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„Oho, mein Freund!" Sonjas Stimme war etwas lauter geworden und sie sah Wladimir beinahe zornig an. „Es ist doch noch sehr fraglich, ob Madame Dich ihrer Freundschaft würdigen möchte, wenn Du Dich darum bemühtest. Du List ja ein ganz entsetzlicher Pedant und hast mit Deinen dreißig Jahren bereits mehr Schrullen als ein Greis." — „Es kommt auf einen Versuch an," meinte Leczinski hartnäckig. Er blickte dabei nach Madame hinüber und bemerkte, daß sie die kristallhellen Augen auf ihn gerichtet hatte. „Ob sie etwas von mei nem mit Sonja geführten Gespräch gehört hat?" fragte er sich. „Wohl kaum! Lutowojski redet ja beständig auf sie ein!" Er bohrte seinen Blick förmlich in den der gro ßen Kinderaugen, aber diese hielten ihm tapfer stand. Verwundert, ja, beinahe neugierig schauten sie zu ihm herüber, gleich sam, als ob sie fragen wollten: „Was bist Du denn für ein sonderbarer Vogel. Solch einen bissi gen habe ich ja mein Leb tag noch nicht zu Gesicht bekommeu!" „Sie sprechen nur- französisch, Madame?" fragte Leczinski plötzlich, nur um etwas zu sagen. „Ich? O nein!" ant wortete Madame gedehnt, als ob sie sich erst darauf besinnen müsse, - und um ihren lächelirden Mund zuckte es leise. „Die polnische Sprache ist Ihnen wohl nicht ge läufig?" „Geläufig?" Sie schütz teile das goldblonde Köpfchen. „Aber nrit Ona habe ich mich doch ganz gut verständigen können." „So? Waren Sic denn früher schon einmal in Polen?" Sie hob die feinen Achseln. »Ja, — und anch nein! Als mein Gatte, Baron de Verneuil, noch lebte, haben wir auf einer grö ßeren Reise auch Polen berührt, aber nur berührt Wir durchflogen sozu sagen das Land. Ja, da? taten wir." „Und wohin führte Sic damals Ihre Reise, wenn ich fragen darf?" Madame lächelte und sah ein wenig verwundert drein. „Nach Rußland! Wo hin denn sonst?" fragte sie nach sekundenlangem Schweigen. „Weit nach dem Süden hinunter, nach der Krim. Mem Gatte war leidend, — brustleidend, und die Aerzte hatten ihm den Aufenthalt in der Krim verordnet." — „Ach!" machte Leczinski bedauernd. „Und hat der Aufenthalt dort unten Ihren: Gatten etwas ge nützt?" mischte Lutowojski sich in das Gespräch. Madame stieß einen Seufzer aus, schlug die Augen nieder und schüttelte den Kopf. „Er starb bald darauf, nachdem wir wieder nach Frankreich zurückgekehrt waren. Ich lebte beinahe zwei Jahre an seiner Seite und Lin seit vier Jahren Witwe," fügte sie leiser hinzu. — „Sic haben sich immer in Ihrer Heimat aufgehalten?" nahm Leczinski nach kurzer Pause das Gespräch wieder auf. Die schwarzen Brauen Madames, die so wundersam abstachen von ihren Hellen Augen und ihrem Goldhaar, zogen sich kaum merk lich zusammen. „Nein!" sagte sie zögernd. „Wir mußten ja meines Gatten wegen viel reisen. Ich sagte bereits,-daß er brust- > leidend war. Wir hielten uns deshalb meist in Italien auf; auch waren wir in Aegypten und wei ter, — o, noch viel, viel weiter!" Sie lächelte, wie in Gedanken verloren, vor sich hin. „Ach, ich wünschte, ich könnte auch reisen!" rief Sonja. „Aber Papascha ist ja seit Maminkas Tode nicht aus seinen vier Wän den zu bekommen!" „Meine Gattin ist erst vor drei Jahren gestor ben," schaltete Lutowojski ein, „und in demselben Jahre raffte eine tückische Krankheit auch meine beiden ältesten Kinder dahin. Da kann einem schon die Lust am Reisen vergehen, denke ich." „O, gewiß, gewiß! Ach, Sie Armer!" flüsterte Madame mit ihrer Silberstimme und sah den Greis, der sich noch so stattlich