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,-Sucht mich fein Blick? Erkennt es sein Auge schon, „wem diese Wangen scheu sich errötheten? .„Sah er in meines Herzens Tiefen? .„Kündet sein sprechendes Schweigen Liebe? .„Wie von des Westwinds labendem Hauch ge küßt „zwei Blümlein an einander sich schweigend nah'n; „so nah'n sich unsere Herzen» Segne, segne die Nahenden! G 0 tt der Liebe!!" (Die Fortsetzung folgt.) Die rechte Frau zu Weihnachten» ( F 0 rtsetzun g.) „O, meine Mutter," rief Adolph ans, „wie Viel kostet cs mir nicht, mich von Ihnen zu Trennen! An meiner Statt beschützen nnd lieben »Sie mein andres Ich, diese liebenswürdige, gute Cecilie; ihre Tugend, ihre innige Zuneigung für »Sie machen sie Ihrer würdig. Wir sind zu sammen — „Naiuville," fiel ihm die Baronin, die Adolphs weitere Erklärung nicht haben wollte, schnell in's Wort, „wegen Deiner Freundin küm- Aiere Dich nicht, sie ist mir theuer und werth, And ich verspreche Dir, daß Du sie be; Deiner Rückkunft hier wiedersindcn sollst." Die Nacht war schon lange hereingebrochen. Da einige Stunden Ruhe durchaus nöthig wa ren, so ging Jedes nach seinem Zimmer. Doch Las gefürchtete Morgenroth schimmerte nur zu bald zu den Fenstern herein. Cecilie, die ihre Gefühle nicht bemcistcrn zu können glaubte, gab, den Augenblick des Abschieds fürchtend, eine Un päßlichkeit vor, für welche ihr Frau von Nain- ville Dank wußte und über die sich Adolph nicht zu beklagen wagte. — Mit trauernder Zärtlich keit umarmte er seine Mutter, empfahl ihr Ceci lien und verließ das väterliche Haus mit klopfen dem Herzen und thränenden Augen. —- Cecilie begab sich zur gewöhnlichen Stunde zur Frau v. Ramville, sie befand sich aber in einer solchen Abspannung, daß diele darüber sehr unruhig war. Da ihr aber die Abwesenheit Adolphs die Frei heit gab, offen zu reden und zu handeln, und da cs überdicß auch nicht ihr Wille war, zwei für einander geschaffene Herzen zu trennen, so glaubte sie durch folgendes Gespräch ihre Pflege tochter beruhigen zu muffen. „Meine gute Cecilie," sagte sie, „Duweißt, wie sehr ich Dich liebe, und ich darf daher ge wiß hoffen, daß Du mir ganz Dein Herz offnen wirst; zwar bin ich nicht Deine Mutter, aber doch glaube ich, Deine Freundin zu seyn und mithin ein Recht auf Dein Vertrauen zu haben. Sprich also offen mit mir." „Ach, Madame," erwiderte Cecilie, „Sie kennen mein Herz, meine Geheimnisse, Sie ha ben in meiner Seele gelesen; sollte ich den nicht lieben gelernt haben, den ich von früher Jugend auf als Bruder lieben mußte? Vergebens habe ich mich bemüht, diese Liebe zu unterdrücken, die ohne Zweifel in Ihren Augen tadelnswerth seyn muß. Sie würden mich aber nicht tadeln, son dern beklagen, wenn Sie wüßten ..." „Meine Cecilie," fiel ihr die Baronin in's Wort und drückte sie an ihre Brust, „glaubst Du nicht, daß ich es weiß, wie Viel Du gelit ten hast; hältst Du mich für so ungerecht, daß ich Dir es zu einem Verbrechen machen sollte. Wenn Du mein Kind liebst, und daß ich die Ge sinnungen tadeln sollte, die er für Dich hegt? Nein, drum lerne heute meine Meinung kennen. Ich habe eure Liebe entstehen sehen und habe mich, ohne sie zu begünstigen, ihr nicht wider setzt. Bekannt mit Deiner Klugheit, habe ich erst sehen wollen, ob das Alter oder die Ver nunft euere Meinungen nicht ändern werde. Dar über bin ich jedoch durch Deine letzte Unterredung Mit Adolph anders belehrt worden."