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Allgemeiner Anzeiger : 03.06.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190506035
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1905
-
Monat
1905-06
- Tag 1905-06-03
-
Monat
1905-06
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.06.1905
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politische kunälckau. Der kAsslsch-iapamsch« Krieg. * „Die große Hoffnung Rußlands", wie die baltische Flotte bei ihrem Abgänge enthusiastisch genannt wurde, ist nun auch zuschanden geworden. Während die schwächeren russischen Schiffe auf dem Umwege durch das offene Meer Wladiwostok zu er reichen suchen, hatte die größere Hälfte, der Kern der Roschdjestwenskyschen Flotte, den direkten und kürzeren Weg durch die Korea- ftraße eingeschlagen, wo ihnen Togo mit kampfgewohnten und fiegesgewissen Schiffen auflauerte. Seit der Schlacht bei Trafalgar, also seit 100 Jahren, hat auf der See kein so heftiger Zusammenprall feindlicher Mächte stattgefunden, als im Laufe des Sonntags in der Nähe der Tsuschima-Jnseln. Die genauere Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und das Bewußtsein dessen, was sür Japan bei einem unglück lichen Ausgange der Schlacht auf dem Spiele stand und jene günstigeren Verhältnisse, die sich immer auf feiten des lauernden Angreifers befinden, haben bewirkt, daß die russische Flotte trotz der Umsicht ihrer Führer und der Tapferkeit ihrer Besatzung eine absolut vernichtende Niederlage erlitt. Eine amtliche Meldung Togos an seine Regierung beziffert dierussischenSchiffsverluste, auf zwei Schlachtschiffe, ein Küsten panzer, fünf Kreuzer, zwei Schiffe der freiwilligen Flotte und drei Torpedobootszerstörer zumSinkengebracht. zwei Schlachtschiffe, 2 Küstenpanzer, 1 Schiff der freiwilligen Flotte und 1 Torpedobootszerstörer weggenommen. Außer diesen unerhörten Schiffsverlusten hat Rußland noch die Gefangennahme des Admirals Nebogatow und 3000 Mann seiner Geschwadermannschaften zu beklagen. Jeder Zweifel daran, ob die russische Flotte durch ihre Niederlage wirklich in ihrem Kampfwerte als zerstört betrachtet werden kann, ist beseitigt: nur Trümmer sind es noch, die, von dem siegreichen Gegner scharf verfolgt, nach Wladiwostok zu gelangen suchen. Togo fügt seiner Meldung hinzu, daß das japa nische Geschwaderunbeschädigt sei. * Uber die erwartete größere Schlacht kommen nur Nachrichten über Vorhuts- und Erkundungsgefechte, die je nach der Quelle, aus der sie stammen, entweder den Russen oder den Japanern günstig lauten. Bei der ver hältnismäßigen Geringfügigkeit der Erfolge oder Mißerfolge lohnt es nicht, auf sie näher einzu gehen. * Kürzlich ersuchte die russische Regierung China, die Grenze der Mongolei zwanzig englische Meilen nach Westen zurückzu stellen, damit im Falle einer neuen Schlacht zwischen Japanern und Russen die chinesische Neutralität nicht verletzt werde. China ließ bisher die russische Note unbeantwortet. * Der japanische Minister Komura führte in einer Rede aus, die finanzielle Leistungs fähigkeit Japans habe die Welt voll kommen überrascht. Der Krieg werde lange dauern, und er vertraue sehr auf die Geschäfts welt, daß fie es Japan ermöglichen werde, seine Absicht durchzuführen. Nach dem Kriege, wo sich größere Aussichten für das Land er öffneten, erwarte er, daß