Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 05.04.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190504054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19050405
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19050405
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-04
- Tag 1905-04-05
-
Monat
1905-04
-
Jahr
1905
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 05.04.1905
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
poUrilcke kunälckau. Ter ruffisch-japa«ische Krieg. *Die Friedensgcrüchte gewinnen trotz offiziöser Ableugnung eine festere Gestalt. Roosevelt wird zweifellos den Vermittler spielen. * Nach einer Meldung aus Petersburg haben in dem Dorfe Medwjed (Gouverneuren Nowgorod), wo eine Anzahl japanischer Gefangener untergebracht ist, siebzig von ihnen ihrem Leben durch Harakiri (Bauch ausschlitzen) ein Ende gemacht. * Nach zuverlässiger Information vom .Russkoje Slowo' wird ein viertes Ge schwader, dessen Ausrüstung energisch be trieben wird und das west stärker sein wird, als anfänglich beabsichtigt war, im April aus zulaufen bereit sein. Aus Durban berichtet ferner der englische Dampfer „Dart", von Rangoon kommend, er sei am 19. v. 30 russi schen Kriegsschiffen und 14 Kohlenschiffen, die ostwärts dampften, 250 Meilen nordöstlich von Madagaskar begegnet. "Die japanische Anleihe ist in Chicago, Boston, Los Angeles und andern großen amerikanischen Städten mehrmals ge zeichnet worden. Die neue Anleihe beträgt be kanntlich 600 Mill. Mk. und ist zu 4V, Pro zent verzinslich. Die Obligationen haben eine Umlaufszeit von 20 Jahren, Japan behält sich aber das Recht vor, dieselben in fünf Jahren zum Nennwert einzulösen. Der Ausgabekurs beträgt 90 Prozent. * » Zu den russischen Wirren. * Auf den General Trepow ist am Donnerstag in Petersburg auf offener Straße ein Attentat verübt worden, indem ein als Dienstmann gekleideter junger Mann gegen den Wagen des Generalgouverneurs vorsprang und zwei Revolverschüsse gegen denselben richtete, die aber beide ihr Ziel verfehlten. Der Atten täter wurde festgenommen, ebenso zwei andre Personen, die sich etwas entfernt aufgestellt hatten und die ebenfalls Schüsse abgeben sollten, wenn der erste Angriff ergebnislos ver lief. Dem Zaren wurde über den Mordan- fchlag unverzüglich Bericht erstattet. *Es soll in Petersburg ein weitverzweigtes Komplott gegen das Leben des Großfürsten Wladimir, den Minister Bulygin und den General Trepow entdeckt worden sein. — Trepow soll zum Polizeiminister ausersehen worden sein. *Den Finnländern sollen gewisse Zugeständnisse gemacht worden sein, so unter andern die, daß in diesem Jahre die Aushebung von Rekruten nach der Verordnung von 1901 nicht stattstnden wird, und daß die Bestimmung bezüglich Unabsetzbarkeit der Richter emeuert wird. * Aus Minsk Wick berichtet, daß sich dort eine ungewöhnliche Gärung bemerk bar mache. Der Gouverneur Muschki wurde entlassen, da sein Sohn sich an die Spitze der revolutionären Bewegung ge stellt hatte. Bei einem Bankett, auf welchem die Durchführung einer Verfassung gefordert wurde, erfolgte die Verhaftung des Leiters des sozialistischen Bundes durch einen Geheim agenten, der sich eingeschlichen hatte. Große Erregung herrscht auch unter den dortigen Gutsbesitzern. *Jm Gouvernement Jekaterinoslaw macht sich unter den