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L4F> lichetr Summen begrüßt, das Auge Gottes, die goldne Sonne in Osten emporsteigt und segnend auf Erd' und Meere, und Berg lind Thal, lind Feld und Wald und Flur herniederblickt. Jin jungfräulichen Reize steht die Blumenwclt, aus ihrem Kelche schwebt lieblicher Opferduft; melo discher murmelt die Silberquelle; schmachtender schlägt die Nachtigall; und süßer Schauer erfaßt die Menschenbrust. Da ist es mir, als riefen Geisterstimmen von den tausend Blüthenbäumen, aus Büschen, Hecken, Omellen und Blumenbeet ten mir leise zu: Blick' um dich her und steh das ncucrwachte Leben, wie es ringsum knospet und grünt, blüht und duftet: steh! wie es steh regt und flattert und springt und singt. — Da blick' ich wonnetrunken hinaus in die unendliche Welt, in das ewige Lebensmeer, und ein himm lischer Lichtglanz schwebt an meinem Auge vor über, — und mir ahnt, mir ist es gewiß: H e ll t e, heute hat Gott die Welt geküßt: Da thut sich so wunderselig das Herz mir auf; mich durchströmt süßes Entzücken; ich fühle mich über dieses Lebens Schranken empor gehoben; nur eines Gefühles bin ich mir froh bewußt, und dieß ist Liebe, Liebe! — Louise, komm an meine Brust, du holdes, rheures Westu, du zauberisches Dlld, in welchem sich das Göttliche verkörpert; nimm diesen glühenden Kuß, er sey der feierliche Schwur, durch welchen ich mein Senn ewig an das deine knüpfe. Die rechte Frau zu Weihnachten. Abgehorcht dem Lonterrr utzs Dames, Frau Baronesse von Nainville, Wlttwe eines allgemein geschätzten Generals, welcher auf dem Felde der Ehre geblieben- war, hatte sich auf ihre Güter zurückgezogen, welche sie bei Lyon, auf dem linken Ufer der Rhone besaß. Des von ihr angebeteten Gemahls beraubt, richtete sie nun alle ihre Liebe und Sorgfalt auf Adolph, das einzige Pfand ihrer trauernden Liebe, lind lebte nur für seine Pflege, die sie bei seinem kaum Ljährigen Alter vollkommen beschäftigte. — Eines Tages, als sie an den Ufern der Rho ne allein spatzieren ging, bemerkte sie in nicht weiter Entfernung Etwas, das, auf den Wellen schaukelnd, daher geschwommen kam. Einige Fi scher richteten cilig ihre Kahne darauf, und als sic erfuhr, daß cs ein Mensch seyn müsse, ver doppelte sie den Eifer der Fischer durch das Ver sprechen einer Belohnung, wenn ihnen die Ret turig gelange. Ais sic naher hinzu kamen, be merkten sie, daß es ein Körbchen war, in wel chem sie, nachdem sie cs erhascht hatten, ein schlafendes Kind von 6 bis Z Monaten fanden, es war in feilte gestickte Windeln gewickelt und nur einer wcißseidencn Decke zugedeckt, was sie auf die Vermuthung brachte, daß es reichen El tern zu gehören müsse. Die Fischer, nachdem sie das Körbchen der Baronesse, die mit Ungeduld ihnen entgegen ging, überbracht hatten, empfin gen das versprochene Geld. Die Baronesse nahm das Kind, umarmte cs mit der Zärtlichkeit einer Mutter, versprach, sich dessen anzunehmen, wenn Niemand cs zurück fordere, und ließ es von ci- nem der Schisser nach ihrer Wohnung tragen, indem sie, mit dem Gedanken an den Schmerz der Eltern, die es verloren haben konnten, be schäftigt, sorgsam spähend nebenher ging. Kaum war sie auf ihrem Zimmer auaekom- men, so untersuchte sie den Korb, ohne jedoch ir gend eine Auskunft über diejenigen zu finden, de nen dieses Kind das Leben verdankte, und man mußte sich mit der Vermuthung begnügen, die von dem Nnchthum und der Feinheit der Klei dung und Wäsche sehr bestärkt wurde, daß eS von vornehmen und reichen Eltern fty. — Man trug sogleich Sorge für eine Amme und das Kind", welches Frau von Nainville Cecilie nannte (es war ein Mädchen) wurde ihr nur unter dem