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297, 22. Dezember 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatts, d. Drschn. Buchhandel. weitere 500 Gulden ausgezahlt werden. Kerner machte dabei die unangenehme Erfahrung, daß Wolfgang Menzel das Buch im Literaturblatt zum Morgenblatt, das doch Cotta gehörte, un günstig besprach. Das mag ihn wohl veranlaßt haben, später, seine »Geschichte zweier Somnambulen« dem Braunschen Verlag in Karlsruhe zu übergeben. Cotta machte übrigens noch öfter die Erfahrung, daß Menzel mit Autoren seines Verlages nicht sehr gnädig umging, und er mußte sich manche Beschwerde darüber gefallen lassen. Der Kriminalist Julius Eduard Hitzig, der Mit herausgeber des Neuen Pitaval, hatte seit 1808 ein Vcrlagsge- schäst in Berlin betrieben, aber er gab es 1814 aus, um wieder in den Justizdienst zu treten. Von seinem Verlag wollte er nur die von de la Motte-Fouquö herausgegebene Zeitschrift »Die Musen« weiter fortführen, und er bol Cotta den Vertrieb für Süddcutschland an. Die Zeitschrift stellte jedoch mit Ende des Jahres ihr Erscheinen ein. Durch Hitzigs Vermittlung kam delaMotte-Fouquä in geschäftliche Beziehungen zu Cotta, und dieser verlegte von ihm denn auch Romane und Heldenspiele, die heute längst un genießbar geworden sind, während aus den 5 Gedichtbänden sich wenigstens einiges in Anthologien erhalten hat. Er gehörte auch zu den Schriftstellern, die sich von ihrem Verlag Vorschüsse geben zu lassen Pflegen. Seinen »Don Carlos«, der übrigens mit dem Schillcrschen nicht konkurrieren sollte, lehnte Cotta ab, und er erschien erst zwei Jahre später bei Alberti in Danzig. Als de la Motte-Fouque als Dichter aus der Mode gekommen war, hatte er Mühe, seinen letzten Gedichtband noch bei Cotta an zubringen, und er bot ihm auch vergeblich weitere Werke an, obschon er die Festsetzung des Honorars ganz seinem Ermessen anheimstellen wollte. Nicht ohne eine gewisse Bitterkeit ver zichtete er denn auch auf weitere Verlagsanerbieten. Seine zweite Gemahlin, die ebenfalls schriststcllerte, hatte aber kurz vorher noch ein Merkchen bei Cotta angebracht. Friedrich Schlegel lieferte zahlreiche Korresponden zen für die »Allgemeine Zeitung«. Für die Ausgabe seiner ge sammelten Werke, die übrigens in Wien gedruckt, aber von Cotta verlegt wurden, erhielt er 5 Dukaten für den Bogen, doch hatte er 1818 von Cotta ein Darlehn von 2000 Rtlr. erhalten, das er nach und nach abtragen sollte. Schlegel erwies sich aber als unzuverlässig; er versprach immer mehr, als er halten konnte oder wollte, und so blieben schließlich seine Werke beim 10. Bande stecken. Cotta hatte auf den weiteren Verlag verzichtet. Auch mit Schelling erlebte er nicht lauter Freuden. Der Philosoph hatte ihm 1821 eine Schrift über Mythologie ange- boten, die 8 bis 10 Druckbogen umfassen sollte. Cotta nahm sie an und bewilligte Schelling auch, sie in einer ihm nahen Druckerei Herstellen zu lassen. Aber 1824 war das Werk noch nicht fertig. Aus 12 Vorlesungen waren 36 geworden, und Schelling konnte die Zahl der Bogen, die er vorher schon auf 24 erhöht hatte, noch gar nicht angeben. Beide Drucke kamen nicht zur Ausgabe, und die Vorlesungen erschienen erst 1856/57 erweitert und nmgearbei- tet in den -Sämtlichen Werken». Es ist denn auch begreiflich, daß Cotta seither anderen Plänen Schellings gegenüber sehr zurückhaltend war. Auch von dem überaus fruchtbaren Orientalisten I. v. Hammer-Purgstall nahm Cotta durchaus nicht alles an. Namentlich lehnte ec eine Übersetzung des arabischen Ritter romans Antar ab, obschon v. Hammer-Purgstall auf dessen Ver öffentlichung großen Wert gelegt hätte. Rückert kam durch Freihcrrn von Wangenheim mit Cotta in Verbindung, von dem er sich gleich einen Vorschuß von 300 Talern auf einen Band patriotischer Gedichte geben ließ. Die selbe Vermittelung führte zu einem Eintritt Rückerts in die Redaktion des »Morgenblattes- in Stuttgart (1816), aber dazu war der Dichter wenig geeignet. Er kam in Konflikt mit deni andern Redakteur Haug und trat freiwillig von seinem Posten zurück, den dann Therese Huber erhieu. Er blieb aber im übrigen in Beziehung zu Cotta, bei dem er stets erheblich im Vorschuß war. Das verhinderte ihn übrigens nicht, mit seinen »Östlichen Rosen« gelegentlich einen Seitensprung zu