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Allgemeiner Anzeiger : 29.03.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190503297
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19050329
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-03
- Tag 1905-03-29
-
Monat
1905-03
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.03.1905
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politische Aunälckau. Ter russisch-japanische Krieg. *Jn der Mandschurei find Zusammenstöße zwischen der Rückzugslinie der Russen und den verfolgenden Avantgarden der Japaner in den letzten Tagen nicht vorge- kommen; auch von japanischer Seite liegen keinerlei Berichte über Gefechte vor. *Kuropatkin ist am 20. d. zu den Vortruppen abgegangen, um dort das Kom mando des erstenKorps zu übernehmen. *Roschdjestwenskys Flotte ist im Indischen Ozean gesehen worden. Die Sunda- und Malakka-Straße ist bekanntlich von der japanischen Flotte „besetzt". *Wie aus Tokio gemeldet wird, sieht das japanische Flottenprogramm den Bau von 12 Linienschiffen und 12 Kreuzern vor. (Ganz so schlimm wird es wohl nicht sein, denn auch in Japan braucht man zum Schiffsbau Geld und das wird gegenwärtig an andrer Stelle noch nötiger gebraucht.) * Die Anleihe, wegen deren Japan in New Jork, London und Berlin verhandelt, beläuft sich auf 600 Millionen Mark. * Von russischer Seite wird von neuem gegen die Japaner die mit Beispielen belegte Anschuldigung erhoben, daß sie in den von ihnen besetzten Gebieten der Mandschurei in geradezu barbarischer Weise gegen alle Chinesen vorgingen, die im Verdachte der Russensreundlichkeit ständen. Bisher haben die Japaner es nicht für nötig gefunden, sich zu verteidigen, vielleicht werden sie diesmal die sehr bestimmten Angaben zu widerlegen sich bemühen. *Die japanische Regierung macht die größten Kraftanstrengungen, um die Bedürfuisse für Heer und Marine rm eigenen Lande zu decken. Man braucht nur einmal am Arsenal in Tokio vorüberzugehen — betreten darf man es nicht —: aus den Riesenbauten, die hier in den letzten Monaten wie Pilze aus der Erde geschossen find, kann man schon erkennen, worauf das alles hinaus will. Umsonst sind gewiß nicht 10 Millionen von der Regierung für ihre Arsenale nachgefordert worden, über deren Verwendung sie behauptete, zunächst Stillschweigen beobachten zu müssen. Die Neubauten und Anlagen in Tokio sollen aber noch gar wchts gegen die an andern Plätzen, be sonders im Eisenwerk Wakamatsu, zu bedeuten haben. Panzerplatten, Gewehrläufe und Eisen- bahmäder konnten bisher in Japan nicht her- gestellt werden. Auch das soll im Jahre 1905 möglich werden. So fördert auch der Krieg — wenigstens indirekt — die Kultur Japans. Zu den russischen Wirren. *Jn Petersburg wurde am Donnerstag vor dem Palaste desGroßfürftenAlexis ein Mann verhaftet, welcher ein umfangreiches Paket bei sich trug und versuchte, während der Auffahrt der Wagen in den Palast eiuzudringen. Das Paket enthielt eineo mb e. Der Ver haftete weigerte sich, irgendwelche Angaben über seine Persönlichkeit zu machen. *Es bestätigt sich, daß das Ministerkomitee die Einführung der polnischen Unterrichts sprache bei den Mittelschulen in Polen bewilligt hat, dagegen wurde das Anfinnen um Einführung der polnischen Unterrichtssprache an den Volksschulen abgelehnt. *Eine neue Bluttat russischen Militärs wird aus Kutno (Polen) gemeldet. Ans die Nachricht, daß auf der Chaussee beim Gute Lanenii 140 Bauern mit Frauen