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Allgemeiner Anzeiger : 31.05.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190505310
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19050531
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19050531
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-05
- Tag 1905-05-31
-
Monat
1905-05
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 31.05.1905
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politische Kunälckau. Ter russisch-japanische Krieg. * Das Versteckspiel derbeiden Flotten im südchinefischen Meere dauert fort. Eine See schlacht, von der ein Gerücht aus Manila wissen wollte, hat nicht stattgefunden. Dagegen ist ein russischer Kreuzer nebst ach Begleitschiffen an der chinefischen Küste bei Wufung aufgetaucht, also weit nördlich von Len Gewässern, in denen man Roschdestwenskys Geschwader vermutet. Alle Nachrichten über den Aufenthalt Togos find wieder vollständig ver stummt. In Tokio glaubt man, daß das Erscheinen der Schiffs vor Wufung ein Täuschungsmanöver sei, um einen Teil der japanischen Flotte weg zulocken. Über Roschdjeflwenskys Verbleib liege keine bestimmte Nachricht vor. Eine ,Reuter'- Meldung weiß noch zu berichten, daß die ge samte Flotte Noschdjestwenskys vor Schanghai eingetroffen sei, um dort zu kohlen. Was bezweckt das Auftreten der russischen Schiffe vor Schanghai? In London glaubt man, daß ihr Erscheinen die in Schangha desarmierten russischen Kriegsschiffe zur Flucht anffordere. Die chinesischen Hafenbehörden haben alle Ursache, auf der Hut zu sein. *Wenn man den Meldungen aus Peters burg trauen darf, soistRoschdjestwensky nichttot, ja nicht einmal ernstlich krank. Jedenfalls nicht so krank, um nicht das Kommando sühren zu können. *Die Nachricht von der Abberufung des Admirals Roschdjestwensky und seine Ersetzung durch Birilew ist anscheinend ein Mißverständnis. Birilew geht nach Wladi wostok, aber nicht an Stelle Noschdjestwenskys, sondern des Admirals Skrydlow, der bisher Kommandierender der Flotte des Stillen Ozeans war. Roschdjestwensky bleibt nach wie vor Chef des Entsatz-Geschwaders und steht als solcher bei seinem Eintreffen in Wladiwostok unter dem Befehl Birilews. -- * * Zu de« russischen Wirre«. * Das Volksvertretungsprojekt ist dem ,Ruß' zufolge in den Grundzügen bereits fertig. Nach der Fassung, die ihm die Bulyginsche Kommission gegeben hat, soll ein Zweikammersystem geschaffen werden, der bestehende Reichsrat und eine Reichsduma. Kein Gesetzentwurf soll dem Reichsrat vorgelegt werden, der nicht in der ReichSduma gewesen ist. Doch können Gesetze, die von der Reichsduma verworfen werden, von dem Reichsrat ange nommen und dann vom Zaren genehmigt werden. * Ziemlich konfuse Meldungen kommen über neue Unruhen in Warschau. Es scheint festzustehen, daß der bessere Teil der dortigen jüdischen Bevölkerung gegen arbeits scheue und verbrecherische Glaubensgenossen allzu scharf vorgegangen ist. Am Mittwoch fanden zwischen beiden Parteien andauernde und blutige Schlägereien statt. Zwanzig Sterbende wurden in die Krankenhäuser der Stadt gebracht; die Zahl der Verwundeten konnte noch nicht festgestellt werden. * * Deutschland. * Der Kaiser kehrte am 27. d., von Wies baden kommend, in Berlin ein, während die Kaiserin nach Potsdam weiterfuhr. * Der Kaiser hat die militärischen Mit glieder der französischen Sonder mission, die anläßlich der Vermählung des Kronprinzen nach Berlin kommt, eingeladen, ihre