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pottrilcke Kunälckau. Ler imsfisch-japanische Krieg. *Rußlands Seemacht in Ostafien ist so ziemlich ganz vernichtet. Der Ver such des Port Arthurgeschwaders, sich mit dem Wladiwostokgeschwader zu vereinigen, ist miß lungen, insofern von dem letzteren nicht mehr gesprochen werden kann. Sein Restbestand sind noch zwei beschädigte Kreuzer. Von der Port Arthurflotte sollen bei den Kämpfen in ver gangener Woche acht Schiffe verloren worden sein. Heute kann, man sagen, daß die Ent scheidung zur See gefallen und zwar zu gunsten Japans gefallen ist. Das russische Ostseegeschwader, selbst wenn man sich in Peters burg auf das gewagte Experiment der Ent sendung nach Ostafien einigsten wollte, findet daselbst keine Hafen, denn Wladiwostok liegt im Oktober bereits im Eise. * Daß den Japanern gegenwärtig alles daran liegt, zunächst mal im Süden reinen Tisch zu machen und Port Arthur zu nehmen, koste es was immer, ist erklärlich. Deshalb erscheint auch die von verschiedenen Seilen gerüchtweise auftauchende Meldung glaublich, daß Kuroki von der Hauptarmee im Norden, wo die Operationen zum momentanen Stillstände gekommen find, drei Divi sionen nach Port Arthur entsandt habe und zwar auf direkten Befehl des japanischen Kaisers. Vor der Festung selbst, die während der letzten Tage seitens der Gegner unter einem förmlichen Granatenhagel gehalten wird, haben neue und erbitterte Kämpfe stattgefunden, ohne daß die Japaner bisher nennenswerte und er kennbare Fortschritte gemacht hätten. Indessen lange wird sich die Feste kaum noch halten können. * In der Mand s chnrei hat derRegen die Operationen zum Stillstand gebracht. *Deutschland hat in Kiautschou die Forderungen der Neutralität strenge erfüllt. Das russische Linienschiff „Zesarewitsch" und drei Torpedoboote, die im Hafen von Tsingtau vor den sie verfolgenden Japanern Zuflucht suchten, find auf Befehl des deutschen Hafenkommandanten desarmiert worden. *Der russische Gesandte in Peking hat energischen (und wohl auch berechtigten) Protest gegen die japanischerseits erfolgte Wegnahme des russischen Torpedobootszerstörers „Rei sch i t e l n y* eingelegt. Er macht das neutrale China für die Wegnahme verantwortlich und fordert vollen Ersatz. Die Japaner behaupten, der „Retschitelny" sei<24 Stunden nach seiner Ankunft im Hafen von Tschifu noch nicht voll ständig desarmiert und ihr Vorgehen sei also berechtigt gewesen. *Da der Zar angeblich „nichts liest" (d. h. keine Zeitungen), so ist es gut, daß die Generale in Ostafien an ihn direkt berichten. Kuro- patkin meldete ihm kürzlich, seine Soldaten wären von der Hitze und Überanstrengung völlig erschöpft, es sei unmöglich, auf den ge birgigen Geländen zu manövrieren, die sibirischen Soldaten seien zu schwerfällig, um auf bergigem Terrain verwendet werden zu können, und das Gewicht des Gepäcks, das am Rücken getragen werden müßte, sei zu bedeutend. Die japani schen Truppen dagegen hätten Kulis, die alles, was die Soldaten in ihren Bewegungen hindern könnte, der Armee auf Wägelchen nachschleppen. Ferner seien die japanischen Soldaten klein, untersetzt und sehr gewandt im Bergklettern. Schließlich fehle es den Russen an Gebirgs artillerie und ihre Festungsartillerie sei zu schwerfällig. Sie seien oft gezwungen, ihre Geschütze im Stiche zu lassen, da es sich ihnen als unmöglich erwiese, sie schnell wegzuführen. Kuropatkin protestiert gegen die Zusendung von Reservisten zwischen 35 und 40 Jahren, diese seien zu alt und können nicht mehr gut marschieren. * * * Der Herero-Aufstand. Der seit -langem erwartete HauptschIag gegen die Hereros hat am 1t. und 12. d. stattgefunden. Die Abteilung Deimling nahm den Wateiberg