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Allgemeiner Anzeiger : 15.06.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190406156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19040615
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19040615
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-06
- Tag 1904-06-15
-
Monat
1904-06
-
Jahr
1904
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.06.1904
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politische kunälckau. Der russisch-japanische Krieg. *Wie es um Port Arthur steht, er fährt man nicht, denn die Japaner lassen keine Nachricht durch. In Petersburg meint man, ehe dieJapaner nicht ihrvollständiges schweres Geschützherbeigeschasft haben, könnten sie nichts Ernstliches gegen Port Arthur unter nehmen. Darüber aber könnten noch Wochen vergehen. *Eine Meldung des .Reuterschen Bureaus' besagt: Nach chinesischen Berichten wären die äußeren Forts von Port Arthur sehr beschädigt, die inneren nur leicht, viele Gebäude in der Stadt seien zerstört. Die Nachricht, daß nur drei große Schiffe in Port Arthur liegen, deutet wahrscheinlich darauf hin, daß sich eine Anzahl im äußeren Hafen, andre hinter der Tigerschwanz-Hatbinsel befinden. Jede Dschunke in Port Arthur wird gechartert, um die Chinesen fortzuschaffen. * über eine Anzahl kleinererGefechte in der Mandschurei zwischen Liaujang und Fönghwangischeng am Dienstag hat General Kuropatkin nach Petersburg berichtet. Das be deutendste fand bei Saimatsi statt, das eine russische Abteilung besetzt hielt. Sie wurde von einer etwa eine Brigade starken japanischen Abteilung angegriffen und zog sich vor der Über macht zum Finschutlinpaß zurück. Auf russischer Seite wurden 2 Offiziere verwundet und gegen 100 Mann getötet und verwundet. * Der Versuch des Admirals Alexejew und der Marinepartei, den Zaren zu bestimmen, Kuropatkin zu befehlen, unter allen Umständen zum Entsätze Port Arthurs zu marschieren, soll, wie die ,Daily News' aus höchsten Petersburger Kreisen gehört haben wollen, endgültig gescheitert sein. Kuropatkin antwortete: Gegenwärtig unmöglich. Alexejews Partei machte hierauf einen neuen Versuch. Der Zar blieb aber fest und erklärte seine Absicht, Kuropatkin freie Hand zu lassen. * * * Deutschland. *Der Kaiser wohnte am Freitag vor mittag auf dem Bornstedter Felde einer Gefechts übung der Potsdamer Truppen bei. *Dem präsidierenden Bürgermeister in Lüb e ck Dr. Klu g, der am Donnerstag den Jubiläumstag seiner fünfundzwanzigjährigen Zugehörigkeit zum Senate der Stadt Lübeck feiert, sandte der Kaiser nach einer Meldung der amtlichen .Lübeckischen Anzeigen ein Glück wunschtelegramm. * Der Bundesrat hat einige Änderungen und Ergänzungen des amtlichen Waren verzeichnisses zum Zolltarif be schlossen und dem Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes über das Reichs- schuldbuch zugestimmt. * Das Gesetz betr. die Wechs elp rotest - stunden, ist vom ,Reichsanz.' veröffentlicht worden. Wechselproteste dürfen danach vom 1. Juli an nur von 9 Uhr vormittags bis 6 Uhr abends, zu einer früheren oder späteren Tageszeit aber nur mit Einwilligung des Pro testaten erhoben werden. Die Einwilligung muß ausdrücklich erklärt sein; sie ist in dem Proteste zu beurkunden. * Aus Deutsch-Südwestafrika mel det Gouverneur Leutwein vom Mittwoch aus Otjosasu: Von der Hauptabteilung sind die 7., 10., 11. Kompanie, die 4., 5., 6. Batterie, die Maschinengewehr-Abteilung Dürr zu 4 Geschützen und die Funkentelegraphie noch bei Otjosasu. Witboi-Abteilung am Donnerstag zur Aufklä rung gegen Linie Osire-Okahitua vorgeschickt, soll gleichzeitig Verbindung mit Estorfs auf nehmen. 