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Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn. „Ach, ja, richtig! Verzeihung! Wie kannte ich nur so zer streut sein!" Sie lächelte matt. „Bitte, beginne noch einmal mit dem Vorspiel!" „Aber was habe ich denn nur für Lieder ausge wählt?" dachte sie. „Ich wollte doch heute abend lustig sein, wie die kleine Nina, und die sang am liebsten Schelmenliedchen. Wa rum ließ er es mich eigentlich nicht zu Ende singen, das Lied von dem kleinen Waldvögelein? Er hörte es doch sonst so gern! Wohl waren es andere Noten, die er vor sich hatte, allein, was tut das? Die Begleitung zu dem Waldvögelein kennt er ja auswendig!" „So fange doch an!" raunte Etienne ihr zu. „Ich habe das Vorspiel bereits zum zweiten Mal beendet!" — Madame schrak zu sammen und setzte unsicher, mit leise beben der Stimme ein: „Der Abend ist so stille, — Nur in dem hohen Ried, — Da singt mit halber Stimme — Der Wind ein Wie genlied. — — Er singt in Schlaf die Bäume, — Er singt m Schlaf den See; — Es lauschet ganz verträumet — Der Mond in lichter Höh'." — Madame stockte, fuhr sich mit der Hand über die Stirn, holte tief und schwer Atem und setzte aber mals ein, aber mit noch un sichererer Stimme: „In mitten Schilf und Blumen — Ein Kahn an: Ufer liegt, — Leis schwankt er auf und nieder, — Von Windes hauch gewiegt." — Die Töne wurden immer schwächer und bedeckter, und plötzlich, ihre letzte Kraft zu sammenraffend, flüsterte sie mehr, als sie sang, mit wie vor Entsetzen weit geöffneten Augen: „Ich wollt' im kleinen Nachen, — In mitten all' der Pracht, — Da — säßen — wir — und führen — Still — durch — die — Som mernacht." — Dann gellte ein herzzerreißender Schrei durch den Saal und Ma dame brach ohnmächtig zusammen. Etienne, der sie in seinen Armen auffing, trug sie ins Neben zimmer und bettete sie auf eine Chaiselongue, während Luto- wojL.ii verzweifelt und ratlos umherlief und Sonja in ein krampf haftes Schluchzen ausbrach. „Wasser — Wasser!" rief Etienne, aber als das Verlangte gebracht wurde, schlug Madame bereits wieder die Augen auf und ihr Blick ruhte mit dem Ausdruck unendlicher Liebe auf Etienne. „Ach! Alles, alles war nichts weiter als ein böser Traum!" flüsterte sie, nur ihm vernehmbar. „Du bist bei mir, — Du liebst mich — und hast mich immer geliebt!" Er fuhr ihr sanft mit der Hand über das Köpfchen und gebot ihr mit leiser Stimme, zu schweigen; dann trug er sie, gefolgt von Lntowojski und Sonja, nach ihrem Zimmer und sie schmiegte sich glückselig lächelnd an ihn an, wie ein krankes Kind, das sich in treuer Hut weiß. „Es muß unverzüglich zu einem Arzt geschickt werden," raunte Etienne Lutowojski zu, und dieser stürzte sofort davon, um selbst die nötigen Befehle zu erteilen. Montesquion übergab die Kranke Ona und Sonja und zog sich zurück. Eine Stunde später war der Arzt da. Er verordnete vorder hand Ruhe, nichts als Ruhe, und versprach, am kommenden Mor gen noch einmal vorzusprechen und Gräfin Lu towojski ein gehend zu unter suchen; dann stärkte er sich gründlich an dem ihm borge- setzten Imbiß und trat die Heimfahrt an. Lutowojski wollte in dieser Nacht am Lager seines kranken Weibes Wachen, und auch Sonja bat Madeleine um die Erlaub nis, bei ihr blei ben zu dürfen, allein Madame wollte nur Ona um sich haben. „Ich würde mich nur noch mehr aufregen, wenn ich Euch mit be trübten Mienen hier sitzen sähe," sagte sie. „Geht, meine Lieben, ich bitte Euch! klebrigens ist es ganz unnötig, meinetwegen so besorgt zu sein; meine Nervosi tät wird sich schon wieder legen." — Luto- wojski und Sonja verab schiedeten sich zärtlich und schlichen traurig hinaus, Ona auf die Seele bin dend, sie sofort zu rufen, wenn die Kranke sich schlechter fühlen sollte. „Bringe mir Papier und Bleifeder, Ona!" befahl Made- leine, sobald ihr Gatte