mit stürmender Hand. Die Aufständischen kämpften nu: großer Tapferkeit. Sie scheinen schließlich nach Osten durchge brochen zu sein, haben dabei aber Wohl dLn größten Teil ihres Viehes verloren. W deutschen Truppen find den Fliehenden auf den Fersen. Die Hereros hatten schwere Verluste, über deren Umfang indessen noch nichts ge naueres berichtet wird; auf deutscher Seite sind 5 Offiziere und 19 Mann gefallen, 5 Offiziere und 52 Mann verwundet. * * * Deutschland. * Der Besuch des Kaisers am herzog lichen Hofe in Dessau ist nunmehr nach Be endigung des diesjährigen Kaisermanövers bezw. Der Durchbruch der russischen Flotte aus Port Arthur schien zuerst ein durchaus gelungener Handstreich gewesen zu sein. ES stellt sich jedoch jetzt immer mehr und niehr heraus, daß die Lage der Schiffe, denen tatsächlich der Durchbruch ge lang, kaum eine bessere geworden ist. Die russische Flotte ist fast gam ze>sprengt worden, und es er scheint fraglich, ob sich die Schiffe überhaupt wieder unter einem Kommando werden vereinigen können. Jedenfalls lassen die Japaner in dem Aus bringen der einzelnen Schiffe es an Rücksichtslosig keit keineswegs fehlen, sie dringen ohne weiteres in neutrale Hälen ein, soweit ihnen dort kein Wider stand geleistet werden kann, und schleppen die russischen Schiffe mit. Es ist das natürlich auS- für die zweite Hülste des Monats September in sichere Aussicht genommen. * Die Mirbach-Affäre soll, wie der .Wiener Zeit' von ihrem Berliner Korrespon- lenten berichtet wird, vor der Entscheidung sehen. Der Kaiser habe in Berlin nicht nur nit dem Oberkämmerer Fürsten Solms-Baruth, ondern auch mit dem Reichskanzler Grafen Bülow die Angelegenheit erörtert, sei nunmehr vollständig unterrichtet und dürste in den nächsten Tagen seine Entscheidung treffen. Vor- ;er werde er mit der Kaiserin über die An gelegenheit sprechen. Es werde angenommen, mß Frh. v. Mirbach seine Demission als Ober- iosmeister geben und daß er mit einem andern lohen Posten, auf dem er mit der Öffentlich keit weniger in Berührung kommt, entschädigt werden wird. * Ein Gesetz über den Automobil- verkehr steht, wie die ,Berl. Pol. Nachr/ versichern, nicht in Aussicht. Allerdings liege es in der Absicht, den Automobilverkehr ein- jeitlich zu regeln, und daß Bestimmungen hier über ausgearbeitet find, sei richtig. Aber es werde geplant, einen Bundesratsbeschluß auf diesem Gebiete herbeizuführen, der später Landes - Polizeiverordnungen zugrunde gelegt werden soll. *Die vor einiger Zeit durch die Blätter ge- angene Meldung, wonach gehofft wurde, eS werde ch ermöglichen lassen, den Knnflschutzgesetz- eutwurs an den Reichstag noch im Laufe des nächsten TagungsabschnitteS zu bringen, darf dahin ergänzt werden, dock, wenn sich ein solches Ergebnis erzielen läßt, gleichzeitig noch zwei andre Entwürfe dem Parlament unterbreitet werden würden. Und zwar würden dies ein Photographiegesetz und ein Entwurf über das photographische und künstlerischeVerlagsrecht sein. Man wird sich erinnern, daß ein Entwurf zum Photographie gesetz bereits vor längerer Zeit im .Reichsanis ver öffentlicht wurde und damals die öffentliche Kritik in breitestem Umfange herausgefordert hat. Der Entwurf über das photographische und künstlerische Verlagsrecht ist im Reichsjustizamt aus gearbeitet. Dieser Entwurf würde sich an das bereits einige Zeit in Kraft befindliche Verlagsgesetz anschließen. Osterreich-Ungarn. *Jn Marienbad fand am Dienstag die schließlich in chinesischen Häfen der Fall. Die Ja paner wissen eben, daß sie von dieser Seite nichts zu befürchten haben. So wurde das russische Tor pedoboot „Retschitelny", das nach Tschifu geflüchtet und auf Anordnung der chinesischen Behörden des armiert war, einfach