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Über den Handel mit Kiebitzeiern wird von der Eider berichtet: Der Versand von Eiern von Friedrichstadt ist in diesem Jahre ganz besonders lebhast gewesen. Infolge der günstigen Witterung kamen die ersten Eier am Berliner Markt bereits am 25. März zum Verkauf und erzielten 1,80 Mk., während im vorigen Jahre des Schneefalls wegen erst Anfang April die ersten Eier erschienen. Wenn immer wieder die Befürchtung ausgesprochen wird, daß durch das Sammeln der Kiebitzeier die Zahl der Kiebitze mehr und mehr abnimmt, so läßt sich demgegenüber sagen, daß nie so viel Eier in Friedrichstadt eingcliefert find, wie in diesem Jahre; am Gründonnerstag kamen über 2000 Eier in die Stadt, wo sich in den letzten Jahren gewissermaßen eine Zentrale für Einlieferung der Kiebitzeier aus dem nördlichen Teile Dithmarschen Eiderstadt und Stapelholm, sowie ans den Treene- und Sorgeuicderungen herausgebildet hat. Der Preis ist bei dem starken Angebot natürlich rapide gesunken. Die Eier erzielen heute nur noch 15 Pfg. pro Stück, während die ersten Eier 1 Mk. kosteten. Die Kiebitzeier gehen meist nach der Berliner Markihale, dann aber auch sehr viel an Private, Hoteliers und Händler in Hamburg, München, Dresden, Nürnberg und Hildesheim. Folgendes köstliche Stückchen soll sich nach dem ,Schwarzw. Volksfr/ auf der schwäbischen Eisenbahn zugetragen haben. Tie Schwenninger Rekruten hatten einen Ausflug nach Trossingen gemacht. Eiwas angeheitert, nahmen sie alle in einem Wagen des bereit stehenden Zuges Rottweil—Schwenningen, der sie nach Hause bringen sollte, Platz. Bald waren einige Fensterscheiben eingeschlagen. Als der Schaffner die übermütigen Leutchen zur Rede stellte und Entschädigung verlangte, weigerten sie sich und keiner wollte der Täter- gewesen sein. Aber der Schaffner war kurz entschlossen; ohne ein Wort zu verlieren, ver ließ er den Wagen, schloß, ohne daß die jungen Vaterlandsverteidiger es merkten, die beiden Türen zu und koppelte den betreffenden flehten) Wagen ab. Ein Pfiff und der Zug setzte sich in Bewegung; nur der Wagen mit den Rekruten blieb stehen. Im gleichen Augen blick erschienen einige Beamte, die die Namen der Insassen notierten, und erst jetzt wurde den Gefangenen die Lage klar. Beim nächsten Zuge soll dann der Ein- und Ausstieg in sehr ruhiger Weise vor sich gegangen sein. Eisenbahnunglück. Als am Donnerstag morgen gegen 8 Uhr auf dem Güterbahnhof in Nippes zwei Güterwagen, der eine mit ge schlachtetem Bieb, der ändere mit lebenden Kälbern und Schweinen beladen, nach dem Schlachthof überführt werden sollten, sprang an einer Weiche aus bisher unbekannter Ursache der vordere Wagen aus den Schienen, schlug um und legte sich quer über das Geleise. Der nachfolgende Wagen mit den lebenden Tieren Prallte auf und schlug gleichfalls um. Von den beiden Viehbegleitern vermochte der eine sich glücklich durch einen Sprung zu retten, während der andere von den Puffern des auf prallenden Wagens erfaßt und derartig verletzt wurde, daß der Tod bald eintrat. Ein Teil des Viehes erstickte oder erlitt Verletzungen. Ein sonderbares Testament. Der vor kurzem in Eggenburg verstorbene Forstadjunkr Eduard Hilger vermachte testamentarisch sein gesamtes Vermögen im Betrage von einigen tausend Kronen seinen Geschwistern unter der Bedingung, daß seine Leiche im Walde be graben würde, widrigenfalls die Summe zur Errichtung von Stiftnngsplätzeu für Forstzög- linge verwendet werden sollte. Auf eine dies bezügliche Eingabe des Stiefvaters, des pensio nierten Oberlehrers Leopold Wagner, um Über lassung eines Begräbnisplatzes im städtischen Walde, wurde demselben seitens der Gemeinde vertretung in Eggenburg nahegelegt, sich vorerst die