Anwesenheit zu verlängem, um verschiedenen Truppenübungen beiwohnen zu können. *Der Kaiser wird nach einer an das deutsche Konsulat in Bergen (Norwegen) ge richteten Meldung am 11. Juli dort emtreffen. * Ärztliche Berichte über die jüngste Ver letzung der Kaiserin werden nicht mehr ausgegeben. * Für dieHochzeitsreise deSKron- prinzenpaareshat der Kaiser seine Jacht „Hohenzollern" zur Verfügung gestellt. Auf dieser wird das junge Paar eine mehrwöchige Reise von Kiel aus unternehmen und dann erst im Marmorpalais beiPotsdam Wohnung nehmen. Als Begleitschiff der „Hohenzollern" soll der kleine Kreuzer „Berlin" dienen. "Der Bundesrat stimmte in seiner letzten Sitzung je einem zweiten Nach tragsentwurf zum Reichshaushalts- und zum Reichshaushaltsetat der Schutzgebiete für 1905 zu. — Wie hoch die Summen in diesen Nachtragsetats find, ist noch nicht bekannt. Beide Entwürfe werden dem Reichstage in den nächsten Tagen zugehen. "Wer die Berggesetznovelle ist zwischen der preußischen Regierung und dem Landtage ein Übereinkommen erzielt worden, das insbesondere die geheime Wahl der Arbeiterausschüsse wahrt. * Für die Einnahmen der preußischen Eisenbahnverwaltung hat das neue Etatsjahr sehr gut begonnen. Der April d. Graf v. Zech. Julius Graf v. Zech auf Neuhofen, der neu- ernannte Gouverneur von Togo, ist jetzt 37 Jahre alt. Er wurde am 23. April 1868 geboren. Seit zehn Jahren befindet er sich im Kolonialdienst. 1888 wurde Graf Zech Leutnant im bayrischen Infanterie-Regiment; später zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt kommandiert, kam er nach Togo. Er wurde Stationsleiter in Anecho. 1903 erhielt Zech den Charakter als Kaiserlicher Regierungsrat. hat gegenüber dem April v. eine Mehreinnahme von 8V< Millionen Mark gebracht, an der übrigens der Personenverkehr stärker beteiligt ist wie der Güterverkehr. "Eugen Richter, der Führer der Frei sinnigen Volkspartei, soll vor der traurigen Aussicht stehen, daS Augenlicht gänzlich zu ver lieren. Da der freisinnige Parlamentarier auch sonst schwer krank ist, soll überhaupt nicht mehr darauf gerechnet werden können, daß er jemals in den Reichstag zurückkehren wird. — Die dem Erkrankten nahestehende ,Fr. D. Pr/ teilt indes mit, daß eine solche Gefahr für den Erkrankten nicht besteht. Man hofft sogar in Freundes kreisen, daß Eugen Richter im kommenden Herbst wieder an den parlamentarischen Arbeiten wird teilnehmen können. "über die Meldung aus Kapstadt, daß Jeneral v. Trotha Prämien auf die Aus- ieferung derHoltentotten-Häupt- inge ausgesetzt hat, ist an amtlicher Stelle iisher keine Meldung eingetroffen. Der Truppen-Kommandant würde also diesen Schritt aus eigener Entschließung getan haben. An wn zuständigen Stellen wird der Meldung Glauben entgegengebracht. Der General ver- ücht eben alle Mittel, um den Gegner zu ver nichten. Österreich-Ungar«. "Die Hoffnungen auf eine Besserung der Lage in Ungarn find, wie nunmehr fest- teht, vergeblich gewesen. Die Reife des Grafen Andrassy nach Wien ist tatsächlich er- olglos geblieben, da der Standpunkt der Krone n der Armeefrage keine Änderung erfahren hat und die vereinigte Opposition ihrerseits an der ungarischen Kommandosprache fest hält. Die führenden ungarischen Blätter glauben, daß in der nächsten Woche die Enthebung des Kabinetts Tisza von der Geschäftsführung erfolgen, ein Ministerium ohne Rücksicht auf die Majorität des Parlaments er nannt, und das Abgeordnetenhaus vertagt werden wird. Frankreich. "Die Deputiertenkammer