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5745 ^ 151, 2. Juli 1904. Nichtamtlicher Teil. denn je von ihrem vermeintlichen Rechte Gebrauch machen werden. Hier gilt es, Stellung zu nehmen, zumal da auch eine solche Auslegung nach Ansicht bedeutender Verleger aus seiten des Autors gegen Treu und Glauben verstößt. Die Unterzeichneten Sortimenter und Antiquare, sämt lich Mitglieder des Börsenvereius der deutschen Buch händler, wenden sich deshalb vertrauensvoll an den Vor stand mit dem Ersuchen, seine Mitglieder zu veranlassen: a) soweit bereits in srüher abgeschlossenen Verlagsver trägen die Lieferung an Zuhörer, Schüler, Seminare usw. zum Nettopreis vereinbart ist, den gesamten Sortimentsbuchhandel in die Lage zu setzen, mit einem bescheidenen Gewinn zu den Nettopreisen an die seitens der Autoren bevorzugten Kreise zu liefern. b) soweit in geltenden Verlagsverträgen derartige Netto lieferungen noch nicht vereinbart sind, oder Verlags verträge künftig abgeschlossen werden, diese Durch brechung des Prinzips eines festen Ladenpreises seitens des Autors ein für allemal abzulehnen. In Anlage finden Sie das Formular des Geheim rat ... . und den Bestellzettel mit der Antwort des Verlegers in Abschrift. Wir sehen einem gefälligen Bescheid gern entgegen und zeichnen mit vorzüglicher Hochachtung ganz ergebenst (folgen die Unterschriften). In Beantwortung der Eingabe gingen zur großen Freude der Unterzeichner nur zustimmende Äußerungen seitens der Verlegervereine und der Verlegerkammer ein, wobei ins besondere auf die ausführliche Antwort von der Verleger kammer hingewiesen werden soll, in der die Solidarität der Interessen, die den Verlag mit dem Sortiment verbindet, ganz besonders betont wird. Die Verlegerkammer sagt in ihrem Schreiben dem Sortiment die vollste Unterstützung bei dem entbrannten Kampfe zu und stellt für das Sortiment sehr erfreuliche Maßnahme» in Aussicht. Zur Mitteilung der eingelaufenen Nachrichten wurde von den mit der Bearbeitung dieser ganzen Angelegenheit beauftragten Herren eine Sitzung für den 12. März d. I. einberufen, in der es zu einer Aussprache über die prinzipielle Auffassung des Z 26 kam. Besonders bemerkenswert war in dem an diesem Abend gehaltenen Referat der folgende Passus: »Aus allen diesen Antworten, besonders aber aus dem Schreiben des Vorsitzenden der deutschen Verleger kammer, geht klar hervor, wie hoch der Wert eines existenz fähigen Sortiments von seilen der Verleger angeschlagen wird. Was wir erstreben, muß eine prinzipielle Lösung dieser wichtigen Frage sein. Wir alle, ob Verleger, ob Sortimenter oder Antiquar, wir alle haben das größte Interesse daran, daß die Existenzbedingungen der einzelnen Zweige des Buchhandels geschützt werden, denn gerade bei einer so straffen Organisation, wie es der Börsenverein der deutschen Buchhändler ist, gilt das Wort doppelt: Leidet ein Glied, so leiden die anderen Glieder mit.« Ferner wurde noch in dieser Versammlung hervor gehoben, daß man die in Punkt a gestellte Forderung nicht aufrecht erhalten könne, da eine solche Lieferung gegen den Sinn der Börsenvereins-Satzungen (H 3, Ziffer 5 b) verstoßen würde. Denn es handle sich hier nicht um »Ausnahme fälle«, sondern um regelmäßige Lieferungen. Eine weitere Folge der Eingabe vom 13. Februar 1904 war das aus Veranlassung des Börsenvereins-Vorstandes vom Vereinsausschuß des Börsenvereins erstattete Gutachten. Als juristische Grundlage zu diesem Gutachten dienten die vom Vereinsausschuß veranlaßten Meinungsäußerungen dreier Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 71. Jahrgang. Juristen, und zwar der Herren