5. Kompanie nach Okatumba vorge schoben. Frankreich. * Da die französische Verfassung dem Staats chef untersagt, während der Tagung des Parla ments sich in das Ausland zu begeben, so konnte Loubet der Einladung des Herzogs von Ratibor, die den Chefs aller beim Arito mo bilsahren in Homburg beteiligten Nationen zuging, nicht willfahren. Die schrift liche Antwort an den Herzog erfolgte in der liebenswürdigsten Form. (Die betr. Verfassungs bestimmung kommt Herrn Loubet sehr gelegen. Er hätte ja sonst deutschen Boden be treten müssen.) *Die Kammer nahm am Donnerstag einen Gesetzentwurf an, nach dem das Arbeiter- Unfall-Versicherungsgesetz auf alle Zweige der Handelsbetriebe ausgedehnt werden soll, und sodann einen Antrag, die Regierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vor zulegen, nach dem dieses Gesetz auch für die ländlichen Arbeiter gelten soll. Spanien. * Jn Madrid wird die Erklärung des Depu tierten Grafen Romanones, daß Spanien durch fünf Jahre heimlich dem Dreibunde angehört habe, lebhaft erörtert. Nach einem bestimmten Dementi des Ministerpräsidenten Maura in der Kammersitzung teilte Romanones mit, er habe die Nachricht von dem früheren Minister Groisard erhalten. Letzterer wies sofort in der Sitzung diese Behauptung zurück. (Ob die Fabel damit endgültig begraben ist ? I) RusilanS. * Auf Beseh! des Zaren beschäftigt sich an geblich gegenwärtig eine Sachverständigenkom mission mit der Frage, nach dem Kriege ein parlameatarischesSystem in Ruß land einzuführen. Balkanstaaten. * Türkischerseits wird entschieden in Abrede gestellt, daß den aus Bulgarien zurück- kehrenden Flüchtlin gen Schwierig keiten bereitet werden. Anderseits wird aus Sofia berichtet, daß eine Abordnung von Flüchtlingen ans dem Vilajet Adrianopel den Vertretern der Großmächte ein Memorandum überreichte, worin die trostlose Lage der Flücht linge geschildert und Schutz und Hilfe erbeten wird. Ein wirklicher Schutz für die Zurück kehrenden, heißt es in der Bittschrift, und die einzige mögliche Garantie gegen Gewalttaten könne nur durch christliche Kontrollorgane, die von den Mächten einzusetzen seien, erwartet werden. Die Abordnung wurde auch vom bulgarischen Ministerpräsidenten und dem Minister des Innern empfangen, die Unter stützung und Abhilfe zusagten. * Bulgarien hat die rumänischen Vor schläge wegen der Feststellung der Donau- grenze zwischen Rumänien und Bulgarien angenommen. Amerika. * Die Amerikaner wollen nun auch noch die Sorgen des Sultans vermehren: Der frühere Staatssekretär Foster hat im Namen der amerikanischen Missionsgesell schaften den Staatssekretär Hay gebeten, auf die Pforte einen Druck auszu üben auf Regelung der Ansprüche der Missionen an die Türkei wegen Vernichtung von Eigentum und wegen Beraubungen während der letzten 10 Jahre (!). Staatssekretär Hay versprach, der Angelegenheit unverzüglich seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. *DieR e v o l ut io n auf San D o m i n g o erklärt eine Drahtmeldung für beendet; auch der Streitfall zwischen Peru und Brasilien ist friedlich beigelegt. Afrika. * Nach dem außerordentlichen Entgegen kommen des Sultans von Marokko hofft man in Tanger, daß die Fre il ass un g des Amerikaners Perdicaris nur mehr eine Frage von wenigen Tagen sei. Man erörtere in Tanger den Plan, dort ein ordent liches Polizeiwesen zu schaffen, um eine Wieder holung derartiger Vorfälle zu verhiRd«o. Es sei wahrscheinlich, daß Frankreich mit der Schaffung und Leitung einer Einge boren e n - P o l i z e i von den Mächten werde betraut werden. Asien. * Die