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Allgemeiner Anzeiger : 15.04.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190504155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19050415
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19050415
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-04
- Tag 1905-04-15
-
Monat
1905-04
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.04.1905
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politische Kunäsekau. Ter russisch-japanische Krieg. *Die Ankunft Ros ch dj sstw ensky s mit seinem starken Geschwader im südchine - sischenMeere ist gegenwärtig der Mittel punkt allgemeinen Interesses. Geradezu wun derbar muß es scheinen, daß von der japani schen Flotte, die fest Wochen schon in den Sundagewässern die Rusten auflauern sollte, bis Dienstag auch nicht die geringste Nachricht eingelaufen ist; man weiß nicht einmal, wo sie sich befindet, über Roschdjestwenskys nächste Absichten verlautet, er werde in Saigun (fran zösischer Besitz) anlaufen, um dort Kohlen und Vorräte zu ergänzen und die nach so langer Seefahrt notwendigen Reparaturen an den Schiffen vorzunehmen. Frankreich nimmt es eben mit der Neutralität nicht sehr genau, worüber die Japaner schon mit Recht geklagt haben. — Auch die englischen Blätter er kennen das mutige Vorgehen Roschdjestwenskys vorbehaltlos an. Es machen sich sogar Stimmen laut, das baltische Geschwader könne den Ver bindungslinien Japans zur See bedrohlich werden und dem Kriege eine mdre Wendung geben. *Vom Kriegsschauplätze in der Man dschurei liegen keine Meldungen von Belang vor, obwohl fast unausgesetzt Scharmützel statt finden. Der offiziöse Nachrichtendienst versagt momentan vollständig. *Nach einer Privatmeldung aus Peters burg nimmt die Friedensbewegung in der zarentreuen orthodoxen Geistlichkeit auffällig zu. Die brieflichen Berichte der durch persön lichen Mut und größte Opferfreudigkeit ausge zeichneten Feldgeistlichen trugen wesentlich dazu bei, die Popen in Stadt und Land für die Friedenspropaganda zu gewinnen. *Jn der Zeitschrift,Outlook' veröffentlich Baron Sujematsu eine Betrachtung über die japanischen Forderungen für den Fall, daß Rußland um Frieden bitten sollte. Er erklärt zunächst, daß Japan lediglich einen Frieden annehmen könne, der wenigstens für eine oder zwei Generationen vollkommene Ruhe im fernen Osten gewährleiste. Japan habe seine ganze Existenz aufs Spiel gesetzt, während Rußland einen vollständig unnötigen Krieg geführt habe, und deshalb sei es durch aus billig, daß Rußland Japan für die ge habten materiellen Verluste entschädige. In bezug auf die in der englischen Presse mehrfach geäußerte Ansicht, daß Japan auf eine Kriegs entschädigung verzichten werde, falls England und Amerika den zukünftigen Frieden gewähr leisteten, sagt Baron Sujematsu, daß man in Japan zwar die freundlichen Gefühle Englands und Amerikas sehr hoch schätze und dem englisch-japanischen Bündnis großen Wert bei- meffe, daß man aber sehr unangenehm berührt sein würde, wenn man aufgefordert werden würde, auf Grund dieser Freundschaft eine durchaus gerechte Forderung fallen zu lassen. *Eine Schmalspurbahn in der Mongolei beabsichtigt nach Meldungen aus Tokio Rußland zu bauen. Der chinesische Ge sandte in Petersburg wurde beauftragt, hier gegen als gegen einen Neutralitätsbruch zu protestieren. Dem chinesischen General in der Mongolei wurde Befehl gegeben, nötigenfalls mit Waffengewalt vorzugehen. * * Zu den russischen Wirren. "Zu Ostern soll, wie jetzt angekündigt wird, ein kaiserlicher Ukas erscheinen, welcher den Semski Sobor einberuft, sowie die Preßfreiheit und Unantastbarkeit der Persönlichkeit verleihen wird. Gleichzeitig soll eine Konferenz der höchsten Militärs und Zivil beamten über die Friedensfrage beraten. Dentschland. * Am Dienstag fand auf der Insel Korfu die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem Könige von Griechenland, dem Kronprinzen und seiner Gemahlin (der Schwester