die Handeisinteressenten ihr Äußerstes tun würden, um den Handel weiter zu entwickeln und auszudehnrn; er rechne auf das Zuströmen fremden Kapitals nach dem Kriege. Deutschland. *Der Kaiser hielt am Dienstag die Parade über die Potsdamer Garnison auf dem Bornstedter Übungsplätze ab. "Wie verlautet, überbringt General Lacroix an Kaiser Wilhelm ein besonderes Schreiben des Präsidenten Loubet. * Der Vertreter des Mikado bei der .Hoch zeit des deutschen Kronprinzen, Prinz Ari- sugawa, ist am Montag mit seiner Gemahlin in Berlin eingetroffen. * Von andern Hochzeitsgästen traf am Mon tag noch der Fürst Nikita von Monte negro in Berlin ein. * Eine Neuerung bei der Beförderung zum Offizier ist bereits bei den dies maligen Monatsbeförderungen verwirklicht wor den. Eine Anzahl von Fähnrichen — nämlich solche, die vor ihrem Eintritt zum Dienst die Reifeprüfung zur Hochschule bestanden hatten — haben bei der Beförderung zum Offizier ein um mehr als ein Jahr vordatieries Patent erhalten. Wie die .Neue Milit. Korr/ hört, wird diese Einrichtung allmählich noch erweitert werden, sodaß dann schließlich die als Abiturienten in den Heeresdienst eintreten den jungen Leute das gleiche Dienstalter er halten wie die früher von der Schule abge gangenen, also bis zu zwei Jahr älteren Offiziere. " Der sozialdemokratische Parteitag wird in Iena in der Woche vom 17. bis 24. Sep tember stattfinden. Frankreich. "Eine bemerkenswerte Verfügung hat der Kriegsminister am 6. Mai über Nacht übungen erlassen. Er bezieht sich dabei auf die Erfahrungen des russisch-javanischen Krieges, aus denen man den Schluß ziehen könne, daß in Zukunft die sich gegenüberstehenden Gegner öfter vom nächtlichen Angriff Gebrauch machen würden, um sich starker Stellungen zu be mächtigen. Anderseits werde man auch in der Nacht häufig das Gefecht abzubrechen versuchen und den Rückzug einleiten. Nächtliche Märsche und Gefechte böten aber besondere Schwierig keiten, die man nur durch eine beständige Übung überwinden lerne. Es sei daher unum gänglich nötig, diese Übungen öfters zu be treiben. Sowohl bei den Garnisonübungen als auch bei den großen Herbstübungen habe dies in Zukunft zu geschehen. England. * Englische Blätter hatten dieser Tage über den Inhalt eines neuen Vertrages Eng lands mit Afghanistan berichtet und u. a. hervorgehoben, daß darin der Emir Habibullah Khan zum ersten Male als unab hängiger König des Staates Afghanistan und der zugehörigen Gebietsteile bezeichnet und als Majestät eingeführt werde. Diese Angelegen heit wurde im Unterhause berichtigt: In Be antwortung einer Anfrage bezüglich des Titels König alS Bezeichnung für den Herrscher von Afghanistan in dem englisch - afghanischen Ab kommen erklärte Minister Brodrick, der Titel König sei von dem verstorbenen Emir geführt und niemals in Frage gestellt worden. Seine Anwendung habe keinen Einfluß auf die Be ziehungen Afghanistans zu den auswärtigen Mächten. Italien. *Die Wähler von Trapani haben, wie kürzlich gemeldet, den angeklagten und ab wesenden Exminister Nasi mit einer noch größeren Stimmenzahl, als daS erstemal zum Parlamentsabgeordneten wiedergewählt. Nast erhielt 271 Stimmen mehr als bei der ersten Wahl. Die Stadt Trapani war am Abend nach der Verkündung deS Wahlergebnisses fest lich geschmückt, die Schulen und die Geschäfte geschlossen! Jetzt