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politische Kunctschau. Der russisch-japanische Krieg. * Während bisher in der Nordmandschurei „täglich die Entscheidungsschlacht bevorstand", ist daselbst jetzt verhältnismäßige Ruhe einge- treten. Die Russen wollen in der Man dschurei eine zweite Armee ausstellen. General Gripenberg ist zu ihrem Befehlshaber ernannt. * Vor Port Arthur machen die Japaner Fortschritte. Am Sonntag waren bereits drei bedeutendere und sechs weniger wichtige Forts der zweiten Linie in ihren Händen. Die Be schießung dauert Tag und Nacht fort. Im Fort Jtschwan fand ein heftiger Kampf Mann gegen Mann statt. Da die Japaner in der Überzahl waren, unterlagen die Russen, der Kampf hörte aber nicht eher auf, als bis sämt liche Verteidiger getötet oder verwundet waren. Militärische Sachverständige äußern ihre Ansicht dahin, daß, wenn die Japaner Erlungschan und Kikwanfchan odcr Jtschwan und Antschan nehmen sollten, die Lage von Port Arthur hoffnungslos sein würde. *Zu dem Eintreffen des Prinzen Karl Anton vonHohenzollern meldet der Londoner ,Standard' auS Tokio: Der Prinz wird einige Zeit als Gast des Kaisers im Palaste verweilen, bevor er sich zur Feldarmee begibt. Die führende Presse Tvbos betont bei Gelegenheit des Besuches die Freundschaft zwischen Japan und Deutschland; besonders enthusiastisch äußert sich das Blatt ,Kokumin', das bisher mißtrauisch gegen Deutschland war. Die Mehrzahl der Blätter beschränkt sich dar auf, die Ankunft des Prinzen in achtungs vollem Tone zu melden. * Vom baltischen Geschwader hört das ,Echo de Paris' wieder einmal, daß seine Abfahrt nach dem Osten nunmehr bestimmt zwischen dem 3. und 7. Oktober erfolgen werde. *Zum Kuegsühren gehört Geld, Geld und nochmals Geld, das müssen jetzt auch die Japaner erfahren. Die japanische Regierung erörterte dem Vernehmen nach in der Kavinetts- fitzung am Mittwoch die Frage der Beschaffung von Geldmitteln für das kommende Rechnungs jahr und beschloß, ein Salzmonopol und eine Seidensteuer einzuführen. * * Deutschland. * Aus Anlaß des 25 jährigen Bestehens des deutsch - österreichischen Bünd nisses sandten Kaiser Franz Joseph an Kaiser Wilhelm und der Minister des Äußern Graf Goluchowski an den Grafen Bülow Tele gramme, in denen in warmen Worten des Jubiläums gedacht wird. *Der Kaiser wird gelegentlich seiner diesjährigen Jagdausflüge auch dem Fürsten Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode einen mehrtägigen Besuch abstatten. Die Ankunft in Wernigerode ist, gutem Vernehmen nach, für die letzten Tage des Oktober in Aussicht genommen. » * Bayern und Sachsen haben ein Ab kommen über die gegenseitige Mitteilung von solchen Tatsachen getroffen, die für die Veran- anlagung der K a p i t a lre n t e n st e u e r von Wichtigkeit sind. *Der bisherige Graf-Regent von Lippe, der „Biesterfclder", ist am Montag ge storben. Um seinen Regentschastsantritt nach dem Tode des Fürsten Woldemar entspann sich be kanntlich ein heftiger Streit mit denLippe-Schaum- burgern, der durch Schiedsgerichtsspruch unter dem Könige Albert von Sachsen zugunsten des nun Verstorbenen entschieden wurde. Von dem Todesfälle nimmt der ,Neichsanz.' nur durch Abdruck der Nachricht, daß der Graf-Regent ge storben ist, Notiz. Die ,Nordd. Allg. Ztg.' be schränkt sich darauf, in 13 Zeilen mitzuteilen, wie der Graf-Regent mit Vornamen heißt, wann er geboren ist, wieviel Söhne er hinterläßt. * Die bayrische Negierung hat das Kauf angebot der Pfälzischen Bahnen ange nommen. '-Die militärische Lage in Deutsch- Süd w e ft - A f ri t« zeig! sich nach den meisten Meldungen des Oberkommandos nicht wesentlich verändert. Der tzauptteil des