Kaiser Wilhelms) und den andern Prinzen des griechischen Königshauses statt. Der Kaiser stellte den König ä la suite der deutschen Marine unb verlieh dem Prinzen Nikolaus den Schwarzen Adlerorden. * Für den diesjährigen Besuch desKaisers in Elsaß-Lothringen find vorläufig folgende Dispositionen getroffen: Der Monarch gedenkt am 6. Mai in Straßburg einzutreffen und dort etwa vier Tage zu verweilen. Für den 10. Mai ist ein Besuch in Metz in Aus sicht genommen. Im Anschluß hieran erfolgt ein mehrtägiger Aufenthalt im Schloß Urville, wo auch zu gleicher Zeit die Kaiserin mit den jüngsten kaiserlichen Kindern eintreffen wird. Von Urville wird die Weiterreise nach Wies baden angetreten zur Teilnahme an den Kaiser festspielen, die vom 17. bis 20. Mai im dortigen königl. Theater stattstnden. Uarte zu den letzten Truppen bewegungen in Mafien. Die augenblicklichen Aktionen auf dem Kriegs schauplatz bestehen auf russischer Seite im wesent lichen in Rückzugsmärschen, wahrend die Japaner ihr Nachdrängen fortsetzen. Natürlich finden auch vereinzelte Gefechte statt. Die letzten Kämpfe wur den von der dritten japanischen Hauptkolonne ge liefert, welche man mit Recht als die Armee OkuS annehmen darf. Weiter westlich auf der Kaiser straße marschiert die vierte japanische Hauptkolonne gegen Nunan vor, vermutlich die Armee Nogis. Die erste japanische Hauptkolonne ist den Tschinho aufwärts auf Kirin in der Vorwärtsbewegung. Auch die zweite Kolonne hat Kirin als nächstes OperationSziel und benutzt dazu die Hauptstraße. 100-120 Kilometer trennen diese beiden letzteren Armeeteile — wohl Kuroki und Nodzu — noch von Kirin, llm Mitte des Monats ist ihr Eintreffen dort zu erwarten. * DerÄestand des R ei ch S t a gs ge b äu d e- fonds betrug am Schluffe des Rechnungs jahres 1903 an preußischen Staatsschuldver schreibungen 99 800 Mk. und an Barwerten 9124,59 Mk. Zur Bestreitung der Ausgaben für den Bau des Reichstagsgebäudes find vom Rechnungsjahr 1882/83 bis zum Rechnungsjahr 1903 zusammen gezahlt worden 30 724 559,27 Mark. *Nach Kamerun haben am Montag Nachmittag mit dem Dampfer „Eleonore Wör mann" 14 Offiziere und 25 Unteroffiziere die Reise angetreten zur Verstärkung der dortigen Schutztruppe. Frankreich. *Delcaffö will nichts Bestimmtes über das, waS Frankreich in Marokko will und tut, sagen, sondern wartet darauf, daß Deutsch land Forderungen stellt. Dann würde er Ge legenheft finden, dieselben einer kunstreichen diplomatischen Kritik zu unterziehen und sie so gut es gehen will, ins Umecht zu setzen. Des halb tut ihm die deutsche Regierung nicht den Gefallen, sondern überläßt es ihm, die Neu gierde der Franzosen durch seine eigenen Er klärungen zu befriedigen. Das scheint ihm O Twei flauen. 1) Roman von E. Borchar t.*) 1. Die hell erleuchteten Räume der Wohnung des Oberst v. Rittberg hatten sich mit einer Anzahl auserlesener Gäste gefüllt. Noch waren nicht alle Geladenen erschienen, und man bewegte sich in zwangloser Unter haltung. Hier und da hatten sich Gruppen ge bildet, und inmitten eines kleinen Kreises, von einer Anzahl Offiziere umgeben, stand eine junge Dame, deren Anmut und Schönheit auf den ersten Blick fesselte, es war Elisabeth v. Rittberg, die achtzehnjährige Tochter des Hauses. Sie trug ein weißseidenes Gewand, das nur am Gürtel mit einigen dunkelroten Rosen geschmückt war, und doch wirkte die ganze Erscheinung trotz dieser Einfachheit ge radezu bezaubernd. Die Aufmerksamkeiten und Huldigungen, die man Elisabeth spendete, berührten sie kaum, sie nahm diese mit Gleichmut hin und bewies dadurch, wie unberührt sie noch war von der angekränkelten Maniriertheit der großen Gesell schaft. Man sah ihr an, daß sie noch mit wahrer Lust an diesem Feste teilnahm. Heute war sie -war ernster als sonst, erschien sogar ein wenig zerstreut und ließ ihre Blicke häufig suchend durch den Saal schweifen. Endlich blieben fie mit sorgenvoller Auf merksamkeit an einem jungen schönen Offizier hängen, ihrem einzigen Bruder Karl