Volltext Seite (XML)
Ter neue Berliner Dom soll auf kaiser- lichsn Beseh! während des Tages ständig ge- ösiaet sein. Bisher sind von den evangelischen Küchen nur einzelne auf Wunsch der Kaiserin zeitweise außerhalb der Gottesdienste offen. Die Bewachung beim Dom werden Krongardisten übernehmen. Dre internationale Automobil-Ans- fwllung in Berlin hat nun Sonntag abend nach vierwöchiger Dauer ihre Pforten geschlossen. Über 100 000 zahlende Personen haben in dieser kurzen Zeit das Landesausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof besucht. Von dem Automobil des Prinzen Lud wig Ferdinand von Bayern angefahren und verletzt wurde in München die 15 jährige Tochter ein->s dortigen Kutschers. Das Mädchen wollte beim überschreiten des Fahrdammes einem Trambahnwagen ausweichen und geriet hierbei unversehens in die Fahrbahn des Auto mobils. Es wurde zu Boden geschleudert und einige Meter weit geschleift. Die Verletzungen sind nicht schwer. Prinz Ludwig Ferdinand, der im Automobil saß, nahm sich sofort der Verunglückten an, bot ihr einen Platz im Wagen an und brachte sie sodann nach der elterlichen Behausung. Abg. Bebel hat, wie der ,Voss. Ztg/ ans Zürich geschrieben wird, seine in Küßnacht vor wenigen Jahren erbaute Villa dieser Tage für 140 000 Fran? verkauft. Bon der Hineussendung von Hunden nach Deutsch-Südweftafrika wird Abstand ge nommen, da das Kommando der Schutztruppe mitgeteilt hat, daß die meisten der als Kriegs hunde zur Verfügung gestellten Tiere nicht den erhofften Nutzen gezeitigt haben. Bon einem Kämpfer in Südwestafrika, dem Leutnant v. K., erhielt der Karlsruher Stadtrat folgenden launigen Brief aus Kalk- ontem: „Trotzdem zu unsrer weit borge- chobenen Abteilung keinerlei Weihnachls- endungen gelangten, traf zu meiner großen Freude doch am 24. Dezember eine solche der Stadt Karlsruhe in Gestalt eines Stenerzeltels vom 1. Oktober d. ein. Um so größer ist mein Bedauern, daß ich augenblicklich nicht in der Lage bin, die geforderten ... Mark 91 Pf. senden zu können. Der Grund hierfür liegt in der Eigenart des Heroro- und Witboilandes, deren Ortschaften leider noch immer ohne Reichsbanknebenstellen find. Da nun auch noch die Militärverwaltung uns ohne Kriegslasten Marschieren läßt, weil man hier in der glück lichen Lage ist, ohne Geld leben können, ist es mir nicht möglich, die Summe aufzubringen. Ich bitte deshalb, mit der Zwangsvollstreckung, vor allem, wenn die Zusendung des Voll ziehungsbeamten aus meine Kosten geschieht, Warten zu wollen, bis ich Gelegenheit habe, mein Gehalt in Windhoek abheben zu können. Im übrigen zeichne ich ergebenst Leutnant v. K., Steuernummer 9168." — Der Stadtrat verwilligte, wie der ,Schwäb. Merkur' meldet, dem wackeren Offizier, der sich in schwierigen Verhältnissen einen so guten Humor bewahrt hat, mit Vergnügen die gewünschte Zahlungs frist. Bou nichtsnutzigen Bubenhänden wur den in Köln am Südportale des Doms von den Untersätzen der Statuen mehrere Ornamente abgeschlagen. Eine Denkmalsschändung ist auch in Weimar vorgekommen. Dort ist das im vori gen Jahr enthüllte Shakespeare-Denkmal nächt licherweile durch eine schwarze, ätzende Säure total miniert worden. Auf Ergreifung des Täters wurde eine Belohnung von 200 Mark ausgesetzt. Die Leiche eines geköpften Mannes wurde am Sonntag früh auf der Strecke der Nebenbahn Paulinenaue—Neu-Ruppin aufge funden. Der Lokomotivführer des ersten in der Richtung nach Paulinenaue fahrenden Zuges bemerkte auf der Strecke kurz vor der End station einen zwischen dem Gleise liegenden Körper und brachte den Zug zum Stehen. In dem Hindernis erkannte man die Leiche eines anscheinend dem Arbeiterstunde angehörenden, etwa 