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Allgemeiner Anzeiger. Amtsblatt tiir die Ortsbehörde und den Gemeinderat M Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. AbonnementSpreiS inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Nnterhaltungsblattes" ^'erteljährlich ab Schaller 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten ins Hans 1 Mark ^0 Pfennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf den All gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungsbote« jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre» wir Rabatt nach Nebereinkunst. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag l/,11 Uhr, für die Sonnabend-Nummer bi» Freitag vormittag i/,11 Uhr einzusenden. Schristleilung, Druck unö Verlag von N. ZAHuvig, Dretnig. Rr. 57. Mittwoch den m. Zu» 1905. 15. Jahrgang. O-rtlickes und Sächsisches. .Bretnig. Da» 3. sächsische Kreisturn- M, welches in den Tagen vom 1b. bis 18. Mi in Chemnitz abgehalten wird, hat unge- 'Hr 13,500 Turner zusammengeführt. Sei °nr der Chemnitzer Turnerschaft waren mit ^ütelstützung der Behörden umfassende Vor- Leitungen getroffen worden, um diesen Massenbesuch der Jünger Jahns würdig zu Apsangen. Auf den ausgedehnten Wiesen den neuen Kasernen ist ein Festplatz ent- Mden, wie er, was praktische Anlage, archi- Ionische Schönheit der Baulichkeiten und Vielseitigkeit der nach neuester Konstruktion Arbeiteten Turngeräte anbetrifft, schöner »icht gedacht werden kann. Für die Unter- Mst der Turner sind Massenquartiere ein- ^richtet worden, wozu hauptsächlich Schulen Verwendung kamen. In der großen Haupthalle aus dem Festplatze, welche 4800 Sitzplätze hat, sand als Einleitung zu oen Fest- ichkeiten am Sonnabend ein Begrüßungsabend aalt, welcher bei Ansprachen, Vorführung iürnerischer Hebungen, Konzert- und Gesangs- Erträgen in animiertester Weise verlief. An ^nig Friedrich August und Kaiser Wilhelm Kurven Huldigungstelegramme abgesandt. Die Mptveranstaltung des letzten Sonntags Wete der große Festzug und Vorbeimarsch aller Turner vor Sr. Königlichen Hoheit dem Hinzen Johann Georg. Der Prinz traf als Vertreter des Königs, des hohen Protektors der Veranstaltung, mittels Hofsonderzuges ^chmittags 12^ in Chemnitz ein, wurde am ^ahnhof von deu Spitzen der Behörden und "iw Kreisturnrat begrüßt und begab sich zu Wagen nach dem Hotel Römischer Kaiser, öin hier den schier endlosen, von 20 Musik- Mps begleiteten Zug der Turner mit ihren fielen Fahnen an sich vorüberziehen zu lassen. M der Fahrt nach dem Hotel wurde der Prinz von der in den festlich geschmückten Straßen angesammeltcn Menge mit Hochrufen Müßt, wofür er nach allen Seiten herzlichst bankte. Auch beim Norbeidefilieren der Tur ner wurde der Prinz nicht müde, für die ihm M jedem Verein dargebrachten Gutheilruse girier wieder freundlich zu danken. Nach Mm kleinen Frühstücke, an welchem etwa Personen teilnahmen, erfolgte um 3^/z Ar die Fahrt des Prinzen zum Festplatz. Hier bewillkommnete Oberbürgermeister Dr. Ack den hohen Gast namens der Stadt, der Bevölkerung und der Turnerschaft mit einer Mgeren Ansprache, die mit einem allseitig begeistert aufgenommenen Hoch auf den Könrg, Öen Prinzen Johann Georg und das ganze Königliche Haus schloß. Nachdem noch der bM KreiLvertrcter Seminaroberlehrer Ficken wirth-Dresden eine kurze Begrüßungsansprache den Prinzen gerichtet hatte, antwortete ^ser mit kräftiger, wetthin vernehmbarer