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Allgemeiner Anzeiger : 28.12.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190412285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19041228
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19041228
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-12
- Tag 1904-12-28
-
Monat
1904-12
-
Jahr
1904
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 28.12.1904
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politische kunäschau. Der rusfisch-japanische ßkrieg. * Vor Port Arthur haben die Japaner weitere Fortschritte gemacht. Wie daS .Reutersche Bureau' am Donnerstab ans Tokio meldet, haben die Japaner wichnge Stellungen an der Taubenbucht genommen. * Chinesen berichten, die Russen hätten den 203 Meter-Berg zurückerobert. (Dem Gerüchte ist nicht der geringste Wert bei zulegen.) 'Aus Tschifu wird berichtet, daß ach russische Torpedoboots z er st örer aus Port Arthur entkommen seien. DaS russische Geschwader zählte bei Beginn des Krieges etwa 20 große Torpedoboote oder Tor pedobootszerstörer. Davon find viele im Laufe der Kämpfe oder durch Unfälle zugrunde ge gangen, andre in neutralen Häfen entwaffnet woroen. Wenn jetzt wirklich noch acht entkommen find, so ist das wohl der letzte Rest der Schiffe dieser Gattung, der noch bei Port Arthur vor handen war. * Hl Deutschland. *Zu den Handelsvertragsver handlungen mit Osterreich-Ungarn wird in Wiener maßgebenden Kreisen versichert, daß eigentlich nur noch die Viehseuchen-Bestimmunger in Frage stehen; in allen übrigen Punkten s« eine Einigung erzielt. Betreffs des Seuchen- übereiukommens müsse wohl noch vor Neujahr die Hauptschwierigkeit hinweggeräumt Wersen. Sollte dann noch die technische Ausarbeitung in den Januar hineinreichen, so würde der geltende Berirab Wöhl gekündigt werden, was aber nur eine rein formale Maßregel wäre. * Ein englisches Blatt verbreit^ die Meldung, daß der deutsche Botschafter in Washington, Speck von Sternburg, seinen Posten mit einer diplomatischen Vertretung in Europa vertauschen werde. Diese Nachricht entbehrt nach halbamtlicher Auslassung jeder Begründung. * Dem Reichstage zugsgangen find die übliche alljährliche Denkschrift über die Ent- Wicklung der deutschen Schutzgebiete und die Übersicht über die RechnungS- und Ge- schäftsergebniffe der Versicherungs-An stalten für daS Jahr 1903. 'über das deutsche Genossen schaftswesen im Jahre 1903 bringt daS ,Reichs-Arbeitsbk.' eine umfangreiche Zusammen stellung, die sich auf die Jahresberichte der größeren Verbände stützt. Wir heben daraus nur einige der wichtigsten Zahlen hervor: Die Gesamtzahl der deutschen Erwerbs- und Wirtschaft- gmofsenschaften ist von 22 512 auf 24 06t gestiegen, hat also um 1549 Genoffenschaften zugenommen, während fie im Jabre 1902 um 1885, 1901 um 1570 und 1900 um 1569 gewachsen war. Scheidet man die Genossenschasten nach dem Gegen stand ihres Unternehmens, so haben den weitaus größten Anteil an dex Gesamtzahl die Kreditgenossenschaften mit 14 280, demnächst die landwirtschaftlichenProduktiv genossen- schaften mit 33t0 , die K o n s u m Vereine mit 1994, die landwirtschaftlichen Rohstoffge nossenschaften mit 1837 usw. Auch an der Ge- samtzimahme des Berichtsjahres waren die Kredit genossenschaften am stärksten beteiligt, indem ihre Zahl um 875 Genossenschaften gewachsen ist. Kon sumvereine sind im Berichtsjahre 174 neu errichtet worden, während 