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Allgemeiner Anzeiger : 29.07.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190507291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19050729
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19050729
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-07
- Tag 1905-07-29
-
Monat
1905-07
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.07.1905
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wirst Alexander Demetrius Cantacuzenos ist im v«. Lebensjahre in Solln bei München ge- Mbsn. Der Fürst war ein Sohn des mol dauischen Großbojaren Demetrius, Fürsten von Amtacuzenos und dessen Gemahlin, der Gräfin Sophie von Armannsperg. Diese ist in Schloß M bei Deggendorf in Niederbayern begraben. Ae ruht in der Gruft unter der Schloßkapelle. Fürstin Sophie (gestorben 8. August 1868) er achte ein Alter von 48 Jahren. Nach ihrem Tode ging Schloß Egg infolge letztwilliger Ver- Mung der Fürstin auf den eben verstorbenen Fürsten Alexander über, der es aber bereits 1871 an Baron Karl v. Eichihal in München verkaufte. Seit 1882 befindet sich das herrliche Schloß im Besitze des Grafen von Hohenthal and Bergen. Das fürstliche Geschlecht der Eantacazene stammt vom oströmischen Kaiser Cantacuzenos ab, der um 1350 in Konstantinopel residierte. Tas losgegangeae Geschütz. Auf dem deutschen Torpedoboot, das die Jacht „Me teor" nach dem Hafen von Ostende begleitet, er eignete sich ein ernster Unfall. Während die Offiziere den Besuchern die Handhabung der Geschütze erklärten, entlud sich eines derselben aus noch nicht aufgeklärter Ursache, wobei ein Geschoß einem deutschen Kellner einen Arm ab riß. Der Unfall rief große Aufregung hervor. Eine Schillerbüste gestohlen. Die Stadt Göttingen hatte anläßlich der Hundertjahrfeier des Todestages Schillers eine Büste des Dichters in den öffentlichen Anlagen aufgestellt. In der Nacht ist jetzt dieses Denkmal plötzlich verschwunden. Von seinem Verbleib und den Dieben hat man bis jetzt noch keine Spur. Etwas reichlich Schützenfeste feiert Celle, vömlich vom Sonntag ab 4 hintereinander, je »Tage dauernd, von Sonntag bis Sonntag. Jeder der 4 Stadtteils, aus denen Celle seit altersher zusammengeschlossen ist, feiert selbst ständig. Für eine Stabt von 20 000 Ein wohner etwas viel. Im Übermut. Aus Gera wird berichtet: Mit zertrümmertem Schädel wurde abends in der elften Stunde ein vom Bezirksturnfsst in Gößnitz heimkehrender Tnrner tot aufgefuuden. Im Übermut war er auf das Dach eines Eisen dahnzuges geklettert, wo ihm bei einer Unter- mnnelung das entsetzliche Unglück widerfuhr. Im Scherze. „Ich will mich jetzt mal Mhängen!" hatte der 14jährige Lehrling N. w Heiligenstadt zu seinem Spielkameraden ge äußert. Er schlang sich die auf dem Hofe Hängende Wäscheleine um seinen Hals und konnte U nicht wieder frei machen. Der andre Mbe war in seiner Angst davongelaufen. Sonst war niemand im Hause anwesend. Als Angehörigen und ein Arzt herbeikamen, war der Junge schon eine Leiche. Eine furchtbare Bluttat beging in dem Mfe Altsarnkow (Hinterpommern) der Schweizer Abrecht in einem Anfall von Geistesstörung. Gr erdolchte seinen Gutsherrn, dessen Ehefrau vad zwei Kinder. Darauf beging er Selbst- viord. Wütende Bienen. Auf dem Gehöfte des Gutsvesitzers Lüdtke in Krojanke tummelten sich Aei Pferde. Hierbei riß eines der Tiere einen Mnenkorb nm. Die wütenden Bienen setzten Pferd derart zu, daß es in