nachts von zwei japanischen Torpedos überfallen und aus dem Hafen geschleppt. Andre russische Kreuzer und Torpedozerstörer sind nach Schanghai geflüchtet, der Panzer „Zesarewitsch" ist nach Tsingtau gegangen, der Kreuzer „Nowik" befindet sich auf dem Wege nach Wladiwostok. Die beiden japanischen Admirale Togo und Kamimura, deren Schlachtgebiete wir auf der Karte sehen, werden noch Muße genug haben, sich der russischen Schiffe zu bemächtigen. schon seit langem angekündigte Zusammen kunft zwischen Kaiser Franz Joseph und König Eduard statt, die einen sehr herzlichen Verlauf nahm. König Eduard begrüßte den Kaiser als seinen Gast am Bahnhof und ver anstaltete ihm zu Ehren abends ein Festdiner, bei dem die beiden Monarchen in warmem Ton gehaltene Trinkspiüche austauschten. Rußland. *Jn einem Manifest über die russische Thronfolgeordnung setzt der Zar für den Fall seines Ablebens vor der Mündigkeit des Thronfolgers zum Oberhaupt des Staates den Großfürsten Michael Alexandro- witsch ein. Das „andre" Manifest läßt noch immer auf sich warten und wird wohl ganz ausbleiben, wie sich aus der Wahl Murawiews zum Nachfolger Plehwes ergibt. Asten. * Die alte Kaiserin von China soll regierungsmüde sein und sich zurückzu ziehen beabsichtigen. es herzzerreißend her. Hier liegt ein junger Soldat, der bereits gewaschen, verbunden und in reine Wäsche gekleidet ist; er hat den Kopf zurückgebogen, die Knie hinaufgezogen nnd stöhnt leise: „Schwester, liebes Schwesterchen! Reib' mir doch ^-ie Füße! Ach, ich fühle sie nicht mehr, Schwesterchen, liebes, teures Schwesterchen, ach, reibe sie doch mal!" Und die Schwester, eine junge Blondine mit feinem Gesichtchen und Hellen Tränen in den großen Augen, reibt geduldig die Beine des Unglück lichen und tröstet ihn: „Warte nur ein wenig, bald wird man dir die Kugel herausnehmen, und du wirst bald gesund und frisch auf den Beinen stehen! Aber sie weiß nur allzu gut, daß er nur noch wenige Stunden zu leben hat. Zwei Wunden, und beide sind todbringend. Das langsame Absterben der Extremitäten hat schon begonnen, und ungeachtet der fortgesetzten Massage fühl der Verwundete seine Beine nicht mehr. Seine Leiden find furch-bar, und ich beiße die Zähne aufeinander und beuge mich noch tiefer auf den Verwundeten hinab, den ich eben verbinde. Aus der Ecke des Wagens ertönt plötzlich ein gellender Schrei, ein heiseres Ächzen: „Eis, rasch, rasch bringt Eis!" Ich übergebe den Verwundeten der Schwester und laufe zur Station, wo sich ein großer Eiskeller befindet. Beim Eingang stoße ich ans zwe- Schildwachcn — sie lassen mich nicht durch. Ohne Genehmi gung des Kommandanten wird kein Eis verab folgt! Ich gehe ihn suchen. Man sagt mir, daß die Erlaubnis von dem Adjutanten gegeben werden kann. Ich laufe zu ihm. Aber mit solchen Bagatellen darf man das Gefolge des Generals nicht behelligen, und ich kehre unver richteter Sache zurück. Endlich, als unter den Offizieren und dem Sanitätspersonal erregte Stimmen laut werden, bringt plötzlich irgend wer von irgend wo einige Stücke Eis, aber der, für den es bestimmt war, brauchte es nicht mehr — er war tot. Die Mehrzahl der Verwundeten verlangt zu essen. Aber woher nehmen? Mit Mühe nur gelingt es uns auf der Station, wo bei dem Rückzug der Truppen alles ausgekehrt ist, heißes Wasser und Brot — im Küchenwagen des Generals hat man es uns abgeschlagen — zu erlangen. Wir speisen und tränken unsere Ver deten und machen dann einen Rundgang durch die Güterwagen, um die Leiden der auf der nackten Diele liegenden Verwundeten wenigstens ein wenig zu lindein. An ein Verbinden ist nicht zu denken; die Leute liegen in Wagen, aus denen eben erst Pferde ausgeladen worden find, und von wo man den Dünger