Günter. *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. Sein Antlitz, das sonst nur Liebenswürdigkeit und Heiterkeit zur Schau trug, erschien heute müde und abgespannt, und seine sonst so straffe Haltung, sein elastischer Gang zeigten eine Lässigkeit, die man sonst nicht an ihm gewohnt war. Für die jungen Damen, die für ihn schwärmten, war die Veränderung weniger bemerkbar als für die Augen Elisa beths, die schon seit längerer Zeit die Verände- rung an dem sonst so lebenslustigen Bruder bemerkt hatte. Ost war er übellaunig und ver stimmt vom Dienst nach Hause gekommen, und statt sich mit der Schwester, die er über alles liebte, zu necken, zog er sich mit irgend einer Entschuldigung in sein Zimmer zurück. Aber nicht nur Karl Günter war nach Eli sabeths Ansicht verändert, auf dem ganzen Hause lastete seit einiger Zeit ein dumpfer Druck, den zu begreifen ihr bisher unmöglich war. Sie fühlte, daß man sie schonte, um ihren Froh sinn nicht zu zerstören, aber gerade dieses Nn- gewiffe quälte fie. Sie wagte nicht einmal zu forschen, denn fie hatte eine unklare Ahnung, daß sie, wenn fie fragte, an etwas sehr Schmerz liches rühren würde. Und doch mußte sie sich immer wieder die Frage vorlegcn: Warum ist der gütige, liebevolle Vater jetzt so aufbrausend bei der geringsten Gelegenheit — warum war die liebe, schöne Mutter so traurig, und warum besonders ist Karl Günter jetzt immer so miß gestimmt? Und wozu heute dieses Fest! Erschien es nicht wie Hohn, es zu veran stalten, wenn die Familie von Sorgen bedrückt war? Erforderte die Stellung des Vaters Lies Opfer? aber so peinlich zu sein, daß er gesagt haben soll, wenn Deutschland fich nicht äußere und mit ihm keine Verhandlungen zustande kämen, werde er die Kammerdebatte nicht abwarten, sondern fich schon vorher zurückziehen. (Das reine Komödienspiel!) * Wegen Teilnahme an der Tamburini- Verschwörung wurde der Agent Hanssen verhaftet, der fich zuletzt in Hamburg und Brüssel aufhielt. Ein Freund Tamburinis, Kapitän Volpert, ist flüchtig. Mehrere Offiziere des in Vouziers (Ardennen) garnisonierenden Kürasfier-Regiments erhielten die bestimmte Zu sicherung von 10 000 Frank für jeden Offizier, falls fie fich von Tamburini anwerben ließen. * Prinz Viktor Napoleon in Brüssel bezeichnet das militärische Komplott in Paris als einen dummen Scherz, mehr romantisch als der Republik gefährlich. Italien. *Jn der von feiten der Franzosen so über aus stark aufgebauschten Marokkofrage will jetzt die italienische Regierung vermitteln. Spanien. * Der spanische Ministerrat beschloß die Bildung einer Untersuchungskom- Mission, die feststellen soll, wer die Ver antwortlichkeit an der Wasserbassin- Katastrophe zu tragen hat. Die Kom mission setzt fich zu gleichen Teilen aus Zivil und Militärpersonen zusammen. Balkanstaaten. * Die Bandenbewegung inMaze - donien nimmt trotz ihrer angeblich energischen Bekämpfung unleugbar zu. In Saloniki, wo noch völlige Ruhe herrscht, werden jetzt schon umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen, um einen etwaigen Handstreich der Bulgaren un möglich zu machen. In der Stadt Monastir liegen Nachrichten vor, wonach seitens der bul garischen Banden der Plan besteht, den Betrieb auf der Bahn Saloniki—Monastir unsicher zu machen. Gerüchtweise verlautet, daß die Komi- tatschis die Sprengung eines oder mehrerer der oberhalb Wodina über tiefe Täler führenden Viadukte beabsichtigten. Die Zerstörung einer einzigen dieser kostspieligen Kunstbauten hätte zur Folge, daß der Betrieb zwischen Saloniki und Monastir auf mehrere Monate eingestellt werden müßte. * Die von der bulgarischen Regie- rung getroffenen militärischen Maß nahmen zur Verhinderung des Grenzüber trittes der bulgarischen Komiteebanden nach der Türkei haben, wie der ,Pol. Korr.' aus Konstantinopel berichtet wird, in den Pforten kreisen günstigen Eindruck Hervorgemfen. Man macht jedoch türkischerseits geltend, dis in Sofia erkannte Notwendigkeit solcher Vorkehrungen bilden den besten Beweis