Bauern in Caseno eine Bewegung gegen die deutschen An siedler bemerkbar. Die Bauern drohen ihnen ihre Ländereien fortzunehmen, wenn sie sie nicht gutwillig hergeben. Es find eilig Kosaken hingeschickt worden. Deutschland. * Kaiser Wilhelm, der am Freitag gegen 12 Uhr in Tanger landete, wurde von dem Vertreter des Sultans, Abd-el-Malek, empfangen und hatte mit ihm eine längere Unterhaltung. Nachdem dem Kaiser die marokkanische Ab ordnung vorgestellt worden war, empfing der Kaiser die deutsche Kolonie, die ihn durch eine Ansprache begrüßte, auf die der Kaiser alsbald erwiderte. Der Kaiser begab sich darauf in die Wohnung des deutschen Geschäftsträgers, wo er ein neues Gespräch mit dem Vertreter des Sultans, Abd-el-Malek, hatte. Der Kaiser hatte auch eine längere Unterredung mit dem spanischen Gesandten. Um 1V- Uhr verließ der Kaiser die deutsche Gesandtschaft und begab sich nach dem Landungsplätze zurück. Hier über reichte Abd-el-Malek dem Kaiser die ihm vom Sultan gewidmeten Geschenke. Um 2 Uhr kehrte der Kaiser an Bord der „Hamburg" zurück, die darauf nach Gibraltar in See ging. — Um 6 Uhr traf die „Hamburg" vor Gibraltar ein und warf Anker. Der Gouverneur begab sich sogleich an Bock, um den Kaiser zu bewill kommnen. Generalgouverneur Trevow. *Der Bund es rat hat dem Entwurf einer neuen Maß- und Gewichts ordnung und der vom Reichstage ange nommenen Novelle zum Personenstands gesetz zugestimmt. "Die Geschäftsdispofitionen im Reichstage find von maßgebender Seite im Einverständnis mit den Führern der Parteien dahin getroffen worden, daß vom Dienstag bis Freitag Plenar fitzungen abgehalten und der Nachtrags- sowie der Ergänzungsetat und Wahlprüfungen be handelt werden. Der Nachtrags- und Er- gänzungsetat müssen an die Budget-Kommission verwiesen werden. Am 8. April werden die Osterferien beginnen. * Das Preuß. Abgeordnetenhaus stimmte am Donnerstag der Schadloshaltung des Hauses Schleswig-Holstein-Sonder- burg-Glücksburg endgültig zu und beriet u. a. die Nebenbahnvorlage weiter. *Aus Deutsch - Südwestafrika kommt die ziemlich überraschende Meldung, daß Oberst Deimling, der seit längerer Zeit an den Folgen eines Anfang Dezember er littenen Sturzes leidet, zur Erhaltung der Ge brauchsfähigkeit seines rechten Armes heim kehren muß. General v. Trotha wird dann die Leitung der Operationen imSüden selbst übernehmen. Bisher wußte man gar nicht, daß Oberst Deimling verwundet worden ist. Nicht seine, sondern des Generals von Trotha Heimkehr wurde erwartet. Dsterrelch-Uugar«. * Die Krisis in Ungarn verspricht endlich, eine günstige Wendung zu nehmen. Szoegyeny soll es gelungen sein, die Opposition zum Abstehen von ihrer Forderung der ungarischen Kommandosprache zu bestimmen und eine Annäherung herbeizusühren. Ein Kabinett Andrassy scheint wahr- cheinlich. Italien. * Die Beamten, die von den Ministerien des Äußern und des Ackerbaues beauftragt wurden, )en Vorschlag abzufasfen, der den auswärtigen Mächten in bezug auf die Konferenz zur Grün ¬ dung eines internationalen land- wirtschaftlichenJnstituts unterbreitet werden soll, haben ihre Arbeit bereits beendet. Der Entwurf wird nunmehr von dem Aus schüsse überprüft werden, der unter dem Vorsitze des Senators Zaina mit der Vorbereitung des Kongresses betraut wurde. Balkanstaate«. * Fürst Nikolaus vonMontenegro hat bei der