrika, die sich zurzeit an Land befinden, nachdem die aus der Heimat gesandten Verstärkungen eingelloffen find, ist folgende: Schutztruppe: 32 weiße, 5 schwarze Offiziere, 26 Arzte, 22 Beamte, 125 weiße, 126 schwarze Unteroffiziere, 1342 Mann; Marine-Infanterie: 6 Offiziere, 10 Unteroffi ziere, 160 Mann: seemännisches Personal: aus der Heimat gesandt: 2 Offiziere, 4 Unteroffi ziere, 45 Matrosen, vom Kreuzer „Bussard* an Land gesetzt: 4 Offiziere, 80 Mann, es be- finden sich also an Land zur Bekämpfung des Aufstandes 1938 Mann. Im Falle der Not können die anwesenden Kreuzer „Bussard*, „Thetis* und „Seeadler* noch gut 200 Mann abgeben, so daß man zur Bewältigung der Unruhen immer rund 2150 Mann zur Ver fügung hat. Außerdem leisten die weißen und arabischen Ansiedler und Händler noch frei willige Hilfe. "Der Gouverneur von Deutsch-Ost afrika weiß erfreulicherweise von einem Ab flauen des dortigen Aufstandes zu berichten. — DaS Gouvernement beabsichtigt, 300 farbige Askari in Maffauah anzuwerben. Man hofft hierbei weniger reine Sudanesen, als Halbaraber und christliche Abessinier zu be kommen. Vereinzelt find in den letzten Jahren mit arabischen Schiffen auch ohne Anwerbung schon christliche Abessinier in Deutsch-Ostasrika eingetroffen. Österreich-Ungar«. "In Österreich werden Vorbereitungen zur Mobilisierung gegen einen möglichen Aufstand in Ungarn getroffen. Frankreich. "Die speziellen Vertreter Deutschlands und Frankreichs in der Marokkofrage, Dr. Rosen und Revoil, hatten am Donnerstag vor mittag um 11 Uhr eine' letzte Zusammenkunft. Danach unterzeichneten Ministerpräsident Rouvier und Botschafter Fürst Radolin das Marokko- Abkommen. "Der Inhalt des Marokko-Abkommens ist in Frankreich mit großerBefriedigung ausgenommen worden, die auch aus den Be trachtungen der führenden Pariser Blätter heraus zulesen ist. Man zollt dem deutschen Kaiser sür seinen Scharfblick bei der Auswahl der Unterhändler Anerkennung und hebt in schmeichel haften Ausdrücken die Geschicklichkeit des Fürsten Bülow hervor, die er bei der Behandlung der Marokko-Angelegenheit bewiesen habe. "Die Unterzeichnung deS Marokko-Ab- K Maläfneäe. 10) Romm von Adalbert Reinold. Kortsktzung.) Das junge Mädchen hemmte ihre Schritte, da, keine zwanzig Schrille weit vor ihr, wo der Waldweg sich kreuzte, bewegte fich im leichten, weichen Abendwinde daS mächtige Blätterdach der alten Linde. „Liebe Vertat* ertönte es. eine junge Männergeftalt trat aus dem Waldesdunkel, und zwei Hände streckten fich der Angerufenen ent gegen — „wie soll ich dir danken, daß du meinen Wunsch erfülltest!* Eduard schwieg. Er blickte das junge Mädchen fast verlegen an. „Es macht dir Freude, daß ich gekommen bin, lieber Eduard —' entgegnete Berta treu- herzig und schlug in die dargebotenen Hände. „Dadurch bin ich reich belohnt. Und du reisest wirklich?* „Ja,* antwortete er, „schon morgen.* Dann fügte er hinzu: „Du zürnst mir nicht, wenn ich dich durch meine Abschiedsworte an unsre letzte Begegnung erinnere? Ich will suchen, in einer neuen Umgebung, in Tätigkeit und Arbeit die — Vergangenheit zu vergessen.* Er legte den Ton der Stimme auf das Wort „Vergangenheit* und blickte Berta mit Innigkeit an. Rasch fuhr er fort, wieder die Hände der vor ihm Stehenden ergreifend: „Und wenn ich fort bin, dann wirst du zuweilen meine Mutter besuchen, ihr deine herzerquickende Gesellschaft zutell werden lassen? Ich weiß, sie grämt sich und wird mich entbehren. Dein e kommens fand im Zimmer Rouviers im Ministerium des Äußern statt. An die Unter zeichnung schloß fich eine herzliche Unter redung zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Fürsten Radolin, in der beide fich zu dem Abschlusse der Verhandlungen beglück