Bewilligung der kirchlichen und politischen Behörden zu verschaffen. Ein Bitriolattentat. Aus Peteiwardein tvird gemeldet: Großes Aussehen erregt hier ein Racheakt zweier Mädchen. Der Steinmetz- Weister Peter Krott unterhielt in Arad gleich zeitig mit drei Mädchen Liebesverhältnisse. Alimentationsprozesse blieben ohne jeden Er folg. Mit der einen der drei Geliebten über siedelte später Krott nach Peterwardein und lebte mit ihr im gemeinsamen Haushalte. Die beiden verlassenen Mädchen haben nun ihren Verführer überfallen und ihm und seiner Ge liebten Vitriol ins Gesicht geschüttet. Krott ist den erlittenen Verletzungen erlegen, das Mädchen verlor das Augenlicht. Panik in einem Theater. In dem Theater von Helsingborg wurde während der Vorstellung ein Zuschauer plötzlich von Irrsinn befallen und tief mit lauter Stimme „Feuer!" Die anderen Theaterbesucher wurden dadurch aufs höchste erschreckt und eilten, obwohl gar keine Gefahr vorlag, in wilder Flucht den Aus ünerwältigten Sträflinge gestand, daß man unter den übrigen Sträflingen Mitverschworene habe. Die Absicht sei gewesen, die Wächter sämtlich zu töten, die 300 Insassen des Gefängnisses zu befreien und sodann das Gefängnis selbst in die Luft zu sprengen. GericbtskaUe. Beuthen. Wegen Majestätsbeleidigung hatte sich ein hiesiger Fortbildungsschülcr zu verant worten. Die Anklage erblickte eine Majestätsbeleidi gung darin, daß der Fortbildungsschüler beim Aus bringen des Kaiserhochs am Geburtstage des Kaisers gelacht hatte. Das Gericht fällte jedoch ein frei sprechendes Urteil. Photographischer Vericht von äerSeeschlacht beiHlchemulpo Das russische Kanonenboot „Korejez" fliegt in die Luft. gängen zu. In dem Gedränge erlitten zahl reiche Personen Verletzungen. Alice Roosevelt auf dem Turf. Aus Washington wird gemeldet, daß Miß Alice Roosevelt sich in einer unangenehmen Situation befindet. Sie besuchte mit Freunden ein Wett rennen. Ein Reporter folgte ihr mit der Kamera. Unter seinen Aufnahmen befand sich ein Bild, wie sie einem Buchmacher Geld gab, ein anderes, wie der Buchmacher sie auszahlte, und ein drittes, wie fie frohlockend ihren Gewinn den Freunden zeigt. Die Bilder wurden in einer Zeitschrift veröffentlicht. Vater Roosevelt kaufte die ganze Auflage auf und verbannte seine Tochter zu Freunden aufs Land. Der Freiheitskampf als Schaustück. Cronje und 200 Buren langten in New Uork an, um mährend der Weltausstellung in St. Louis Szenen aus dem Bnrenkriege aufzuführeu. Kustverbot. Dio Eisenbahngesellschaft in Pennsylvanien hat das Küssen auf den Bahn höfen bei Ankunft und Abfahrt der Züge streng verboten. Dieses rigorose Verbot wird weder mit Bedenken aus dem Gebiete der Moral noch mit solchen der Hygiene begründet; die Gesell schaft hat eben die unzweifelhafte Beobachtung gemacht, daß die Gewohnheit, sich auf den Bahnhöfen zu küssen, häufig die Ursache von Zugsverspätungen wird. Bekanntlich macht sich in Amerika schon seit Jahren eine kußfeindliche Bewegung bemerkbar. Dyuamitattcntat auf ei» Gefängnis. Aus dem Staatsgesängnis in Jefferson City, Missouri, brachen am 5. April vier Sträflinge aus, die bald darauf, mit Revolvern und Dynamit bewaffnet, einen förmlichen Angriff auf die Strafanstalt machten. Die Gefängnis wärter zogen sich zurück, doch es gelang schließ lich der Gesängniswache, die Angreifer zu um zingeln und zur Übergabe zu zwingen. Eine Suche in ihren Zellen ergab das Vorhandensein eines vollständigen Waffenlagers, sowie von Dynamit im Gewicht von 20 Pfund. Außer dem wurde Nitroglyzerin gesunden. Einer der Köln. Am Donnerstag befaßte sich das hiesige Gericht mit einem zweiten „Falle Rothe". Die Angeklagte war eine Frau, die durch Geister beschwörung viel von sich reden machte. Die Ant