Professor vr. Allfeld, Rechts anwalt vr. Fuld und Oberamtsrichter a. D. vr. Bielefeld. Nachdem diese Gutachten im Börsenblatt vom 8. April d. I. veröffentlicht worden waren, hielt es der Akademische Schutzverein für notwendig, nun auch seinerseits eine offi zielle Äußerung über die schwebenden Fragen zu veröffent lichen, und beauftragte den außerordentlichen Professor der Rechte an der Leipziger Universität Herrn vr. Beer mit der Abfassung eines Rechtsgutachtens über: »Das freie Ver fügungsrecht des Autors über die zu einem Vorzugspreise vom Verleger bezogenen Exemplare seines Werkes.«*) Die in diesem offiziellen Rechtsgutachten, neben dem auch noch ein Gutachten privater Natur von Herrn Oberbibliothekar Professor vr. Schulz vom Reichsgericht in Leipzig erschienen war**), der oben abgedruckten Eingabe der Gruppe der Leipziger Sortimenter und Antiquare Erwähnung getan war, hielt es die letztere für angebracht, zu den von seiten des Akademischen Schutzvereins ergangenen Rechtsgut- achten Stellung zu nehmen, und hielt zur Besprechung der Angelegenheit die eingangs erwähnte Versammlung ab, in der Herr Otto Ficker im Aufträge der dazu eingesetzten Kommission das Referat erstattete. Aus diesem Referat seien die folgenden Stellen zur prinzipiellen Beurteilung der in Frage stehenden Paragraphen hervorgehoben. Nach kurzen einleitenden Worten, in denen der Referent auf die Wichtigkeit der schwebenden Fragen hinweist, kommt er zunächst auf das Gutachten des Professor Beer zu sprechen. Referent ist der Ansicht, daß es mehr im Interesse einer unparteiischen Auslegung gelegen hätte, den 8 26 aus seinem innersten Wesen und den Kommentatoren heraus zu beurteilen, unbeirrt um das Resultat, das bei einer solchen Untersuchung eventuell herausgekommen wäre. Der Gut achter hätte dann an der Hand seines positiven Gutachtens die eventuellen Fehler der gegnerischen Gutachten beleuchten müssen, anstatt von diesen Gegengutachten auszugehen. Das erscheine doch zur Wahrung eines unparteiischen Stand punktes der angemessene Weg. Sodann wendet sich Referent gegen die Ansicht Pro fessor Beers, der aus früher vorgekommenen »Ausnahme fällen« des Bezugs von Werken einzelner Professoren für deren Hörer zum Vorzugspreis ein Recht zum Bezug her leiten will, und führt zur Bekräftigung seiner Ansicht den Wortlaut einer Rede des Herrn vr. Ruprecht-Göttingen an, die bei den kontradiktorischen Verhandlungen in Berlin ge halten und auf Seite 450 des Berichtes über diese Verhand lungen abgedruckt worden ist: »Auch ich halte es für gar kein Unglück, wenn in einzelnen Fällen, wie das bisher verschiedentlich vorge kommen ist, Bücher nicht durch ein Sortiment, sondern direkt an die Schüler eines Professors gegangen sind. Auf derartigen Fällen, die bisher vorgekommen sind, wird ja jetzt sehr herumgeritten, namentlich wenn sie Herren be treffen , die dem Börsenverein nahestehen. Aber der wesentliche Unterschied ist doch der: Gefährlich wird die Sache für den Buchhandel erst dann, wenn die Lieferung an alle Studenten mit Umgehung des Sortiments auf Grund von Z 26 des neuen Verlagsrechts zum System erhoben wird, wie es der Akademische Schutzverein mit seinem letztversandten Zirkular z. B. beabsichtigt.« Auch soweit die Ausnutzung des Rechts des Autors *) Beer, L., Das freie Verfügungsrecht des Autors über die zu einem Vorzugspreise vom Verleger bezogenen Exemplare seines Werkes. Ein Rechtsgutachten, erstattet im Aufträge des Akade mischen Schutzvereins. Leipzig 1904, B. G. Teubner. **) Schulz, K., Das Recht des Autors aus Z 26 des Verlags gesetzes. Gutachten. Leipzig 1804, B. G. Teubner. 759