30- bis 40 jährigen Mannes, dem der Kopf buchstäblich vom Rumpfe abgeirennt worden war. Allem Anscheine nach liegt Selbst mord vor. Der Lebensmüde hat sich zweifellos von dem Nachtzuge überfahren lassen. Papiere, die über seine Personalien Auskunft geben konnten, wurden bei dem Toten nicht gefunden. Der Bock als Gärtner. Unter dem dringenden Verdacht, das Attentat gegen den Köln-Hamburger Schnellzug am 10. Februar bei Caternberg verübt zu haben, wurde der Streckenwärter verhaftet, der den Zug zum Halten brachte, weil die Weichen mit Steinen verkeilt waren. Er wollte eine Belohnung für Verhütung von Unglücksfällen erlangen. Der Streckenwärter soll durch einen Berliner Kriminal kommissar entlarvt sein. Wil«»SM Mittwoch häits hiugeuchtet werden sollen. Huber gibt an, er kenne den Alramseder wohl, sei wirklich mit ihm zusammen in Haft gewesen und auch nachher noch verschiedentlich mit ihm zusammengetroffsn, mit der Bluttat stehe er jedoch absolut nicht in Verbindung. Er soll nach dem genannten Blatt auch in der Lage sein, für die fragliche Zeit ein Alibi nachweisen zu können. Danach hätte sich Alramseder den Aufschub der Hinrichtung nur erschwindelt. Paul Pons 1°. Der bekannte Ring kämpfer Paul Pons ist Sonntag abend in Orange (Frankreich) plötzlich im Alter von 41 Jahren gestorben. Er war der bekannteste Ringer, der während der letzten Jahre in Europa und in Amerika zahlreiche Siege errang. Großfürst Paul von Rußland, nach Petersburg zurückgekehrt. Gräfin v. Höhenfesten, Gemahlin des Großfürsten Paul von Rußland. Raubmord in Bremen. In Bremen ist an der 40 jährigen Witwe des Privatmannes Jahn ein Raubmord begangen worden. Die Frau wurde in ihrer Wohnung Braunschweiger- straße 107 mit durchschnittener Kehle tot auf gefunden. Eine sehr tenre Gans ist diejenige ge worden, die vor etwa zwei Jahren der Fisch meister Nagel in Bischleben halb verhungert und angefroren in der Gera sand. Während der Gastwirt Schumann die Gans als die seinige erkannte, behauptete der Einwohner Dingelstedt, sie gehöre ihm. Es kam zur Klage. Ein Termin mit vielen Zeugenvernehmungen — auch ein Lokaltermin fand statt — jagte den andern. Jetzt erst hat der Hildburghausener ,Dorfztg/ zufolge das Landgericht den Dingel stedt mit seiner Klage abgewiesen. Die Kosten des Prozesses belaufen sich auf 350 Mk. Die strittige teure Gans schnattert auf dem Schu- mannschen Gehöft umher. Eine erschütternde Sprache redet eine Todesanzeige, die sich in den Baireuther Zeitungen befindet. Es zeigt darin der Kammerjunker und Fidsikommißbefitzer Ludwig Freiherr v. Lindenfels auf Wolframshof den Tod seiner Mutter, der Freifrau Flora v. Lindenfels geb. Freiin von und zu Aufseeß, an. Am Schluffe der Anzeige heißt es: „Das vor einem Monat erfolgte Ableben meines un vergeßlichen Bruders Karl in Südwestasrika hat das treue Mutterherz gebrochen!" — Leutnant Karl Freiherr v. Lindenfels, früher im Chevaulegersregiment Nr. 6 in Baireuth, ist vor vier Wochen in Südwestafrika am Typhus gestorben. Die aufgeschobene Hinrichtung. In Rottenburg (Niederbayern) wurde der von der Staatsanwaltschaft am Landgericht München gesuchte Korbflechter Johann Huber festge nommen. Huber wird bekanntlich von Alrams eder beschuldigt, den Doppelmord verübt zu haben, wegen dessen Alramseder am vorigen Eine neue Lokomotive. Der junge Turmer Ingenieur Emanuel Moine will eine neue Lokomotive erfunden haben, die mittels einer überaus sinnreichen Verbindung kolossale Leistungen mit geringsten Betriebskosten ver bindet. Unfall eines Luftschiffers. In Barce lona geriet der Luftballon, in dem der Luft schiffer Suner im Stierzirkns eine Vorstellung gegeben hatte, beim Niederstieg in Brand und fiel