nach Tibet abgegangene englische Verstärkungs - Expedition umfaßt 4 Eingeborenen - Regimenter in einer Stärke von 2800 Mann, 400 königliche Schützen, 250 Kenieschützen, 250 Mann Gebirgsartillerie, 160 Mann eingeborene Artillerie mit insgesamt 12 Geschützen und einer Anzahl Maximkanonen. Aus Aeiebstage. Der Reichstag nahm am Donnerstag in dritter Lesung den Entwurf betr. Bekämpfung der Reblaus unverändert nach den schon in zweiter Lesung ge nehmigten Kommissionsbeschlüssen an. Dann wurde die zweite Lesung der Vorlage über die Kaufmanns gerichte fortgesetzt. Mehrere Paragraphen wurden nach der Kommissionsfassung genehmigt. Eine be sonders angeregte Debatte entwickelte sich über die Frage, ob den Frauen aktives und passives Wahl recht für die Kaufmannsgerichte eingeräumt werden solle. Die Regierung machte von der Ablehnung das Schicksal des Gesetzes abhängig und demgemäß haben Zentrum und Nationalliberale im Interesse feines Zustandekommens auf das ursprüngliche auch von ihnen gewünschte Zugeständnis an die Frauen verzichtet, was ihnen seitens der Fi eisinnigen, Sozial demokraten und Antisemiten den Vorwurf des Um falls eintrug. Am 10. d. wird die zweite Beratung des Gesetz entwurfs betr. die Kaufmannsgerichte fort gesetzt bei den 88 9s. und 12, zu denen freisinnige und sozialdemokratische Anträge vorliegen, die das Stimmrecht auch sür die Frauen fordern. Abg. Träger (frs. Vp.) bedauert die Erklä rungen des Abg. Trimborn vom Donnerstag, durch die das Zentrum die Forderung des Frauenstimm rechts hat fallen lassen. So sehr im politischen Leben die Kompromisse von Bedeutung seien, so sehr schade dieses Kompromiß dem Ansehen des Reichstags. Die Regierung habe gesagt, und der Reichstag habe gehorcht. Immer mehr zerschelle das Ansehen des deutschen Parlaments an der Nach giebigkeit der Mehrheit. Und habe denn die Regie rung Gründe angegeben sür ihre Haltung? Hätte sie das getan, so könnte man versuchen, sich gegenseitig zu überzeugen. Hier aber habe die Negierung nur einfach erklärt: Den Frauen könne das Stimmrecht nicht gegeben werden. Lehne der Reichstag die Gewährung des Stimmrechts an die Frauen ab, so fei das ein Faustschlag in das Gesicht des hier tagenden Fraucnkongresses. Abg. Trimborn (Ztr.): Der von der Linken empfohlene Weg führe zum Verderben. Denn wenn man diesen Weg beschritte, würde das ganze Gesetz eben scheitern. Reichstag und Bundesrat feien darauf angewiesen, sich miteinander zu verständigen. Beide Faktoren müssen bisweilen nachgeben, von ihren Forderungen etwas ablassen. Nur auf diesem Wege sei die ganze soziale Gesetzgebung möglich gewesen. Staatssekretär Graf Posadowsky: Wenn man befürchtet, daß die männlichen Beisitzer der Kaufmannsgerichte aus Konkurrenzneid gegen die Frauen parteiisch urteilen könnten, so spricht das einfach dafür, daß Laien eben unfähig sind, ein Richtcramt zu bekleiden. Ich habe aber zu der Ehrenhaftigkeit deutscher Männer, die ihr Brot ehrlich erwerben, ein größeres Zutrauen, und selbst wenn die weiblichen Handlungsgehilfen das aktive Wahlrecht haben sollten, so bleibe denselben ja doch immer noch das passive Wahlrecht der Männer versagt. Wenn der Kompromißantrag ab gelehnt wird, so fällt das ganze Gesetz. Ich bin aber der Ansicht, daß dieser Schritt ein sehr wichtiger ist, um so mehr, da man nicht vorcussehm kann, wann die Reform des Zivilprozeßverfahrens voll endet werben wird, durch Vie alle Sondergerichte überhaupt unnötig gemacht worben wären. Abg. Lipinski (soz.) ist der Ansicht, daß wir in der sozialen Gesetzgebung schon viel weiter wären, wenn die Reichstagsmehrheit nicht immer zurückgc- wichen