wünschten. (Der Deutschlandfresser Delcassö, der jetzt an die Wand gedrückt ist, wird dies seinem Nachfolger im Amte wohl nicht vergessen können!) "In Paris geht das Gerücht, daß dem Zusammentreffen des italienischen Ministers des Äußern Tittoni mit dem Reichskanzler Fürsten Bülow eine Begegnung mit dem französischen Ministerpräsidenten Rouvier folgen werde. "Nach Blättermeldungen find aus dem Artilleriepark von La Mouche wichtige mili tärische Dokumente gestohlen worden. Ein Unteroffizier ist verdächtig, den Diebstahl begangen zu haben. England. "An Liverpool wmde dieser Tage eine englisch-japanische Schiffahrts- Vereinigung mit einem Kapital von 5 Mil lionen Pfund, (über 100 Millionen Nik.) ge bildet. Die Vereinigung wird in London und Liverpool Bureaus unterhalten, von denen das letztere zum Teil mit japanischen Beamten aus- gestattet werden soll. Sie wird hauptsächlich zu Zwecken des lokalen astatischen Handels einige vierzig seinerzeit von Japan für Trans portzwecke erworbene Dampfer übernehmen und außerdem mehrere große Lastdampfer erwerben, die direkt zwischen Ostasten und Liverpool, London, Antwerpen und den französischen Häfen verkehren werden. Norwegen. "über die zukünftige Staatsform Norwegens, ob Republik oder Königreich, soll nach einem dem Parlament zugegangenen Antrag ein neu zu wählender Storthing (Volksvertretung) entscheiden. Die große Mehrzahl des Volkes, heißt es in der Begründung, wünsche unzweifelhaft eine Republik, was, wie man annehme, auch im Ausland keinem Widerstande begegnen werde. Abgesehen von der Auffassung der norwegischen Nation über die Frage, ob Königtum oder Republik, könne eS keine geteilte Meinung darüber geben, daß die Frage vom Volke ab hängen müsse. (Die hauptsächlichsten Blätter des Lande? find zwar auch für die Republik, aber gegen den obigen Antrag, da auch das gegenwärtige Storthing die Frage entscheiden könne und darum nicht erst Neuwahlen vorge- nommen zu werden brauchten.) Ruhland. "Minister Witte ist, von Rominien kom mend, am Donnerstag früh in Petersburg eingetroffen. Er wurde von der ihn am Bahnhof erwartenden Volksmenge mit stürmischem Jubel begrüßt. "Der Moskauer Semstwo-Kon- greß erkannte die Notwendigkeit an, allen Nationalitäten des Reiches durch Grundgesetz das Selbstbestimmungsrecht zu Kultusangelegenheiten, volle Freiheit deS Gebrauchs ihrer Sprachen und Dialekte im öffentlichen Leben, sowie daS Versamm- lungs- und Vereinsrecht zu gewähr leisten. Die russische Sprache müsse die Sprache Ler Zentralinstitutionen, der Armee und der Flotte bleiben. Afrika. "Den Engländern droht uun auch die Un annehmlichkeit eines Eingeborene n-Auf- standes und zwar find es die Basutos in der Kapkolonie, die der Haß gegen die Weißen zur Empörung reizt. Von Pretoria aus ist eine fliegende Kolonne gegen die Auf ständischen gesandt worden. Asten. "Die Verzögerung bei dem Abschluß des Waffenstillstandes auf dem Kriegs- schauplatz in Korea ist nicht darauf zurück- zusühren, daß dem Kommandanten de: russischen Truppen nicht genügende Vollmachten ertcflt worden find, sondern darauf, daß der Komman dant die Bedingungen des japanischen Befehls ¬ jeweiliges Erscheinen wird ihr zum Tröste ge reichen.* „Ich verspreche es dir, Eduard,* beteuerte Berta weich und mild, „von diesem Tage an werde ich deine liebe Mutter als die meinige betrachten.* Als der junge Mann dies rührende Ver sprechen aus dem Munde der Gespielin seiner Kindheitstage vernahm, durchzuckte es ihn wie mit Zaubergewalt, es war ihm, als wenn er sie in seine Arme schließen und mit ihr fliehen müßte hinaus in die weite Gotteswelt oder — sterben zu ihren Füßen. „Und nun lebe wohl!