Gegners am Etseb, bei dem man Samuel Maharero und Tjetjo vermutet, scheint sich ein wenig nordöst lich geschoben zu haben, während unsre Truppen entsprechend vorgerückt sind. Da in den kleinen Gefechten wieder die Hereros starke Verluste, die Unsrigen aber keine gehabt haben, gewinnt die Vermutung immer mehr an Wahrscheinlich keit, daß die Munition des Feindes verbraucht ist. Zu einem entscheidenden Vorgehen am Eiseb scheint aber die Zeit noch nicht gekommen zu sein. Offenbar ist die ungeheure Erschwerung des Nachschubs schuld daran. Graf Ernst zur Llppe-Btestrrfeld j-. Der Regent des Fürstentums Lippe, Graf Ernst zur Lippe-Biestcrfkld, ist am Montag gestorben. In den letzten Tagen war bei dem Regenten als Folge einer Erkältung ein starker Kräsleversall eingetreten, der das Schlimmste erwarten !tcß. Diese Befürch tungen sind nun schneller, als man angenommen hatte, zur Tatsache geworden. Graf Ernst war am ,9.Juni in Oberkassel bei Bonn als Sohn des Grafen 'Julins und dessen Gemahlin Adelheid, einer geborenen Gräfin zu Eastell-Cast'ell geboren; er stand daher im 63. Lebensjahre. Graf Ernst hinterläßt drei Söhne und drei Töchter, von denen der älteste, Graf Leo pold, der Nachfolger des Verewigten werden wird. Graf Leopold steht als Oberleutnant L la suito der preußischen Armee. Der Verstorbene übernahm im Jahre 1895 beim Tode des Fürsten Woldemar von Lippe für dessen geisteskranken Bruder die Regent schaft und hat öfter von sich reden gemacht. Graf Leopold zur Ltppe-Btesterfeld. Hang damit wird auch ein Ausbau der Lüderitz bucht als Landungshafen angekündigt. — Im Reichstag werden diese Ankündigungen einer näheren Erörterung unterzogen werden. Frankreich. *Der Zusammentritt der Kammer wird in parlamentarischen Kreisen bereits eifrig be sprochen. Man sieht einer sehr ernsten Tagung entgegen. Man glaubt, daß Ministerpräsident Combes bei der Budgetberatung die Bei behaltung des Kultusbudgets Vor schlägen wird für so lange, als die Trennung von Kirche und Staat nicht vollzogen ist. Italien. * Der Papst hat anläßlich des inter nationale« Kongresses der Freidenker in Rom an den Kardinal Respighi ein Schreiben gerichtet, in dem er die Freidenker- Versammlung als eine Gotteslästerung bezeichnet. Die Vereinigung der Mächte der Hölle in dem Kongreß der Freidenker trage den Charakter einer Beschimpfung und Herausforde rung und nehme Rom den Namen des ruhigen und geachteten Sitzes des Statthalters Christi. „Wir betrachten," sagt der Papst in dem Schreiben, „die Beleidigung gegen Gott als eine Beleidigung gegen uns und find darüber tief bekümmert." Zum Schluß beauftragt der Papst den Kardinal, in allen Kirchen Roms Sühnegebete abhalten zu lassen. Dänemark. *Die Verhandlungen zwischen der Regie rung und der Großen Nordischen Telegraphen- gesellschast über Legung des Isländischen Kabels find zum Abschluß gelangt. Danach übernimmt die Gesellschaft die Anlage und den Betrieb des Kabels auf den Shetlands- Inseln, den Faroer-Inseln und Island gegen einen jährlichen Zuschuß von 54 000 Kronen von Dänemark und 35 005 Kronen von Island. Die Eröffnung soll spätestens am 1. Oktober 1906 erfolgen. Schweden-Norwegen. * Der norwegische Landwirt- s chaftsminister Matthiesen, der vor einigen Tagen den Direktor der landwirtschaft lichen Hochschule Hirsch veranlaßte, seinen Ab schied zu nehmen wegen eines Gerüchtes, daß dieser einen nicht völlig sittlichen Lebenswandel gesührt habe, hat sein Entlassungsgesuch eingereicht. Die Art und Weise, in der die Sache in der öffentlichen Diskussion behandelt wird, erschwert seiner Meinung nach die Lösung der ihm auferlegten wichtigen Aufgaben und mehrt das schon hervorgerufene