dafür, daß die diese Angelegenheit betreffenden Beschwerden der Pforte nicht unberechtigt waren. Afrika. *Jn Marokko versuchte der Präten de n t B u - H a m a r a den Ort Ndja zu nehmen, wurde aber von dem Befehlshaber der Grenz- abteilung der französischen Militärgarnison in Marokko zurückgeschlagen, nachdem die Tmppen des Sultans versagt hatten. vieLinsturzkatastrophe in Madrid. Der Einsturz des Wasserreservoirs in Madrid stellt sich als einer der größten Unglücksfälle dar, von denen seit langem die spanische Haupt stadt heimgesucht worden ist. Noch läßt stch nicht die Zahl der Verunglückten und Verletzten völlig übersehen, aber zweifellos ist, daß mehrere hundert Menschen ihr Leben dabei eingebüßt haben, während nahezu weitere hundert Personen verletzt worden stnd. Vom 8. d. abends wird berichtet, daß, soweit fich feststellen ließ, die Zahl der bei dem Reservoir-Einsturz ver letzten Personen 70 betrug. Etwa 100 Leichen find aus den Trümmern hervorgeholt. Da es ganz un möglich erscheint, zu den Verschütteten zu gelangen, befürchtet man, daß alle 400 zerschmettert oder erstickt find. Die eingestürzten Gebäude bildeten ein mächtiges Viereck von 300 Meter Länge Solche Gedanken beschäftigten Elisabeth, während fie der in der Umgebung geführten Unterhaltung, den ihr dargebrachten Huldigungen nur ein halbes Ohr lieh. Endlich gelang es ihr, fich frei zu machen und fich ihreyr Bruder zu nähern. Der junge Offizier stand mit düsterem Ge- fichtsausdruck abseits in einer Fensternische und wandte fich fast erschrocken um, als Elisabeth ihn leise anrief. „Nun, Schwesterchen, waS gibt eS?" begann er mit gezwungenem scherzhaften Ton, „genügt dir die Zahl deiner Verehrer nicht — willst du mich noch dazu?" „Karl Günter, was fehlt dir?" fragte Eli sabeth, ohne auf seine neckenden Worte zu achten. Karl Günter runzelte unmutig oie Stirn bei dieser Frage und entgegnete: „Was fällt dir ein, Kind? Was soll mir fehlen? Ich weiß wirklich nicht, wieso du zu dieser Frage kommst." Seine Worte klangen gereizt, aber als er den traurigen Ausdruck in Elisabeths Augen sah, faßte er sich und rief: „Verzeih', Liebling, beunruhige dich nicht — sei froh und vergnügt — mir fehlt nichts." Damit schritt er auf einen heranschreitenden Offizier zu, und Elisabeth kehrte, ohne beruhigt oder überzeugt worden zu sein, in den Saal zurück. In demselben Augenblick näherte fich ihr ein Offizier in bayrischer Uniform und von hoher, stattlicher Gestalt. Er war nicht mehr ganz jung, denn er mochte die Mitte der Drei ßig schon erreicht haben, aber er würde einen jüngeren Eindruck gemacht haben, wenn er und 150 Meter Tiefe; alle diese Gebäude stürzten auf einmal zusammen, wie man E nimmt, wegen zu geringer Stärke der tragende« Pfeiler. Waffermaffen bedecken den größte« Teil des Trümmerfeldes. Mit Zustimmung der Regierung wird eine Subskription B die Familien der Verunglückten eröffnet. 3" der Nacht zum Sonntag und am Sonntsg wurden noch einige Leichen geborgen. Mehrere der Verwundeten stnd im Hospital gestorben Das Unheil trat so schnell ein, daß ein ge' retteter Arbeiter erzählte, daß er fich keine Vok- stellung davon machen konnte. Am Sonntag waren 700 Arbeiter mit Aufräumungsarbeite« beschäftigt. Natürlich hat die Katastrophe in Madrid eine ungeheure Aufregung Hervorgemfen. Die gesamte Bevölkerung nimmt den größten Anteil an dem Vorgänge. Der König, der am 8. d. Schießübungen in Caravanchel beigewohnt hatte, kam mittags zurück und begab sich mit den Ministern auf den Schauplatz des U«' glücks. Die Menge brachte dem Herrscher be geisterte Ovationen dar, für die er fehl bewegt dankte. Der junge König überwachte persönlich das Rettungswerk. Abgerissene Gliedmaßen und verstümmelte Leichname wurde« aus dem Schutt herausgefördert. Am nächste« Tage besuchte der König auch noch die Ver- wundsten in den verschiedenen Krankenhäusern. Unter den Arbeitern rief das Unglück große. Bewegung hervor. Frauen ziehen, so wird vom 8. d. berichtet, mit schwarzen Fahnen i« der