wortet: d-r Geister geschahen durch Tischklopfcn; als Kriminalkommissar Landschutz den Geist seines verstorbenen Vaters sprechen wollte und mit kräftiger Hand den Tisch nicdcrdrücktc, erschienen die Geister nicht. Landschutz erstattete Anzeige, wonach das Gerichtsverfahren anhängig gemacht wurde. Vor Gericht erhärtete eine Anzahl Zeugen eidlich, daß sie mit den Geistern von Verstorbenen bestimmt gesprochen, daß die Angeklagte die ihr unbekannten Namen von Verstorbenen genannt und deren Aus sehen genau beschrieben habe. Auf Grund dieser eidlichen Aussagen kam das Gericht wunderbarer weise zur — kostenlosen Freisprechung. Ein Haus um Hy Meter gehoben d. Es ist bekanntlich eine Spezialität der Amerikaner, Häuser und andere Gebäude auf andere Stellen zu versetzen, und nur selten hat man sich in Europa daran gewagt, derartige Transporte unter ebenso schwierigen Bedingungen anzugreifen. Aber selbst in den Ver. Staaten dürfte es selten sein, daß ein Haus um 49 Meter gehoben wird, wie das in Brown an der Baltimore- und Ohio-Eisenbahn geschehen ist. Diese Eisenbclhngesellschaft ist dabei, ihre Geleise gerade zu machen, um einige scharfe Kurven zu beseitigen, und sie muß daher den Grund und Boden längs der Linie erwerben. Dazu ge hörte ein Besitztum am Ufer des Monongahela, dessen Lauf die Eisenbahn folgt. Zu diesem Besitztum gehörte auch ein unten am Ufer ge legenes, ziemlich großes und hübsches Haus am Fuße einer Klippe, die sich an dieser Stelle steil über dem Flußlauf erhebt. Der Grund und Boden wurde an die Gesellschaft verkauft, und natürlich mußte das Haus von der Stelle, wo es stand, entfernt werden. Man hätte es ganz einfach abreißen können, aber die Besitzer des Hauses wollten es als Familieneünnerung intakt bewahren und gleichzeitig ein Terrain benutzen, daß sie auf dem Grat der Klippe gerade oberhalb des Hauses besaßen. Das Gebäude mußte also um die ganze Höhe der Klippe, um 49 Nieter, gehoben und schließlich an den bestimmten Ort gebracht werden, was der wenigst schwierige Teil der Arbeit war. Die Schwierigkeit vergrößerte sich noch dadurch, daß die Klippe nicht genau senkrecht war, sondern nur sehr steil; man mußte daher diese Rampe in vier aufeinanderfolgende Absätze teilen, Lie in den Fels geschnitten und etwa um je neun Meter voneinander entfernt waren. Das Haus hat eine Länge von 28 Meter und eine Tiefe von 12 Meter; es war also schwer, es während des Aufsteigens ständig wagorecht zu halten. Man begann, wie die ,Naturi berichtet, in der üblichen Weise damit, unter dem Gebäude einen Fußboden zu bilden, indem man riesige Balken von 28 Meter Länge und 30 zu 40 Zentimeter im Geviert darunter schob. Quer hindurch gehend schob man fast 200 kleine stählerne Balken von 15 Zentimeter. Das Heben konnte nun also nach der gewöhnlichen Methode vor fich gehen. Es wurden genügend Schrauben winden angebracht, dann drehte man sie gleich zeitig und brachte unter den Hebeboden des Hauses ein starkes hölzernes Gebälk. Dieser Vorgang wurde so oft als nötig wiederholt, und in dem Maße wie das Gebälk sich hob, verstärkte man es durch Querhölzer und Ketten, die das Ganze absteiften. Als man sich in der Höhe des ersten Absatzes befand, ließ man von Wellbäumen dirigierte Taljen arbeiten; erstere wurden von Pferden in Höhe dieser Klippe gedreht. Das Haus glitt so auf den Absatz hinüber. Genau nach demselben Grund satz vollzogen sich die andern Etappen des Hochhebens. Als man ganz am Ende der senkrecht durchlaufenen Strecke war, brauchte man das Gebäude nur auf den Boden, wo es stehen sollte, und aus die vorbereiteten Funda mente gleiten zu lassen. Die wagerecht durch laufene Entfernung betrug 61 Meter. Zu den Gerüsten hatte man einige 20 000 große und kleine Hölzer