Ärgernis. Amerika. * Präsident Roosevelt will die von ihm geplante Friedenskonferenz frühzeitig im Jahre 1905 einberufen. * Zur«L age inUruguay wird gemeldet, zwischen den Aufständischen und den Regierungs- truppen sei ein vorläufiger Friedens- Vertrag unterzeichnet worden. Das hat aber anscheinend nicht zum Ziele geführt, denn nach einem gleichzeitig in New Jork eingetroffenen Telegramm aus Buenos Aires verwarf die Regierung einen Teil der für die Friedens bedingungen gemachten Vorschläge der Auf ständischen. Die Regierungstruppen hätten die Aufständischen umzingelt, welche mit Munoz und andern Führern mit knapper Not entkommen wären. Die Aufständischen pro testierten dagegen, daß die Regierung den Waffenstillstand gebrochen habe, während die Friedensverhandlungen noch im Gange waren. *Jn der ,Dtsch. Tagesztg.' weiden neue Eisenbahnbauten in D euts ch - Süd - westafrika angekündigt. Außer det Otavi- bahn, die von Swakopmund nach den Otavi- minen geführt werden soll, werde eine unmittel bare Verbindung der Bahn Swakopmund- Windhoek von Karibik aus mit der neuen Otavilinie hergestellt werden. Ferner aber sollen nach dem Eintreffen des technischen Personals im Schutzgebiet auch Vorarbeiten für einen Bahnbau nach dem Süden von Vie UppifckeHkronfolgefcLge. Der am Montag verstorbene Regent des Fürstentums Lippe, Graf Ernst zur Lippc- Biesterseld, erhob bekanntlich nach dem Tode des Fürsten Woldemar zur Lippe (gestorben 20. März 1895) als nächster Agnat An spruch ans das Recht, an Stelle des geistes kranken Fürsten Alexander die Regentschaft zu führen, mußte aber zunächst gegen den von Woldemar zum Regenten ernannten Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe,' Schwager Kaiser Wilhelms 1l,, .MflckW bis er durch den einstimmigen Spruch des unter Vorsitz bei Königs Albert von Sachsen tagenden Dresdener Schiedsgerichtes vom 22. Juni 1897 als M Regierungsnachfolge berechtigt und berufen anerkannt wurde, worauf er alsbald die Regent schaft übernahm. In dem Streit über die Thronfolgeberechtigung seiner Söhne hat der Bundesrat sich für zuständig erklärt, die Ent' scheidung aber bis zum Akutwerden der Frage offen gelassen. Die Erbberechtigung der Söhne des Graf-Regenten Ernst hat der Fürst zu Schaumburg-Lippe wegen angeblicher Uneben- bürtigkeit angefochten, weil die Gemahlin des Graf-Regenten, geborene Reichsgräfin Karoline von Wartensleben eine bürgerliche Mutter (Mathilde Halbach-Bohlen) gehabt hat. Es sei hierzu bemerkt, daß die am 16. Sep tember 1869 in Neudorf bei Bentschen (Prov. Posen) geschlossene Ehe des Grafen Ernst mit der Gräfin Wartensleben seinerzeit vom da maligen Chef des lippischen Hauses, dem Fürsten Leopold, ausdrücklich genehmigt worden ist. Das Ableben des Graf-Regenten Ernst rollt die ganze lippische Thronsolgesrage wieder auf. Von unä fern. Tausend auS Rutzland kommende I«' paner werden Berlin in den ersten Tagen des kommenden Monats passieren, um über Bremer haven in die Heimat zurückzukehren. Bereits im Sommer, wenige Monate nach Ausbruch des Krieges, hat Berlin eine Schar von Japanern passiert, die im russischen Reiche anfäsfig ge wesen waren, denen aber der Ausbruch der Feindseligkeiten ihre wirtschaftliche Existenz ge« nommen hatte. Der jetzt erwartete große Zug der Flüchtlinge sammelt sich bereits seit einiger Zeit in Perm, an der sibirisch-europäisch^ Grenze. Dort befindet sich seit dem 8. d. ein Mitglied der amerikanischen Botschaft in Peters' bürg, um sie bis zu unsrer Grenze zu begleiten, wo sie ein in Berlin gebildetes Komitee empfangen und bis nach Bremen bringen wird. Die Elbequelle versiegt! Aus dem Riesengebirge wrrd berichtet, daß am 20. d- die Elbequelle plötzlich versiegt ist. In der die Quelle umfassenden Steinumrahmung ist kein Tropfen Wassers mehr vorhanden, ein Fall, dessen sich niemand entsinnen kann. Der iN Gebirge eingetretene Frost hat die Wassersnot noch gesteigert. Ein Lehrerausflug. Dreihundert Lehret und Lehrerinnen aus der Provinz Posen traten von Stettin aus auf dem von der Hamburg' Amerika-Linie zur Verfügung gestellten Der» gnügungsdampfer „Meteor" eine Reise na« Dänemark, Schweden und Norwegen an. . Bon einem Wilderer erschösse«. 