31 sich auflösten. Baugenossen schaften. deren Zahl am 31. März d. 550 betrug, find im Berichtsjahre 66 neu entstanden, während 18 in Liquidation und 1 in Konkurs gerieten. Die Zahl der landwirtschaftlichen Produkt-vgenossenschaft- ten ist um 168 gestiegen; unter der Gesamtzahl (3130) befanden sich 2839 Molkereigenossenschaften. *Jm Monat November d. haben 2759 Schiffe (gegen 2748 im November 1903) mit einem Netiogehalt von 531200 Rsgistertons (1903: 513 251 Registertons) den Kaiser- Wilhelm-Kanal benutzt und, nach Abzug des auf die Kanalabgabe in Anrechnung zu bringenden Elblotsgeldes, an Gebühren 273675 Mark (1903: 255 923 Mk.) entrichtet. * Der Plan, Allen st ein zur Haupt stadt eines Regierungsbezirks zu machen, wird jchon seit Jahren erwogen. Diese Erwägungen scheinen jetzt der Verwirk ¬ lichung näher gekommen zu sein, da der ,Menst. Ztg/ mitgeteilt wird, daß bereits im nächsten preußischen Etat vom Landtags Mittel gefordert werden zu den erforderlichen Vorbe reitungen, um nach Allenstein den Sitz eines Regierungspräsidenten zu verlegen. * Oberst Leutwein hat sich auf dem Dampfer „Irma Woermann" eingeschifft, ist dann in Kamenm auf die „Lucie Moormann" umgestiegen und wird voraussichtlich am 30. De zember in Hamburg eintreffen. (Das ent spricht vollkommen den Ende November amtlich bekannt gegebenen Dispositionen.) * Der deutschfeindliche Ovambo-HLupt- ling Nechale hat zahlreiche Hereros bei sich ausgenommen. Diese Nachricht ist insofern von hoher Wichtigkeit, als fie beweist, daß der ge nannte mächtige und einflußreiche „Capitain" nicht aufgehört hat, die deutsche Macht zu mißachten und seiner feindlichen Haltung erneut Ausdruck zu geben. *Der Erfolg Deimlings bei Ri et- mond ist nach der Menge des erbeuteten Viehs zu bemessen und wenn die Wiibois 15 000 Stück Vieh zurückgelassen haben, so ist schon das ein Beweis dafür, daß sie aufs Haupt geschlagen worden find. Auch ist ihnen im benachbarten englischen Grenzgebiete nicht der „beste Empfang gesichert", da die englischen Behörden uns zugrfichert haben, alle über tretenden Eingeborenen zu ent waffnen. Im Süden der Kolonie find fie viel eher in der Lage, diese Zusage auch tat sächlich auszuführen, als im Norden. Die Hauptsache für die baldige Beendigung des Witboikrieges ist nicht, ob sie aus englisches Gebiet übertreten oder uns in die Hände fallen, sondern, daß fie verhindert werden, inS Gebirge zu entkommen, weil uns in diesem Falle ein ein- bis zweijähriger Guerillakrieg blühen würde. Österreich-Ungarn. * Die Bestrebungen der unter Führung des Grafen Julius Audrassy stehenden ungarischen Dissidenten, vielleicht im letzten Moment noch eine friedliche Ent wirrung der politischen Lage zu schaffen, find vollständig mißlungen. Die Opposition wollte eine Änderung der Hausordnung, die ohne Beschränkung der Redefrei heit die technische Obstruktion ausschließt, bei einer gleichzeitigen Reform des Wahlgesetzes ficherstellen, forderte jedoch in erster Reihe den Rückiritt deS Grafen Tisza und aller an der Gesetzesverletzung vom 18. November beteiligten Faktoren sowie natürlich die Un gültigkeitserklärung aller hierauf bezüglichen Beschlüsse. Graf Tisza lehnte jede Ver mittelung unter starrer Berufung auf daS Mehrheitsprinzip ab. «»gland. * Nachdem General Jan Hamilton, der den Krieg im fernen Osten beobachtet, sich außer ordentlich abfällig über den Zustand der englischen Armee ausgesprochen hat, werden die