und Kindern versammelt wären, begab sich der Chef der Landwache mit einer Kompanie Soldaten dorthin und ließ auf die Leute, trotz dem sich diese ruhig verhielten, feuern. Zwei Personen wurden auf der Stelle getötet, 50 verwundet, davon 20 schwer; von den Ver wundeten starben sieben auf dem Wege zum Hospital. * Von Bauernrevolten werden neue Einzelheiten gemeldet. Bei Kischinew dran gen 70 Bauern in den Wasfianski-Wald, sällten aus eigener Machtvollkommenheit Holz und Ji Qnter äer )Vlaske. Stj Roman von Lady Georgina Robertson. Diesmal traf Ellen es besser. Kurz vor acht Uhr verließ Mathilde das Schloß und schlug den Weg nach der alten Kastanienallee, ihrem Lieblingsplatz, ein. Ellen hatte sich an einen der Baumstämme gelehnt und als ihre Cousine langsam vorbei ging, rief sie ihren Namen. Mathilde war so in Gedanken versunken, daß sie nichts hörte und Ellen mußte ihren Ruf wiederholen. Dann blieb sie stehen, die Stimme schien ihr bekannt vorzukommen, es konnte aber nur ein Spiel ihrer Phantasie sein. Ellen war dort droben. Unwillkürlich richtete sie ihre Blicke zum Himmel. „Mathilde," sagte die junge Frau noch ein mal und trat vor. Einige Augenblicke standen beide sich gegenüber und sahen sich an. Mathilde war totenbleich, endlich sagte sie: „Mrs. Moore, was führt Sie hierher?" Und noch einmal nannte Ellen den Namen. „Wer find Sie?" schrie Mathilde auf. „Sie kommen zu mir mit Ellens Stimme und dem Gesicht einer Fremden. Um Gottes willen, wer find Sie?" Ellen konnte nicht antworten, sie schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte laut. „Wer sind Sie?" wiederholte Mathilde, zog ihr die Hände von den Augen und sah sie lange durchdringend an. „Es ist etwas Be kanntes in Ihren Zügen und Sie haben die führten 70 Fuhren Holz fort unter Drohung A gegen die Forstbeamten. P * * Deutschland. *Bei der kurzen Anwesenheit Kaiser Wilhelms in Dover wurden zwischen ihm und dem König von England Begrüßungs telegramme ausgetauscht. * Für denBesuch K ais e r Wilh e lm s werden in Tanger große Vorbereitungen ge troffen. Ein Scheich der Sultansfamilie und Raisuli (I) werden den Kaiser begrüßen. *Der Reichskanzler muß aus ärzt lichen Rat wegen einer leichten Erkältung das Zimmer hüten. Graf Bülow konnte deshalb an der Trauerfeier für den verstorbenen Minister Frh. v. Hammerstein nicht teilnehmen. *Dem Reichstage ist die vom General stabe ausgearbeitete Denkschrift über den Verlauf des Aufstande 8 in SüdWest afrika zugegangen. * Abgeordnete des Zentrums, der Konser vativen und der Antisemiten haben im Reichs tage den Antrag eingebracht, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine weitere Ausge staltung der direkten Lieferung landwirt schaftlicher Erzeugnisse an die Heeresverwaltung seitens der Produ zenten herbeizuführen und diesem Zweck mit landwirtschaftlichen Vereinigungen und Ge nossenschaftsorganisationen in Beratung zu treten. *Die Anregung und Förderung, die die preußische Regierung den Rechtsaus kunftsstellen zuteil werden läßt, beginnt Früchte zu tragen. Der Magistrat von Magdeburg errichtet demnächst eine solche Auskunftei, als deren Zwecke angegeben werden: Allgemeine Förderung der Kenntnis der sozialen Gesetzgebung, und zwar: Erteilung von Auskunft in Fragen der Unfall-, Jnvaliditäts-, Kranken- und Altersversicherung, Rat und Belehrung auf dem Gebiete der gesamten Armenpflege, Information in Steuerangelegen heiten, Aufkärung betr. der Gefindeordnung und in Fragen gewerblicher