wenigen Stunden verendete. , Opfer des Automobils. In Erbenheim Wiesbaden wurde der 13 jährige Sohn des Gastwirts Merten von einem Automobil über- Men und gelötet. — Ein Herr Rothstein in Lustadt (Schwarzwald), der beim Bahnbau Arbeiten ausführt, ist in der Nähe von Stutt- Lart mit feinem Motorrad mit einem Automobil Mammengestoßen und erlitt so schwere Ver jüngen, daß er alsbald verschied. — In Mt (Ostflandern) rannte ein Automobil in- Mge Steuerdefektes in eine Gruppe junger Manien eines Pensionats, wobei einer Dame Aide Beine abgefahren wurden. Sie starb, "WH ehe ihr Hilse gebracht werden konnte. Vier Awre junge Damen wurden schwer verletzt. M Wagen ist völlig zertrümmert: der Chauffeur Me sich durch Abspringen in Sicherheit gebracht. Bayrischen Wald rauften schulpflichtige Buben mit Messern, wobei es lebensgefährliche Ver letzungen gab. In Leutershausen bei Ansbach schoß ein Schuljunge aus reinem Übermut einem Kameraden eine Kugel in den Kop'.? Der junge Franke scheint aber sehr solid ge baut zu sein, denn es wird gemeldet, daß die Verletzung glücklicherweise nicht lebensgefährlich sei. In Sachrang in Oberbayern wurden einem Bauern seit drei Jahren drei Pferde und eine Kuh und jetzt wieder ein Pferd im Werte von 1000 Mark auf der Ortsweide ruiniert, indem hinzuschleichende Buben den Tieren die Sehnen an den Fußgelenken durchschnitten!! Zu ermitteln waren die Täter nicht. Skizze zur Kttiserzusammenkunft in den finnischen Gewässern. Verbot des Schleppsntragens. Der Magistrat zu Laibach erließ ein Verbot gegen das Schleppentragen der Damen an allen öffent lichen Orten und droht den Zuwiderhandelnden mit Strafe. Pariser Strahsnreiuigung per Auto mobil. Versuche, die mit Automobiltonnen- wagen zum Sprengen der großen Pariser Straßen unternommen wurden, haben zu so günstigen Erfolgen geführt, daß man nun das Automobil für die gesamte Straßenreiniguug der französischen Hauptstadt verwenden will. Man hat feftgestellt, daß die Reinigung mittels Automobil in der Stunde auf eine Strecke von 9—16 Kilometer ausgedehnt werden kann, und daß die so gereinigte Fläche etwa 15 000 Qua dratmeter umfaßt, während Sei der Anwendung von Pferdekräften kaum möglich war, in einer Stunde 3600 Quadratmeter zu reinigen. Eine Automobil-Neinigungsmaschine übertrifft also die gewöhnlichen Straßsnkehrmaschinen um mehr als das Vierfache an Wirksamkeit. Die Pariser Stadtverwaltung hat bereits eine der großen Automobilstrmen beauftragt, eine solche „Spreng- und Reimgungsmaschine" herzustellen, so daß von jetzt ab die Straßen in wenigen Minuten in größter Sauberkeit prangen werden. Oliver Cromwells Totenmaske wurde am Dienstag in einer Auktion in London zum Verkauf ausgeboten. Jedoch wurde der als Minimalsatz angenommene Preis nicht bei den Geboten erreicht und die Maske wieder aus der Auktion zurückgezogen. Sie ist nun für 1720 Mk. unter der Hand verkauft worden. Von diesen Totenmasken, die d-e Züge des Protektors am genauesten wiedergeben, find nur drei Exemplare bekannt, von denen sich das eine in der „National Portrait Gallery" be findet und das zweite im Besitz eines Privat mannes ist. Das dritte beglaubigte Exemplar ist das verkaufte, während eins, das sich im Britischen Museum befindet, angezweifelt wird. (Sroße Preise für Juwelen wurden bei Christie in London am Donnerstag für acht Stücke aus dem Schmucke einer „Dame von Rang" gezahlt, so daß innerhalb einer Stunde die Summe von 160 000 