wird nun dieselbe parla mentarische Komödie anfangen, wie bei der letzten Wiederwahl NastS. Er wird durch seine Advokaten beim Parlament um freies Geleit bitten, damit er seinen Deputierteneid leisten könne. Das wird ihm abgeschlagen werden. Nach Ablauf der betreffenden Frist wird dann die Wahl für ungültig erklärt, weil der Eid nicht „rechtzeitig" geleistet wurde. Und dieses Spiel kann sich noch recht oft wieder holen! übrigens soll der Präfekt von Trapani versetzt werden, well er so schlecht „in Wahlen zu machen" versteht. Luxemburg. * Der Großherzog Adolf von Luxem burg ist in Abbazia neuerdings bedenklich erkrankt. Der Grobherzog wird am 24. IM 88 Jahre alt. Spanien. *Der ehemalige konservative Minister präsident Silvela ist am Montag in Madrid, 61 Jahre alt, gestorben. (Unter Silvelas Amtstätigkeit kamen die Karolinen und Marianen, die bis dahin spanischer Besitz waren, an Deutschland.) Rustland. * Nach der ,Birsh. Wjedom/ find in Peters burg wiederum bedeutende Unter schleife entdeckt worden, aber man ver heimlicht lächerlicherweise Dinge, die bereits überall bekannt find. Eine Staatsbahn und die Intendantur find an den verübten, viele Millionen betragenden Unterschleifen beteiligt. Afrika. * Von rebellischenMauren ermordet wurde, wie gemeldet, der französische Regierungs kommissar für Mauretanien, Coppolani; die Mauren verfolgt und verloren vier Mann. Diese Nachricht ruft in Paris lebhafte Be unruhigung hervor. Westmauretaniyn ist gegenwärtig die offizielle Bezeichnung des Ge bietes am rechten Senegal-Ufer, in dem Administrator Coppolani als Vertreter des Generalgouverneurs von Westafrika die bisher nur nominelle Oberhoheit Frankreichs in eine tatsächliche zu verwandeln beauftragt war. Coppolanis jüngste Berichte lauteten sehr be friedigend; sein Verkehr mit den maurischen Chefs schien vielversprechend. Sieben Poften mit allerdings sehr geringen französischen Be satzungen wurden errichtet. Der Posten Ttdjikja im Taganigebiete, wo Coppolani durch den Revolverschuß niedergestreckt wurde, galt alS einer der sichersten. Außer Coppolani fielen noch zwei Tixailleurs; elf Soldaten wurden verwundet. Keicks - 6rb sckafts steuer. Bekanntlich soll die Einführung einer Reichs- Erbschaftssteuer geplant sein, aus deren Er trägnissen dann denjenigen Bundesstaaten, die heute schon eine Erbschaftssteuer haben, eine Entschädigung in Höhe ihrer bisherigen daraus fließenden Einnahmen ausbezahlt werden soll. Diese geplante Neuregelung legt es nahe, ein mal die bestehenden Erbschaftssteuern in den einzelnen Bundesstaaten näher ins Auge zu fassen. Eine solche besteht in allen Bundes staaten mit Ausnahme von Mecklenburg-Sirelitz und Waldeck-Pyrmont. Die Ausgestaltung und Höhe der Sätze ist jedoch sehr verschieden, z. Ä. kennen nur Elsaß-Lothringen, Hamburg und Lübeck eine Steuer bei Erbschaften in gerader Linie. Von der verschiedenartigen Aus gestaltung gibt die Höhe der Einnahmen ein deutliches Bild. Die höchsten Einnahmen aus der Erbschasts- und Schenkungssteuer zieht Hamburg mit 2,S1 Mk. auf den Kopf der Be völkerung; dann kommen Lübeck mit 2,07 Mk., Bremen mit 1,96 und Elsaß-Lothringen mit 1,75 Mk. Die geringste Einnahme haben Sachsen-Meiningen mit 0,16, Schwarzburg- Rudolstadt und Reuß ä. L. mit 0,20, Anhalt und Mecklenburg-Schwerin mit 0,26 und Preußen mit 0,29 Mk. auf