wäre; Redner fordert wiederholt duS aktive und passive Frauenwahirecht. Abg. Böckler (Antis.) erklärt im Namen seiner Freunde, daß es sehr zweifelhaft sei, ob sie sür oder gegen das Gesetz stimmen sollten, das durch den Kompromißantrag Plötzlich verschlechtert worden sei. Abg. Dove (frs. Vgg.) erklärt sich damit ein verstanden, event. auch ein Kompromiß zu schließen, um das Gesetz zustande zu bringen. Abg. Müller-Meiningen (srs. Vp) führt aus, daß seine Freunde sür das Gesetz gestimmt hätten, wenn es in der Fassung der Kommission erhalten worden wäre; ob seine Freunde aber jetzt noch dafür stimmen könnten, müßten sie sich noch überlegen. In bei rmmnehr folgenden Abstimmung wird 8 9a in der Kommissionsfassung unter Ablehnung sämtlicher dazu eingebrachten Amendements (also mit der Maßgabe, daß die Vollendung des 25. Lebens jahres zur Berufung aller Beisitzer erforderlich ist), ebenso 8 12 nach den Kommissionsbeschlüssen (wahl berechtigtes Alter: 21 Jahre und aktives Wahlrecht der Frauen) angenommen. Das passive Wahlrecht der Frauen für die Kaufmannsgerichte ist also gefallen. 88 10, 11, 13, 14 werden debattelos nach den Kommissionsbeschlüssen angenommen. K Vie Mläernleben 6rben. 80) Roman von M. Brandrup. (Fortsetzung.) „Wie geheimnisvoll das klingt! Na, nichts für ungut! Ich dringe nicht in Sie, mir zu sagen, was Sie mir nicht sagen wollen. — Hoffentlich erscheine ich Ihnen aber nicht in diskret, wenn ich Sie frage, ob Sie allein kommen oder mein Mündel nur auf der Station zurückgeblieben ist." » „Ich komme allein, Herr Oberförster! Ada . . Fanny unterbrach sich. „Herr Gott," rief sie dann, „täuschen mich meine Augen, oder eilt uns da wirklich — Fräulein Marie entgegen?" „Keine sonst, als meine gute alte Schwester, die zu längerem Besuch aus Posen herüber gekommen ist, als Ersatz für die Jungen, die wir nun endlich einer Pension anvertraut haben. — Sehen Sie," setzte Braun darauf hinzu, „und die dort im Laufschritt meiner Schwester folgt, ist „Doch nicht Ihre Gattin?" „Natürlich, sie!" „So geschehen doch Wunder!" rief Fanny. Eine Mnute später aber fühlte sie sich von zwei Paar Armen umschlungen, und Worte der innigsten Freundschaft begrüßten sie. Bald darauf befand sich Fanny für kurze Zeit mit Marie allein in dem trauten Fremden stübchen, in welches das alte Fräulein sie ge führt, damit sie ihre Toilette ordne. Leise auf schluchzend warf Fanny sich hier an die Brust der Getreuen. Diese aber bat sie mit liebe vollen Worten, sich das Herz zu erleichtern und offen zu gestehen, was ihr widerfahren. „Denn daß Sie etwas ganz Absonderliches erlebt haben, meine liebe gnädige Frau, sah ich mit dem ersten Blick, den ich nach so langer Zeit in Ihr gutes Gesichtchen warf." Frau von Hagel lehnte ihren Kopf auf die Schulter des treuen Geschöpfs. Dann aber flüsterte sie mit halb versagender Stimme ein paar Worte in das Ohr des alten Fräuleins und setzte darauf wie gebrochen an Leib und Seele hinzu: „Und Sie wissen ja, Liebste, Beste, daß ich nicht seine Frau werden darf nach dem, was mir in Posen geschehen ist." „Vielleicht nicht, so lange Herr von Grön Offizier ist, obgleich das auch nicht mit voller Bestimmtheit so ohne weiteres zu sagen ist. Es wäre ja möglich, daß die Vorgänge in Posen verschwiegen blieben oder aber auch, daß die Regimentskameraden Herrn von Gröns sehr tolerant wären und nichts Sie irgendwie Herab setzendes darin fänden, daß Sie in der kurzen Polizeihaft gewesen sind. Aber Sie müssen auch allerdings mit den entgegengesetzten Mög lichkeiten rechnen, und das tun Sie ja auch verständigerweise, wie ich sehe. Kann denn Herr von