Mk. gelöst wurde. Das Publikum bestand häuptsächlich aus Händlern, die sich von dem hohen Werte der Schmucksachen überzeugt hatten. Als aber gleich zu Anfang eine Brillantentara, die aus neun hervorragend schönen bimenförmigen Brillanten bestand, ausgeboten wurde, be mächtigte sich ein großes Entzücken auch der amerikanischen Juwelenhändler Hamilton Mc. Cormik bis zu einem Preise von 39 600 Mk. Hinauftrieben. Ein andres Prachtstück war ein Haarkamm aus Schildpatt, der mtt fünf großen, birnenförmigen Brillanten und fünf kleinen wundervoll glänzenden Diamanten verziert war. Der Kamm wurde für 9400 Mk. verkauft. Eine herrliche Halskette, aus 45 schöngeformten Perlen bestehend, mit einem Hänger von Rubinen und zwei großen Brillanten, brachte 63 000 Mk. Eine Brosche aus Perlen und Brillanten erzielte 8800 Mk. Wie man z«m Mörder werden kann. Durch ein eigenartiges Mißgeschick hat ein Farmer in Mary land in den Ver. Staaten sein Leben verloren. Der Farmer Wesley Zepp fuhr mit seinem Sohne nach der Kirche in Fintsburg. Unterwegs trafen sie am Straßenrande fitzend den Deutschen Henrici, einen Sohn des in Amerika bekannten und beliebten Dichters Henrici. Der erst 19jSbrige junge Mann bereitete sich im Schatten eines Chausseebaumes ein Glas Limonade. Er begrüßte den Farmer und dessen Sohn auf da» herzlichste, und kaum war das Gefährt vorüber, ertönte ein Schuß, und der Farmer Zepp sank tot vom Wagenfitze. Eine Kugel war ihm hinten in den Kopf gedrungen und am Auge wieder herausgefahren. Wie die sofort vom Sohn des Getöteten eingeleitete Untersuchung ergab, war der junge Henrici der Täter. Beim Zubereiten der Limonade war er auf den Drücker seines Jagd gewehrs getreten, der Schuß war losgegangen und dem Farmer in den Kopf gedrungen. Henrici, der sich wie ein Verzweifelter gebärdete, wurde zunächst verhaftet, am andern Tage aber bereits gegen eine geringe Bürgschaft aus dem Gefängnis wieder ent- lafsm. Zur Charakteristik der russische« Matrose», die in Tsingtau interniert find, schreibt ein dort ansässiger Schlächtermeister I. Weber, der in Tsingtau eine Wurstsabrik mit elektrischer Kraft besitzt, der Illg. Fleischer- Ztg.': „Die russischen Soldaten find schlimmer wie die Chinesen; sie betrinken sich und puddeln sich dann mit den Chinesen im Schmutz herum — ein trauriger Anblick! Hoffentlich verlassen uns die Russen bald, das wäre für die ganze Kolonie nur ein Vorteil." (Ein liebloses Urteil! Die Russen find doch unsre guten Freunde.) GsrickrsbaUe. Eisenach. Daß schlechte Scherze oft üble Folgen haben können, mußte der bisher unbescholtene Land wirt Artur Boßecker aus Heyda bei Eisenach er fahren. Der Bürgermeister von Radisleben hatte die Stelle eines Gänsehirten ausgeschrieben. Der Angeklagte sandte ihm auf einer Postkarte eine Be werbung um die Stelle, worin er angab, daß er bereits mit Erfolg zwei Jahre eine gleiche Stelle bekleidet habe. Dis Karte unterschrieb er mit dem Namen eines Bauunternehmers, dem er etwas an- HSngen wollte. Dieser erhielt nun vom Bürger meisteramt eine zusagende Antwort auf die angeb liche Bewerbung und Auskunft über einige auf der Karte angegebene Fragen. Boßecker hatte also seinen Zweck erreicht, erhielt aber bald eine Anklage wegen Urkundenfälschung. Der Staatsanwalt be urteilte den Fall, wie er lag, sehr milde und be dauerte, daß der dumme Streich nicht durch eine Geldstrafe abzumachen sei. Er beantragte drei Tage Gefängnis und empfahl den Angeklagten