Natur. Alle diese Aus künfte find kostenfrei. Auch in Köln gedenkt die Stadtverwaltung eine solche Auskunstsstelle einzurichten. — Hoffentlich findet das Beispiel in recht vielen Gemeinden Nachahmung. *Zur Beratung über einen gemein samen Lotterievertrag mit Preußen sand am Donnerstag in Eisenach eine Minister konferenz der hessisch-thüringischen Staatsminister statt. Hessen, Sachsen- Weimar, Sachsen-Altenburg, Schwarzburg- Rudolstadt waren vertreten. Es wurden über die Vertragsdauer, die zu stellenden Ansprüche und über zuverlässige Garantien Beschlüsse ge faßt. Eine neue, noch anzuberaumende Konferenz soll mit Preußen in Verhandlungen treten. Frankreich. * Auffallend freundlich ist die Sprache der meisten französischen Blätter über den Besuch Kaiser Wilhelms in Tanger. Sogar eine mögliche Annäherung Frankreichs an Deutschland wird dabei in Erwägung gezogen; man verlangt nicht mehr die Rückgabe von ganz Elsaß-Lothringen, sondern würde sich mit Metz begnügen, das „gegen das Herz Frank reichs gerichtet" sei. Italien. * Die Unterwerfung desMullahs im Somalilande unter Italien muß als neuer beträchtlicher Erfolg Tittonis gewürdigt werden. Er war es, der die Anregung zu direkten Unter handlungen mit dem Mullah ergriffen hat, um eine friedliche Lösung herbeizuführen, die die Wiederherstellung normaler Zustände im Somalilande ermöglichen würde. Mit der Führung der Unterhandlungen wurde der frühere Generalkonsul in Sansibar, Pestalozza, beauf tragt, der ein gründlicher Kenner aller das Somaliland betreffenden Fragen ist. Er hatte in den letzten Monaten zwei Zusammenkünfte mit dem Mullah und gelangte auf Grund der ihm aus Rom erteilten Vollmachten zum Ab schlusse eines Friedens - Überein kommens sowohl in bezug auf England wie auf Italien, welchem Lande sich der Mullah Stimme meiner Cousine. Wenn ich nicht so bestimmt wüßte, daß sie tot ist, so würde ich schwören, daß Sie Lady Chesleigh find." „Ich bin Lady Chesleigh," sagte Ellen leise, „die unglücklichste Frau auf Gottes Erde." Ein Schrei entrang sich Mathildens Lippen und sie ließ die Hände, die sie noch umklammert hielt, los. „Sie find nicht Lady Chesleigh, Sie find eine Betrügerin. Sie haben ihren Ausdruck, ihre Stimme angenommen, aber sie selbst liegt auf dem Grunde des Meeres." „Daß es doch so wäre!" rief Ellen mit einem Eifer, der nicht mißzuverstshen war und in dem Herzen ihrer Cousine die Furcht vor der Wahrheit weckte. Sie hob Ellens Kinn und sah ihr tief in die Augen. „Wenn du wirklich Ellen bist," sagte sie tonlos, „wer bin ich denn?" Es lag ein solcher Schmerz, eine solche Verzweiflung in ihrer Stimme, daß Ellen erschrak. „Mathilde, meine einzige, liebe Freundin, die mir stets näher als eine Schwester ge standen hat, hast du kein Wort des Willkommens für mich?" „Ich bin verwirrt, übermannt, ich kann es nicht glauben. Wie kannst du Men sein? Nein, es ist ein Betrug, Ellen würde nie in solcher Verkleidung zu mir kommen. Sie ist tot." „Ich wollte, du hättest recht," war die traurige Antwort. „Aber ich bin wirklich unterwarf. Italien hat damit auch der Kolonial politik Englands einen neuen außerordentlichen Dienst erwiesen. Balkanstaaten. *Die Regierung erließ eine neue strenge Verordnung betr. den Schutz der maze - donischenGrenze gegen Bandenübertritte. Offiziere der Grenztruppen, welche, seixn es ganze Gruppen oder nur Individuen ohne Pässe über die Grenze lassen, werden binnen 24 Stunden vor das Kriegsgericht gestellt. Amerika. *Der Staat Delaware schafft das Prangerstehen endgültig ab, behält da gegen die Prügelstrafe bei. Der Gouver neur vollzog die entsprechenden Gesetzentwürfe. Zus äem Aeickstage. Der Reichstag setzte am Donnerstag die Be ratung des Militäretats, Titel „Kciegsminister", fort. Abg. Wamhoff (nat.