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859 28 860 Verhandlungen der IIl. Kammer der königl. säihs. Ltände- versammlung liber de» (Entwurf zu einem Gesetze, den Schutz der Nechte an llterar. Erzeugnissen ». Werke» der Kunst bctr. Die Verhandlungen begannen in der Sitzung vom 27. März d. I. mit Verlesung des Königl. Dekrets vom 21. Novbr. 18-t2 und der dem Gesetze bcigcfügtcn allgemeinen Erläuterungen und Beweggründe. Wir haben Beides in der außerordentlichen Bei lage zu Nr. 105 des B- Bi. 1842 bereits mitgethcilt und glau ben uns der Kürze wegen darauf beziehen zu dürfen. Demnächst erstattet die Deputation Bericht wie folgt: Schon am vorigen Landtage wurde, nach den bei dessen Eröffnung den Ständen gewordenen Mittheilungcn, die Vorlegung eines Gesetzes in Aussicht gestellt, welches „über den Schutz des Eigcnthums an den Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung" erneute Bestimmungen treffen sollte. Ist diese Vorlegung damals unterblieben, ohne daß die Staats regierung für ndthig erachtet hat, wegen solcher Unterlassung besondere Gründe anzugebcn, so kann man letztere nur darin suchen, daß das bczeichncte Gesetz nicht für ein dringendes Be dürfnis! angesehen, vielmehr unter diejenigen Gegenstände gerech net worden ist, welche bei der Menge der damaligen Vorlagen der Erklärung einer später» Ständeversammlung Vorbehalten blei ben könnten. Ist nun ein Gesetz dieser Art nach der in der Uebcrschrift gegebene» Bezeichnung der dcrmaligcn Ständevcrsammlung zur Prüfung und Zustimmung vorgclcgt worden, so mußte die Un terzeichnete Deputation, an welche dasselbe laut Kammerbeschlus ses zur Begutachtung gelangt ist, die schon angeregte Frage: ob ein solches Gesetz nothwcndig sei? um so mehr an die Spitze ihrer Bcrathung stellen, als cs cincsthcils an Bestimmungen über die Rechte an den Werken der Wissenschaft und Kunst in Sachsen keineswegs fehlt, andcrnthcils aber die Zahl und der Umfang der Gesetzentwürfe, welche bei gegenwärtigem Landtage zur Vorlage gekommen sind, ungleich größer und bedeutender ist, als bei der vorigen Ständevcrsammlung. Es hat jedoch die Deputation über die Beantwortung der obigen Frage: ob der in der Uebcrschrift genannte Gesetzentwurf für ein Bedürfniß zu erachten sei? nicht in Zweifel sein können, sobald sic sich daran erinnerte, welchen Mitgliedern der Staats- gcscllschaft, welcher Berufs- und Gcwerbsgattung dasselbe gilt, und in welchem Zustande sich die ältere Gesetzgebung von Sach sen hierüber befindet. In crstcrcr Beziehung braucht auf die Wichtigkeit des geisti gen Verkehrs, selbst bei der vorherrschenden materiellen Richtung der Gegenwart, doch um deswillen nicht besonders aufmerksam gemacht zu werden, weil Niemand behaupten wird, daß ohne Pflege der Wissenschaft und Kunst ein gedeihliches Staatslcben zu erwarten sei. Ist es ein Vorzug unseres Zeitalters, daß cs eine größere Theilnahme und Regsamkeit an und in der Verfas sung und Verwaltung des Staates, im Volks- und Gcmeindc- lcbcn überhaupt beurkundet, so haben diejenigen, welche be stimmt sind, das Feld des Geistes zu bebauen, so haben Schrift steller und Gelehrte dazu, daß es so ist, gewiß am meisten bci- gctragcn. Ja selbst in materieller und gewerblicher Hinsicht kann die Wichtigkeit der vorliegenden Frage nicht eine» Augenblick verkannt werden, wenn man daran erinnert, welche Bedeutung der Buchhandel für Sachsen schon seit langer Zeit genommen hat. Daß aber bei allen Fortschritten, welche unsere Gesetzge bung in den letzten zehn Jahren unleugbar gemacht, bei allen Resultaten, die sie dem Volke überhaupt und den einzelnen Ständen und Elasten der Gesellschaft insbesondere gewährt hat, diejenigen, welche bei dem gegenwärtigen Gesetze vor allen An dern als Bcthciligte gelten müssen — Schriftsteller, Buchhänd ler und Buchdrucker — es nicht gewesen sind, für welche zu viel geschehen ist, braucht nicht besonders nachgcwiesen zu werden. Ist in dieser Beziehung zu viel geschehen, so ist es nicht mit der Wirkung geschehen, sie zu begünstigen, sondern eher ihr Inter esse zu gefährden. Blickt man aber auf den Zustand unserer dermaligcn Ge setzgebung über die Rechte an den Erzeugnissen der Literatur und Kunst zurück, so ist zwar nicht zu leugne», daß bei uns in Sachsen schon seit langer Zeit der