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459 Ehre Aufmerksamkeit schenken» Was vermögen nicht reiflich durchdachte Handlungen, welchem glückli chen Ausgange sieht man entgegen; wie oft wird nicht eigner und anderer Nacktheit verhütet, auch )ede verwickelte Lage durch eine kluge Vorsicht ver- bessert, ja, welches das Vorzüglichste ist, unser Gewissen vor allen Vorwürfen und inneren Unru hen gesichert. Wie schätzbar muß daher jedem obi ger Satz bleiben und wie sehr ist er nicht jedem an« zuempfehlen, leider wird er jedoch von den meisten, hauptsächlich in gegenwärtigen Zeiten, vernachläs sigt, so wenig beachte: und offenbar dawider gehan delt; läßt sich daher etwas anders erwarten, als Last hier und da so ausfallende zweckwidrige Hand lungen bemerkt werden, welche die traurigsten Fol gen haben l Darf es noch sonderbar scheinen, wenn Handlungen ihren Zwecken nicht entsprechen und eher deren Behinderung, als Beförderung bewir ken! Läßt es sich unter solchen Umständen nicht voraussetzen, Last Gewissensbisse erfolgen müssen und sie in nnstUche Lager: und Verhältnisse versetzt werden? wird dabei eigenes ur,H anderer Wohl be stehen können, wird cs nicht vielmehr hindern und alle gute Entzwccke vereiteln? Wie nöthig ist cs daher , sich immer wetsltch und vorsichtig zu betra- gen, bet jedem Unternehmen wohl zu überlegen, welchen Ausgang kann deine Handlung nehmen? welchen kann sie wahrscheinlich gewinnen ? und im mer dem Grundsätze treu zu bleiben: (^rncl^rnä , ^rucicriter 3A6, er iinenn D.ie Zunge und die Feder. Wenn ähnlich, wie in der bekannten Fabel vom Magen, Gericht über die Sünden der Glieder des menschlichen Lebens geha^ werden sollte; so dürste sich die Zunge schwerlich von der Anklage retten, das meiste und größte Unheil in dec Welt angcric! - tet zu haben. Sie ist nicht nur das Haupnverk- zeug der Uebereilung, sondern auf ihr siwst thront die Uebereilung in der Regel in Permanenz, durch dle Leichtigkeit, mit der sie Worte bildet, verführt sie Sprecher und Hörer, disse Worte nickt nur für Begriffe lind Gedanken, sondern für sehn richtige Begriffe und Gedanken zu hatten. Ja jeder halt die setnigen für die allein richtig n. In der Re gel aber ist jede Eonversation, sobald sie über die Gränzen des eben nrcht großen und bedeutenden Gebiets des allgemein Ausgemachten und Angenom menen hinausgeht (und das ist der Kail, je mehr sich die Menschen dünken zu seyn und zu wissen ) ein seltsames Gewäsch und Geräusch von falscher, verfälschter und achter Scheidemünze, wobei Jeder die letztere zu haben glaubt, die Meisten die erster» beiden ausgeben,, und wohin sich selten ein Silber- Spccies oder ein Gockstück verirrt. Nickt, daß es an Kennern fehlte, welche sehr gut hier zu unter scheiden und den achten Werth zu schätzen wußten; aber man nimmt sich dazu nicht die Zeit, nicht die Mühe. Der Fluß oder Strom der Rede — das ist dre Hauptsache, nicht was fließt, nicht welcher blendende Schaum oben auf schwimmt, nickt wel che köstliche Wahrheiten in sickern Momente gleich gültig und unbarmherzig ersäuft werden. Dennoch- blecken die Eindrücke und der Glaube, die Mei nung oft so, als wäre reine, ächte, streng geprüfte Wahrheit g sprechen worden; und so hält man das nnbefl ckte Gewand, was f cmder Jirthum, Leicht sinn oder Haß nur mir der Zunge bespritzen, für wirklich beschmuzt. Man prägt hiernach unbed.nkllch den mrraUscheu Werth eines Dritten aus, ji schlagt ihn geradezu todt — ohne ihn nur zu kennen. Keine Presse kann so dle Meinungen vergiften, als dle Zunge. Desgleichen hat auch die Feder vt.l Böses, beson ders viel laugweii-ges auf dcm Gewissen; aber den Prozeß gegen die Zunge würde sie gewinnen, schon deswegen, weil sie sehr lercht von einer Menge U - bereUungesünden frei bleiben k'.nn, denen d:e Zunge nur scyr schwer entgeht — well das Gesuch; bene weniger abgeleugnet, weniger verheimlicht, folglich Jeder weit mehr tu den Stand gesetzt w rden kann.