3N Blumberg wurde der Förster Strempel von einem Wilderer, den er beim Ausweiden eine» Rehes betraf, erschossen. Von dem Mörder fehlt jede Spur. Explosion 1« einem Pfarrhause. J" evangelischen Pastoratsgebäude in Rheydt el' folgte eine Gasexplosion, bei der der Pastor, feine Frau und zwei Kinder, sowie zwei Dienst' mädchen derart schwere Brandwunden davon' trugen, daß die Überführung sämtlicher V"' wundeter in das städtische Krankenhaus un geordnet werden mußte. Die Explosion war so heftig, daß die benachbarten Wohnungen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Aus dem Gefängnis in das Irren haus. Der schon betagte Schutzmann Schnitzler aus Köln a. Rh., der in dem Fluchtbegünstigungs' Prozesse gegen den Kaufmann und Stadt verordneten Bauer als Mitangeklagter zu einem Jahre Gesängnis verurteilt wurde, ist dieser Tage wegen Geistesgestörtheit aus der Straf anstalt zu Siegburg nach der Irrenanstalt Lindenburg gebracht worden, Brandstiftung. In der ungarischen Ab teilung der Düsseldorfer Ausstellung brach letzter Tage abends 9 Uhr Feuer aus, das Zeichnungen/ Skizzen und Dekorationen vernichtete. Nach einer halben Stunde war das Feuer gelöscht Die Feuerwehr entdeckte in der Außenwand ein Loch, durch das Benzin und Erdöl gegossen worden war. O 6in familien-Geheimnis. 12) Kriminalroman von Eberhard Woldenberg. Auch Willi nahm mechanisch eines der kleinen viereckigen Papiere entgegen und warf einen gleichgültigen Blick darauf. „Grand Lass Jockei. Damenbedienung. Musikalische Unterhaltung," laS er und ein Gedanke durch zuckte ihn. Das war ja eines jener Lokale, welche Bruno Wechsler mit seinem Besuch zu beehren pflegte, sollte eS nicht möglich sein, daß ec ihn gerade heute dort müraf? Ohne lange zu überlegen, lenkte er seine Schritte nach der benachbarten Kronenstraße, wo daS Cafö sich befand. Die Parterreräume durchschritt er ohne Erfolg und stieg nun zu den in der Beletage gelegenen Sälen hinauf. Eine heiße Luft schlug ihm entgegen, als er die Schwelle überschritt, trotz der halb ge öffneten Fenster herrschte drückende Schwüle in dem Raume und unter der niedrigen Decke wogte eine dichte Tabakswolke. Aus einem Nebensaale erklangen die Töne eines Straußschen Walzers von einem verstimmten Piano, da zwischen wurde gesungen und gelacht und aus einem zweiten Saale kündete lautes Simmengewirr die Anwesenheit einer größeren Gesellschaft an. Willi ließ seine Augen suchend umher schweisen und warf auch einen Blick in das Musikzimmer, ohne von Bruno eine Spur zu entdecken. Darauf setzte er sich neben dem Eingang zu dem zweiten Nebenraume an einen noch leeren Tisch und beobachtete die an kommenden Gäste. Sonderbar, daß ihn der Gedanke, Bruno hier zu finden nicht mehr los ließ und fast zur Überzeugung wurde, ohne daß er die geringste Gewähr für eine solche Annahme gehabt hätte. Längere Zeit saß er sinnend auf seinem Platz, dann lenkte der immer stärker werdende Lärm aus dem Neben zimmer seine Aufmerksamkeit auf sich; der heisere Gesang des Oanäsamas und takt mäßiges Gläserklingen zeigten an, daß eine Gesellschaft Studenten dort ihr Gelage feierte. Der Lauschende glaubte plötzlich eine bekannte