genehmigte einen Kredit von 17 000 Frank für die Beteiligung des Ministeriums für öffentlichen Unterricht und schöne Künste an der Kunst-Ausstellung in München. Italien. "In der Deputiertenkammer wurde der Gesetzentwurf betr. die von dem Schatzamts zu ergreifenden Maßnahmen bezüglich der Ab findung der Eisenbahngesellschaften durch den Staat beraten. Schatzminister Carcano ersuchte die Kammer, den Entwurf günstig aufzunehmen, der die schwierige Eisenbahnfrage am besten löse. Nach kurzer Debatte nahm die Kammer den Gesetzentwurf in allen seinen Teilen an. (Dadurch ^ehen die italienischen Eisenbahnen, die bisher einzelnen Gesellschaften gehörten, indenBesitzdeSStaates über.) Afrika. "In Marokko hat sich schon wieder ein „Zwischenfall" zugetragen, der möglicherweise böse Folgen nach sich ziehen kann. Fünf mit Erdarbeiten bei Bechar beschäftigte Spanier wurden plötzlich von marokkanischen Banditen überfallen. Bet dem sich entspinnenden Kampfe wurde ein Spanier getötet, ein andrer schwer verletzt. Die übrigen flohen und ließen mehrere Ochsen und eine Menge Proviant in den Händen der Räuber. Der französische Grenzposten, der sofort benachrichtigt wurde, entsandte Kavallerie zur Verfolgung der Räuber. Deutscher Keicbstag. Am 25. d. steht auf der Tagesordnung die zweite Lesung des Gesetzentwurfs betr. Übernahme einer Garantie des Reichs in bezug auf eine Eisen bahn vonDuala nach denManemguba- bergen. Hierzu liegt ein Antrag der Nbgg. Lattmann und Raab (Antis.) vor, dem 8 11 der Bau- und Betriebs konzession für die Kamerun-Eisenbahngesellschaft folgende Einleitung zu geben: „Die Gesellschaft ist berechtigt, sich längs der Bahn, nachdem die Zu weisung von ausreichenden Reservaten nach Verhand lungen mit den Eingeborenen an diese erfolgt ist, sich das Land nach Maßgabe besonderer Bestimmungen anzueignen." Abg. Schwarze- Lippstadt (Zentr.) spricht sich für die Vorlage aus und weist insbesondere auf die Wichtigkeit von Kolonialbahnen bei Aufständen hin. Abg. Ledebour (soz.): Wir stimmen gegen die Vorlage, nicht weil wir den Bahnbau für Kamerun für unvorieilhast halten, sondern weil hier den Kapitalisten erhebliche Vorteile zugewiesen werden und weil die Art der Landeszuweisung uns für dis Kolonie von sehr bedenklicher Tragweite zu sein scheint. Redner zieht auch dis angebliche Prokla mation des Generals v. Trotha heran, die, nach Berichten englischer Blätter, Preise auf die Köpfe der Hottentottenführer aussetzt, und bezeichnet das Verfahren Trothas, die Richtigkeit der betreffenden Mitteilung vorausgesetzt, als das Dingen von Meuchelmördern. Kolonialdirektor Dr. Stübel: Wie groß die Einwohnerzahl von Kamerun ist, kann ich nur schätzungsweise angeben, da Zählungen nicht im ganzen Lande vorgenommen sind. Nach der Schätzung find 7 Millionen in Kamerun. Die Kolonial verwaltung ist bestrebt, llbclstände bA der Landauf teilung abzustellen. Im Plantagendistrikt kommen auf jede Hütte 3 bis 4 Hektar. Der KoloMlrat hat angeregt, den Eingeborenen für jede Hütte 6 Hektar zur Verfügung zu stellen. Es ist weiter verlangt worden, das Eingeborencnland für unver käuflich zu erklären. Ich versichere, daß Lanbver- käuse von Eingeborenen bereits heute der Genehmi gung des Gouverneurs bedürfen. Zur größeren Sicherheit der Einwohner Kameruns ist die Schutz truppe verstärkt worden und ein Einfuhrverbot für Waffen nach Kamerun ergangen. ES ist richtiger, den Bau nicht auf Reichstosten auszuführen. Die Kosten betragen bet der Übernahme