auf die Drähte der elektri chen Leitung in der Cortesftraße. Suner ließ Ich, als er die Gefahr bemerkte, herunterfallen und zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Ein 17 jähriger Schüler der Alexander- Handelsschule in Moskau, Wassili Sizow, er schoß den Lehrer der englischen Sprache, den Staatsrat Mac Külander, und tötete sich dann selbst durch einen Schuß in den Kopf. Eine Explosion erfolgte am Sonntag mittag in Baku auf dem Schiffsanlegeplatz bei Bibi-Eibat auf einer Naphthabarke. Fünf be- nachtbarte Barken gerieten in Brand, ebenso der Anlegeplatz. Gegen zwanzig Menschen sollen umgelommen sein. Ein übertragener Finger. Eine Schau spielerin annoncierte kürzlich in einer New Norker Zeitung und bot 2000 Mark für den Finger einer lebenden Frau, der ihr „angeheilt" werden sollte. Darauf meldete sich eine arme Witwe mit großer Familie, und ihr Anerbieten, sich der Amputation zu unterziehen, wurde auch angenommen. Die Operation wurde von dem New Iorker Arzt Dr. Neiden ausgeführt. Keine der beiden Frauen schien stark zu leiden; sie ließen sich nicht betäuben und zeigten großen Mut. Nach der Operation wurden die Hände der beiden Frauen in einem Verbände vereinigt, damit der Finger anwachsen kann. Die Gesellschaft der Schwarzen Hand soll, wie englische Blätter aus New Jork berichten, die große Schule in Grove-Street am Dienstag nachmittag niedergebrannt haben, kurz nachdem 1800 Kinder auS dem Unterricht entlassen worden waren. Bereits im Dezember hatten viele Eltern ihre Kinder aus dieser Schule genommen, weil die Schwarze Hand unter der Drohung, diese niederbrennen zu wollen, Geld zu erpressen versuchte. Der Chef der New Iorker Feuerwehr erklärte, daß das Feuer, wenn eS nur wenige Augenblicks früher ausbrach, furchtbare Opfer gefordert haben würde. Mehrere der Lehrer und Schüler retteten sich nur dadurch, daß sie aus den oberen Stockwerken in den zusammengetriebenen Schnee hinunter sprangen. GericktskaUe. Berlin. Eine eigenartige Erwerbsquelle soll sich der Bureaugehiye Rosenberg nach Behauptung des Billetthändlers Joseph Breitkopf geschaffen haben. Letzterer war am Montag wegen Übertretung einer Polizeiverordnung vor der 8. Strafkammer deS Berliner Landgerichts angeklagt. Am 18. Oktober v. wurde Breitkopf auf Veranlassung des Bureau- gebilfen Rosenberg vor dem Metropoltheater festgc- stellt, weil er in unerlaubter Welle den Handel mit Theaterbilletts betrieb. Breikopf erhielt daraufhin ein Strafmandat über 10 Mark, gegen welches er Wid rfpruch erhob, der jedoch vom Schöffengericht verworfen wurde. Vor der Strafkammer behauptete B., sich keinesfalls der Übertretung schuldig gemacht zu haben; der Hauptzeuge Rosenberg habe unter Auto mobilisten, Radfahrern und Händlern, die sich irgend einer kleinen Übertretung schuldig gemacht haben, eine gewisseBerühmtheit dadurch erlangt, daß er fast gewerbs mäßig Anzeigen erstatte und aus den Zeugengebühren seinen Lebensunterhalt friste. Vor Gericht bestritt der Zeuge dies, mußte indessen zugeben, daß er pro Fahr mehrere hundert Anzeigen gegen Automobi listen, Radfahrer und Händler, insbesondere Billett händler, erstatte und auch in allen Fällen Zeugen gebühren erhalte. In der Sache selbst mußte der Gerichtshof der Aussage der Zeugen folgen und er kannte wiederum auf 10 Mk. Geldstrafe. Elberfeld. Die Strafkammer verurteilte den Sparkassenrendanten Voigt von Wald, der der Ortskrankenkasse und Alters- und Jnvalidenanstalt zusammen 66 000 Mk. veruntreute, zu 2^ Jahr Gefängnis. Kiel. Der frühere Vorsteher des GeheimburcauS der Germaniawerft, Barkemeyer, wurde von der hiesigen Strafkammer wegen unlaulern Wettbewerbs und Diebstahls von Plänen zu einem Jahr