vertrauensseligen Engländer jetzt auch noch durch den General Sir Alfred Turner aus ihrem Vertrauen aufgerkitelt durch die in öffentlicher Rede ausgesprochene Behauptung, daß die englische Artillerie die schlechteste der Welt sei. General Turner versicherte, jede andre Artillerie Europas besitze bessere Geschütze als die englische. Spanien. *Eine Kommission des Dragonerregiments „Numancia" begibt sich nach Berlin, um sich beim Kaiser Wilhelm zu melden. An der Spitze des Regiments steht zurzeit ein geborener Deutscher, Brandeis, der sich in verschiedenen Kriegen auszeichnete. Ruhland. * Beim Zaren fanden wiederholt Minister beratungen über die S e m ft w o b e st r e b u n g e n tatt, die Anhänger der Alten scheinen endgültig Oberhand zu behalten, demr der Mmifterrat mchloß, die Russen durch einen kaiserlichen Ikas davon in Kenntnis zu setzen, daß Ruß- and nach dem alleinigen Prinzip derzarischen Selbstherrlichkeit regiert und jedes anderweitige Bestreben gewisser Klassen als Hochverrat aufgefaßt werden wird. Damit wäre allerdings die unzweideutigste Antwort auf die sich soeben entwickelnde Bewegung er folgt, vorausgesetzt, daß die Regierung stark genug ist, fie durchzuführen. *Der Präsident des Ministerkomitees, Witte, hat eine Denkschrift über die Bauernfrage veröffentlicht. Seine Vor schläge gehen dahin, die Bauern den andern Ständen politisch nnd zivilrechtlich möglichst gleichzustellen. Dabei wird jedoch vorgeschlagen, eine Reihe von besonderen, nur für die Bauern geltenden Nechtsbestimmungen, denen der Ver fasser der Denkschrift eine günstige Einwirkung auf die wirtschaftliche Lage des Bauernstandes beimißt, beizubehalten. * Rußland, das Riesenreich mit seinen 130 Missionen Bewohnern, hat inbezug auf die Volksbildung — nach offiziellen Angaben — noch Rückschritte zu verzeichnen! Aus dem vom russischen Ministerium für Volksauf- klärung gesammelten Material entnehmen wir, daß die Volksbildung in Rußland in den letzten sechs Jahren keinen Schritt nach vorwärts ge macht hat. Die Gesamtzahl der Schulen hat sich nicht nur einmal vermehrt, sondern sogar verringert, und zwar von 95,3 Tausend auf 84,5 Tausend. Zar Molaus am Tcheidewege. über die letzte Ministerratsfitzung unter dem persönlichen Vorsitz des Zaren will der Pariser ,Matin' die folgenden Mitteilungen machen rönnen, die, wenn zutreffend, in der Tat des höchsten Interesses wert wären: Zunächst habe der JustiMinistsr Murawiew ausgeführt, der Zar habe gar nicht das Recht, das Selbstherrschertum aufzugeben, er sei durch die bestehenden Gesetze ebenso gebunden wie jeder andre Russe. Fürst Swiatopolk-Mirski widerlegte diesen Sophismus und zeigte, daß die Abschaffung deS Jnlandpaffes, die Preß freiheit und die Zuziehung von Semstwo- Verketerw zum Reichsrat unerläßlich geworden seien. Finanzminister Kokowzow widersprach dem entschieden. Werden die Staatsausgaben der Volksüberwachung unterstellt, so bedeute dies die Einschränkung des Herrscherwillens und die Herrschaft der Demagogie. Der Präsi dent des Ministerkomitees von Witte lehnte jede Anschauungsaemeinschaft mit seinem Amts nachfolger ab. Der alle Hüter der Reaktion Pobedonoszew übertrug die Erörterung auf das mystische Gebiet. Der Zar sei zugleich Papst der rechtgläubigen Kirche, er habe sich nicht von politischen, sondern religiösen Er wägungen bestimmen zu lassen: Wenn er seine Selbstherrscherrechte anfgebe, enthaupte erdieKirche und schwäche den Glauben, die