verwendet. Die von den amerika nischen Unternehmern Mcffrs. Eichleay aus geführte Arbeit hatte sicherlich mehr gekostet, als der völlige Wiederaufbau des Hauses; aber die Besitzer hatten so die Stätte der Er innerungen, die ihnen teuer waren, auf eine Höhe übertragen, von der aus man eine prächtige Aussicht hat, und die Kunst des Ingenieurs hatte unter ganz außerordentlichen Bedingungen einen Triumph gefeiert. Kuntes Allerlei. Ein Käuferinnen-Berein gegen Über- und Sonntagsarbeil hat sich in Paris gebildet. Sein Programm, das gleichzeitig den Zweck der Liga enthüllt, besteht aus folgenden bier Punkten: 1) Nie eine Bestellung zu machen, bevor man sich darüber klar geworden ist, daß fie auf keinen Fall Nacht' oder Sonntagsarbeit er fordert; 2) keine Bestellung im letzten Augen blick auszugeben; 3) alle Lieferungen nach sieben Uhr abends und am Sonntag zu verweigern und 4) seine Rechnungen regelmäßig und pünkt lich zu bezahlen. * * 4- Der Verteidiger. „Deutschland hat 56 Millionen Einwohner und nur einen einzigen hiervon hat mein Klient mit dem Motorrad an gerempelt, das beweist mehr als zur Genüge, wie vorsichtig er gefahren ist." (.Das Schnauf-rl-.) Ärgerliches. A.: „Weshalb ist denn deine Frau so wütend?" — B.: „Zuerst hat sie sich über das Dienstmädchen geärgert, dann hat sie sich über mich geärgert, weil ich mich nicht über das Dienstmädchen geärgert habe, und jetzt ärgert sie sich über sich selber, weil ich mich darüber geärgert habe, daß sie sich über das Dienstmädchen geärgert hat. Ist doch furchtbar einfach! Nicht wahr?" (.Jugend-.- Erinnerung. Pensionierter Kapitän (an gezecht, am Heimwege): „Herrlich, heute spüre ich wieder einmal Schiff unter mir!" In der Sprechstunde. Ärztin: „Sie dürfen überhaupt kein Bier mehr trinken!" — Herr Bierhuber: „Na, na! . . . Sie find doch nicht meine Frau!" J°hrh.-) Aber davon konnte ihrer Ansicht nach nicht Mehr die Rede sein, und so saß sie denn schon vierundzwanzig Stunden später säst vergraben hinter allen möglichen Wäschestoffen an der Nähmaschine in Tante Ernas Schlafzimmer. .Da Fanny sich jedes Stück ihrer Mitgift allein anfertigen wollte, und auch die Wirtschaft Vicht vernachlässigt werden durfte, kam nun eine Zeit übergroßer Anstrengung für fie. Aber Sttade diese ununterbrochene Arbeit war ein Mück für das arme Ding. Unter ihr ließ sich M nicht allein das Weh verwinden, welches sie vn Herzen trug, sondern sie kam auch über den Gedanken hinweg, der fie so namenlos ge- Mlt und vor ihr selbst erniedrigt hatte — Gedanken nämlich, daß sie mit dem Bilde eines andern in der Seele Hagel folgen wollte. , Nur nachts, wenn sie ruhelos in ihrem Bett Bll, nannte sie sich wieder elend, unglücklich. L» der Lautlosigkeit um sich herum fühlte sie "gar ein förmliches Grauen vor der Zukunft, m der Vereinigung mit Johannes. Das machte sie ruhiger und sie schlief ein, °>ne Nacht wie die andere. ^ Indessen verging die Zeit wie im Fluge, acht Tage aber langten herzliche Briese Herrn von Hagel an, denen steis ein vW seines Töchterchens beigesügt war. Adas Men las die künftige Mutter mit aufrichtiger led z Das Kind schrieb so allerliebst und seiner Worte atmete Vertrauen und w,i^vnn du nur erst auf Bradoczin wärst, A süßes Mamachen!" Das bildete ein für allemal den Schlußsatz dieser rührenden Episteln. Übrigens hatte sie mit warmen Worten erzählt, daß sich die Schätzerin ihrer traurigen Kinderzeit, Frau Oberförster Brann, Gott sei Dank! wieder etwas gebessert habe — ein Umstand, der die Schreiberin während ihrer täglichen Besuche in dem nahen Zarnowo stets von neuem erfreue. Von einer alten Bradocziner Wirtschafterin erzählte Ada ebenfalls mit nahezu töchterlicher Anhänglichkeit. Dann aber suchte sie Fanny für die Landwirtschaft zu