trug und dessen Augen noch so warm blicken konnten, mit dem Ausdruck . auf richtigen Bedauerns an. „Ach, es muß herrlich sein, mit Ihnen in die weite Welt hineinzu reisen!" wandte Sonja sich abermals an die Französin. „Sie haben so viele fremde Länder und Leute gesehen! Sie sind es gewöhnt, scharf zu beobachten, und würden mich gewiß 'auf alle Schönheiten aufmerksam machen, die meinem un geübten Augen zu ent- gehen drohten! O, helfen Sie mir, Papasche zu bit ten, daß er mit uns bei den irgendwohin fährt, — nach Italien, nach Frank reich, — gleichviel, wohin, wenn es nur ein hübsches Fleckchen Erde ist. Kön nen Sie sich vorstellen," fuhr sie eifrig und ernst haft fort, „daß ich noch niemals die See gesehen habe? Die größten Ge wässer, welche ich bisher zu Gesicht bekommen habe, sind unser Teich im "Park und das schmale Flüßchen, das sich durch unsere Wiesen windet und auf welchem ich Walnußschalen, Papier schiffchen und mit Blumen geschmückte Klettenblätter treiben lasse. Ach, es ist ein Jammer!" Sie drückte die Hände ineinander und sah Madame bittend und verzweifelt an. Und Madame fing den Blick auf und richtete dann die Hellen, großen Kinderaugen auf Lutowojski. (Fortsetzung folgt.) Das klebungsb»kf»n einer engiitcl en Oaucberscbule. Jedes Schiff der englischen Kriegsmarine hat unter seiner Bemannung eine Taucher- sektion von Leuten, die in allen unter Wasser mit Hilfe der Taucherapparate aus- zuführenden Arbeiten ausgebildet sind. Der von den Aerzten für tauglich erklärte Mann wird einer der drei Marinc-Taucherschulen zugeteilt, die sich in Portsmouth, Devonshire und Chatam befinden; die bei weitem größte und bedeutendste davon ist die in PortSmouth, wo auch unser Bild ausgenommen worden ist. Der erste Teil der Ausbildung erfolgt nicht in offener See, sondern in einem am Ufer auf gestellten runden Uebungsbassin aus Stahlblech. Dieses ist ringsum mit wasserdicht verglasten Fensteröffnungen versehen, durch die der Lehrmeister die Bewegungen seiner Schüler verfolgen und leiten kann. Oben zieht sich um den Raud des Bassins eine schmale Galerie, von der aus der Abstieg der Taucher statlftndct. Die Taucher tragen den bekannten Skaphander-Apparat, bestehend aus einem wasserdichten Anzug, Bleischuheu und einem Helm mit Augengläsern, der durch einen Schlauch mit einer fortwährend frische Luft zuführenden Druckpumpe in Verbindung steht. Oben auf der Galerie des Uebungsbassins erteilt der Instruktor dem Schüler die letzte:: Anweisungen mittels des telephonischen Apparats. Dann steigt der Zögling auf der Leiter langsam unter Wasser und führt hierauf auf den: Boden des Bassins die ihn: ausgetragenen Arbeiten aus. Der Lehrer beobachtet ihn dabei fortwährend durch die Fenster, verbessert, belehrt ihn durchs Telephon und prägt ihn: die gebräuchlichsten Signale ein. Die Bewegungen auf den: Grunde fallen dem Neuling zuerst sehr schwer (seine Schuhe wiegen 40 Pfund und der ganze Taucheranzng 160 Pfund), allein in kurzer Zeit gewöhnt er sich daran. Der erste Kursus dauert sechs Wochen; wenn dieser zur Zufriedenheit des Lehrers überstanden ist, dann kommt der Schüler in die zweite Klasse, um im Tauchen im offenen Meere und in: Ausfuhren der Arbeiten unter Wasser, wie sie im wirklichen Marinedienst Vorkommen, geübt und ausgebildet zu werden. Natürlich ist aber die Arbeit im offenen Meere erheblich schwieriger als die in dem geschlossenen Bassin, schon deswegen, weil dort Strömungen und die Ein wirkungen von Ebbe und Flut sich geltend machen. 40*