Nachdruck alS ein verbotenes Gewerbe betrachtet und verfolgt gewesen ist. Allein daraus läßt sich nur keineswegs die Folgerung ziehen, daß neue gesetzliche Bestimmungen darüber zu entbehren wären. Schon der Umstand deutet mehr oder weniger auf das Bedürfniß einer Abänderung hin, daß seit dem Jahre 1812, also während eines ganzen Men schenalters , die Gesetzgebung über diesen Gegenstand gänzlich ge ruht hat. Die Mandate vom 17. Mai und 10. August 1831 und die Bekanntmachung des Bundcsbeschlusscs vom 9. Novem ber I8Z7 können hier nicht in Anrechnung kommen; crstere nicht, weil sie nur Ergänzungen, und auch diese nur in Bezug auf bestimmte Gebiete des geistigen Eigcnthums (musikalische Com- positioncn, Landkarten, Werke der bildenden und zeichnenden Kunst), nicht Ergänzungen der altern Gesetze überhaupt und für alle Zweige der geistigen Thätigkeit enthalten; letztere, die Bundesgcsetzc, aber müssen außer Berücksichtigung bleiben, weil sie kein Resultat unsrer eignen und selbstständigen gesetzgeberischen Bemühungen sind und überdies selbst wieder der Particulargcsctz- gcbung die weitere Entwickelung des Gegebenen überlassen. Daß aber in einem Zeiträume von mehr als dreißig Jahren, und zu mal i» einem solchen, der die letzten dreißig Jahre umfaßt, in irgend einer Richtung des gewerblichen Lebens und zumal wieder in der auf das eigentliche geistige Gebiet hinübcrgrcifenden, ganz andere Bedürfnisse und Verhältnisse hervortreten können, unter liegt umsoweniger einem Zweifel, als unser vorliegendes Beispiel jeden Beweis ersetzt. Von der Möglichkeit eines Bedürfnisses, davon, daß für die Nothwendigkcit eines neuen Gesetzes über das schriftstellerische und künstlerische Eigcnthum gleichsam die Vcrmulhung streite, weil die bestehenden Gesetze darüber zu alt und den der ma ligen Verhältnissen zu wenig entsprechend seien, ist indcß gar nicht die Rede. Unsere Gesetzgebung erfüllt, auch ohne Absehen auf ihr Aller, ihren Zweck nicht ganz und enthält mannichfachc Lücken. Denn wenn sie auch Schutz gegen .Nachdruck gewährt, so ist dies doch kein ausreichender, weil kein allgemeiner. Na mentlich war zeither die Frage zweifelhaft, ob auch der Schrift steller neben dem Verleger den Schutz des Gesetzes in Anspruch nehmen könne. Ucberhaupt ist es unverkennbar, daß die zcithe- rige Gesetzgebung mehr das Interesse der Verleger (Buchhändler), als das der eigentlichen und ursprünglichen Eiaenthümer von Gcistcsproductcn im Auge gehabt hat. Dazu kommt, daß über das Vcrhältniß zwischen dem Urheber eines literarischen Erzeug nisses oder Werkes der Kunst und dem Verleger desselben jede gesetzliche Bestimmung fehlt und aus diesem Mangel besonders hinsichtlich der Frage eine große Ungewißheit hervortrat, ob ein Verleger ohne Genehmigung des Schriftstellers und Künstlers, von welchen, er das geistige Erzeugnis und Werk der Kunst in Verlag erhalten hatte, neue Auflagen zu veranstalten befugt sei? Während man also Schutz gegen Nachdruck gewährte, nämlich dem Buchhändler, konnte das Eigenthum, das ursprüngliche Recht an einem Geistcswerke für den des Schutzes gleich und noch mehr Bedürftigen, nämlich für den Urheber jenes Wer kes, erst recht in Frage gestellt sein, und war es wirklich sehr oft. Liegt solchcmnach ein Hauptgrund der Dringlichkeit des vorliegenden Gesetzentwurfs in der Lückenhaftigkeit der zeitherigen Gesetzgebung an sich, so bietet einen zweiten, nicht minder ge wichtigen der Umstand dar, daß unsere zeitherige Gesetzgebung in ihrer hauptsächlichsten Bestimmung, nämlich über die Zeit dauer des zu gewährenden Rechtsschutzes, fast von allen andern deutschen und außcrdeutschen Gesetzgebungen abwcicht. Während man nämlich annahm, daß bei uns das Recht an einem litera rischen Erzeugnisse oder Werke der Kunst an gar keine Zcitfrist gebunden sei, also gleichsam ewig fortdauerc, gestehen andere Staaten dem Schriftsteller, dem Künstler, dem Buchhändler und Verleger nur für eine gewisse Reihe von Jahren einen Schutz gegen Nachdruck zu, so daß das Literatur - oder Kunstproduct nach Ablauf dieser Frist zum Gemeingut wird und von Jedem weiter vervielfältigt und verbreitet werden kann. Nun sollte man zwar hiernach glauben, daß unsere zeitherige Gesetzgebung weit vorzüglicher gewesen sei, als der gegenwärtige Gesetzentwurf, und