stimme: „Im Namen Seiner Majestät Unseres Allerznädigsten Königs, meines viel geliebten Bruders sage ich Ihnen allen den wärmsten, aus vollem Herzen kommenden ^ank für diese warme, patriotische Kundgeb- die sich hier vor meinen Augen zeigt, ^eine Majestät der König hat von jeher den Astrebungen der Turner sein größtes Inter- ße entgegengebracht; leiser hat er nicht selbst Me hier weilen können, darum hat er mich eauftragt, ihn zu vertreten. Ich werde nicht Mangeln, Sr. Majestät eingehenden Bericht «i erstatten über die warme patriotische - ändgedung, die ich hier gesehen habe." , Prinz verweilte zwei Stunden auf dem Festplatze, verfolgte mit Interesse die Frei- und Geräteübungen der Turner und machte schließlich einen Rundgang über den Festplatz und durch die imposante Haupthalle. Gegen 3/46 Uhr erfolgte unter einenten stürmischen Ovationen der Menge die Abfahrt zum Bahn hof, von wo der Prinz um 6 Uhr 7 Min. die Rückreise nach Dresden antrat. Erwähnt sei ferner noch, daß an den Freiübungen 5400 und am Gauwetturnen 9000 Turner teilnahmen. Die 4800 Sitzplätze enthaltende Festhalle erwies sich am Sonnabend zu dem Empsangskommerse viel zu klein, denn gegen 8000 Personen waren anwesend, welche die Darbietungen mit sichtlichem Interesse ver folgten. An dem Wetturnen am Montag beteiligten sich 400 Turner. Leider wurde das Wetturnen an diesem Tage durch den Regen gestört, so daß man gezwungen war, dasselbe in der Festhalle fortzusetzen. Bretnig. Der Handwerkerverein be geht am 13. August im Gasthof zur golvnen Sonne sein Sommer- und Kinderfest An meldungen sind bis zum 30. Juli beim Vor sitzenden Herrn August Schölzel zu bewirken. Kamenz, 17. Juli. Bei dem gestrigen Gewitter-Nachmittage ging nach 6 Uhr ein starker Blitzschlag am östlichen Ausgange der Stadt nieder. Kurze Zeit darauf wurde aus der Esse des Herrn Fleischermeister Mittag an der Ausmündung der Ost- in die Hoyers- werdaerstraße aufsteigender starker Rauch wahr genommen, was eine Zündung vermuten ließ; dadurch wurde das Stürmen und die Alar mierung der Feuerwehr veranlaßt, doch zeigte sich bald die Täuschung und die verursachte Aufregung war die einzige Folge. — Ein weiteres starkes Gewitter in späterer Abend stunde brachte einen wolkenbruchartigen, glück licherweise nur kurze Zeit andauernden Regen, welcher große Schwemmungen herbeiführte. Sebnitz. Weil ihn seine Geliebte nicht rechtzeitig zum Schützenfest abgeholt hatte, durchschnitt sich am Dienstag in seiner Woh- nung zu Odereinsiedel der Maurer H. die Schlagader am Halse und an den Handge lenken. Dor sonderbare Selbstmordkandidat wurde ins Krankenhaus überführt; er dürfte aber nicht zu retten sein. Zittau. Der Zirkus Lorch, der hier in Konkurs geraten ist, hat eine wechselvolle Vergangenheit hinter sich. Wohl mehr wie jedes, andere Unternehmen, so schreibt die „Z. M.-Ztg.", hängt ein solches Institut von der Gunst der Menge ab, und schon mancher schwer reiche Zirkusbesitzer hat in wenigen Jahren ungünstigen Geschäftsganges, in Ver bindung mit allerlei unvorhergesehenen Miß geschicken, sein Hab und Gut bis auf oen letzten Groschen singebüßt, und mußte, vor ausgesetzt, daß er noch die Kraft dazu hatte, von vorn beginnen. Direktor Lorch, aus ein facher Familie stammend, begann mit 16 Jahren seine Künstlerlaufbahn. Kaum aus der Schule entlassen, durchreiste er mit ver schiedenen Zirkusunternehmern aller Herren Länder. 