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499 Loo hier links etwas mehr hinter's Ohr, auch muß sie nachlässiger auf dem Dusen ruh'n. Die gute Louise heute die Runzeln und übrigen Schönhnltmäugel so viel als möglich den Blicken der Spötrer und Spötterinnen entziehen wollen, und, o Undankbar keit über Undankbarkeit! Rippenstöße, von säubern Ehrentiteln begleitet, waren der Lohn. — Dis Kammerjungfer, wie gesagt, das Beste ihrer Ge bieterin beabsichtigend, erdreistete sich, jedoch auf die fernste und dcmüthigste Welse, zu verstehen zu geben, daß eö der Madame so besser kleiden werde — allein das war Oel in das Feuer gegossen - wüthend, einer Furie gleich, sprang letztere aus und schrie, mir mehr als einem Dackenstreich Louisen beehrend: sie unverschämtes, nasenweises Dmg, Huer hat sie für ihre Impertinenz! Das wohlge- mästete Dologneftrparchen sprang weh! dazwischen und jammerte in Genusch von Heisern und schnei denden Tönen, daß einem die Ohren gellten, aber hier war kein Erbarmen, die noch dazu von einem Dienstboten angethane Beleidigung war zu groß, selbst die vierbeinigen Lieblinge ihres Marmorhcr- zens fühlten jetzt zum ersten Male die Hände und Füße ihrer Wohlthätecin auf eine ihnen noch neue und ziemlich unsanfte We se! Doch auch diese Hausfrau mehrte die Zahl klei ner Despoten, die den Kopf alneigen und dann wieder aufietzcn wollen, durch eine freundliche Miene oder kleine Spende es wieder gut und ver gessend zu machen vermeinen, wenn sie als Sklaven des schnödesten Stolzes, eines übertriebenen thöri» gen Eigensinnes, des Geizes oder Jähzorns, die ohnedem nicht zu beneidende Dienerschaft oft auf das grausamste gcmißhandelt haben- Wäre bei der gleichen, leider! gewöhnlichen, empörenden und entehrenden Auftritten nicht von ganzer Seele zu wünschen, -aß diese Haustyrannen auch einmal un ter dem Drucke einer ähnlichen Despotie seufzten, damit sie menschlicher würden — denen die Last des ohnedem verkümmerten mühseligen Lebens eber min derten, als mehrten, die, für einen geringen Lehn und oft bei noch dazu kaum hlnrelchender, schlech ter Kost —, ihnen ja doch alle Bequemlichkeiten verschaffen, durch nicht genug zu belohnende Dienste und selbst Aufopferungen entweder ihr irdisches Da- scyu verschönern, oder die Leiden zur Zelt der Noth und aus langwierigem Krankenlager bis an's Ende mildern, — Heil und Segen Denen, Die in ihren Unter gebenen dm Menschen, das Geschöpf eines asi- ltebcndcn Vaters, ehren! Louisen wurde nach wieder abgekühltem Blute, geklingelt; sie erschien mit verweinten Augen und bekam zürn Schmerzgeld ein Paar modische Ohrge hänge; Hatto die Spende in das fühlende Herz ihrer alternlLsen Zofe schauen können, sie würde dieses Geschenk mit einer kleinen Abb:!le begleitet haben; al!ein so mancher Reiche glaubt einmal, bei Armen oder Gebeugten, oder Menschen niederer Geburt höchstens durch Gold oder Goldeswetth al les vergüten, überhaupt die Flecken seines urnuora, tischen Charakters damit bedecken, oder wohl gar verwischen zu können. Nach dieser verdächtigen Aussöhnungs-Scene wurde das Gesicht durch Schminke und Schönheits pflästerchen geziert, jede Zahnlücke ersetzt und der Reiz der Taille durch mancherlei neu erfundene Kunstnüttel erhöht. — Louise, für heute gewitzigt, bediente jetzt ihre Herrschaft schweigend, und nach beinahe zweistündiger Toilette ging die verjüngte Gebieterin in das Gesellschasts, Zimmer, um auch hier ihr eiserues Scepter der übrigen Dienerschaft fühlen zu lassen — sie wischte überall mit selbst ei, gener Hand den nur in ihrer Einbildung noch vor handenen Staub weg, kein Stuhl und Blumentopf, keine Tasse, Vase und Figur, kurz nichts stand nach ihrem Kopfe aufseincm Platze, und unter an züglichen satyrischen Redensarten, unter Schclten und Keifen nahete die iangstersehnte Stunde der Sitzung, auf die sich so Manches in dem Orte und der Umgehend eben nicht zu freuen hatte, denn wer noch nicht (sich des gewöhnlichen Ausdrucks zu be-