Grön nicht seinen Abschied nehmen?" „Nein, Fräulein Marie! Denn wenn je einer, ss gehört er mit Leib und Seele dem Berufe an, den er sich aus freiem Willen er wählt hat." Nach einem tiefen Atemzug fuhr sie darauf fort: „Ich will Ihnen für diese Be hauptung auch einen Beweis geben. Horst er zählte mir nämlich schon an dem Tage, an welchem ich seinerzeit nach der Nachricht von dem Tode Onkel Milderns in Grodltten an langte, daß er Himmel und Erde in Bewegung gesetzt haste, um seinen Bruder dazu zu be wegen, sich mit ihm in die Herrschaft Groditten zu teilen. Dieselbe bestehe ja aus verschiedenen großen Gütern und sichere jedem von ihnen einen uneingeschränkten Besitz. Freilich bedinge die Bewirtschaftung seines Anteils, daß Leo der militärischen Karriere Valet sage. „Ich sollte aufhören, Soldat zu sein?" hatte dieser jedoch damals erwidert. „Nein, lieber Junge, das könnte ich nicht, ohne unglücklich zu werden, es sei denn, ich wäre vorher in einem frischen, fröhlichen Kriege zum Krüppel geschossen worden." So weit m ihrem Bericht gekommen, sah Fanny, wie die Tür des Stübchens geöffnet wurde und das jetzt vor Gesundheit strahlende Gesicht der Oberförsterin in der Spalte erschien. „Nun, ist unser lieber Gast noch nicht be reit?" fragte Frau Braun. „Sputen Sie sich, Frau von Hagel, damit uns der Kaffee nicht kalt wird." „Gern!" entgegnete die junge Frau und eilte zu dem Waschständer. Schon zehn Minuten später saßen alle vor dem Hause und ließen sich von der Oberförjterin den duftigen braunen Trank kredenzen, während Braun sie in seiner jovialen Weise zu den Waffeln, die neben der Kaffeekanne standen, nötigte. Dann aber konnte Frau von Hagel nicht genug Worte der Bewunderung sür das Aus sehen der Hausfrau finden. Diese beteuerte mit strahlenden Augen, daß sie endlich wieder vollkommen gesund sei. Bei § 15 beantragt Abg. Itschert (Ztr.) ein Amendement, worin Bestimmungen über die eventl. Zulassung von Recht?' anwälten und Prozeßagenten getroffen werden. Abg. Lipinski <soz.) beantragt eine Herauf' setzung der Revisionssumme von 300 auf 500 Mk. Abg. Müller- Meiningen (frs. Vp.) stimmt de« Anträge Jtschert zu und bekämpft die Anregung de? Vorredners, die mit der Haltung der sozialdemokra» tischen Partei bei der Frage der Erhöhung der Revisionssumme für die Berufung an das Reichs' gericht in krassem Widerspruch stehe. Abg. Lattmann (wirtsch. Vgg.) stimmt der Erhöhung der Berufssummen zu und bittet um Ab lehnung des Antrages Jtschert. Direktor im Neichsamt des Innern Caspar: Nach Einbeziehung der Konlurrenzklausel in das Gesetz entspreche die Zulassung der Rechtsanwälte einem Bedürfnis. Nach weiterer unwesentlicher Debatte wird 8 unter Ablehnung aller Amendements nach den Kow- missionsbcschlüssen angenommen. (Rechtsanwälte sind also ausgeschlossen.) Der Rest des Gesetzes wird darauf in zweiter Losung angenommen, ebenso die Resolution der Kommission über die Reform des Zivilprozeßver fahrens. Darauf vertagt sich das Haus. Vr-uAirch-r zandtas. In der Freitag-Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde zunächst der Landaustauschvertrag mit Braun schweig der Agrarkommission überwiesen. Nachdem sodann Justizmiuister Schönstedt die Beschlüsse zweiter Lesung über den Gesetzentwurf betr. die Dienstaussicht bei den größeren Amtsgerichten für unannehmbar erklärt hatte, lehnte das Haus diesen Gesetzentwurf sowie die Vorlage betr. Regelung der Nichtergehälter einstimmig ab. Von unä fern. Das erste Bismarck - Denkmal auf österreichischem Boden wird am 19. d. auf dem Heimberge bei Asch in Böhmen enthüllt. Zahlreiche Vereine Österreichs und des