den Kopf der Be völkerung. Sämtliche Staaten nahmen aus dieser Steuer im Jahre 1902 zusammen 25,9 Mill. Mk. oder auf den Kopf der Bevölkerung 0,46 Mk. ein. Im Vergleich mit den Ein nahmen, die das Ausland auS dieser Steuer quelle zieht, ist das sehr wenig; in England z. B. kommen 6,6 und in Frankreich 4,0 Mk. auf den Kopf der Bevölkerung. Dem Reiche ließe sich also hier noch eine reiche Einnahmequelle erschließen und eS würden ihm jedenfalls selbst dann noch große Summen übrig bleiben, wenn die einzelnen Staaten jährlich entschädigt wür den. Aber auch für den Fall, daß dieses nicht geplant wäre, würde diese Entziehung der Erbschaftssteuer zugunsten des Reiches für die Einzelstaaten keinen allzugroßen Ausfall be deuten, bringt fie heute doch, wie schon gesagt, in sämtlichen Staaten nur 25,9 Mill. Mk., d. h. 4,32 Prozent sämtlicher Staatseinkünfte ein. Von stab unä fern. Eine nachahmenswerte Polizei-Ber« ordnung. Ein polizeiliches Schleppenverbot findet wie selten eine polizeiliche Verordnung in Nordhausen allgemeinen Beifall und kann W andre Städte zur Nachahmung empfohlen werden. Nach der polizeilichen Verordnung ist es fernerhin bei Strafe bis zu 30 Mk. unter sagt, auf mehreren namentlich aufgesührten Promenadenwegen die Kleider schleppen zu lassen. Es soll dadurch die gesundheitliche Staub entwickelung vermieden werden. Gruben - Explosion. In Alsdorf bei Aachen entstand auf Gmbe Anna eine Gas explosion in den Kokesanlagen, wobei sieben Arbeitet: schwer verletzt wurden. Einer war sofort tot, ein andrer starb auf dem Wege nach dem Krankenhause. Schwarze Pocken in Lothringen. In Balliere! bei Metz find die Schwarzen Pocken ausgebrochen. Von der Krankheit besonders schwer betroffene Erkrankte wurden in die Isolier baracken nach Metz gebracht. Ein schweres Verbrechen ist in der Nähe von Turnau bei Reichenberg i. B. verübt wor den. Auf dem Bahnkörper wurde die ver stümmelte Leiche eines Mannes gefunden. Beide Beine waren vom Körper getrennt und lagen neben den Schienen. Bei näherer Untersuchung der Leiche bemerkte man, daß der Tote an der linken Halssette eine tiefe Stichwunde hatte, so daß die Halsschlagader durchschnitten war. Es liegt zweifellos ein Mord vor. Zu Tode geschleift. Einer oft schon von schlimmen Folgen begleiteten Unsitte ist der vier zehnjährige Sohn des Landwirtes Rabe in Tischau bei Teplitz zum Opfer gefallen. Er hatte sich zur größeren Sicherheit daS Leitseil eines zur Weide geführten Pferdes um den Leib geschlungen. Plötzlich stolperte er über einen Feldstein und fiel zu Boden, wodurch das Tier scheute und, den unglücklichen Knaben nach sich schleifend, in rasendem Galopp quer feldein ging. AlS es endlich einem Arbeiter gelang, das geängstigte Tier aufzuhalten, konnte man den Knaben, der auch zahlreiche Hufschläge erhalten hatte, nur alS unkenntliche Leiche losschneiden. Zwei Minuten-Turnen in den Schule». Eine Abordnung deS österreichischen Ostmark- Turngaues überreichte dem Unterrichtsminifter eine Denkschrift für die Einführung des Zwei- Minuten-TurnenS an den Volksschulen. Del Denkschrift ist eine Liste von Freiübungen bei« gelegt, die nur die kurze Zeit von zwei biß drei Minuten beanspruchen und jede halbe Stunde in den Schulen, während des Unter richts, durchgesührt werden sollen. DaS Zwei- Minuten-Turnen ist bereits in den Ver. Staate« von