* vibrierte eS von seinen Lippen, „ich weiß, du denkst zuweilen meiner —* und wie im Fluge zog er das be stürzte Mädchen an sich, umarmte es und küßte es auf die Stirn ruhig, wehmütig und ernst, wie es Leidtragende bei ihrem Liebsten, den sie besessen, zu tun Pflegen, bevor der Sargdeckel sich sür immer über ihm schließt. Schweigsam ließ er sie dann frei — kein Wort mehr sprach er —, vielmehr wandte er sich rasch und schritt Hinern in die dunkler und dunkler werdende Waldesnacht. Wie gebannt stand Berta da. So ernst, so tief schmerzlich berührend mochte sie fich den Abschied von dem Jugendgespielen doch wohl nicht gedacht haben. Ein Geräusch — wie ein Rauschen in dem dichten Blättergewirr des niedrigen Laubholzes — schreckte sie auf. Aber sie fürchtete fich nicht. Ein Eichhörnchen mochte sein Nest aufsuchen und durch das Gebüsch huschen. „Armer Eduard,* hauchte sie, „wie schwer Habers nicht annehmen konnte. Dieser verlangte, daß sich die russischen Truppen über den Tumenfluß zmückzögsn, und daß den japanischen Truppen gestattet werde, auf dem linken Flügel bis Kirin vorzmücken, um die Verbindung zwischen den Truppen in Korea und den japanischen Armeen in der Mandschurei herzustellen, so daß das neutrale Gebiet zwischen dem Tumenfluß und Nordkorea liegen würde. (Da der Friedensvertrag vom Zaren und vom Mikado noch nicht unterzeichnet ist, könnte es in Nordkorea also noch zu einem kleinen Waffengange zwischen den beiden Gegnern kommen!) ver Ursprung und -er Verlaus -er Unruhen im Kaukasus. Der Berichterstatter des .Reuterschen Bureaus^ in Petersburg erhielt von Herrn Mac Callum, der die Werkstätten der russischen Baku- Petroleumgesellschaft in Zahlet unter fich hatte und mit drei andern Engländern mit knapper Not gerettet wurde, Aufschlüsse über die Vor gänge in Baku. Die Gemetzel find danach durch das revolutionäre Komitee in Baht, das hauptsächlich aus Armeniern besteht, herbei geführt worden. Das Komitee beschäftigt fich nicht nur mit Politik, sondern auch mit Arbeiter fragen und hatte Streiks organisiert in der Hoffnung, daß die Tataren fich anschließen würden und daß man dann durch einen all gemeinen Aufstand im Kaukasus alle Fremden umbringen könne. Die Tataren schlossen sich nicht an, sondern baten die Regierung um die Erlaubnis, die Unruhen unterdrücken zu dürfen. Sie erhielten volle Machtvollkommen heit, und dies rief die Gemetzel im Februar hervor. Seit dieser Zeit haben die Armenier sich zum Angriff auf die Tataren gerüstet. Merkwürdigerweise erhielten sie von der Negie rung Waffen. Die erneuten Unruhen be gannen am 2. September mit der Ermordung von 300 Tataren. Als die 150 Köpfe zählende englische Kolonie auf einem Dampfer der englischen Gesellschaft gerettet worden war, entdeckte der frühere englische Vizikonsul Urquhart, daß vier Angestellte der Gesellschaft, die in Zabrat waren, fehlten. Erst kräftige Vorstellungen durch den englischen Botschafter brachten den Gouverneur dazu, Herrn Urquhart zwei Kosaken zur Verfügung zu stellen. Am 3. September hörten die Arbeiter in Balach- chani Gewehrfeuer aus der Richtung der Werke der benachbarten armenischen Firma. Das Aufschlagen von Flammen bewies, daß die Zerstörung begonnen hatte. In der darauf folgenden Nacht versuchten die Tataren, in das armenische Hauptquartier bei Mantaschew, wo 1000 bewaffnete Armenier standen, einzu- dringen. Am nächsten Morgen schien voll ständige Ruhe zu herrschen; daS Gewehrfeuer begann jedoch mittags von neuem und machte es den Engländern unmöglich, ihre Gebäude, in denen viele Flüchtlinge Unterkunft gefunden hatten, zu verlassen. Es erschienen sechs be waffnete Tataren, die einige der Gebäude nach Armeniern durchsuchten, aber keine fanden. In der Nacht des 6. Septembers fachte ein Sturm die Flammen an. Bei Tagesanbruch brachen Tataren in die Arbeiterkasernen bei Romani ein. Innerhalb einer Stunde wurden sämtliche Arbeiter ermordet und die Gebäude ausge plündert und in Brand gesetzt. Die Eng länder baten durch einen reitenden Boten Herrn Urquhart um HUfe. Leute, die versuchten, Wasser zu holen, wurden durch Flintenschüsse zurückgetrieben. Am 7. morgens wurde Aramadz von den Tataren, die alle Armenier umbrachten, ««gezündet. 