der Gnade des Landesfürsten. Der Gerichtshof erkannte demgemäß. Mülhausen t. Els. Durch zwei Gerichtsurteile ist hier festgestellt worden, daß Gemeinderatsmit gliedern in Ausübung ihres Amtes der Schutz des ß' 193 Wahrung berechtigter Interessen) zustehe. Ein sozialdemokratisches Mitglied des Gemeinderats Mülhausen war von einer Unternehmerfirma ver klagt worden, die sich durch Äußerungen desselben im Schoße des Gemeinderats beleidigt fühlte. Das Schöffengericht erkannte auf Freisprechung, da der Beklagte in Wahrung berechtigter Interessen ge handelt habe. Die Unternehmer legten Be rufung beim Landgericht ein und dieses be stätigte aber das Urteil der ersten Instanz mit folgender Mottvierung: „Der Angeklagte hat die Äußerungen in einer Sitzung des Gemeinde- ratS in seiner Eigenschaft als Mitglied dieser Körperschaft gemacht. Er hat sie ferner gemacht zur Wahrnehmung der Interessen der Bürger der Stadt Mülhausen, damit die angeblichen Mißstände, an deren Vorhandensein er geglaubt hat, abgestellt werden. Hierzu ist er als Mitglied des Gemeinde- rats befugt. Der Angeklagte hat mithin die Äuße rung zur Wahrung berechtigter Interessen gemacht. Selbst wenn die behaupteten Tatsachen nicht wahr sein wüten, könnte er nur bestraft werden, sofern aus der Form der Äußerung oder aus de« Um ständen, unter welchen sie geschah, das Vorhanden sein einer Beleidigung hervorginge. Beides ist in dessen nicht der Fall." Der Vorschlag auf Abschaffung -er Voreider, der anläßlich der Oldenburg - Bückeburger Pro zesse gemacht wurde, findet in der Presse ein Echo, aus dem zu schließen ist, daß er einem weitverbreiteten Verlangen entspricht. Eine Anzahl Blätter geben die Kritik an ihm ganz oder geteilt wieder, keines erhebt Widerspruch, mehrere schließen sich ihm an. So bringen die ,Nat -Zig/, der ,Schwäb. Merkur' u. a. die Ausführungen gegen den Voreid vollständig, auch die .Germania' tut dies und sie knüpft daran noch eine eigene Beleuchtung, die eine weitere wertvolle Unterstützung für die Be seitigung der unzulänglichen und unbefriedigenden Nechtseinrichtung enthält. Sie macht noch darauf aufmerksam, daß dis gegenwärtige Strafprozeßkommission denselben zum Teil wenigstens Rechnung getragen hat. Nach der Übersicht der Verhandlungen und Beschlüsse, die ein Kommisfionsmitglied der .Deutschen Juristenzeitung' seinerzeit zur Verfügung gestellt hat, ist betreffs des Eidesverfahrens beschlossen worden: Zur Vermeidung überflüssiger Beeidigungen kann die Beeidigung unterbleiben: bei Über tretungen, wenn Staatsanwalt und Angeklagter damit einverstanden find; in Privatklagesachen, wenn die Parteien damit einverstanden find und kein Gerichtsmitglied die Beeidigung verlangt; in allen übrigen Sachen dann, wenn das Gericht die Aussage einstimmig für unerheblich hält und die Prozeßbeteiligten mit der Unter lassung einverstanden find. Die Beeidigung soll bei Zeugen nach der Vernehmung, bei Sachverständigen in der Regel vorher erfolgen. Eine Bestrafung falscher uneidlicher Aussagen hält die Kommission nicht für angezeigt. Damit ist wenigstens ein Fortschritt zum Besseren gegeben: der Nachsid und die Ver minderung der Eidesleistungen, wenigstens eine Möglichkeit dazu. Die .Germania' hofft aber, daß die weiteren Verhandlungen, bei denen auch der Bückeburger Meineidsprozeß eine lehrreiche Rolle spielen dürste, noch weitere Verbesserungen in dem jetzt herrschenden Eidesverfahren herbei führen werden, um dem