Nordamerika eingesührt; es soll sich in folgedessen ein überraschend günstiger Einfluß auf Körper und Geist der dortigen Schuljugend zeigen. Eine Wasserleitung von Neufchatel «ach Paris. Nach langjährigen Verhand lungen soll jetzt der Plan, Paris mit reine» Trinkwasser aus dem Neufchateler See (Schweiz) zu versorgen, verwirklicht werden, indem del Kantonrat seine Zustimmung dazu gegeben hat- Die Leitung wird eine Länge von 380 Kilo meter haben. Siu Prinz als Stierkämpfer. Während eines Besuches, den die Gräfin von Paris, die Prinzessin Luise von Orleans, und ihr Enkel, Prinz Louis Philipp, kürzlich auf dem Muster gut des Königs Karlos von Portugal >« Vidigal machten, wurde zu Ehren der Besucher ein Stierkampf arrangiert. Prinz Louis Philipp erschien unerwartet in der Arena und gab zu» Entzücken seiner Großmutter eine Probe seiner Reitkunst, wobei er den Angriffen eines wütende« Stieres auswich. Der junge Fürst bewies grobe Unerschrockenheit und schleuderte de» Stier mehrere Wurfspieße in den Hals. EinM streiften die Hörner des Stieres die Flanke« deS prinzlichen Pferdes. Dreißig Persone« verletzt. Auf del Straße nach dem Paris benachbarten Orte Pantin ereignete sich am Montag ein Zu sammenstoß zweier Straßenbahnwagen. Dreißig Personen erlitten Verletzungen; zwei Persone« schwere. A Twei frauen. 15j Roman von E. Borchart. (Fortsetzung.) Graf Landegg war ernst geworden. „Was meinst du, Elisabeth ?" fragte er erregt. „Ich möchte mich in Haus und Wirtschaft nützlich machen ... ich möchte lernen, da ich noch so unwissend und unerfahren bin." Ein Seufzer der Erleichterung entrang sich seiner Brust. „Das also ist eS? Wamm sprachst du nicht längst mit Beate darüber? Sie wäre doch die- jenige, die dir helfen könnte?" „Ich tat es," erwiderte Elisabeth klein laut. „Nun — und?" forschte er. „Sie meint ... ich sollte froh sein, daß fie mir alles abnimmt." „Und hat fie nicht recht damit? Sieh ein mal, mein Lieb, einer Gräfin Landegg steht eS doch nicht an, sich eigenhändig, vielleicht um die Milchwirtschaft und dergleichen zu kümmern." „Tut es denn aber Beate nicht auch, und fie ist doch eine Komtesse Landegg," warf Elisa beth ein. „Ja, fie tut es, Elisabeth — wenigstens überwacht und kontrolliert fie alles — — fie ist bei dieser Tätigkeit aufgewachsen, niemand kennt es anders von ihr. Wenn du dich aber auf ihren Platz stellen wolltest, so wäre das ein anderes Ding. Siehst du das nicht ein?" „Er spricht für Beate, damit ich ihr die Herrschaft lassen soll," dachte fie, und das reizte fie. „Es ist auch nicht meine Absicht, mich an ihren Platz zu stellen, Herbert, ich weiß recht gut, daß mir dazu alles fehlt, aber ich möchte gern auch einige Pflichten übernehmen, vielleicht die Aufsicht über die Wäsche, die Vorratsräume oder dergleichen — ich möchte sür etwas zu sorgen und zu denken haben." Ein leiser Schatten flog über des Grafen Stirn. „Und du meinst, deine Pflichten lägen nach dieser Seite? Gibt es nicht eine andre, schönere Aufgabe für dich? Denke doch an unsre Armen und Kranken im Dori, denen du eine Heilige werden kannst und zum Teil schon geworden bist. Sieht man doch schon jetzt zu dir auf, die du ohne Zögern in die Hütten der Armut und Krankheit trittst und Hilfe spendest." Elisabeth war dunkel erglüht. „Ich spendete nur von deinem Reichtum." „Elisabeth," rief