und Sonja ver schwunden waren. — „Ach, Herrin! Wollt Ihr nicht lieber morgen schreiben? Versucht es jetzt doch, zu schlafen!" bat das Mädchen, aber Madame schüttelte den Kopf. „Nein, Ona!" sagte sie bestimmt. „Das Billet muß heute noch fort! Ich kann sonst nicht Ruhe finden!" Seufzend brachte das Mädchen das Verlangte, und Madame warf in fieberhafter Eile mit bebender Hand ein paar Zeilen auf die Karte und schob sie in ein Kouvert. „An den Grafen Montesquion," flüsterte sie kaum hörbar. „Der Brief muß sofort in seine Hände gelangen." Sie sank in die Kissen zurück. (Fortsetzung folgt.) vr« Hanä unck rkre pflege. Nichts läßt ein häßliches Gesicht vielleicht sv schnell vergessen, als eine schöne, wohlgepflegte Hand. Sie ist eines der wichtigsten Teile unseres Körpers; sie ist es, die gibt und empfängt, die das, was unser Gehirn denkt, unser Vorstellungsvermögen ausmalt, zur Wirklichkeit werden läßt; sie ist nicht nur ein Teil unseres Körpers, sondern auch ein Teil unserer Seele, denn in der Art, wie wir sie bewegen und gebrauchen, wie wir sie „sprechen" lassen, verrät sich unser Innenleben, zeigt sich unser Empfinde». Die Hand, die wir unseren Lesern im Bilde vorfiihren, ist freilich keine Hand, die harte, schwere Arbeit, Beulen oder Schwielen kennt, es ist eine Hand, die gepflegt worden, deren Schönheit erhalten werden konnte, die nur gewöhnt ist, ein Buch, einen Schirm, oder die Schleppe eines seidenen Kleides zu tragen, die sich höchstens mit einer feinen Handarbeit beschäftigt. Daß sich die Hand bei einem körperlich arbeitenden Menschen freilich nicht so konservieren kann, ist natürlich, denn jeder Beruf gibt ihr ein bestimmtes Gepräge und nimmt ihr mehr oder weniger die frühere Form. Doch steht es in jedes Menschen Macht, ihr durch einige Sorgfalt ein wohlgepflegtes Aussehen zu ver leihen. Die harten Schwielen einer Arbeiterhand, die zerstochenen Finger einer fleißig nähenden Frau sind wohl zu vermeiden und unsern lieben Lesern, — vornehmlich aber den Leserinnen — hierin einige nützliche Winke zu geben, ist die Absicht unserer heutigen Zeilen. Vor allem wasche man die Hände nur mit guten, nicht zu scharfen und leicht schäumenden Seifen und trockne sie, nachdem man den Seifenschaum gründlich abgespült, sorgfältig ab. In Gegenden, wo das Wasser sehr hart und kalkhaltig ist, ist es ratsam, demselben etwas Borax beizufügen, der es weich macht und der Haut selbst mehr Weiße verleiht. Uni die Hände weich und geschmeidig zu erhalten, reibe man sie jeden Abend vor dem Schlafengehen mit Vaseline ein, das man am besten gleich in Blechdosen mit einem halben Pfund Inhalt kauft, da sich das Vaseline in größeren Mengen ungleich billiger stellt. (Eine Enihalbpfund-Dose kostet 50—60 Pf.) Um ein Aufspringen der Hände bei empfindlicher Haut zu vermeiden, ist es ratsam, dem Waschwasser jedes Mal'ein paar Tropfen Glycerinöl beizufügen. Hat man dies versäumt und sind die Hände aufgesprungen, so ist Cinreiben mit Glycerinöl das wirk samste Mittel. Es ist bei letzterem sowohl als beim Einreiben mit Vaseline sehr zu empfehlen, während der Nacht alte Glacehandschuhe anzuziehen. Bei dieser Gelegenheit auch noch einige Worte über die Nagclpflege. Man schneide die Nägel egal und schaufelförmig, an beiden Enden ziemlich tief abgerundet und feile sie dann vermittels einer kleinen Nagelfeile ab. Die Nägel dürfen nicht zu lang sein, weil sie sonst bei der Arbeit behindern und leicht abbrechen; zu kurze Fingernägel hingegen wirken wieder sehr häßlich, da sie die Form der Finger beeinträchtigen. Der berühmte, goldene Mittelweg ist auch hierin, wie in allem, der beste. Nach dem Waschen und einem kräftigen Gebrauch der Nagelbürste, versäume man nicht, die den Nagel rings umschließende Haut etwas zurückzuschieben, um einem Entstehen der unangenehmen Nietnägel vorzubeugen. 10*