1864 machte er sich „selbständig", und zwar arbeitete er damals zunächst mit drei Hunden, einem Ziegenbock und einem Affen. Die Tierchen, gut dressiert, brachten ihrem Besitzer, der mit ihnen von Dorf zu Dorf und von einer Stadtfestlichkeit zur an dern zog, nach und nach viel Geld ein; vor allem bereiteten sie ihm nicht so viele Sorgen, wie später das große Institut. Langsam er weiterte Lorch sein Programm. Ein Pferd nach dem anderen schaffte er sich an, enga gierte schließlich tüchtige Artisten und reiste dann als Inhaber eines großen kompletten Zirkusgeschäfts im Lande umher. Haupt» sächlich in Süddeutschland, am Rhein und in der Schweiz erntete er seine Lorbeeren. Mitte der 70er Jahre besaß der Zirkus 116 eigene Pferde, darunter ganz hervorragendeDressuren. Wiederholt wohnten fürstliche Personen den Vorstellungen bei und sprachen in besonderen Dankschreiben ihr großes Interesse für die künstlerischen Darbietungen des Instituts aus. Ganz langsam jedoch begann in den 80er Jahren der Niedergang des Geschäfts. Ver schiedene Unglücksfälle erschütterten es mehrere Male ernstlich. In Metzingen (Württemberg) brannte der Zirkus mit vielen teuren Requi siten völlig ab. Nicht lange währte es, so war Ersatz geschaffen. In Luzern in der Schweiz gingen dann mehrere wertvolle Pferde, Hauptanziehungspunkte des Unternehmens, an Heuoergiftung zu Grunde. Dazu kam Anfang ver 90er Jahre die allgemein empfundene schlechte Geschäftskonjunktur. Adolf Lorch steht an der Schwelle des Gceisenallers; ec wurde 1845 zu Eschollbrücken in Hessen ge boren. In einem Alter, in dem der Mensch sonst gern ausruht und sich von seinem Lebens- werk zu erholen pflegt, steht Direktor Lorch vor dem erbarmungslosen Ruin. Als Trost stehen dem Besitzer zwei erwachsene Töchter, sowie zwei Söhne zur Seite. Alle vier waren in dem fallit gewordenen Zirkus mit tätig. Em Grauschimmel, den Herr Lorch seiner Tochter Olga zum Geburtstag schenkte und mit dem die junge Schulreiterin zum tapferen Eintreten für ihre Angehörigen ei» Engagement in einem anderen Institut zu finden hoffte, ist mit für die Giäuoiger in Anspruch genommen. Der einzige hoffnungs volle Ausblick in die Zukunft ist damit der bedauernswerten Familie vernichtet worden. — Unweit des Fundortes der Leiche des Raubmörders Schramm aus Crottendorf wur den noch verschiedene Gegenstände zutage ge fördert, und zwar eine braune Litewka mit einigen Patronen in der Tasche, eine Taschen uhr mit Kette, ein Bund Schlüssel, ein Taschen spiegel und drei goldene Rmge. Die Gegen stände waren an verschiedenen Stellen einge- graben. Es fehlen noch die Dienstmütze Schramms und ein größerer Geldbetrag. — Der 19 Jahre alte Sohn des in Plauen i. V. am Freitag Hingerichteten Raubmörders Franz Eouard Neumann wurde dieser Tage von der dortigen Polizei in Haft genommen, weil er einem Mstalloreher 6 Mark abgeschwinoelt hat und außerdem dringend verdächtigt war, einer Frau in Tanna 18 Mark gestohlen zu haben. Ec ist jedoch wieder entlassen worden. — Der Raubmörder Karl Hermann Neu mann jun. aus Hartmannsgrün, dec vom Schwurgericht zu Plauen i. V. zum Tode verurteilt, aber zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt wurde, wurde am Donnerstag früh 5 Uhr nach dem Zuchthaus Walsheim ge bracht. Plauen i.V., 17. Juli. In großer Gefahr befand sich am Sonnabend nachmit tag der Schnellzug München—Hof—Berlin, der abends gegen » Uhr in Leipzig eintrifft. Wie der „Voztl. Anz." meldet, fuhr