einzige Quelle der Sittlichkeit. Das Russenvolk würde in Barbarei und Sünde zurückfallen. Verzicht auf die Selbstherrschaft wäre Versündigung gegen das göttliche Gesetz. Ferner habe der Zar seine Rechte durch Gottes Gnade von seinen Vor fahren überkommen. Wie dürfte er das Ver brechen begehen, anszugeben, waS Gottes Gnade ihm verliehen? Und wie könnte er es vor seinen Nachkommen rechtfertigen, eine gött liche, also ewige Einrichtung vergänglicher Schwierigkeiten wegen aufgegeben zu haben? Der Kaiser hat die Pflicht, Sittlichkeit und Glauben zu verteidigen und sein göttliches Erbe seinen Nachkommen, von ruchlosen Be strebungen unvermindert, zu hinterlassen. Witte soll darauf sehr scharf erwidert haben, indem er erklärte, falls bekannt würde, daß die Ein führung von Reformen aus rechtlichen und religiösen Gründen für unmöglich erachtet werde, so würde wahrscheinlich ein Teil des Volkes in der Annahme, daß diese Reform nur auf gewaltsamem Wege erlangt werden könne, eine R.volution beginnen. „Sie fordern," so oll Witte ausgerusen haben, „förmlich die Revolution heraus." Der Zar soll sich weder ans die eine noch auf die andre Seite geschlagen, seine Ent- cheidung vielmehr bis auf weiteres in der Schwebe gelassen haben. Von und fern. Erklärung des Auwaltes der Gräfi» Montiguoso. Rechtsanwalt Dr. Felix Zehm«» Letpzig, der Rechtsbeistand der ehemalige« Kronprinzessin veröffentlicht folgende Erklärungt Die Prinzessin ist aus eigener Initiative vim Florenz abgereift und direkt hierher gefahren. Sie ist, ohne sich vorher anzumelden, hier an- gekommen und hat sich zu dieser Reife be stimmen lassen durch den Wunsch und di« Sehnsucht, ihre Kinder zu sehen. Die Gräfin hat die Abficht gehabt, nur einige Stunden in Dresden zu bleiben und, nachdem fie di« Kinder gesehen, wieder abzureisen. Sie hat, um nicht völlig allein und ratlos in Dresden zu sein, um die Begleitung ihres Rechtsan walts nachgesucht. Da ihr ein Wiedersehen mit den Kindern nicht möglich war, so ist fi« alsbald wieder von Dresden abgereist und kehrt« Freitag früh nach Florenz zurück. Ausbreitung des Fernsprechnetzes. Dis telephonische Verbindung Wien-Frankfurt a. M. wird voraussichtlich am 1. Januar 1908 eröffnet werden nnd zwar mit Zuhilfenahme der ihrer Vollendung nahen Leitung Wien-Inns bruck, an die sodann auch München und andre süddeutsche Städte angeschlossen werden sollen. Autnmobilrennen und Landwirtschaft. Die hessischen Bauern sind ungehalten darüber, daß das nächste Gordon-Bennet-Automobil- Rennen wieder im Taunus stattfinden soll. I« der Wiesbadener Landwirtschastskammer wurd« an den Vorsitzenden das Ersuchen gerichtet, er möge angesichts der Gerüchte über eine Wieder holung des Gordon-Bennet-Rennens im TaunuS im Interesse der Landwirtschaft, die vorigesmal durch die Absperrungsmaßregeln wochenlang sehr belästigt und geschädigt worden sei, sei« Augenmerk darauf richten, daß das Rennen cm derselben Stelle nicht wiederholt werde. Unschuldig verurteilt? Im Zuchthaus« zu Vechta fitzt ein wegen Sittlichkeitsver brechens zu 10 Jahr verurteilter Metallarbeiter auS Bant. Wie das ,Nordd. Volksbl/ erfährt, ist es nach vielen Bemühungen gelungen, daß Wiederaufnahmeverfahren durchzusetzen, um de« anscheinend unschuldig Verurteilten zu retten. Der Rechtsanwalt Kranstöver in Oldenburg hat die Verteidigung unentgeltlich übernommen. Für die Voruntersuchung ist es notwendig, einen Radfahrer ausfindig zu machen, der