Eide wieder mehr zu seiner wesentlichen Bedeutung und Würde zu verhelfen. Wie unheimlich muß es dem wahrhaft christlichen Juristen, der von der Heiligkeit des Eides in seiner religiösen Bedeutung überzeugt ist, zu Mute sein, wenn er sieht, wie der Eid immer mehr zu einer mechanischen Gerichts prozedur herabstnkt, wenn er empfindet, daß er in seinem Amte leider gar zu oft die Ab leistung von Meineiden und damit einer schweren Verachtung und Lästerung Gottes bei wohnen muß! Und wie tief muß auch das religiöse Empfinden eines christlich gesinnten Mannes bezw. einer „Partei" erschüttert werden, wenn er sehen muß, wie die Gegenpartei durch Zeugeneid oder durch Parteieid fast rein mechanisch die Wahrheit zur Unwahrheit um kehrt l Nicht nur das religiöse Empfinden, auch das Rechtsgesühl des Volkes hat darunter schwer zu leiden. Will man denn nicht endlich dem Eide seine ursprüngliche Bedeutung wieder geben oder wenigstens durch eine feierlichere Form dieser Bedeutung näher kommen, als es jetzt in der Praxis der Fall ist? UN-, > , buntes Allerlei. Schlauköpfchen. Mäxchen: „Es ist un recht von Mama, sie gibt dir immer mehr Kuchen wie mir." — Lenchen: „Das werde ich wieder gut machen, heute abend bekommen wir beide Leberthran, dann gebe ich dir die größere Hälfte." (Fach. J-hr-.y Nette Herrschaft. Dienstmädchen (zu ihrem Schatz): „Äugust, ich höre den gnädigen Herrn kommen ; rasch in den Küchenschrank, sonst pumpt er dich an!" „Nun, und?" „Und fragen, ob — du es gestattest." . „Welche Frage! Ich sagte dir heute schon Einmal, daß du Besuche machen und empfangen kannst nach deinem Belieben. Die Frage war also unnötig." Elisabeth beißt die Zähne auf die Unter lippe vor herbem Schmerz. „Willst du nicht wenigstens ihren Namen p-issen?" „Nun, wie lautet er?" fragte er gleichgültig Zurück. Er hat es längst vergessen, was Beate ihm M seiner Abreise nach Hohenburg von Nora Iteinburgs Hiersein und einem mutmaßlichen Zusammentreffen mit Elisabeth erzählt hat, und glaubt, daß letztere irgend eine Freundin aus ^rlin zu sich einladen möchte. Um so über raschender trifft ihn ihre Antwort, die zögernd und doch so fest gesprochen wird. „Nora — Steinburg." , „Nora?" schreit er auf. „Nora Steinburg, Wst du? Woher kennst du sie?" Seine Stimme , fugt erregt, und alle Gleichgültigkeit ist aus "Mem Wesen geschwunden. -„Ich kenne sie von Berlin her; sie war mir ^Vmn Freundin zu gleicher Zeit." . «Richtig — ich hatte es vergessen, aber weißt ?! auch, wen du in deinem Hause empfangen uullst? Seine Augen blitzten sie an. „Ich weiß es!" antwortet Elisabeth leise. »Und dennoch?" »3a-.Ich liebe sie, sie war mir teuer, schon kannte, als ich noch nichts von ^u Beziehungen zueinander ahnte. Soll ich sie nun darum aus meinem Herzen drängen?" „Nein, du magst ihr deine — Liebe immer hin auch ferner widmen, aber du mußt ein sehen, daß unter den obwaltenden Umständen ein Verkehr unmöglich ist." Elisabeth seufzt schwer auf, und Tränen drängen sich in ihre Augen. „So hassest und verurteilst du sie noch immer?" „Kind, Kind, wer spricht denn von Hassen? — Du weißt nicht, was du verlangst!" Ein schwerer Atemzug entringt sich seiner Brust und er versinkt in finsteres Brüten. Ist es nicht geradezu Tollheit, was sie ver langt? Er soll die erste Frau in sein Haus bringen, er soll dieser zeigen, daß er mit der zweiten auch nicht glücklich lebt, er soll ihr einen Einblick in seine jetzige Ehe gestatten? — Unmöglich! — Welche