er erregt, „kommt dir kein Gedanke, wie tief du mich eben ver letzt hast? — — — Ist nicht dein, was mein ist?" „Vergib!" bat fie leise. Der Graf blieb ernst und schwieg sekunden- lang und ein düsterer, schmerzlicher Ausdruck trat in sein Antlitz. „Es tut mir wehe, Elisabeth, daß du dich so wenig befriedigt fühlst, denn ich habe nur den einen Wunsch, dich glücklich und sroh zu sehen." „Ach Herbert, wie bereue ich es, dir von meinen törichten Wünschen gesprochen zu haben. Ich hätte gewiß geschwiegen, wenn nicht der Zufall. . ." „Du sollst mir stets alles sagen, was dich bedrückt, Kind; nur dann l< es in meiner Macht, die Hindernisse aus 1em Wege zu räumen. Noch heute werde ich mit Beate sprechen. Du sollst haben, was du wünschest, aber werde wieder heiter und froh." Beschämt durch seine Güte senkte Elisabeth ihre Augen zu Boden. ES war gewiß kein Leichtes, Beate zur Herausgabe eines ihrer Rechte zu bewegen, aber er nahm es auf sich aus Liebe zu ihr. Hätten doch nur die dummen Tränen fie nicht verraten I Sie gäbe jetzt etwas darum, wenn die Angelegenheit nicht zur Sprache gekommen wäre. „Ich mache mir Vorwürfe; ich hätte mich nicht dürfen niederdrücken lassen," sagte fie leise. „Ich nur habe mir Vorwürfe zu machen," erwiderte er freundlich. „Ich war in meiner Trauer egoistisch und dachte nicht daran, daß deine Jugend Luft und Zerstreuung braucht. Wir werden morgen einige Besuche in der Nachbarschaft machen. Du wirst andre Men schen kennen lernen und neue Eindrücke empfangen. Und nun komm, laß uns unsern Spaziergang fortsetzen." 10. Seit diesem Tage begann ein neues Leben sür Elisabeth. Graf Landegg hatte Wort gehalten und noch denselben Abend mit seiner Schwester gesprochen. Ob fie ihrem Bruder bereitwillig zugestimmt, oder ob fie Einwen dungen gemacht hatte, wußte Elisabeth nicht. Es genügte ihr, daß ihr Wunsch erfüllt wurde. Beate führte sie am nächsten Morgen freund lich in das Wäschezimmer, zeigte ihr die große« Schränke mit ihrem Inhalt und gab ihr das Verzeichnis sämtlicher vorhandenen Vorräte. Elisabeth ging mit Feuereifer an eine Durch sicht ihrer Schätze, machte sich Notizen, musterte dies und jenes und wußte bald recht gut Bescheid. Daß Beate ihr so freundlich entgegen kommen würde, hatte Elisabeth nicht erwartet, und sie bat ihr nun im stillen ihre harte Be urteilung ab. Sie ahnte nicht, wie schwer es Beate geworden war, auch nur ein wenig aus der Hand zu geben, fie ahnte nicht, daß Beate sich fest vorgenommen hatte, jedem weitere« Eindringen Elisabeths in die Führung de» Haushaltes mit aller Kraft, Energie und Klug heit entgegenzutreten. Als Herbert ihr vo« seines Weibes Wunsch gesprochen hatte, war fie zuerst heftig erschrocken gewesen, aber sie hatte blitzschnell überlegt, wie fie dem Wunsche des Bruders nachkommen und doch gleichzeitig da» Regiment behalten konnte. Ihrem Bruder offen zu widersprechen, wagte Beate aus Klug heit nicht. „Die Männer find verblende, wenn fie lieben," sagte sie sich, „und ma« darf ihnen nicht die Augen öffnen wolle«' wenn man es nicht mit ihnen verderbe« will." Elisabeth war ihrer Ansicht noch noch er« Kind, dem man ein Spielzeug geben muw um es ruhig zu halten. Nun war zwar br^ Herausgabe der Aufsicht über die Wäsche » kostbares Spielzeug, aber wenn sie in alle»
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