Grundsteinlegung zum neum Hafen in Antivari eine bedeutsame politische Rede zugunsten des italienischen Einflusses an der Adria gehalten. Das Syndikat für den Hafenbau ist hauptsäch lich von Venezianern gebildet und an seiner Spitze steht der Graf Foscari. Hierauf bezug nehmend, betonte der Fürst Molaus das Recht der Venetianer auf „ihr Meer" und drückte seine Freude darüber aus, daß das Werk unter dem Schilde eines so erlauchten Namens wie des der Dogenfamilie Foscari begonnen wird. *Die den Anschluß an Griechenland offen betreibende Bewegung aufKreta dürfte kaum zu weiteren Erfolgen gelangen. Der Oberkommissar Prinz Georg hat an die Einwohner der Insel eine Proklamation erlassen, in der er erklärt, die Mächte hätten den internationalen Truppen Anweisung ge geben, behufs Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung auf der Insel einzuschreiten. Der Prinz gibt zugleich bekannt, er habe an gesichts der Tragweite dieses Beschlusses an die Mächte das Ersuchen gerichtet, die Aus führung desselben aufzuschieben, damit er die Bevölkerung davon benachrichtigen könne. Der Prinz fordert dazu auf, nach Hause zurückzu kehren und beschwört die Ausständigen in den Bergen, die Waffen niederzulegen. Zus ciem Reichstage. Im Reichstage kam es am Donnerstag bei Fortsetzung der Beratung des Etats in dritter Lesung bei einzelnen Etats zu ziemlich langen, im ganzen aber mcht sehr erheblichen Debatten. Beim Etat deS ReichsamtS des Innern kam es zwischen dem Abg. Mugdan (srs. Tp.) und den Sozial demokraten betreffs der Krankenkassenftage nochmals zu einer gründlichen Aussprache. Beim Militäretat wurde der Seldstmordfall des Leutnants Dietz eingehend erörtert. DaS vom Kriegsminister v. Einem und vom Abg. Müller-Meiningen tfts. Vp.) vorgcbrachte Material stand in so grellem Wider spruch, daß Aufklärung durch eingehende Unter suchung nunmehr geboten ist, wie eS Herr b. Einem zusagte. Beim Etat des Reichsjustizamts wurde daS Zeugniszwangsverfahren gegen den Redakteur Stärk wegen Verletzung deS DepeschengeheimnifseS zur Sprache gebracht. Schließlich wurde der ReichShaushaltSetat in dritter Lesung endgültig gegen die Stimmen der Sozialdemoftaten ange nommen. Am Freitag tritt das Haus in die erste Beratung eines dritten Nachtrags- und eines Er - gänzungsetatS ein. Kolonialdirektor Stübel begründet die Vor lagen und sührt auf Grund der vorliegenden Denk schrift des großen Generalstabs aus, daß auf dem nördlichen Kriegsschauplätze die völlige Nieder werfung der feindlichen Banden gelungen sei. An gefangenen Hereros seien bisher cingebracht 4092 Männer, Frauen und Kinder, die in Konzentrations lägern untergebracht seien. Auf den südlichen, räumlich getrennten Kriegsschauplätzen zeigten sich aber fortgesetzt noch geschloffene Hererobanden. Doch bestehe begründete Hoffnung, daß es auch hier in Kürze gelingen werde, den Aufstand zu unterdrücken, trotzdem dort gerade der Nachschub von Proviant und Munition ungemein schwierig ist. Uber den Stand der TyphuSerkrankungen werde berichtet, daß deren Zahl von 441 auf 174 zurückgegangen sei. Die Zahl der Gestorbenen betrage bisher 266. Was Kamerun betreffe, so sei ein größerer Aufstand völlig ausgeschlossen; doch seien lokale Unruhen an verschiedenen Stellen zu besorgen. Man müsse indessen Präventivmaßnahmen treffen. Abg. Arendt (freikons.) befürwortet, den Nach tragsetat ohne Kommisfionsberatung zu erledigen und dankt dem Staatssekretär für seine Bereit willigkeit, für die Veteranen zu sorgen. Äbg. Freiherr v. Richth ofen-Damsdorf Meßt sich dem Vorredner an. Abg. Paasche (nat.