500 Tataren er zwangen fich Eintritt in die Werke der Eng länder und ermordeten dort in nicht zu schildernder Weise 14 Armenier; einem der Unglücklichen war der Magen ausgeschnitten worden. Die Mörder verließen schließlich die Gebäude und wandten fich den Wriiüäden zu, auf dem Wege dorthin plündernd und mordend. Die Werke von Piioeufs, deren armenische Arbeiter geflohen waren, wurden ausgeplündert und angezündet. In diesem Augenblick er schienen 50 Kosaken und ein tatarischer Polizei ¬ muß ihm der Abschied sein! O, mein Gott, warum fügtest du es, daß er gerade mich so lieb haben muß, die ihn doch nicht wieder lieben kann? I* Noch einmal blickle sie in das Baumdunkel, in welchem der junge Mann verschwunden war, dann wendete sie fich zur Rückkehr in ihr Waidhaus. Berta war noch keine hundert Schritte von der alten Linde entfernt, als ein Schuß fiel, rasch folgte ein zweiter dem ersten. Die Schüsse echoten — dann war es grabes- still; sie ertönten weither durch den Wald aus der Gegend, wo das gräfliche Herrenhaus stand, von woher eine Viertelstunde früher die Turm- glocke die achte Abendstunde verkündete. Bertas Herzblut stockte, dann pulsierte es stürmisch, sie fühlte ein geheimes Grauen, ein unerklärliches Vorahnen eines Unglücks. Das sonst so furchtlose Waldkind eilte wie ein aufgescheuchtes Wild den wohlbekannten Weg dahin — weiter und weiter — kalter Schweiß bedeckte Bertas Stirn, als sie endlich atemlos ihre einsame Wohnung erreichte. Die alte Köchin kam Berta auf dem Flur entgegen; sie war allein im Hause, Herr Rheins berg hatte noch einen Weg ins Kirchdorf zum Vogte zu machen gehabt und war noch nicht wieder heimgekehrt. Das alte Mädchen bemerkte sofort die Auf geregtheit Bertas. „Herr des Himmels! Ist Ihnen etwas zu gestoßen, Fräulein?" rief die Alte und sich mütterlich ereifernd, fuhr sie fort: „Habs mir immer gedacht, daß Ihnen einmal ein Unfall meister, die jedoch nichts Wetter taten, als daß sie zusahm. Es war dies das erste Erscheinen von Militär, vier Tage nach dem Beginn deS Gemetzels. Die Tataren griffen daraus de« Ort Mantaschew an, der eine weiße Flagge aufzog. Bald darauf erschienen 500 Man« Infanterie mit zwei Geschützen, und der Kommandeur dieser Truppe vermittelte zwischen den beiden Parteien. Es wurde abgemacht, daß alle Armenier Balachchani verlassen sollten. Sie wurden von den Truppen entwaffnet und mit ihren Habseligkeiten unter dem Geleit von 50 Kosaken nach Baku geschickt. Das Militär zog darauf unter Hinterlassung einer Wache von zwölf Mann ab. Einer der Engländer begab fich nach Mantaschew, um den Offizier der Wache zu bitten, die Gebäude der Gesell schaft zu schützen. Der Offizier antwortete, er und sein Pferd, das ihm 500 Rubel gekostet habe, seien seit sechs Tagen und sechs Nächten tätig gewesen, und er müsse Ruhe haben. A» Abend erschien ein Offizier mit vier Infante risten und forderte die Engländer auf, in Mantaschew Schutz zu suchen. Da die tatarischen Arbeiter drohten, in einem solchen Falle die Engländer nicht Wetter schützen zn wollen, entschlossen diese sich, zu bleiben. In der Nacht gingen die Werke von Pitoeufs in Flammen auf, und am Morgen erhielten die Engländer die Nachricht, daß entschieden worden sei, alle Christen zu ermorden. Sie hatten eben beschlossen, einen Fluchtversuch