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Menschen, durch Krieg und Theu'rung in das Elend gekommen war. Man kann sich denken, was Wcrthau'S Herz bei dem Iammeranblick der leidenden Menschheit empfand! — Hier trat er in eine düstere feuchte Kammer, wo er die abge» zehrte Mutter, mit dem Säugling an der Brust, oder einen siechen Greis auf ärmlichem Strohla ger erblickte; dort preßten ihm die mit Lump-n behangenen, an einer Brodrinde nagenden Kinder Thränen des Mitleids aus; hier fand er einen verarmten Handwerker oder Künstler mit abge härmter Wange an seinem Arbeitstische auf ei nem Schemel sitzend, dort einen Gelehrten in herzdurchbchrcnder Leidensgesialt — ach die Feder entsinkt der Hand — — jede gnterhaltene Seele Wird empfunden haben, welche schmerzliche Re gungen, aber wohlthatige heilsame Eindrücke zum Besten nothleidender Mitmenschen, der Anblick solcher Iammcrscencn hinterläßt, welche, leider!! Diejenigen am meisten zu sehen vermeiden, ja, wie eine Pest fliehen, die im Wohlleben bei dem größten Nebenflüsse schwelgen. Der Graf begnügte sich nicht damit, daß Jedes an Beklei dung und Wäschk.so Viel erhielt, als cs bedurfte, sondern er spendete auch noch mit eigener Hand Geld, wodurch dem Handwerksmanne, Künstler w. Wieder geholfen, der Kranke gestärkt und wieder hcrgestellt werden konnte. - — Zähren des Dankes und Segenswünsche folg, ten dem Wohlthater, die Engel im Himmel freueten sich — und mit nicht zu beschreibendem Wonnegefühl, welches nur das Bewußtsein guter Handlungen zu geben vermag, eilte er zu einem allgemein geschätzten Banquier, der von ihm den Auftrag bekam, an den bewußten Vorsteher eine Summe auszuzahlen, die zur fernern Unterstützung jener Armen auch in den Wintermonaten bestimmt war. Da dieses Geld in die Hände eines red, Uchen Mannes kam, so konnte er auch einer ge, wissenhasten und zweckmäßigen Vertheilurg ver sichert seyn. Der Rückweg zu scinem gastfreundlichen Wir- the führte an dem Friedhof der Vorstadt vor über; Moritz betrachtete an dem Eisengitterlhore die in einem edlen Style verfertigten und meist prachtvollen Denkmäler der Entschlummerten und ließ sich von dem Todtengräber das Pförtchen öffnen. Kaum war er eingetreren, so ward sein Blick von einer Gruppe angczogen, die ein siei- ucrnes Herz hätte erweichen können: Ein schwarz verschleiertes Fraunzimmer, zwei kleine Mädchen und ein Knabe, ebenfalls in tiefer Trauer, lagen um einen mit Blumen geschmückten Nafenhügel auf ihren Knieen und beteten. — O wäre ich ein würdiger Schüler eines Correggio, darbte, mr Anschanen dieser herzergreifenden Scene versunken, der bis zu Thränen gerührte Werthau. Lange ruhete sein nasser Blick auf diesen Verwaisten — und dem andachtsvollen Drange seiner schmerzhaft bewegten Seele folgend, sank der selbst Aeitern- lose nieder und vereinte mit den trauernden Hin terlassenen sein Gebet — dann erhob er sich und fragte den in einiger Ferne stehenden Beltmeister: Wer diese Mutter mit ihren z Kindern, wofür er sie hielt, sey, und wer unter diesem Blumen- hügcl schlafe? Er bekam zur Antwort: Sie sey die Wittwe eines Sccretairs, besuche ihres Man nes Grab, der einen frommen Lebenswandel ge führt habe, öfters, und bete hier mit ihren Kin dern. Ach, dachte Moritz, wenn deck) alle Müt ter, Väter oder Verwandte diesem heilsamen Beispiele folgten, frühzeitig ihre Kleinen mit dem wichtigen Gedanken, daß wir Alle sterblich sind — vertraut machten und sie an der Ruhe stätte der Ihrigen zur gemeinnützigen Tha- tigkeit und Gottes-Furcht ermunterten! — Der Graf erkundigte sich nach den häuslichen Umständen dieser Wittwe und erfuhr, daß sie arm und bei ihrem kleinen Gnadengehalt genöthi» get sey, den Lebensunterhalt größtenteils durch ihrer Hände Arbeit zu verdienen. Zch bitte Dich, lieber Mann, sagte Werthan