-ltb.) erklärt sich mit den Vorrednern einverstanden und spricht sich für Be willigung der Forderungen für Kamerun aus. Abg. Müller -Sagan (fr. Vp.) spricht sich im gleichen Sinne wie Abg. Arendt aus und fragt an, welche Stellung die Veterinäre in Südwestafrcka einnahmen. , Abg. Erzberger (Ztr.) fragt an, ob der Bau der Otavibahn nunmehr soweit vorgeschritten seh daß die Eröffnung im April erfolgen könne und erklärt, wenn er die Forderung für Kamerun be willige, wälze er damit die Verantwortung für die Vermeidung eines großen Aufstandes in Kamerun auf den Gouverneur ab. Kolonialdtrektor Stübel: Daß der Bau der Otavibahn so langsam geht, liegt an der Schwierig keit der Behandlung der italienischen Arbeiter. In dessen wird die wichtigste Strecke bis Okahandja in der zweiten Hälfte des April fertiggestellt werden, während die Fertigstellung bis Omaruru erst Ende Juli oder anfangs August erfolgen kann. WaS die Veterinäre angeht, so werden die kommissarisch in Südwestafrika beschäftigten Veterinäre bezüglich der Pensionsansprüche ebenso behandelt wie die fest an gestellten. Abg. Ledebour (soz.) erklärt, seine Partei werde sämtliche Kolonialforderungen ablehnen, und fragt an, ob eS beabsichtigt sei, den Feldzug in Süd afrika auf die OwamboS auszudehnen. Kolonialdircktor Stübel erwidert, daß eine solche Absicht nicht bestehe, sofern nicht Operationen der OwamboS stattfinden. Auch ist eine Ent waffnung der OwamboS nicht in Aussicht ge nommen. Abg. KulerSki (Pole) führt Beschwerde, daß einem polnischen Veteranen die Beihilfe zuerst ab geschlagen worden sei, weil er ein in einer polnischen Druckerei hergestelltes Formular bei seiner Eingabe benutzt hätte. Später sei dieser Bescheid polizeilich umgestoßen worden. Abg. Arendt (freik.) stimmt dem Abg. Müller- Sagan zu, daß die Stellung der Veterinäre in de« Kolonien von größter Wichtigkeit ist, daß man nur die besten Kräfte dort verwenden dürfe. Auf Vorschlag des Präsidenten werden die Er gänzungsetats an die Budgetkommisfion verwiesen, die Nachtragsetats sofort in zweiter Lesung beraten und alsdann ohne Debatte angenommen. ES folgen Petitionen. Die Petitionen auf Einführung deS Befähigungs nachweises für daS Handwerk und über Berechtigung zur Anleitung von Handwerkslehrlingen werden auf Antrag Erzberger (Zentr.) zusammen beraten. — Die Kommission beantragt zur ersten Petition Überweisung zur Erwägung betreffs Bauhandwerk, im übrigen Übergang zur Tagesordnung, zur zweiten Petition Überweisung zur Berücksichtigung. Abg. Böckler (Antis.) tadelt, daß die Regie rung sich zu wenig um die Handwerkersrage kümmere, meist entsende sie zu den Haudwerkertagen nicht ein mal einen Vertreter. Da Konservative und Zentrum schon von den Handwerkern abrückcn, trete eigentlich nur seine Partei für sie ein. Abg. Erzberger (Zentr.) zählt demgegenüber die Verdienste des Zentrums um die Hebung deS Handwerks auf. Abg. v. Kardorff (freik.) verweist darauf, wieviel die konservativen Parteien bereits für die Handwerker getan hätten, ehe Abg. Böckler die Frage studiert habe. Es sei gewiß bedauerlich, daß die