Ge fängnis und zwei Jahr Ehrverlust verurteilt. Brüssel. Der Prozeß wegen der Himerlassen- schaft der Königin von Belgien ist am Montag vor dem Appellgericht beendet worden. Der Gerichtshof bestätigte das erste Urteil, welches dahin entschied, daß die fürstlichen Heiratskontrakte zugleich politische Verträge darstellten; daher seien die Kläger, welche die Nichtigkeitserklärung des Heiratsvcruagcs deS Königs Leopold beantragt halten, avzuweisen. — König Leopold hat also obgesiegt und kann nun sein Vermögen seinen Kindern vorenthalten, wie er es zu tun beabsichtigt. buntes Allerlei. Hinausgegeben. Ein Geizkragen, der im Restaurant an allem nörgelt, dafür aber nur winzige oder gar keine Trinkgelder gibt, wild deshalb vom Kellner nicht eben zuvorkommend bedient und sagt daher zu ihm beim Gehen: „Sie Jean, kaufen Sie sich doch einmal „Knigges Umgang mit Menschen"!" — „Wie meinen Sie?" entgegnet Jean, „der Menschen Umgang mit Knickern?" t,Fi. scy Boshaft. Handlungsreisender: „Ist heute in Ihrem Neste was los?" — Gastwirt: „Im Volksbildnngsverein ein Vortrag, der Sie gewiß interessieren wird." — Handlungs reisender: „Worüber?" — Gastwirt: „über moderne Flugtechnik." pDoisr.", Ein Praktikus. „. . . Wie verhalten denn Sie sich zu „Wein, Weib und Gesang", Herr Huber?" — „Ganz einfach: ich geh' halt immer zum Wein, wenn mein Weib mit ihrem Gesang anfängt!" c,M-g. Bly Verplappert. „Da sieh', Weibchen, was für einen Prachthasen ich dir geschossen hab'!" — „Was, du wagst es, mir eine so alte, noch dazu zaundürre Kreatur mitzubringen . Da hört sich doch alles auf!" — „Sei nur ruhig, lieb'S Weiberl — ich darf ihn ja Um tauschen!" Auiemhait zu nehmen und zuweilen ihr Herz an dem Anblick ihrer Lieben zu erquicken. Am Sonntag kam Mrs. Bonder früh heraus, um sich zu erkundigen, ob Ellen mit ihr zur Kirche gehen wolle und ob sie ihr einen Platz anweisen solle. Eine freudige Hoffnung durchzuckte die Verlassene. Lord Chesleigh würde sicher den Hauptgottesdienst besuchen und sie fand dann Gelegenheit, ihn längere Zeit ru sehen. Sie nahm das Anerbieten ihrer Wirtin so dankbar an, daß diese erstaunt über die ungewohnte Lebhaftigkeit aussah. Von Mrs. Bonders Platz aus konnte man die Familendenkmäler sehen und Ellens Augen ruhten unverwandt auf der weißen Tafel, die ihren Namen trug. Sie saß unbeweglich, bis ihre Hoffnung sich erfüllte und ihr Gatte mit dem Kinde ein trat. Sein Kirchstuhl war dem, in welchem sie saß, gegenüber und sie konnte nach Herzens lust beide anschauen. Es fiel ihr auf, wie verändert Artur war, er sah älter aus und «in tiefer Schmerz und Kummer prägte sich m seinen Zügen aus. Sollte ihr Verlust ihn bekümmern, fehlte sie ihm? Sie sah seine Blicke oft an der Marmortafel hängen und empfand, daß er dann ihrer gedachte. Es war ein wunderbares Zusammentreffen, daß gerade an jenem Sonntage der Geistliche über die Ehe sprach und die Pflichten, welche die Gatten gegeneinander hätten. Sie sollten ems sein, die Frau die Gehilfin des Mannes, nicht nur dazu da, um seinem Hause vorzu- stehen, ferne Kinder zu erziehen, sondern ihm zur Seite zu stehen in den höchsten Zwecken des Lebens, in dem Kampfe gegen das Böse, dem Streben nach Vollkommenheit. Es war eine klare, einfache Predigt, die Ellen mit Staunen anhörte. Sie sah ein, wie manches sie versehen hatte. Sie hatte nur an die irdische Liebe gedacht, den menschlichen Zug des Herzens zum Herzen. Die innere, geistige' Gemeinschaft, das Ertragen von Dingen, die schwer, fast unerträglich scheinen, daS war ihr nie nahe getreten. Sie beobachtete ihren Gatten von Zeit zu Zeit und las in seinen Zügen Be dauern und Reue. Auch er mußte wünschen, daß sein Leben sich anders