Stadt umher und erzwingen die Schließung der Läden zum Zeichen der Trauer. Auch an« 9. d. durchzogen Gruppen von Studenten und Arbeitern mit schwarzen Fahnen die Straße« der Stadt und sammelten für die Opfer del Katastrophe und ihre Familien Geldspenden, di! reichlich gegeben wurden. Sonntag vormittag begaben fich Vertreter der Arbeiterverbände zu« Gouverneur, um die Erlaubnis zur Veranstaltung von Trauerkundgebungen in den Straße« Madrids zu erbitten. Der Gouvemeur erteilte die Genehmigung. Leider ist diese Kundgebung sehr wenig würdig und harmonisch verlaufen- § Das ,Wölfische Bureau' meldet darüber: 3» der Nähe des eingestürzten Wasserreservoirs veranstalteten Sonntag nachmittag gegen 5000 ! Arbeiter, die schwarze Fahnen mit stch führten, eine Kmrdgebung. Als die Polizei die schwarze« Fahnen entfernte, warfen die Arbeiter mit Steinen. Mehrere Polizisten und Zivilpersonen wurden schwer verletzt. Ihre Zahl wird auf 15 angegeben. — Von unci fern. Vom Aufenthalt Kaiser Wilhelms i« Gibraltar wird der ,Daily Mail' noch be richtet: Beim Besuch des Kaisers auf dem i« Gibraltar liegenden neuesten englischen Schlacht' schiffe „King Edward VH." wurde dein Monarchen nicht das ganze Schiff gezeigt, besonders nicht die Vorrichtungen an den Ge schützen zur Erzielung eines wirksamen Feuers- Der Kaiser stellte dem Vizeadmiral May ver schiedene eindringende Fragen, die der Admiral nicht gern beantworten mochte. Er zog fick aus der Klemme, indem er dem Kaiser höflich erwiderte, der Kaiser wisse über diese Ding! sicher so viel wie er, der Admiral, selber. Die Ausstattung der künftigen deut schen Kronprinzessin wird, wie der .Kon fektionär' meldet, zum größten Teile in Paris hergestellt. Die Großherzogin-Mutter Anastasia von Mecklenburg - Schwerin, die als russisch! Prinzessin schon längst zu den besten Kunden der Pariser Modemagazine gehört, trifft selbst alle Anordnungen. Nur ein kleiner Teil del Aussteuer wird in Berlin hergestellt. Das ,B. T.' nennt sogar die Pariser Lieferanten der Staats- und Sporttoiletten. Auch das ,B. T macht den Geschmack der Großherzogin-Mutter für diese Wahl verantwortlich. Was für Gründe fie bewegen, die heimische durchaus leistungsfähige Industrie vor der ausländische« zurückzusetzen, weiß man nicht. Jedenfalls ist es recht bedauerlich, daß hochstehende Kreise i« der Wertschätzung nationaler Arbeit nicht ei« besseres Beispiel geben! . . > >———— nicht mit so düsteren Blicken und schwermütig in die Welt geschaut hätte. Gerade dieser Aus druck ließ ihn auf den ersten Blick unzugäng' lich und abweisend erscheinen, aber nur D einen Augenblick. Wer ihn näher betrachtete, gewann bald eine andre Ansicht — sein stets überaus formvollendetes und entgegenkom mendes Wesen nahmen schnell für ihn ein. Graf Landegg — dies war der Name des Offiziers — war von altem bayrischen Adel und der Erbe eines großen Majoratsbefitzes- Seiner hervonagenden Fähigkeiten wegen war er schon früher der Gesandschaft zugeteilt worden und jetzt vor einem halben Jahre i« der Eigenschaft eines Militärattaches nach Berlin gekommen. Durch einen Freund aus Oberst v. Nittbergs Regiment bei diesem ein' geführt, war er bald ein beliebter und stets willkommener Gaft im Rittbetgschen Haus« geworden. Der Oberst schätzte ihn besonders hoch, und Graf Landegg durfte bei keiner Ge« sellschaft fehlen und wurde auch zu den Tee« abenden, die nur im kleinen Kreise stattfanden, eingeladen. So war Landegg in kurzer Ze» fast Hausfreund geworden, und sein etwas ver- schlossenes Wesen taute im Rittbergschen Haust allmählich auf, er wurde offener und mitteil samer. Nur von seiner Vergangenheit sprach Graf Landegg nie, ja, der geringste Hinweis darauf konnte ihm die Stimmung verderben- Er wurde dann wortkarg, und man merkte ihm an, daß er fich gewaltsam zwingen mußte, M zu beherrschen und in der Gesellschaft zu bleiben- Mit Karl Günter verband den Grafen baw eine warme Zuneigung, wenn auch der Alter«
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