Regierung den geäußerten Wünschen keine Folge leiste. Nach weiteren Ausführungen der Abgg. Thiele, v. Kardorff, v. Vollmar und Thaler wird über die Petition nach dem Antrag der Kommission zur Tages ordnung übergegangen. Hierauf vertagt sich das HauS. Präsident Graf Ballest rem schlägt vor, die nächste Sitzung anzu beraumen auf Dienstag nachmittag 2 Uhr. Tages ordnung: 3. Lesung deS NachtragSetatS. Wahl prüfungen. Antrag Büsing betreffend Änderung der Grundbuchordnung. Von unä fern. Auf ein Kuriosum im Lübecker Etat machte in einer Sitzung der Lübecker Bürger schaft dieser Tage ein Vertreter aufmerksam. Unter „Verschiedene Ausgaben" wird angeführt: An die Kaufmannschaft, jährliche Entschädigung für die spanischen Kollektengelder, nach dem Dekret vom 31. Januar 183S 960 Mk. Der betreffende Bürgerschaftsvertreter teilte nun mit, daß sich diese Zahlung auf die Bekämpfung der spanischen Seeräuberei beziehe, und fragte den Senatskommissar unter stürmischer Heiterkeit des Hauses, ob diese Zahlung noch immer für den angegebenen Zweck Verwendung finde, andern falls bitte er jedoch, diese Position endlich auf zugeben. Die Pocke« a« der Saar. Zu den Pockenerkrankungen unter den am linkssaarischen Ufer am Bahnbau beschäftigten Italienern wird amtlich festgestellt, daß bis jetzt eine Frau und ein Kind an den Pocken gestorben find. K dnter äer Mske. 33j Roman von Lady Georgina Robertson. (Fortsetzung.) So fuhr Artur nach London, blieb dort ein paar Tage im Hotel und erst nachdem der erste Schmerz sein Recht gehabt hatte, traf er wieder zu Hause ein. Ellen sah ihn ankommen und ein Blick in sein verstörtes Gesicht sagte ihr alles. Dann erschien er mehrere Tage garnicht und in ihrer Sorge fragte sie MrS. Bick, ob er krank sei. „Ich spreche nicht gern über meinen Herrn," sagte diese, „aber es muß ihm etwas passiert sein. Ich weiß nur nicht was." „Ist er krank?" „Ja, es scheint so, doch, fürchte ich, lastet noch andres auf ihm. Er hat die Handwerker fortgeschickt und alle Arbeiten abbrechen lassen. Wenn nur die Verlobung nicht zurückge gangen ist." Ellen sehnte sich danach, ihn selbst zu sehen, sie versuchte, ihn bei Dora zu treffen oder ihm im Hause zu begegnen, aber eS gelang ihr nicht. Endlich hörte sie, daß er erkrankt sei und nach dem Arzt geschickt habe. Ellen glaubte, alle Liebe in ihrem Herzen sei gestorben und sie fühle nichts mehr für ihren Gatten. Diese Tage, in denen sie um ihn bangte und sorgte, zeigten ihr, wie sie sich ge täuscht hatte. Heiße Gebete sandte sie für sein Leben zum Himmel empor. Lock Chesleigh erholte sich schnell. Nach zwei Wochen konnte er wieder in den Garten gehen und Ellen beschloß, ihn dort aufzusuchen und sich selbst von seinem Aussehen zu über zeugen. Sie wollte Dora mitnehmen; ohne das Kind traute sie sich nicht ihm entgegenzutreten. Dieses jauchzte laut auf in dem Gedanken, mit Mrs. Moore hiuauszugehen und Blumen zu pflücken. Mutter und Kind, äußerlich Fremde, gingen zusammen hinunter und schon nach wenigen Schritten sah Ellen ihren Gatten auf einer Bank unter dem großen Nußbaum fitzen. So bald er Dora erblickte, rief er sie heran; die Kleine sprang auf ihn zu und Ellen folgte langsam. Die wenigen Tage hatten ihn sehr ver ändert. Wie mußte er Mathilde geliebt haben, wenn ihr Verlust ihm so nahe ging! Ein bitteres Gefühl von Eifersucht kam