interessieren, wenigstens sür das, was sie selbst an derselben liebte. „O, wenn das Wort doch prophetisch werden wollte!" Fanny wünschte es so von ganzer Seele. Und doch HLite sie der Zeit Fesseln an legen mögen, daß fie nicht so schnell vorüber rausche. Aber das vermochte sie nicht, und so kam denn auch, ehe sie es sich versah, der Morgen des 14. Januar, an dem Hagel wieder in Hohenburg anlangte — diesmal, um sich sein junges Lieb heimzuholen. Schon tags darauf fand die Hochzeit statt. Verabredetermaßen waren nur zwei alte Herren für dieselbe geladen, intime Freunde Les ver storbenen Hofrats Hellwald, die mit Frau Erna die notwendigen Trauzeugen bildeten. Im schlichten weißen Kaschmirkleid, Braut kranz und Schleier auf dem Köpfchen, stand Fanny neben dem Verlobten in der kleinert Kirche ihres Stadtviertels. Sie war blaß wie der Tod, trotzdem aber konnte man sich keine reizendere Braut denken, als sie es war. Hagel sagte sich das auch mit verzeihlichem Stolz, und als der feierliche Akt beendet war und der alternde Mann das wunderholde Ge schöpft „sein" nennen durste für das Leben, preßte er es in jäh erwachender Dankbarkeit an sich und flüsterte ihm tiefbewegt zu: „Möge ich dich glücklich machen, meine süße Wunderblume!" Sic schluchzte an tielnau Herzen. „Und ich," crwiederte fie, „dir vergelten können, was du mir Gutes tun willst." Leise setzte sie hinzu: „Aber nicht wahr, du wirst Geduld mit mir haben?" „Wie du mit mir," sagte er ernst. Ein kleines Mahl in einem Restaurant folgte der Feier in der Kirche, der die standes amtliche Verbindung schon um Stunden vor ausgegangen war. Bereits am Abend verließ Herr v. Hagel mit seiner jungen Frau Hohenburg. Erna Hellwald war nun doch tief bewegt, trotz des Ärgers, den sie innerlich darüber empfand, daß es ihr nicht gelungen war, den „Schwicger- neffen" dahin zu bringen, sie zum Besuch auf Bradoczin einzuladen. Noch auf dem Bahnsteig, schon vor dem Coups stehend, das sich die Neuvermählten erwählt hatten, sagte fie denn auch in empfind lichem Tone: „Sie scheinen freilich kaum zu wünschen, Herr v. Hagel, daß ich mich von dem Glück meiner Pflegetochter überzeuge. Dennoch melde ich mich für das kommende Frühjahr zu kurzem Aufenthalt auf Ihrem Schloß an, denn ich muß doch sehen, wo meine Kleine hinge kommen ist." Augenscheinlich berührten diese Worte den jnngen Ehemann auf das peinlichste. „Das begreife ich," sagte er trotzdem. „Und selbstverständlich sollen Sie uns willkommen sein, sobald sich Fanny bei uns eingelebt hat. Ich fürchte nur, Sie werden sich nicht besonders bei uns gefallen." Sie sah ihn verwundert an. „Aber weshalb denn nicht?" fragte fie dann. Er räusperte sich verlegen. „Wir haben es so einsam auf Bradoczin," erwiderte Herr von Hagel nun zögernd, „und . . ." „Einsteigen, meine Herrschaften — es ist die höchste Zeit!" rief da jedoch der Schaffner. Hagel aber schien die Mahnung des Beamten wie eine Erleichterung zu empfinden. Ohne den begonnenen Satz zu beenden, faßte er nun die Rechte der Frau Hellwald und zog fie an seine Lippen. „Leben Sie wohl, liebe Tante," sagte er. Gleich darauf wandte er sich jedoch zu seinem Frauchen, die sich auf das peinlichste von dem Zwiegespräch der Tante mit dem Gatten berührt fühlte. Nachdem er Fanny nur Zeit gelassen, sich von ihrer Pflegemutter zu verabschieden und dieser nochmals für jede Guttat zu danken, die sie in ihrem Hause genossen, hob er tief auf- aimcnd die schlanke Gestalt in das Coups. „Adieu — adieu!" schallte es herüber, hin über. Zum letztenmal für lange Zett berührten sich dann noch die Hände von Tante und Nichte. Fanny konnte es ja nicht unterlassen, noch auS dem Wagenabteil hinaus Erna ihre Rechte ent gegenzustrecken. M« u (Fortsetzung folgt.)