-lib.) führte aus, daß der Ostmarkenverein keine angnffslusiigen Tendenzen ver folge, sondern nur die Angriffe der Polen abzu weisen bestrebt sei. Abg. Bruhn (Antis.) wünschte Übertragung von Handwerkarbeiten an Zivilhand- werker und beschwerte sich über den Verkehr von Offizieren in den Warenhäusern. Abg. Eickhoff (frs. Vp.) bemerkte dem Vorredner gegenüber, seine Äußerung: der Antisemitismus sei eine Schmach des Jahrhunderts, sei ein Ausspruch Kaiser Friedrichs, und verlas einige Briefe, die dies beweisen sollten. Bei den weiteren Verhandlungen wurde von konser vativer Seite geklagt über die hohen Manöverlasten und auf Grund einer Resolution des Grafen Stol berg über die zu geringen Vergütungen für Naturalleistungen Beschwerde geführt. Ferner kam es abermals zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kriegsminister und dem Adg. Mielczynski (Pole) über den Militärboykott im Osten. Schließ lich kam eS zwischen dem Abg. Eickhoff und dem Kriegsminister zu einer Aussprache darüber, wen um Juden nicht Reserveoffiziere würden. Der Kriegs minister meinte, das sei Sache der betreffenden Osfizierkorps, auf die er keine Wirkung ausüben könne. Am 24. d. wird die zweite Beratung des Militäretats fortgesetzt und zunächst die Reso lution des Zentrums über die Ergänzung der jähr lichen Übersicht über das Heeresergänzungsgeschäft angenommen. Sodann wird der Titel „Gehalt des Knegsministers" bewilligt. Beim Titel 1 des Etats für das sächsische Kon tingent „Gehalt des Kriegsministers" beschwert sich Abg. Nitschke (soz.) über die Kaninchenplage auf dem sächsischen Truppen-Übungsplatz in Zeit- Hayn und über die Tierquälereien, die bei den Armes-Jagdrennen und ähnlichen Veranstaltungen vorkämen. Sächs. Bundesbevollmächtigter, Oberstleutnant Frh. v. Salza und Lichtenau erwidert, daß die Militärverwaltung fortgesetzt bemüht sei, der Kaninchenplage Herr zu werden, sie würde die Hilfe des Abg. Nitschke dabei dankbar annehmen. Abg. Schöpflin (soz.) führt Klage, daß in Sachsen ebenfalls den Soldaten untersagt sei, be stimmte Gastwirtschaften zu besuchen. Der Titel wird hierauf genehmigt. Beim Kap. 18 wird der Antrag des Abg. Albrecht u. Gen. (soz.) auf Herabsetzung der Bureaugelder der Kriegsgerichtsräte auf 24 Mk. nach kurzer De batte abgelehnt, bei Kap. 20 der sozialdemokratische Antrag auf Streichung einer großen Anzahl von Kommandanturen nach unerheblicher Erörterung vom Abg. Südekum zurückgezogen. Beim Kapitel „Geldverpflegung" tritt Abg. Gothein (frs. Vgg.) für Erhöhung deS Gehalts der Büchsenmacher ein. Abg. Patzig snat.-lib.) befürwortet eine Besser stellung der Zahlmeister. Abg. Hagemann (nat.-lib.) spricht den Wunsch auS, die private Waffenindustrie mehr mit Aufträgen zu bedenken, um sie für den Kriegsfall leistungs fähig zu machen. Kricgsminister v. Einem erwidert, daß er die Suhlcr Waffenfabrikcn vorläufig nicht mit Gewehr lieferungen bedenken könne. Dagegen werden die Seitengewehre von dort weiter bezogen werden. Das Kapitel wird bewilligt. Beim Kapitel „Naturaloerpflsgung" begründet Abg. v. Brockhausen (kons.) .seinen Antrag, daß die Heeresverwaltung möglichst direkt bei den Landwirten und Viehzüchicrn kaufen solle