über die junge Frau, der Kummer um sie schien ihn weniger mitge nommen zu haben. Warum gehörte jener seine ganze Liebe und ihr nichts? Ein kleiner Trost war ihr, zu sehen, wie er das Kind herzte und küßte; er konnte die Mutüer doch nicht so sehr hassen, wenn das Kind sein ganzes Glück aus machte. Er setzte Dora auf seinen Schoß und sah sich dann nach ihrer Begleitung um. Als er Mrs. Moore bemerkte, winkte er ihr freundlich zu, es schien ihm lieb zu sein, Dora in ihrer Obhut zu wissen. Dann hörte sie ihn sagen: „Möchte meine Puppe eine weite Reise mit mir machen, in ein schönes Land, wo die Sonne immer scheint?" „Ja, Papa," entgegnete die Kleine und schlang ihre Ärmchen um seinen Hals. „Dort sollst du die blaue See sehen, in der deine liebe Mutter begraben liegt, kleine Dora, und wir wollen dort immer zusammen sein." „Er will nach Italien gehen," dachte Ellen. Lord Chesleigh sprach noch länger mit dem Kinde und erzählte ihm von all' dem Schönen, was es dort sehen würde. Plötzlich sagte er: „Wen möchtest du denn gerne mitnehmen?" Sie wies auf Ellen. „Mrs. Moore," entgegnete sie schnell. „Hast du sie so lieb?" „Jb, sehr lieb," sagte die Kleine ernsthaft. Der Ausdruck ihres Gesichtes erinnerte ihn an Ellen. „Wie ähnlich du deiner Mutter bist, mein süßes Kind," sagte er und die Worte erfüllten das Herz der einsamen Frau mit unsagbarer Wonne. Dann redete Lord Chesleigh sie an. Er hatte ihr früher wenig Beachtung ge schenkt. Jetzt war sein Interesse erwacht, denn fie hatte die Liebe seines Kindes gewonnen. Er sah fie prüfend an und ihr Ausdruck, ihre Haltung schienen alte Erinnerungen wachzu- rufen. „Haben Sie gehört, WaS die Kleine sagte, Mrs. Moore?" fragte er. „Sie möchte gern, daß Sie mit uns nach Italien reisten. Mücken Sie einwilligen?" Ellen wagte nicht zu sprechen, fie fürchtete, ihre Stimme könnte fie verraten und doch mußte fie antworten. Ihm tat ihre Verlegenheit leid, er schob dieselbe darauf, daß er fie angeredet hatte, eS war das erstemal, seit fie im Schloß war. „Sie haben sich meiner Tochter freundlich angenommen," fuhr er fort, „und ich weiß, daß dieselbe viel von Ihnen hält. Wenn Sie sich entschließen, uns zu begleiten, würde ich fie Ihnen ganz anvertrauen." „Und wie lange denken Sie fort zu bleiben, Lord Chesleigh?^ „Das weiß ich nicht, am liebsten für immer. Sie können fich die Sache überlegen. Wenn Sie mit uns gehen, werde ich für Ihr ferneres Leben sorgen, wenn nicht, so vergesse ich Ihnen doch nie, daß Sie mein Kind lieb gehabt haben." „Ich will es mir überlegen, wenn Sie mir etwas Zeit lassen wollen " entgegnete Ellen. Sie wußte genau, daß fie nicht mitgehen konnte. Hier, wo fie Artur selten sah, würde fie ihr Inkognito wahren können, aber zu einem täglichen Verkehr mit ihm reichte ihre Kraft nicht aus. Sein Entschluß, nach Italien zu reisen, bedeutete für fie — Trennung von dem Kinde. Lange und eingehend dachte sie darüber nach. Als fie von ihrem Spaziergange unt Dora zurückkam, saß er noch auf demselben Fleck, den Kopf in die Hände gestützt. Was würde fie darum gegeben haben, wenn fie hätte zu ihm treten und ihn mit ihrer Liebe trösten dürfen. Ihr Herz sehnte sich danach, aber fie selbst hatte die Scheidewand zwischen fich und ihm errichtet. . .. Lord Chesleigh hatte den Entschluß gefaßt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)