noch nicht hat fortschaffen können. Ein junger Offizier kommt langsam herangeritten, mit bleichem, erschöpften Gesicht; ein Fuß ruht im Verbände und steckt trotzdem im Steigbügel: er wird V0M Pferde gehoben und auf einer Burka auf die Diele des Wagens gebettet. Eine Granate hat ihm die Fuß- und Knieknochen zerschmettert, nichtsdestoweniger Kat er die Station im Sattel erreicht. In einem der Wagen erfuhr ich von dem Tode des Oberstleutnants Tutschkow, eines allgemein beliebten Offiziers, dessen Frau und Schwestern in diesem Augenblick unterwegs waren, um sich in den Dienst der Nächstenliebe zu stellen. Man bat um die Erlaubnis, die Leiche vorläufig in einem der leerstehenden Räume des Stationshauses unterzubringen. Aber auch hier stieß man auf Schildwachen, auch hier durste man den Herrn General mit Bagatellen nicht behelligen. Und der blutüber deckte Körper wurde in ein Laken gehüllt und auf den Fahrdamm gelegt . . ." Zum Schluß erzählt der Briefschreiber, daß die vielgenannte Rodsjankosche Samtätskolonne sich aufgelöst habe, da sie von allen Ärzten ver lassen worden sei, und zwar, weil die Kolonne schließlich einen Charakter angenommen hatte, der ans Operettenhafte grenzte. Von und fern. Verwunäeten-blenä. Folgende ergreifende Schilderung eines Ver wundetentransports, die einem aus Liaujang datierten Privatbriefe entnommen ist, finden wir in der ,Düna-Ztg/: „In den Verwundetenwagen," so erzählt der Briesschreiber, ein junger Arzt aus Riga, „geht > Tizians berühmtes Porträt des Ariosto ist aus dem Besitz des Earl of Darnley für 30 000 Pfund in den der Londoner National- Galerie übergegangen. . OrientlerungLkarte zum Durchbruch -es Port Arthur-Geschwaders. HL Huf Kukmesköden. 15) Erzählung von F. Stöckert. «Schluß.) Der Klang ihrer Stimme, die da so voll und weich zu ihm heraustönte, das Meeres rauschen, das Mondlicht, was so geisterhaft auf den Wellen zitterte, alles das verwob sich ihm zu Romangebilden. Hoffs Herz war nicht in Schwankungen geraten, als er die einst so heiß geliebte Frau wiedergesehen, das Interesse, das Hanna bei ihm erregte, war nur das des Schrift stellers, und in diesem Interesse suchte er wieder und wieder ihre Gesellschaft, wanderte mit ihr am Meeresstrande und beteiligte sich an den verschiedenen Ausflügen, die da unternommen wurden. Der Verkehr in diesem, aus den ver schiedensten Elementen zusammengewürfelten Kreise bot in jeder Hinsicht Stoff und Anregung für ihn; seine Phantasie war unermüdlich tätig, und als der Entwurf und Aufbau eines neuen Werkes in seinem Kopfe fettig, da drängte es ihn auf einmal zur Abreise, er sehnte sich nach der Einsamkeit seiner thüringer Berge, nach seinem stillen Studierzimmer dort, nach der Ruhe des geistigen Schaffens. Bon dieser Sehnsucht sprach er heute zu Hanna. Mit warmer Begeisterung schilderte er ihr seine einsame Besitzung in Thüringen, wie er nun dort, angeregt und erfrischt, ein neues Werk beginnen wolle. Zum Tode erschrocken hatte Hanna. seinen Worten gelauscht. Er wollte fort, die schönen, schönen Tage hier am Meeresstrande sollten plötzlich enden, und sic sollten beide auseinander gehn, kühl und gleichgültig, wie zwei Menschen, die sich nie näher getreten, nie geliebt! So kalt und gelassen, wie er sie begrüßt, sollte er von ihr scheiden? Verzweiflungsvoll starrte sie auf die graue endlose Meeresfläche vor ihnen, über der trübe Wolkenschichlen lagerten, aus denen schwere Regentropfen leise und stetig herunter rieselten, um sich in den grauen Meereswogen lautlos zu verlieren.. „Wie Tränen, die da im Weltenmeer unge sehen versinken," sagte Hanna mit tonloser Stimme, mühsam mit ihren Tränen kämpfend. — Hoff sah sie betroffen an. Was sollte diese Äußerung, die mit