und sich zu diesem Zwecke auch mit den landwirtschaftlichen Genossenschaften in Verbindung setzen möge. Es müsse vermieden werden, daß im Kriegsfälle der Spekulation große Summen gespendet werden. Der Staat bedürfe bei Vergebung der Lieferungen der Händler gar nicht, er müsse auch hier nach dem deine unglückliche Cousine Ellen. Ach, Mathilde, sprich ein freundliches Wort mit mir, du bist meine einzige Hoffnung. Ich bin so töricht, so schlecht gewesen, sage mir doch, daß du dich freust, mich wiederzusehen." Mathilde legte die Hand an die Stirn. „Was bedeutet diese Verkleidung," sagte sie hart. „Was soll ich davon denke«, daß du unter uns lebst, während wir dich als tot beweinen? Denkst du nicht daran, daß deiner Mutter Haar vom Kummer gebleicht ist, dein Vater jede Freude am Leben verloren hat und dein Kind ohne Mutterliebe heran wächst? Nein, ich habe kein Verständnis für deine Handlungsweise." „Ich will dir alles erzählen, nur sprich nicht so hart, so unfreundlich mit mir, ich kann eS nicht ertragen." „Ich bin nicht hart, Ellen — wenn du wirklich Ellen bist. Ich kann es noch nicht glauben, es ist zu neu, zu überraschend." „Wollen wir uns hier auf diese Bonk setzen?" bat die junge Frau, „nur einige Mi nuten, Mathilde, du sollst alles hören, ich will dir nichts verschweigen." Ellen schonte sich nicht in ihrer Beichte. Von ihrer glücklichen Kindheit, ihrer wachsen den Liebe zu Artur und ihrer Seligkeit, als sie sein Weib geworden war, brauchte sie nichts zu berichten, daS wußte Mathilde alles. Aber das weitere war ihr neu. Sie hatte ja nicht geahnt, daß Ellen von Tag zu Tag unglück licher geworden war, als sie erkannte, daß Arturs Liebe ihrer Cousine gehörte. Mathilde ergriff die zitternden Hände, die Hohenzollernwort handeln: Zum cuiqus, d. h- der Landwirtschaft das Ihre, der Militärverwaltung das Ihre. Abg. Müller-Sagan (frs. Vp.) kann des Vorredner hierin nicht folgen. Wenn „Jedem da» Seine" gelten solle, müsse auch dem Handel sein Teil zuteil werden. Die Agrarier denken oöer „pars pro toto": die Allgemeinheit für die Gsoß- grundbesitzer, denn schließlich laufe dieser An!rag doch auf eine neue Subventionierung derselben hinaus. Abg. Herold (Zentr.) unterstützt den konser vativen Antrag. Generalmajor Gallwitz bemerkt, daß die Militärverwaltung schon jetzt möglichst viel bei den Produzenten kaufe. Abg. Gothein (frs. Vgg.) verlangt Gerechtig keit bei der Vergebung solcher Lieferungen und ange messene Berücksichtigung des Handels. Die K»«fer- vattven handelten nicht nach suum euiqus, sonder« nach dem pommerschen Sprichwort: Halt, was du hast, sieh, was du kriepen kannst. Hierauf wird das Kapitel bewilligt. Bei Kap. 32 „Pferdcdeschaffung" wünscht Abg. Becker (Ztr.), daß die Militärverwaltung mehr schwere Pferde in der Rheinprovinz ankaufsn möge, anstatt in Belgien. Kriegsminister b. Einem sagt Berücksichtigung zu, empfiehlt aber Herrn Becker als bestes Mittel, seine Freunde zu veranlassen, dahin zu wirken, daß alle Artillerie-Regimenter mit Bespannungsabteilungen versehen werden. Abg. Rogalla v. Bieberstein (kons.) tritt nochmals der Behauptung entgegen, daß die ost- preußischen Pferde sich in Südwestafrika nicht be währt hätten. Er habe sich auch den letzten Trans port nach dort angesehen und gefunden, daß die Wörmann-Linie die Pferde sehr sachgemäß in den Schiffen untergebracht habe. Abg. Dove (fr. Vgg.) nimmt die Händler in Schutz, die auch gute Pferde geliefert hätten. Kriegsminister v. Einem