gestaltet hätte. Es rührte Ellen tief, daß Lord Chesleigh nach dem Gottesdienst, als alle die Kirche ver lassen hatten, mit dem Kinde vor die Marmor tafel trat, die den Namen der Mutter trug. Sie kehrte in tiefen Gedanken in ihr einsames Zimmer zurück; zum ersten Male trat ihr die Empfindung nahe, alS ob sie auch recht gehan delt hätte. Wäre es nicht doch besser gewesen, ihren Kummer weiter zu tragen und zu ver suchen, alles zum Besten zu wenden? Jetzt freilich war es zu spät. An demselben Sonntage kam Johanna Bonder, um ihre Mutter zu besuchen. Sie faßte eine Zuneigung zu der Fremden, ging mit ihr durch den Garten und bat Mrs. Bonder, Ellen aufzufordern, mit ihnen Tee zu trinken. Diese schloß sich nur zur gerne an; ihr war jedes Wort, welches das junge Mädchen von seinem Leben im Schlosse er zählte, interessant. Es sprach von Lord Ches- leigh als dem gütigsten Herrn und wie alle Leute an ihm hingen. Nach einer Weile sagte Ellen: „Es ist doch ein kleines Kind im Schlosse, bitte, erzählen Sie mir von ihm. Ich habe Kinder so sehr lieb." „Armes Ding," dachte Mrs. Bonder, „fie hat gewiß ihr eigenes Kind verloren." Johanna war dazu bereit, das ganze Haus liebte ja die kleine Dora. Und fie erzählte so viele und niedliche Züge aus dem Leben der Kleinen, daß das Herz der armen Mutter fast brach. Alle konnten sich an dem Kinde erfreuen, nur fie war ausgeschlossen. Als Johanna sah, welch' aufmerksame Zu hörerin fie hatte, wurde fie zutraulicher. „Mein Dienst gefällt mir sehr gut," sagte fie, „aber ich würde ihn doch aufgeben, wenn Miß Forbes länger dort bliebe. Sie behandelt alle Dienstboten wie Sklaven, verlangt das Unmögliche von ihnen, ohne jemand ein freundliches Wort zu gönnen." „Macht Lord Chesleigh sich was aus ihr?" warf Mrs. Bonder ein. „Ick weiß nicht recht," war die Antwort. „Sie ist klug und fängt es schlau an, seine Neigung zu gewinnen." „Glaubst du, daß er sie heiraten wird?" „Wenn es nach ihr geht, gewiß. Sie sucht sein Herz zu gewinnen, indem sie das Kind an sich zieht. Immer hat fie Süßigkeiten in der Tasche und die kleine Dora läuft deshalb natürlich immer zu ihr; dann wendet fie sich zu Lord Chesleigh und sagt schmachtend: „Ach, wie die Kleine mich lieb hat." Neulich sollte eine gemeinschaftliche Ausfahrt gemacht werden; Miß Monika erklärte, fie hätte keine Zeit mitzufahren und lachte so eigen tümlich, aber ich durchschaute fie doch. Sie holte sich das Kind herunter und fing an, ein Kleid für die Puppe zu nähen. Mylord kam herein und war entzückt. „Wie gut Sie sind," sagte er, „Sie machen meinen Liebling so glücklich." Johanna erzählte weiter: „Miß Monika sagte, indem fie Mylord ansah: „Ich habe das Kind ja so lieb." — Du kannst mir glauben, Mutter, Mylord freute sich so, daß er nicht mit ausfuhr, sondern sich die ganze Zeit mit Miß Forbes unterhielt." „Ist fie hübsch?" fragte Mrs. Bonder. „Das ist Geschmackssache. So hübsck wie unsre verstorbene Herrin auf keinen Fall. Wenn ich an Lord Chesleighs Stelle wäre, ich würde fie bestimmt nicht heiraten." Ellen sah das Mädchen so entsetzt an, daß diese ihre Erzählung plötzlich abbrach. Sie hatte ihren freien Sonntag genossen und das Interesse der Fremden ließ fie sprechen, wie ihr ums Herz war. Ellen bemerkte, daß fie nahe daran war, sich zu verraten und machte fich Vorwürfe darüber. Was ging es fie an? In Arturs Leben hatte fie aufgehört, einen Platz zu haben. „Weshalb sehen Sie so erstaunt aus?" fragte Johanna. „Ich fand es nur sonderbar, daß eine Dame in solchen Sachen die Initiative ergreift." „Was ergreift fie, Mrs. Moore?" „Ich meine, eine Dame sollte warten, bis der Herr um fie wirbt und ihm nicht entgegen kommen." UM es (Fortsetzung folgt.)