der Zug auf der Reuihechöhe zwischen Mehltheuer uns Hof bei einem Uedecgange, der nicht ge schlossen war, auf einen beladenen Hsuwagen auf. Hierbei wurde ein Knabe, der auf dem beladenen Wagen saß, schwer verletzt. Die Lokomotive fegte den Wagen zur Seite, blieb aber glücklicherweise im Gleise, so daß der Zug nach einer Viertelstunde die Fahrt fort- setzen konnte. — Bei einem am Donnerstag über da» Erzgebirge ziehenden Gewitter wurde nachm. in der 4. Stunde im Bauernguts Melzers zu Mildenau bei Annaverg der 24 Jahre alte sohn des Besitzer» vom Blitz erschlagen. Außerdem wurden im genannten Gute zwei Ochsen und ein Stier getötet. Ein anderer Blitzstrahl fuhr in das Bauerngut Mauers berger und tötete ebenfalls verschrevener Vieh. Ein gleichzeitig niedergehendes starkes Schloßen- welter richtete an den Felbbeständen erheb lichen Schaden an. — Die Sühne des Mordversuchs an Ziegert. Im Jahre 1893 ward in Leipzig der Handarbeiter Fiegert zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt wegen eines Attentats auf einen Geiddriefträger- Bei Verkündung oes Urteils brach seine Frau im GerichtS- saale schluchzend zusammen — der Schmerz hielt aber nicht lange an, und bald heiratete sie nach vollzogener Trennung der ersten Ehe oen Schneider Mildroot ans Magdeburg, mit dem sie nach Berlin verzog. Im Frühjahr 1905 wurde ihr erster Mann aus dem Zucht haus entlassen, und Frau Milvroot eitle rn seine Arme zurück. Allein ihr jetzt rechtmäß iger Gatte wollte sie Nicht von sich lagen, ec reiste nach Leipzig und vrcüote am 19. April auf seinen Nsoenlluhtec ein erfolgloses Re- voloerattsntal. Die Anklage lautete auf Mordversuch. Die Geschworenen fanden den Mann aber nur des versuchten Totschlages schuldig und das Schwurgericht warf eure Strafe von 2 Jahren 10 Monaten Zuchthaus aus. Leipzig. König Christian IX. von Dänemark, der noch rüstige 87 jährige Monarch, verweilte am Donnerstag i» Leipzig und nahm im Hotel Hauffs Wohnung. Mit ihm traf gleichzeitig jein Bcuoer Prinz Hans von Schleswig-Holstem-Glücksburg hier ei». Der König, in dessen Begleitung sich dessen Leib arzt Le Maire, sein peciöniichsr Adjutant Oberstleutnant von Kaufmann, sowie Hof marschall v. Boxholen oesanoen, war, von Gmunoen über Nürnberg kommend, aus dem Thüringer Bahnhof um 5 llhc nachmittag» eiugetroffen uno suhc von hier aus rn oec- oeckcer Equipage nach dem Hocel Hauffe, von dessen Zinnen der Danevrog flatterte. All gemein fiel die Frische und Leoenoigkeit oeS greisen Monarchen aus, sein wahrhaft lievens- würdiges Bewegen uno seine so überaus sympathische Natur. Elastisch schritt der Kö nig die Treppe empor, an seiner Serre dec hochgswachsene Prinz von Giücksvurg. Dec König von Dänemark, oec unter dem Namen eines Grafen Falster ».eist, butterte, nach dem „Leipziger Tageblatt", kurz nach seiner An kunft mit dem Prinzen uno oen Herren seins» Gefolges im Speisesaal. Man weiß, daß ver König es liebt, unerkannt Land uno Leute zu studieren und Octseigentümlichkeiten kennen zu lernen. Die Goseuschenke in Eutritzsch sah ihn in ihrem Garten mitten unter fröhlichen Musensöynen; oei Georg Grimpe im Thür inger Hof, wie im Panorama-Garten, dort mitten unter den Bürgern Leipzigs, hier r.n Kreis der Konzertbesucher, wellte inkognito ser Herrscher des skandinavischen Reiches, oer sich, wie er es selbst ausgesprochen hat, sehr gern in unserer Stadt aufhält und Leipzig fast jedes Jahr mehrmals zu besuchen pflegt.