Deutschen Reiches haben ihre Beteiligung zugesagt. Ihr 150 jähriges Bestehen gedenkt die kgl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt am 1. und 2. Juli zu feiern. Über einen recht einträglichen Schützern königposte«, den die Stadt Lieberose zu ver geben hat, ging kürzlich eine Notiz durch die Presse. Dadurch ist bekannt geworden, daß auch noch in andern Städten dem Schützen könig besondere Einkünfte zufließen. In Minden erhält jeder der beiden Schützenkönige 150 Mk. bar und zwar aus der preußischen Staatskasse; das Geld entstammt einer Stiftung des Großen Kurfürsten. Das Schützenfest ist dort ein Volksfest, dauert acht Tage und wird von der ganzen Stadt gefeiert. — Der Schützen könig in Boizenburg a. Elbe ist noch besser gelohnt als der von Lieberose. Dort erhält jeder Sützenkönig vom Großherzog 50 Taler Gold (gegen 158 Mk.), ist auch auf ein Jahr von sämtlichen städtischen Abgaben frei und bekommt am Schluffe seines Amtsjahres bei guter Negierung einen schweren silbernen Eß löffel aus der Zunftkasse. Trotzdem sollen noch oft diese Einnahmen die Unkosten nicht decken. Die Schnelligkeit der Brieftanbeo. Eine seltene Leistung wurde beim letzten Wett fliegen der bergischen Reisevereinigung erzielt. Die Brieftaube eines Mitgliedes der Gesell schaft „Columbia" legte die 430 Kilometer lange Strecke Potsdam - Barmen in 5 Stunden 5 Minuten zurück, erreichte also eine Durchschnitts« geschwindigkeit von 1410 Bieter in der Minute- Schreckenstat eines Rasenden. In der Arbeiterkaserne in Schackenthal bei Halle tötete ein arbeitsscheuer Mensch, dem die Ausweisung drohte, in plötzlich ausbrechender Raserei zwei kleine Kinder des Aufsehers durch Beilhiebe, verwundete das achtjährige Mädchen eines andern Aufsehers schwer und verübte hierauf Selbst mord durch Erhängen. Eine folgenschwere Gasexplosion Hai in einem Gebäude des Bahnhofes von Brünn erheblichen Schaden angerichtet. Die Kata strophe entstand beim Abdecken eines Gas rohres. Sieben Arbeiter, die sich auf einem Gerüst befanden, wurden heruntergeschleudert, wobei vi r von ihnen schwer, die andern drei leicht verletzt wurden. „Wie mich das freut!" rief die junge Fra«, unterbrach sich hier aber und setzte rasch hinzu: „Ah, da kommt ja meine alte Marinka." Die Hellen Tränen auf den runzligen Wangen, war das ehemalige Bradocziner Fak totum auf Frau v. Hagel zugestürzt und küßte jetzt nach ihrer polnischen Art den Saum ihres Kleides. „Aber Panna sehen ja gar nicht aus, wie ich Sie mir gedacht," rief die Alte hernach- „O, und gnädige Panna find doch jetzt s" reich — so reich! Und der Reichtum soll doch machen glücklich!" „Das bin ich auch, Marinka," entgegnete die junge Frau. In ihrer Seele aber war bei der rührenden Wiedersehensfreude der greise« Dienerin ein schneller Entschluß gereift, von dessen Ausführung fie sich selbst eine gewisse Genugtuung versprach. „Das bin ich auch, Marinka! Denn jetzt ist es mir ja möglich' den Menschen gegenüber, denen ich mich s« Dank verpflichtet fühle, ein wenig Vorsehung zu spielen. Mit Ihnen will ich dabei aber den Anfang machen, und zwar — indem «Y Ihnen bis an Ihr Lebensende eine jährliche Rente aussetze." - „Panna — Panna!" schrie die Polin, war! fich vor Fanny in die Knie und umklammen die schlanke Gestalt ihrer Wohltäterin. ,,H« ich denn so was verdient?" rief sie schluchze«"- Gleich darauf schaute fie aber geängstigt in da Gesicht Frau v. Hagels, die sich in diesem Augenblick doch seltsam getröstet fühlte. „M» — aber," murmelte sie nun, „mit dem viel Beide muß ich doch nicht meine Stellung ai»
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