Simme herauszuhören, in fieberhafter Erregung suhr er von feinem Stuhl auf und trat an die Portiere heran, die den Eingang zu dem Nebenraum halb verdeckte. Er hatte sich nicht getäuscht, der Sprecher war Bruno. Blaß, an allen Gliedern bebend, betrachtete Willi das seltsame Bild vor ihm. Um einen langen Tisch gruppiert saßen etwa ein Dutzend Studenten, die gefüllten Biergläser vor sich, und am oberen Ende Bruno, der sich in diesem Augenblick erhoben hatte und das Glas schwingend auf seine Kommilitonen einzusprechen schien. Es währte lange, ehe er sich Gehör verschaffte, endlich trat Stille ein, als ein neben ihm fitzender Student mit gewaltiger Baß stimme rief: „Ruhe! Bruno wird uns jetzt den Schluß seines Abenteuers zum besten geben!" „Ja, ja!" ertönte eS im Chor, „los, Bruno, erzählen!" „Du hast also eine Einladung von ihr be kommen?" fragte die Baßstimme. „Jawohl, ich werde den Brief vorlesen," antwortete Bruno. I „Das ist doch merkwürdig," ließ sich ein Student am untern Ende des Tisches ver nehmen, „wie schnell sich das Blatt zu deinen Gunsten gewendet hat." „Wie hast du das nur angefangen," fiel ein andrer ein, „vor ein paar Tagen spielst du noch Feuer und Flammen auf einen Referendar, der dir das Mädchen streitig machte, und nun —" „Pah! Bruno ist eben unwiderstehlich," lachte ein Dritter, „ein Cäsar, von dem es heißt: er kam, sah, siegte!" Ein lautes Gelächter belohnte den Spötter. „Aber ihr laßt mich ja nicht zu Worte kommen!" rief Bruno. „Ich will euch er klären, wie das geschehen ist." „Lies den Brief!" „Sogleich, nur ein paar Worte will ich vorausschicken. Also ich begab mich heute nach ihrer Wohnung, um Elkundigung einzuziehen, wurde höchst liebenswürdig von einem prächtigen Onkel empfangen und erhielt zum Schluß diese schriftliche Einladung des FräuleinS —" „Den Namen!" riefen ein halbes Dutzend Stimmen, „sage MS, wie die Dame heißt." „Nein," wehrte Bruno ab, „den Namen nenne ich euch nicht; später sollt ihr ihn er fahren." „Ausflüchte," entgegnete die Baßstimme, „das Mädchen führt dich am Narrenseil." „Oho, waS gilt die Wette? Ich will morgen einen Beweis bringen, daß ich die Gunst der Dame besitze." Der Lärm nahm überhand, alles schrie und lachte durcheinander. Willi hielt nur noch müh ¬ sam an sich. Kein Wort von dem Gespräch war ihm entgangen, mit geballten Fäusten und funkelnden Augen stand er hinter der Portiere, jede Miene, jedes Wort Brunos fast ver schlingend. Wie ein zum Sprunge auf sein Opfer bereiter Tiger wartete er nur auf den Moment, wo Bruno den Brief Hervorziehen würde, um sich dann auf ihn zu stürzen. „Hier ist die Einladung," fuhr dieser jetzt fort, das Schreiben Hedwigs in die Höhe haltend, „also aufgemerkt!" Tiefe Stille trat ein, als Bruno den Brief auseinanderfaltete und sich zum Vorlesen am schickte. Noch ehe er beginnen konnte, entstand eine plötzliche Bewegung unter den Studenten, und wie er befremdet aufblickte, sah er WM Hartung bleich, mit verzerrten Zügen vor M stehen. Ehe sich Bruno von seinem Schrecken ei' holte, entriß ihm der Referendar den Brief m» den Worten: „Her mit diesem Schreiben, das Sie sich widerrechtlich angeeignet haben! Und nun/ fuhr er drohend fort, den Arm Bruno» mit eisernem Griff umspannend, „nehmen Sie augenblicklich die beleidigenden Äußerungen gegen die Dame zurück und geben Sie da» Versprechen, dieselbe niemals wieder belästigen zu wollen!" Die Studenten sprangen sämtlich, entrüstet über diesen Überfall, von ihren Stühlen am, aber die entschlossene Haltung des Eindringling» imponierte derart, daß keiner sich einzumischen wagte, sondern alle in gespannter Erwartung dem weiteren Verlauf des Streites entgegen' sahen. -