nm dem Verurteilten am Abend des 15. September 1908 in der Nähe von Abbehauseu zuiammen- gestoßen und dabei zu Falle gekommen ist. Aufopfernde Freundschaft zweier Hunde. Aus Freilassing bei Reichenhall wird der ,Augsbg. Abendztg/ berichtet: Der Bäcker Hormann in Piding hat zwei Hunde, die de« Transpott seiner Waren nach Reichenhall be werkstelligen. Vor ungefähr sechs Wochen wurden die Hunde eines Nachmittags frei fott» gelassen und man sah fie in der Richtung nach dem Walde am Johanneshügel laufen. Abends wurden fie erwartet, man ließ eigens das HauS offen, aber die Hunde kamen nicht und auch am nächsten Tage stellten fie sich nicht wieder ein. Man mußte sich dazu bequemen, den Brot wagen selbst zu ziehen. Mutags endlich machte man sich auf die Suche gegen den Johannes berg zu: am Waldsaum angelangt, vernahm man von weither Hundegebell und kurze Zeit darauf sprang einer der Hunde laut bellend und wedelnd den Suchenden entgegen und dann wieder zurück, um die Leute zum andern Hunde zu geleiten. Wo war dieser? Er hatte sich i« einer Rehschlinge gefangen. Sein Genosse hatt« bei ihm 24 Stunden ohne Futter und Wasser auSgehalten und gab durch heftiges Bellen von dem hilfsbedürftigen Zustande seines Kameraden Kund«. Selbstmord verübte Mittwoch früh ei« etwa 25 jähriger Mann, indem er sich hinter der Station Beelitz vor einen von Belzig kommenden Zug warf, der ihm den Kopf vom Rumpfe kennte. Nach seiner Fahrkarte dürft« er aus Zehlendorf bei Berlin stammen. Das Ende der Postkutsche. An Stell« der Postwagen in Bayern werden nun d«r Zeit entsprechend, und zwar zunächst in München, Automobile treten, wodurch man bedeutend« Ersparungen erhofft. A Onter äer j^aske. 5) Roman von Lady Georgina Robertson. «FoNlktzimg.i „Sieh' dich vor," bat Lady Marstone ihren Schwiegersohn. „Bedenke, welch' einen Schatz du im Arm hältst." „Ich lasse fie nicht fallen," erwiderte er, „fie ist leicht wie eine Feder, das arme Kmd." Ellen lächelte zufrieden, als fie sich von seinen Armen aufgehoben fühlte, fie faßte ihn fest um und legte den Kopf an seine Schulter mit der liebenden Hingebung eines Kindes. Es kam ihr nie in den Sinn, daß er fie weniger lieben könnte, als sie ihn. „Danke," sagte sie, als er sie auf das bereilstehende Sofa bettete. „Habe ich dich auch ermüdet?" „Wie solltest du," erwiderte er. Sie zog sein Gesicht zu sich und flüsterte: „Sage: Daß die Last so süß war." Er lachie etwas verlegen, ach, warum ver stand sie dies Lachen nicht l „Bitte, sage es!" beharrte fie. Er wiederholte die Worte, aber seine Stimme klang sremd und tonlos. „Nun bin ich zufrieden," bemerkte fie. „Aber wo ist Mathilde? Ich muß sie sehen, bitte klingle und laß fie herrufen." „Ich will es ihr selbst bestellen," ver setzte Lord Chesleigh; er wußte, wie schmerz lich es ihr fein würde, ihn allein mit Ellen zu finden. „Sie muß mich unten begrüßen," rief diese ihm nach, „es sehlt mir etwas, wenn ich fie nicht sehe." Mathilde erschien nach einer Weile und hieß ihre Coustne mit herzlichen Worten will kommen. „Artur hat mich heruntergetragen," sagte Ellen strahlend, „und er war so lieb und gut gegen mich." Mathilde wandte fich ab, um die aufsteigenden Tränen zu verbergen. „Du siehst blaß und angegriffen aus," fuhr Ellen fott, „du Haft dich gewiß in meiner Pflege überanstrengt und bist zu wenig hinaus ge kommen. Wie soll ich euch allen danken für eure Liebe und Sorget" Lord und Lady Marstone kamen mit Lord Chesleigh