der Garantie 375 000 Mark, bei dem Bau auf eigene Kosten allein an Verzinsung 600 000 Mark. Die von dem Vor redner angezogene Proklamation des Generals v. Trotha ist uns nur aus Zeitungsnachrichten be kannt. Die eingeforderten Berichte sind noch nicht eingegangen. Ich bitte Sie, unsrer Vorlage zuzu stimmen. Abg. Lattmann (Antis.) verurteilt das Kon zessionswesen in den Kolonien und die Eingeborenen politik des Gouverneurs v. Puttkamer. Es sei nicht notwendig, das Bahnprojekt bei so großen Bedenken in vierzehn Tagen durchzupeitschen. Wirklicher LegatkdnSrat Seitz erläutert die technische Seite des Bahnbaues und die dazu vor liegenden Karten. Die Trace der Bahn sei auf Grund sorgfältigster Lokalstubien vorgenommen worden von Ingenieuren, die seit Jahren im tropischen Eisenbahnbau erfahren seien. Was die Frage der Plantagen angehe, so müsse daran sest- gehalten werden, daß kleinere Plantagen als 2000 Hektar nicht aussichtsreich seien. Abg. Kopsch (fr. Vp.) spricht sein Erstaunen aus, daß die Regierung bei der schlechten Finanz lage des Reiches mit solcher Vorlage komme; zudem lasse die Einwirkung der neuen Handelsverträge be fürchten, daß die Steuerkraft des Deutschen Volkes abnehme. Auch seine Freunde ständen auf dem ab lehnenden Standpunkt der Herren Ledebour und Lattmann. Kamerun scheine unter dem Regiment des jetzigen Gouverneurs ein kleines Puttkamerun zu werden. Abg. Paasche (nat.-lib.) hält die gegen die Landkonzesstonen vorgebrachten Gründe für nicht stichhaltig, ebensowenig die Vorwürfe gegen den hoch verdienten Gouverneur von Kamerun. Die Land konzessionen der Gesellschaften würden in der Tat übertrieben: so habe die große Nordwest-Kamerun gesellschaft noch kein Hektar Land zum Eigentum er halten. Der Verkehr in Kamerun könne nicht länger durch Träger bewerkstelligt werden, sondern der Bau einer Eisenbahn sei unaufschiebbar. Abg. Frh. v. Rtchthofen (kons.) bemerkt, die Frage, ob es besser sei, daß das Reich die Kolonial bahnen selbst baue, sei noch nicht entschieden. Er empfehle die Annahme der Vorlage. Kolonialdirektor Dr. Stübel teilt mit, daß die Banken die Vorlage, wie sie aus der Kommission hervorgegangcn sei, als Grundlage für den Bahnbau betrachten würden. Abg. Storz (südd. Vp.) tritt mit einigen Worten für die Vorlage ein. Abg. Erzberger (Zentr.) erklärt die Aus sichten der Vorlage für sehr schlecht, nachdem die Konservativen gestern so schroff gegen den Antrag des Grafen Hompesch ausgetreten seien. Er wolle auch bei dieser Gelegenheit einen Angriff des ,Reichs- boten' auf das Zentrum zurückweisen, daß daS Zentrum dieser Vorlage unfreundlich gegcnüberstehe, um dis protestantische Mission zu verdrängen. Hier reichten sich Unwahrheit und konfessioneller Wahn sinn die Hände. Abg. Semler (nat.-lib.) betont, daß es sich bei der Vorlage um nationale Fragen handle. Der Bahnbau sei notwendig in wirtschaftlicher und poli tischer Beziehung, wenn wir die Schutzherrschaft über das Land behalten wollen, und es uns nicht so er gehe, wie in Südwestafrika. Abg. Werner (Antis.) meint, daß ohne Bahn- ban dis Kolonie nicht wirtschaftlich erschlossen werden könne. Leider mache sich auch dort der Bureau- kratismuS zu stark bemerkbar. Abg. Arendt (freikons.): Auch ich bedauere die Landkonzessionen, aber deshalb braucht man doch nicht auf die Bahnen zu verzichten. Abg. Ledebour (soz.) erklärt, daß ihm die Erläuterungen des Kolonialdirektors über den Erlaß des Generals v. Trotha nicht genügien. Er bleibe dabei, daß