zu machen, als Herr Urquhart mit den beiden erwähnten Kosaken nach einem Ritte von 24 Stunden eintraf. Trotz der Drohung der tatarischen Dienerschaft beschlossen die Eng' länder, zu fliehen. Der Weg nach Baku bot das Bild einer außerordentlichen Verwüstung. Die ganze Straße war mit Menschen- und Tierleichen übersät. Hunderte von Menschen flüchteten nach der Station, die mit Männern, Weibern und Kindern überfüllt war. Am 9. September befanden fich die bedrohten Euro« päer in Baku in Sicherheit. ^on unct fern. „Trotz ver Fleischteueruug habe ich die Portionen nicht verkleinert und die Preise nicht erhöht.* Diese Inschrift kann man in Berlin jetzt auf Plakaten in den Fenstern mancher Gast' wirtschaften lesen. Verschleppt wurde ein von außerhalb in Berlin auf dem Stettiner Bahnhof ange- kommenes Mädchen von einem feingekleideten Mann. Als sie fich nach dem Wege zur Lindenstraße erkundigte, kam der Mann und erklärte, er wolle ihr den Weg zeigen. Die Unerfahrene folgte ihm. Der Mann fuhr mit ihr in entgegengesetzter Richtung mit einem Straßenbahnwagen nach Plötzensee zu. Dort verließen beide den Wagen. Als der Man« dann mit dem Mädchen in die Jungfernheide gehen wollte, wurde sie ängstlich und fing an zu weinen. Da auch Leute hinzukamen, kehrte der Mann jetzt mit ihr um. Das Mädchen war aber endlich mißtrauisch geworden und wandte fich an einen Schaffner der Straßen« bahn, der ihm den richtigen Weg zeigte. Nam einer dreistündigen Verspätung kam das Mädchen ganz erschöpft endlich in der Linden straße an. Der Mann war inzwischen ver schwunden. Der Vorfall sollte allen jungen Mädchen zm Lehre dienen. Erdrückt. Auf Zeche „Rheinpreußen* bei Ruhrort fuhr ein Bergmann, Vater mehrerer Kinder, auf einem mit Kohlen beladenen Wagen durch einen Stollen, als er mit Ent setzen bemer.tr, daß auf der stark abfallenden Bahn ein Wagen angesaust kam, den sein Führer nicht mehr bremsen konnte. An ein Entweichen war bei der Enge des Stollens nicht zu denken. Den sicheren Tod vor Augen, erwartete der Bergmann den Zusammenstoß- Mit eingedrücktem Brustkorb und schweren inneren Verletzungen hob man ihn auf. Auf dem Wege zum Krankenhaus starb er. Großer Fabrikbrand. In Neustadt bei Koburg ist in der Nacht zum Freitag eine große Holzwollefabrik total niedergebrannt. Der Schaden ist bedeutend. —... passieren könnte auf den einsamen Wald wegen." „Es ist nichts, Anne," beschwichtigte Berta die besorgte Alte, „ich bin eine Törin, die fich vor einem Schuß fürchtete. Ein Wilderer mag sein Wesen getrieben haben; ich hörte zwer Schüsse in weiter Ferne fallen, erschrak und bin nun atemlos nach Hause geeilt.* Noch zitternd an allen Gliedern, suchte Berta ihre Schlafzimmer auf, wo sie erschöpft aus ihr Ruhebett sank. 7. Am Morgen, der diesem Abend, der für viele verhängnisvoll werden sollte, folgte, waren das kleine Liliental, sowie die zerstreut um daS gräflich von Rohdenschen Herrenhaus liegenden Dörfer in einem Zustande all gemeinster Aufregung. Berta verbrachte eine beängstigende Nacht. Wirre Träume schreckten das erregte Mädchen aus ihrem unruhigen Schlaf empor. Sie glaubte wiederholt, daß aufs neue Schüsse aus dem gräflichen Waldgebiet ertönten. Senkte fich dann mit bleierner Schwere die Müdigkeit sür kurze Zeit auf ihre Augen, so erschienen ihr blutige Traumbilder, aus denen sie sich gewaltsam aufraffte. Im Traum erblickte sie zwei erschossene Männer, blutüberströmt und unkenntlich. Aber an Gestalt und Kleidung erkannte sie beide, es waren der Graf von Rohden und Hr Jugendfreund, der Advokat Eduard Kühns, von dem sie am Abend unter der alten Linde Av« schied genommen hatte. . . Erst am Frühmorgen fiel Berta in einen
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