seltsame Verkettung des Schicksals, daß sich seine beiden Frauen kennen und noch dazu lieben müssen! Aber es ist gleich, seine jetzige Frau muß den Ver hältnissen Rechnung tragen. „Ich dulde es nicht," fährt er aus seinen Gedanken auf, „daß sie meines Hauses Schwelle betritt." „Herbert!" Ein Schluchzen liegt in Elisabeths Stimme, und ihre Augen stehen voll Tränen. Er sieht sie an, und da überkommt ihn der Zorn: „Diese verhaßten Tränen! Glaubst du, mich damit zu zwingen?" fragt er heftig. Hastig trocknet Elisabeth ihre Tränen. „Ich weine nicht mehr. — Laß uns doch ruhig über diese Sache sprechen, Herbert." „Ich denke, die Sache ist abgetan," erwidert er streUh. „Sei nicht so hart, laß dich doch versöhnen," bittet sie mit so weicher, einschmeichelnder Stimme, wie Herbert sie noch nie an ihr gehört hat. „Sieh, Nora wünscht nichts sehnlicher, als eine Auseinandersetzung mit dir; sie sprach von unaufgeklärten Tatsachen — öffne ihr dein Herz und Haus." Jetzt lacht Graf Landegg plötzlich rauh auf, daß Elisabeth erschreckt zusammenfährt. „So viel Mühe gabst du dir, mich mit meiner ersten Frau zu versöhnen? Haha, du bist köstlich, Elisabeth!" Bitter steigt es in ihm aus: Welche Frau, die ihren Gatten nur ein wenig lieb hat, würde dessen erste Gemahlin in ihr Haus bringen wollen? Keine Frau wäre so selbstlos, auch Elisabeth nicht. Sie liebt ihn eben nicht und hegt ts,r seine geschiedene Gattin viel wärmere Gefühle als für ihn, ja sie verleugnet sogar ihren Stolz, um ihn mit ihr zu versöhnen. Wenn es nicht so traurig wäre, würde er dar über lachen müssen. „Du bringst meiner ersten Frau eine merk würdige Sympathie entgegen, Elisabeth. Daraus schließe ich, daß du mir allein die Schuld an unsrer Trennung zuschreibst." „Herbert," sagt Elisabeth ganz erschrocken über diese plötzliche Wendung, „wie dürste ich mir darüber ein Urteil anmaßen? Weder du noch Nora oder sonst ein andrer hat mir die näheren Umstände mitgeteilt. Ich will sie auch nicht wissen, aber ich glaube, mein Gefühl leitet mich richtig, wenn ich annehme, daß nur ein Verhängnis, ein trauriges Mißverständnis euch trennen konnte." „So? Nimmst du das an? — Wenn ich nun doch nicht schuldlos wäre..." Er holt tief Atem, ehe er weiter spricht. „Ich habe dir bisher nie etwas Näheres über meine erste Ehe erzählt, das ist richtig. Ich wollte dein junges, reines Gemüt nicht mit diesen trüben Bildern beschweren und mir mein bißchen spätes Glück nicht trüben. — Jetzt magst du es erfahren. In einem Punkt hast du recht: Ein trauriges Verhängnis, Mißverständnisse und Intrigen waren es in der Tat, die den Grund zu unserm Zerwürfnis legten. Ich war jung und feurig, voll Leidenschaft und Jähzorn, noch nicht abgeklärt und ruhig wie heute; ich glaubte dem Schein und verdammte schonungslos. Das war meine Schuld, und damit hast du das ganze Bild meiner ersten kurzen Ehe." Er hält inne, und auch Elisabeth ist still und tief ergriffen. Er spricht nur von seiner Schuld, kein anklagendes Wort trifft seine erste Kau. Und wie sagte Nora damals zu ihr: „Suche die Schuld nicht bei deinem Gatten." Wie edel und groß beide sind! Und es sollte ihr trotzdem nicht gelingen, sie zu ver söhnen ? „Hast du nie den Wunsch gehabt, deine Schuld — wie du sagst — gut zu machen?" fragt sie leise und stockend. „Weiß Gott, wie lange schont Ich gäbe — doch nein, laß mich — jetzt nicht." 4 co (Fortsetzung folgt.)
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