dadurch Meuchelmörder gedungen werden sollen. Es sei seiner Partei vorgeworfen, daß sie Meuchelmörder sonst verherrliche, so den russischen Attentäter Kalajsw. Dieser habe aber als echter Freiheilsheld gehandelt, indem er den größten Ver brecher Rußlands beseitigte . . . Präsident Graf Ballestrem erklärt, er könne es nicht dulden, daß im Deutschen Reichstags ein Meuchelmörder verherrlicht und fein erhabenes Opfer herabgezogen werde. Damit schließt die Debatte. Abg. Singer beantragt namentliche Abstimmung- Diese findet statt. Präsident Graf Ballestrem teilt mit, daß 199 Stimmen abgegeben worden seien. Mit dieser Zahl ist daS Haus gerade beschlußfähig. 8 1 ist mit 137 gegen 61 Stimmen angenommen bei 11 Stimmenthaltungen. Die §8 2—10 werden ohne Debatte angenommen, bei 8 11 ist die Ab stimmung wieder namentlich. Präsident Graf Ballestrem teilt mit, daß bet der Abstimmung zu 8 1 ein Irrtum vorgekommen sei insofern, als ein Abgeordneter zwei Stimmzettel ab gegeben habe. DaS Haus sei also schon vorher nicht beschlußfähig gewesen. Die Abstimmungen feien also ungültig. Das Resultat der zweiten Abstimmung war: 126 mit ja, 61 mit nein, 12 Stimmenthaltungen. Nächste Sitzung Dienstag. K Twei frauen. 14j Roman von E. Borchart. <Forts«duug.) Mit ausgebreiteten Armen ging Herbert auf Elisabelh zu und zog sie an sich, einen Kuß auf ihre Wange drückend. „Pie hast du geschlafen, zum erstenmal in deinem 'neuen Heim ?" „Nur zu vorzüglich, Herbert," antwortete Elisabeth heiter, „denn ich verschlief die Zeit und das Frühstück mit dir." „Graf Landcgg lachte. „DaS wirst du wohl immer verschlafen, Schatz, denn was solltest du um vier Uhr schon aus den Federn?" „Um vier Uhr? Das ist allerdings etwas früh, aber Beate steht doch auch so früh auf." „Ja, Beate wohl, Kind; die Wirtschaft eines so großen Gutes erfordert das." "„Und Beate leitet die Wirtschaft?" „Ja, seit zehn Jahren, seit dem Tode meiner Mutter." Sie hatten sich zusammen auf das Ecksofa gesetzt. Elisabeth sah eine Weile nachdenk lich vor sich hin, dann begann sie, ihn an blickend: „Sage, Herbert — ich bin doch jetzt deine Frau — die Gutsherrin von Landegg — wäre cs da nicht an mir, die Leitung zu über nehmen ?" Er lachte herzlich auf: „Du, Liebling? Du Haft bisher ja nur in einer Stadt gelebt und krönst das Landleben noch gar nicht. Wo wolltest du Erfahrung und Wissen he^nehmen zu solchem schweren Werk?" Elisabeth wurde rot. „Ich könnte es doch lernen," warf sie ein. „Ja, aber das ist nicht so leicht, mein Lieb. Die große Wirtschaft stellt Anforderungen an die Körperkräste, denen du noch nicht gewachsen bist. Erhole dich erst einmal gründlich; laß die Landluft dich erst stärken, dann wollen wir weiter sehen." Elisabeth erwiderte nichts. „Er will nicht, daß ich seiner Schwester ins Gehege komme," dachte sie, „es würde ihn in Zwiespalt mit seinen brüderlichen Gefühlen bringen, wollte er Beates Rechte verkürzen." Aber waren es denn ihre Rechte? Die Testamentsbestimmung für Beate lautete auf die Benutzung der Zimmer des linken Flügels im Erdgeschoß, aber nicht auf die Ausübung der Herrinrechte. Es wäre auch widersinnig gewesen, denn der alte Graf hatte gewußt, daß fein Sohn heiratete. Vorläufig war nichts zu machen, das sah Elisabeth ein. „Man muß das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und nur Beharrlichkeit führt zum Ziel," dachte sie. Elisabeth hatte eine sehr glückliche Natur, die sich durch das Fehlschlägen einer Hoffnung nicht gleich die Laune