betont, die Militär verwaltung könne nicht einzelne Provinzen bevor zugen, sondern müsse scharf unterscheiden zwischen Voll-, Halb- und Warmhlutzucht. Die besten Warmblüter für unsre Kavallerie liefere nach wie vor Ostpreußen. Hierauf wird das Kapitel bewilligt. Bei den Kap. 37 und 38 „Waffenwerke und technische Institute der Artillerie" verlangt Abg. Pauli (kons.) eine Besserstellung der Beamten und verbreitet sich über die Lohnverhält- niffe in den Werkstätten Spandaus. Hierauf wird die weitere Beratung auf Montag vertagt. Von j^ab unä fern. Reichstagsabgeordneter Müller-Fulda kaufte in Hanau Baugelände im Betrage von 300 000 Mark. Das Gelände soll dem Ver nehmen nach zum Bau billiger Wohnungen Verwendung finden. Jules Verne, der bekannte französische Schriftsteller, ist in Amiens, 77 Jahre alt, ge storben. Durch ein trauriges Geschick ist die Familie des Geheimen Oberlandesgerichtsrats Möller, der nach seiner vor einigen Jahren er folgten Pensionierung in Breslau sich Sprottau zum Ruhefitz gewählt hatte, heimgesucht wor den. Geheimrat Möller begab sich dieser Tage nach Berlin zur Beisetzung einer dort verstor benen Schwester; zu gleichem Zweck reiste auch eine zweite, verwitwete Schwester aus Königs berg i. Pr. nach der Reichshauptstadt. Kurz vor Berlin erlitt die Dame infolge der seelischen Aufregungen im Eisenbahnabteil einen Schlag anfall. Sie starb in Berlin schon am nächsten Tage. Nach dem Begräbnis reiste Geheimrat Möller nach Königsberg, um den Nachlaß der Verstorbenen zu ordnen. Dort erkrankte der an der Schwelle des Greisenalters stehende Mann an Influenza, zu der sich eine Lungenentzün dung gesellte, der er nach kurzem Krankenlager erlag. Volksbildungsheim. Der Nürnberger Kommerzienrat Berolzheimer und seine in Amerika lebenden Söhne stifteten 300 000 M für ein in Nürnberg zu erbauendes Volks bildungsheim. Ei« unbekannter Wohltäter in Mann heim stellte der Stadt fünfzigtausend Mark zur Errichtung einer Volkslesehalle bereit, salls die Stadtgemeinde den Bauplatz unentgeltlich hergibt. sich ihr bittend entgegenstreckten. „Das alles wußtest du, Ellen?" sagte sie. „Aber Kind, wamm kamst du nicht zu mir und schüttetest dein Herz aus? Wie viel Kummer hättest du uns allen erspart!" „Seitdem ich mir darüber klar war," ent gegnete Ellen, „schloß ich mit meinem LebenS- glück ab." „Und doch hatte dein Mann dich lieb," wart Mathilde vorwurfsvoll ein. „Ja, er war gut gegen mich, aber dich allein liebte er und ich wußte, daß ich zwischen euch unv eurem Glücke stand. Du kannst eS ni« ermessen, was ich gelitten habe; könntest du es, so würdest du meine Handlungsweise verstehen- Warum führtest du ihn damals zu mir, waruS sagtest du nicht: Er liebt ja mich, wir find verlobt. Ich würde mich so über dein Glü« gefreut haben." Ich hoffte ja, dein Leben zu erhalten, Liebste, wenn ich deinen Wunsch erfüllte." „Mein Leben!" erwiderte Ellen spöttisch- „Es ist mir nur zur Qual gewesen; du hättest eS nicht zu retten brauchen." „Bedenke, waS du uns allen warst," ent gegnete Mathilde ernst. „Und laß mich dich recht verstehen: Du wolltest damals auf deA Schiffe dein Leben für mich einsetzen, well du hofftest, Artur würde mich heiraten, wen« du tot wärest?" „Ja, das hoffte und glaubte ich." „ „Und als du gerettet wurdest, da beschlosst du, für die Welt und uns tot zu sein?" Ellen legte den Kopf an die Schulter ihrff Cousine und erzählte ihr mit leiser StkE
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