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227 Dieb ist, Mädchen! dein Bild, so flieh'» dir, Holde! die Tage, ynd dein Genius führt näher dem Ziele dich zu. (Die Fortsetzung folgt.) Johanne von Ark, oder: Die Jungfrau von Orleans. (Nach dem Französischen.) Er zerbricht, ein freies Volk zu retten, auch durch schwache Hand die Sclavcnketten. R a e t n e. In einem neueren Gewände wollen wir ein Ereigniß schildern, das man als eine der merk« würdigsten Erscheinungen betrachten kann, welche uns die Geschichte darbietet. Frankreich sah sich durch innere Partheien zerstückelt und von Feinden, die schon Meister vom Herzen der Monarchie geworden waren, be stürmt und verheert, und stand auf dem Punkte, seine rechtmäßigen Oberhäupter zu verlieren. Die Einnahme noch einer einzigen Stadt wäre hin reichend gewesen und die Feinde dcS französischen Namens hätten ihre siegenden Fahnen in dem ganzen Gebiete der Lilien aufgepflanzt. Schon bedrohen sie Orleans, die letzte Brust wehr für das Königreich Carls des Siebenten, als eine Jungfrau, weder aus hohem Blute ent sprossen, noch durch das Beispiel der Heldinnen entflammt, wovon die Jahrbücher der Völker sprachen, noch durch den Anblick des Kampfplatzes oder den Muth der Vertheidiger des Vaterlandes beseelt, die Tochter eines einfachen Landmannes, von dem Himmel einen Befreier und Rächer Frankreichs erflehte, und eben so bald dieser Ret ter selbst zu seyn wünschte, als sie ihr Flehen erhört wähnte. Niemand glaubte an dir Sen dung der Johanne und drei Mal ward sie zu rückgewiesen, ehe sie die Freiheit erlangte, sich bewaffnen zu dürfen. Sie stellte sich in die Mitte der Schaaren und die Hand des Allmäch tigen geleitete sie sichtbar. Ihre Fahne wehte als Siegeszeichen einem Heere voran, das seinen Augen kaum glaubte. Die Feinde, bis jetzt nur die Sieger, wurden überwunden, Orleans geret tet, der König Carl gekrönt und ihm von der Mehrzahl des französischen Volkes gehuldigt. So viele Wunder ereigneten sich in dem Zeiträume einiger Wochen. Nach der Krönung ihres Fürsten lag der Jo hanne nichts mehr am Herzen, als das erhabene Werk zu vollenden, wozu sie von der Vorsehung berufen schien. Sie setzte den Kampf gegen die Feinde ihres Königs und ihres Vaterlandes mit unerschütterlichem Muthe fort. Von ihren Freun den verlassen, wird sie gefangen genommen, und die Befreierin Frankreichs, die schuldlose Jung frau, die nie einen Tropfen DlutcS vergossen hatte, gleich einer verbrecherischen Zauberin, zum Scheiterhaufen verurtheilt. Carl, der ihr die Krone zu verdanken hatte, unternimmt nichts, sie zu befreien; die Gottgesandte ist durch den Undank eines Volks dem unglücklichen Schicksale Preis gegeben. Nur dtesi eine, daß man, als sie nicht mehr auf der Erde weilte, ihr Anden ken wieder herstellt-, war ihr spater Lohn. Als sie von unwürdigen Prelaten so ungerechter Weise verurtheilt war, erklärte sie das Oberhaupt der Kirche für schuldlos, und so beschäfftigte man sich erst nach ihrem Tode, Denkmäler der Heldin aufzurichten, die sich um ihren König und um ihr Vaterland so große Verdienste erworben hatte. Weder in der Fabel, noch in der Geschichte, wird man eine Frau finden, welche der Johanne von Art zu vergleichen wäre. Nach den Nach richten aller Zeiten verband sie mit einem uner schütterlichen Muthe ein sanftes rührendes Herz; sie weinte wie ein Weib, aber betrug sich wie