Brockhaus zu machen. Um nun »nicht bloß seine alte Schuld herabzuarbei ten, sondern womöglich auch noch etwas bar in die Hand zu erhalten — zur Bestreitung des zweiten Wochenbettes seiner Frau und zu Spielsachen für seinen Erstgeborenen», wollte er bei Cotta eine Auswahl seiner Gedichte herausgeben. Cotta war dazu bereit, aber ehe er das Manuskript des ersten Teils erhielt, bot Rückert ihm »Die Verwandlungen des Ebu Seid von Serug oder die Makamen des Hariri« an und verlangte dafür ein etwas höheres Honorar, als er bis dahin bekommen hatte (3 französische Louisdor für den Bogen). Cotta bot ihm nur 3 Karolinen für den Bogen an, und wenn er auch damit einverstanden war, so versuchte er doch Cotta zu bewegen, das Bändchen in kleinem Oktavformat und in etwas großer Schrift drucken zu lassen, wodurch es natürlich mehr Bogen ergab. Auch Uhland kam durch den Freiherrn von Wangenheim mit Cotta in Beziehung. Für einen Band seiner Gedichte ver langte er ein »Aversum von 400 Gulden»; Cotta war damit ein verstanden und druckte von der ersten Auflage 1000 Stück. Für die 2. Auflage der Gedichte in derselben Höhe erhielt Uhland 800 Gulden. Wenn man berücksichtigt, daß die 1. Auflage erst nach 5 Jahren vergriffen war, so ergibt das einen jährlichen Absatz von 200 Stück. Uhland hatte sein Trauerspiel »Ernst Herzog von Schwaben« bei Mohr L Winter in Heidelberg und sein Schauspiel -Ludwig der Baicr« bei Reimer in Berlin hcrausgegcben, und als Cotta ihm den Wunsch aussprach, bei künftigen Arbeiten möchte er seine Handlung nicht übergehen, antwortete Uhland ihm, es sei sein Grundsatz, sich jedesmal nur für den besonderen Fall ver bindlich zu machen, eine Freiheit, die ihm für den Schriftsteller wesentlich scheine. Anscheinend wollte Cotta ihn auch zu anderen Arbeiten heranziehen, denn er sandte ihm die Tragödie »I-«s vSxre» »IcilisiMs« von Casimir Delavigne, aber Uhland hatte weder zu einer Übersetzung noch zu einer Bearbeitung Lust. Da gegen stellte er im Verein mit Schwab die Gedichte Hölderlins zusammen. »Wenn der Sinn für eine großartige Poesie in Deutschland nicht erstorben ist, so muß diese Sammlung Aus sehen machen«. So schrieb Uhland, aber der äußere Erfolg dieser ersten Auflage (1826) war gering, denn erst 1843 konnte eine 2. Auslage ausgegeben und 1846 in den von Christoph Theodor Schwab besorgten Sämtlichen Werken Hölderlins eine erwei terte Sammlung der Gedichte veröffentlicht werden. Gustav Schwab arbeitete an den Cottaschen Journalen und Taschenbüchern mit und gab dem Buchverlag eine Auswahl der Gedichte Lamartines in metrischer Übersetzung, seine poetische Beschreibung »Der Bodensee« und seine Gedichte in zwei Bän den. Er spielte auch den Vermittler zwischen Cotta und Graf Platen, der Frau von Helwig, die Tegnsrs Frithiosssage über setzt hatte, den beiden Pfizer und anderen. Eigenartig war, daß sowohl Paul Pfizer als auch Gustav Pfizer für die durch Schwab angeborenen Werke kein Honorar, sondern nur 30 Freiexemplare beanspruchten. Cotta übernahm aber nur das Werk Paul Pfizers, das anonym unter dem Titel »Briefwechsel zweier Deut schen« erschien. Unter den Briefen Hauffs ist der schönste der, den der junge Dichter von Aachen aus schrieb, als er das schmeichelhafte Anerbieten Cottas erhalten hatte. Die Möglichkeit, England zu besuchen, war ihm sehr verlockend, aber er verzichtete darauf, weil er für eine solche Reise nicht genügend vorbereitet war. Er erklärte sich bereit, die Redaktion des Damenalmanachs zu übernehmen und dem Morgenblatt, das er zeitgemäß umzuge stalten vorschlug, Beiträge zu liefern. Als Honorar sollten den besseren Mitarbeitern des Almanachs mindestens 5 Louisdor (L 5 Rcichstalec) für den Bogen von 24 Seiten gewährt werden; Hauff waren von dem Taschenbuch »Rosen« 25 Rcichstalec sür 16 Seilen angeboten worden. Waiblingers Briese drehen sich ganz um die Er langung von Geldmitteln sür seine Reise nach Italien. An fänglich hatte Cotta ihm für eine zweijährige Ausbildungsreise 2000 Gulden zugesagt, aber Waiblinger verlangte eine schrift liche Zusicherung, eine »kontraktmäßige Versicherung» in einer Weise, die Cotta verletzte, sodaß dieser nun seine Zusage zurück zog. Waiblinger reiste trotzdem nach Italien, und zwar mit einem Zuschuß Cottas, der ihm auch später noch einzelne Sum- I47S