verderben ließ. Ihr Gatte konnte an ihrem Wesen nicht merken, wie seine Worte sie berührt hatten. Sie ging fröhlich plaudernd an seiner Seite hinunter ins Eßzimmer, wo Beate sie bereits erwartete. — Immer und überall war Beate zugegen. Graf Landegg wurde diese beständige Gegenwart einer dritten, und wenn es auch seine Schwester war, bald zur Qual. Er suchte daher nach Gelegenheit, mit Elisabeth allein zu sein, ohne die Schwester dadurch zu beleidigen, und fand sie auch bald. Das Wetter war köstlich, und er bat Elisabeth, ihn auf seinen Gängen in die Felder zu begleiten, oder er fuhr sie in dem eleganten zweisitzigen Break, dessen Gespann er selbst lenkte, spazieren und rill auch wohl mit ihr aus. Dieses Zusammensein wurde für Elisabeth eine Quelle hoher Freuden. Sie lernte dabei viel von der reizvollen Gegend kennen, und Gras Landegg wurde nicht müde, ibr immer wieder neue Schönheiten zu zeigen und sie mit den Namen der Berge, Dörfer und Seen in der näheren und weiteren Umgegend Landeggs bekannt zu machen. So lieb Elisabeth auch diese Ausflüge waren, es kam dabei doch niemals zu persön lichen, näheren Aussprachen zwischen dem jungen Paar, und es blieb trotz aller zarten Rücksicht nahme von Herberts Seite doch eine gewisse Sprödigkeit und Herbheit in Elisabeths Wesen bemerkbar, die jede leidenschaftliche Annäherung seinerseits zurückwies. Elisabelh hatte dem Grafen bei der Ver lobung wohl ehrlich gesagt, daß sie ihm nicht eine solche Liebe entaegenbringen könne, wie er sie vielleicht wünsche und verlange. Er hatte damals nicht viel Wert auf diesen Aus spruch gelegt und alles für sich von der einmal geschlossenen Ehe gehofft. Bis jetzt hatte sich jedoch in ihren Beziehungen noch nichts ge ändert, im Gegenteil, Elisabeth war fast scheuer, zurückhaltender geworden als früher. Sie entzog sich jeder Zärtlichkeit, und oft fragte sich Landegg, ob er denn wirklich ver heiratet sei. Anderseits war der Graf viel zu stolz, um sich sein Recht zu erzwingen, denn er wollte jedes Glück nur Elisabeths Lieb und ihrer freien Gunst danken. Manchmal glaubte er fast, daß sie ihm sogar abgeneigt sei, wenn er sah, wie sie eigentlich nur mit Überwindung seine Zärtlichkeiten duldete. Sprach er aber von Dingen zu ihr, die mit ihrem persönlichen Verhältnis nichts zu tun hatten, und sah er dabei ihre schönen Auge» vor Anteilnahme und innerer Befriedigung leuchten, so schwand ihm wieder jeder Zweifel und er führte ihr sprödes Wesen auf ihre mäd chenhafte Schüchternheit zurück, die ihn eigent lich auch wieder entzückte. So legte er denn seiner Leidenschaft so viel als möglich Zügel an, um ihr frohes Plaudem und Lachen nicht zu verscheuchen. In der Tat trug Elisabeths sonnige Nutur sie über so manche schwere Stunde hinweg, nur wenn sie nachis einsam in ihrem Himmer lag und die eintönigen Schläge der Turmuhr durch die Stille klangen, dann übermannte fie oft die Sehnsucht nach einem Glück, das sie nicht besaß. Sie sühlte es ganz genau, fie war nicht glücklich und fie machte auch nicht glücklich. Das wurde ihr immer klarer, obgleich fie ängstlich alles vermied, was Landegg Arger bereiten konnte, und obgleich sie ihm stets ein freund' liches Gesicht zeigte und gute Kameradschaft mit ihm hielt. Sie sühlte es, er wollte mehr, und mehr vermochte fie ihm nicht zu geben. Soviel Mühe fie sich auch gab, wärmere Ge fühle in ihrem Herzen sür den Gatten zu hegen, so machte sie doch bald die Wahruey-
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