auch herein und letzterer hatte Ge legenheit zu sehen, wie beliebt Ellen im ganzen Hause war. Jeder vom Dienstpersonal bat um die Erlaubnis, die junge Herrin begrüßen zu dürfen und die Freude von jedem einzelnen war rührend anzuschen. Mathilde hatte fich mit einer Handarbeit ans Fenster gesetzt, fie vermied es, Lord Ches leigh anzusehen, von dem sie jeder Tag weiter zu trennen schien. „Du wirst dir deine Augen verderben, Mach lde", sagte Ellen, „ich bewundere deine Geduld zu einer so seinen Stickerei. Nimm ihr die Arbeit sort, Arthur, siehe doch, wie elend sie aussieht." „Es scheint ihr doch Freude zu machen", erwiderte Lord Chekleigh, der nicht recht wußte was er sagen sollte. „Mug denn jeder tun und haben, wozu er gerade Lust hat, einerlei, ob es gut ist oder nicht?" fragte (Nen schmollend. „Und das fragst du?" lachte Sir John, „du, die du in deinem ganzen Leben nur getan hast, wozu du Lust und Neigung hattest." Ellen lächelte und spielte mit ihren Ringen. Plötzlich hielt sie Lord Chesleigh ihre Hand hin. „Sieh'," sagte sie, „an der rechten Hand trage ich nur meinen Trauring; ich werde nie einen andern daneben stecken. Aber ich wollte dich schon immer fragen, warum er anders ist, als andre Trauringe, es ist kein schlichter goldener Reif " „Du ließest uns keine Zeit, einen Ring zu besorgen," erwiderte Sir John, „wir mußten den ersten besten nehmen, der einem Trau ring ähnlich sah. Ich glaube, Mathilde gab ihn mir." „Wirklich, Mathilde? Habe ich meinen Trauring von dir? Dann ist er mir doppelt lieb. Woher Haft du ihn?" „Er gehörte meiner Mutter," war die Antwort. „Es ist auch kein richtiger Trauring, sie bekam ihn als Andenken." Sie sah nicht auf, während fie sprach, aber Lord Chesleigh bemerkte, wie alle Farbe aus ihrem Gesichte wich; er mußte ihr ein Wort des Trostes sagen. „Du wirst Mathilde den Ring später wieder geben," sagte er, wohl wissend, daß diese ihn verstehen würde. Ellen sah ihn lächelnd an. „Nein," erwiderte fie, „das werde ich* nie tun, ich kann mich nicht von dem Ringe kennen, Mathilde muß mir die Liebe tun und ihn mir lassen. Aber wenn meine Finger nicht mehr so mager find, mußt du mir noch eine« richtigen Ring kaufen, wie Mama ihrer, und deinen Namen eingravieren lassen, nicht wahr, Artur?" Ec murmelte etwas, er wußte selbst nicht was, aber fie war zufrieden. Nach ewigen Minuten verließ Mathilde unter irgend einem Vorwand das Zimmer. Und als er sah, daß Ellen ihn so hingebend liebte, daß er ihr Sinnen und Denken so ganz aussüllte, fiel ihm doppelt schwer aus die Seele, daß er fich ihr gegenüber in einer ungewollten Stellung befand, die ihm Fesseln auferlegte, die nie zu brechen waren. * * * „Ich kann diesen Zustand nicht mehr er tragen, Mathilde," sagte Lord Chesleigh einig« Tage später, „ich muß abreisen." Es war ein schöner Sommerabend, Sir John saß in seinem Zimmer und las die Zeitung, Lady Marstone war bei ihrer Tochter. Lord Chesleigh hatte Mathilde gebeten, mit ihm durch den Park zu gehen und das ab lehnende Wort erstarb auf ihren Lippen, als fie in sein verzweifeltes Gesicht sah. „Du mußt mir Gelegenheit geben, mit dir zu sprechen," hatte er gesagt und ihre Hand leidenschaftlich ergriffen. „Ich verliere noch den Verstand in dieser schrecklichen Angelegenheit." Stumm waren fie nebeneinander herge schritten, bis Lord Chesleigh plötzlich daS Schweigen brach und ausries: „Ich kann es
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