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4^,9 neu anscheinltch feindlichen Officier, sofort in De- schlag nahm, mir den Degen abverlangte und zu dem commandirenden sächsischen Lieutenant führte. Ich folgte willig, und erklärte Jenem, daß die Hütte nur geliehen und ich Nichts weniger, als ein feindlicher Ofsicier, sondern ein gefangen gewesener und nun ranzionirter sächsischer Soldat ftp, mit der Bitte, mich meinem Oncle, dem Hauptmann Dallberg, zur Beglaubigung vorzu- stcllcn. Der Officier schien meinen Worten anfänglich keinen Glauben beimcssen zu wollen, und erst, nachdem ich ihm mehrere Fragen beantwortet hatte, ließ er mich unter Bedeckung in das La, ger bringen. Die Freude, meinen Oncle gesund wieder zu sehen, war groß. Jeh mußte ihm die Art und Weise meiner Gcfangennehmung und meiner Be freiung mit den kleinsten Nebenumständcn erzäh len: Er war ganz Ohr. „Aber," fragte er nach einer Pause, „wie kommt Eleonore mit ihrem Vater in eine belagerte Festung?" Ich konnte ihm darüber keinen Aufschluß geben, doch ficl mir in diesem Augenblicke das Papier ein, welches der eine meiner Begleiter mir beim Abschied überreicht hatte. Schnell zog ich es aus der Ta sche, entfaltete es und las: „Bester Dallberg!" „Der Anfang Ihrer Rettung ist vollbracht. „Auf meinen Knieen danke ich dem Höchsten „dafür. O möchte doch das Ende dem An- „fange entsprechen und wir uns bald und glück- „lich Wiedersehen! Doch fasse ich Muth, Gott „wird Sie nicht verlassen und mein Gebet Sie „begleiten. Mehr kann ich nicht schreiben, „dieses Blatt könnte durch Zufall in unrechte „Hände kommen und dann wäre mein guter „Vater verloren. Zhre Seelen-Adel. (Fortsetzung.) Ehe Moritz den in dem Augenblicke gefaßten Vorsatz ausführte, mußte eine höhere, wichtigere Pflicht erfüllt werden. Bei dem Frühstücke, das man des andern Morgens in der freundlichen Gartenhütte gemeinschaftlich genoß, kam das Ge spräch auf die Armen in einer Vorstadt des da- sigen Orts; seines Wlrthes Schilderung, der als ein uneigennütziger Arzt die Gemächer des Jam mers öfters besuchte und nach seinen Kräften das menschliche Elend minderte — hatte sein Gemüeh schmerzhaft gerührt und in ihm den schönen Ent schluß erzeugt, von seinem Reichthum einen wohl- thatigen Gebrauch zu machen. — Er schritt auch sogleich zur Ausführung seines menschenliebenden Vorhabens, ohne gegen irgend Jemand Etwas davon zu äußern. Sein erster Gang war zu dem Armenverpfleger jenes Stadtviertels, dem er mit Verschweigung seines Namens und Standes den Auftrag gab, auf der Stelle einen großen Vorrath von Kleidungsstücken vom Kopfe bis zum Fuß und Wäsche aller Gattung für das männ liche und weibliche Geschlecht, für Alt und Jung aufkaufen zu lassen. Der Beauftragte, darüber in ein freudiges Staunen gesetzt, drückte mit den Worten seine Hand: Da bauen Sie sich eine Stufe im Himmel, edler Herr! Es ward verabredet, daß er nach Tische wie derkommen und bei der Vertheilung zugegen seyn werde; Moritz fand sich auch zu der bestimmten Stunde ein und es gewährte ihm eine unbe grenzte Freude, daß Alles — was vermag Nicht Gold, noch dazu bei einem reinen Willen! — nach seinem Wunsche besorgt war. Einige Weibs personen trugen die eingckauften Sachen dem Ver- pfleger, in des Grafen Begleitung, nach, und so ging es von einem zu dem andern, der — mehr oder weniger verschuldet — sich in Noth befand oder ganz schuldlos, durch Krankheit oder böse