seiner Rede in keinerlei Be ziehung stand? Er begegnete ihrem trostlosen Blick und sah nun mit jähem Erschrecken ihr blasses, verstörtes Gesicht, auf dem nur zu deutlich geschrieben stand, was ihm doch aus ewig verschwiegen bleiben sollte. Und sie war so schön, so rührend in ihrer Trauer, und aus seiner Seele Tiefen klang es herauf, wie lockende Stimmen: Steige herab von deinen Ruhmeshöhen in die Arme dieser schönen, traurigen Frau, ihre Liebe ist beglückender als aller Ruhm! Ein kurzer Moment des Schwankens, des Kampfes, aus dem die Dichterseele siegreich hervorging. Nein, der Platz, zu dem er einst emporgestiegen über die Trümmer seiner Liebe hinweg, er wollte ihn nun auch behaupten bis an das Ende seiner Tage. „Es kann nicht sein, Hanna!" sagte er, seinen Gedanken Worte verleihend. „Ich habe mich der Kunst vermählt, und ihr will ich treu bleiben, sie beansprucht mein ganzes Sein. — Und auch du bist eine Jüngerin der Kunst, bleiben wir ihr beide treu, und suchen das Höchste zu eneichen!" Er reichte ihr die Hand, und Hanna legte ihre zitternde Rechte hinein. „Ich bin nur ein schwaches Weib ich . . . o Gott. . .!" Ein Tränenstrom brach aus ihren Augen. Sie wandte sich weg von ihm, und winkte mit den Händen, daß er sie verlassen möchte. Und er ging! Festen Schrittes wie ein Sieger verließ er die Stätte, wo noch einmal in holder Frauengestalt des Lebens Wonnen ihm gelächelt hatten. Nicht einen Moment wurde er schwankend in seinem Entschluß, und nicht ein einziges Mal wendete er den Blick nach Hanna zurück. In der grauen Beleuchtung stand sie da wie ein Bild der Einsamkeit an dem verödeten Strande. Der Regen fiel auf ihre glänzenden Locken, durchnäßte ihre Kleider, sie achtete es nicht, fie wußte wohl kaum, wo sie stand, fie hatte nur ein dumpfes Empfinden, daß diese Landschaft mit den blassen Farbentönen so düster und melancholisch wunderbar mit ihrem Innern harmonierte. So war denn der Traum der Liebe aus, vorbei für immer; das harte Wort war ge sprochen, das fie auf ewig von ihm trennte. War es das rechte gewesen? Wer mochte das entscheiden! — Und war der Weg, auf den er fie hingewiesen, der rechte? Vielleicht, er führt ja hinauf zu jenen Höhen, wo er stand und wo die Herzenswünsche verstummen. Aus der Tiefe des Meeres klang es herauf wie schmeichelnde, süße Melodien, und das Rauschen der Wellen gestaltete sich zu einem volltönenden Orchester. Aus den grauen Schatten des Abends aber tauchten bunte, be strickende Bilder vor ihren Blicken auf; ideale Menschengestalten, die da mit wunderbaren Stimmen von allem Glück und Weh des Erdenlebens, von Liebe, Haß, Zorn und Ver zweiflung sangen. „Wohl ist es nur ein Scheinleben, was sich da abspielt auf den Brettern, die die Welt be deuten, aber es ist die Welt, in der ich fortan leben werde," dachte Hanna, in deren Herzen, aus Schmerz und Verzweiflung langsam ein fester Entschluß reifte: Sie wollte den Auf forderungen, sich der Bühne zu widmen, die schon öfter an fie ergangen waren, nachgeben, und dort das Höchste in der Kunst zu erstreben suchen. Das war der Weg, auf den er sie hingewiesen, dessen Endziel ihrem verstörten Sinn vorschwebte, wie etwas, das fie erreichen mußte um jeden Preis. Sie hat dieses Ziel erreicht. Schon nach Jahresfrist glänzte ihr Name unter denen der ersten Größen der Bühnenwelt. Sie wird ge feiert wie selten eine Sängerin, die glänzendsten Huldigungen werden ihr gebracht, aber all diese Huldigungen wiegen ein paar schlichte, ihr ge widmete Verse nicht auf, die fie einst m einer der bedeutendsten Zeitungen der Residenz ge sunden, von einem der ersten Schriftsteller der Jetztzeit: Hans Hoff. Längst hat-fie erkannt, daß er recht hatte, als er damals am Meeresftrande, ihren